TE Vwgh Erkenntnis 2001/3/20 99/11/0018

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Veröffentlicht am 20.03.2001
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §13 Abs3;
AVG §69 Abs2;
AVG §71 Abs1;
AVG §71 Abs2;

Beachte

* Ausgesetzte Beschwerde gemäß §38 AVG iVm §62 VwGG: 2000/18/0129 B 26. November 2003

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf, Dr. Gall, Dr. Pallitsch und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des Dr. H in S, vertreten durch Dr. Rudolf Franzmayr, Rechtsanwalt in Vöcklabruck, Stadtplatz 32, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 30. November 1998, Zl. MA 65-8/555/98, betreffend

1.) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und 2.) Wiederaufnahme des Verfahrens, jeweils in einer Angelegenheit des Führerscheingesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit im Instanzenzug ergangenem Bescheid vom 16. Juli 1998 wies der Landeshauptmann von Wien einen Antrag des Beschwerdeführers vom 5. Dezember 1997 auf Zustellung einer schriftlichen Ausfertigung eines mündlich verkündeten Bescheides gemäß § 62 Abs. 3 AVG als verspätet zurück. Begründend wurde ausgeführt, die Befristung der Lenkberechtigung für die Klassen B und F bis 5. November 1999 sei dem Beschwerdeführer am 5. November 1997 niederschriftlich zur Kenntnis gebracht worden. Bei dieser Gelegenheit habe sich der Beschwerdeführer mit der Befristung unter Verzicht auf die Berufung gegen den mündlich verkündeten Bescheid durch Leistung seiner Unterschrift einverstanden erklärt. Sodann sei dem Beschwerdeführer der befristete Führerschein übergeben worden. Von einer Verkündung des Bescheides hinsichtlich der Befristung der Lenkberechtigung sei jedenfalls auszugehen, zumal der Beschwerdeführer selbst in seiner Berufung angeführt habe, am 5. November 1997 darüber in Kenntnis gesetzt worden zu sein, dass er in zwei Jahren um eine Verlängerung seiner befristeten Lenkberechtigung ansuchen könne. Der Antrag des Beschwerdeführers auf schriftliche Ausfertigung des am 5. November 1997 mündlich verkündeten Bescheides sei erst am 5. Dezember 1997, somit eindeutig nach Ablauf der 3-tägigen Frist des § 62 Abs. 3 AVG, bei der Behörde eingebracht worden. Der Antrag sei daher als verspätet zurückzuweisen gewesen.

Mit am 7. August 1998 zur Post gegebenem Schreiben, welches als "Antrag auf Aufhebung des Bescheides vom 6. November 1997, eventualiter auf Wiederaufnahme des Verfahrens, allenfalls Wiedereinsetzung in den vorigen Stand" bezeichnet war, beantragte der Beschwerdeführer die Aufhebung des Bescheides vom 6. November 1997, eventualiter die Wiederaufnahme des Verfahrens, allenfalls die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und führte zur Begründung seines Antrages aus, mit Ablauf des 31. Dezember 1997 seien die Bestimmungen der §§ 64 bis 77 KFG 1967 außer Kraft und mit dem 1. November 1997 das FSG in Kraft getreten. Zufolge § 40 Abs. 4 FSG hätte in den Führerschein des Beschwerdeführers am 6. November 1997 keine Eintragung vorgenommen werden dürfen, weshalb die im Widerspruch zur zitierten gesetzlichen Bestimmung am 6. November 1997 erfolgte Eintragung, wonach die Gültigkeit des Führerscheines bis zum 5. November 1999 befristet sei, als rechtsunwirksam anzusehen sei. Der Beschwerdeführer beantrage dem gestellten Antrag stattzugeben und den Bescheid vom 6. November 1997 aufzuheben, eventualiter, das Befristungsverfahren wieder aufzunehmen, allenfalls den Gefertigten in den vorigen Stand zu versetzen und demgemäß mit Bescheid festzustellen, dass die am 6. November 1997 in den Führerschein des Beschwerdeführers erfolgte Eintragung rechtsunwirksam sei.

Mit Bescheid vom 13. August 1998 wies die Bundespolizeidirektion Wien den Antrag des Beschwerdeführers auf Aufhebung des Bescheides vom 5. November 1997 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück. Mit Bescheid vom selben Tag wies die Bundespolizeidirektion Wien auch die Anträge des Beschwerdeführers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sowie auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 71 Abs. 1 AVG bzw. § 69 Abs. 1 AVG als unzulässig zurück. Der Beschwerdeführer erhob jeweils Berufung.

Mit Bescheid vom 30. November 1998 wies der Landeshauptmann von Wien die gegen die Zurückweisung des Antrags vom 7. August 1998 auf Aufhebung des Bescheides vom 5. November 1997 wegen entschiedener Sache erhobene Berufung ab und bestätigte den angefochtenen Bescheid. Mit Bescheid vom selben Tag wurde auch die Berufung des Beschwerdeführers gegen die Zurückweisungen seines Wiedereinsetzungsantrages und seines Wiederaufnahmeantrages abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt. In der Begründung führte der Landeshauptmann von Wien aus, der Beschwerdeführer habe in keiner Weise das Vorliegen eines Wiedereinsetzungsgrundes im Sinne der §§ 71 und 72 AVG dargetan. Bei der mündlichen Verkündung des Bescheides am 5. November 1997 habe er überdies schriftlich einen Berufungsverzicht abgegeben, sodass schon aus diesem Grunde heraus keine entsprechende Fristversäumung vorliegen könne. Die Eingabe vom 7. August 1998 lasse nicht erkennen, welche Frist zur Vornahme welcher Verfahrenshandlung ohne Verschulden versäumt worden sein soll. Liege aber schon nach den Antragsangaben kein Wiedereinsetzungsgrund vor, so sei der darauf gerichtete Antrag unzulässig. Zur Zurückweisung des Wiederaufnahmeantrages wurde ausgeführt, ein Wiederaufnahmewerber müsse schon im Antrag angeben, wann er vom Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt habe. Das Fehlen der Angaben über die Rechtzeitigkeit der Antragstellung im Wiederaufnahmeantrag sei ein inhaltlicher Mangel und berechtige die Behörde zur Zurückweisung. Da ein nicht verbesserungsfähiger inhaltlicher Mangel vorliege, sei der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens als unzulässig zurückzuweisen gewesen.

Gegen diesen letztgenannten Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Im Beschwerdefall ist das AVG in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 158/1998 maßgeblich. Die §§ 13, 69 und 71 AVG lauteten (auszugsweise):

"§ 13.

...

(3) Formgebrechen schriftlicher Anbringen ermächtigen die Behörde nicht zur Zurückweisung. ... .

...

§ 69.

...

(2) Der Antrag auf Wiederaufnahme ist binnen zwei Wochen vom Zeitpunkt an, in dem der Antragsteller nachweislich vom Wiederaufnahmsgrund Kenntnis erlangt hat, jedoch spätestens binnen drei Jahren nach der Zustellung oder mündlichen Verkündung des Bescheides bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat.

...

§ 71. (1) Gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung ist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn:

1. die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft, oder

2. die Partei die Berufungsfrist versäumt hat, weil der Bescheid fälschlich die Angabe enthält, dass keine Berufung zulässig sei.

(2) Der Antrag auf Wiedereinsetzung muss binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses oder nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Berufung Kenntnis erlangt hat, gestellt werden.

..."

Der Beschwerdeführer schildert in seiner Beschwerde zunächst ausführlich aus seiner Sicht die Ereignisse am 5. November 1997 anlässlich seiner Vorladung zum Wiener Verkehrsamt. Aus seiner Sicht sei von einer Reihe von "Unzukömmlichkeiten" beim Wiener Verkehrsamt am 5. November 1997 auszugehen. So sei ohne ausreichende Begründung eine als Bestrafung für unbotmäßiges Verhalten gedachte Beschränkung der Lenkberechtigung verhängt worden. Nachdem er von Organen des Wiener Verkehrsamt absichtlich in hochgradige Erregung versetzt worden sei, sei von ihm eine Blankounterschrift erschlichen worden, mit welcher er vermeint habe, nur den Erhalt seines Führerscheins zu bestätigen. Tatsächlich habe das nachträglich ausgefüllte Formular einen Verzicht auf die Zustellung eines Bescheides enthalten, der ihm weder mündlich noch schriftlich mitgeteilt worden sei. Die belangte Behörde habe die von ihm beantragte Wiederaufnahme des Verfahrens abgewiesen und diese Abweisung mit verfahrensrechtlichen Bestimmungen begründet. In einem Rechtsstaat sei es jedoch Aufgabe der übergeordneten Instanzen, für Rechtssicherheit zu sorgen und aufgedeckte Fehler unterer Instanzen abzustellen und allenfalls ahnden zu lassen.

Dieses Vorbringen, das auf die Zurückweisungen der Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und auf Wiederaufnahme des Verfahrens im Einzelnen gar nicht eingeht, ist nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Auf der Grundlage der vorgelegten Verwaltungsakten und im Lichte der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ergeben sich auch sonst keine Hinweise darauf, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in Rechten verletzt worden wäre.

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes enthält ein Wiedereinsetzungsbegehren, in dem keine Angaben über seine Rechtzeitigkeit enthalten sind, einen nicht verbesserungsfähigen Inhaltsmangel, der zur Zurückweisung des Wiedereinsetzungsantrages zu führen hat (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 27. September 1994, Zl. 94/07/0025, sowie vom 10. Dezember 1998, Zl. 98/07/0070; vgl. auch den hg. Beschluss vom 12. März 1998, Zl. 98/20/0109). Da der Wiedereinsetzungsantrag des Beschwerdeführers, wie oben dargestellt, keinerlei Angaben über seine Rechtzeitigkeit enthält, ist schon aus diesem Grund die Zurückweisung durch die belangte Behörde nicht als rechtswidrig zu erkennen.

Auch ein Fehlen von Angaben über die Rechtzeitigkeit eines Wiederaufnahmeantrages kann nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht als Formgebrechen im Sinn des § 13 Abs. 3 AVG angesehen werden und stellt daher einen nicht verbesserungsfähigen inhaltlichen Mangel dar, der zur Zurückweisung des fehlerhaften Antrages zu führen hat (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 16. Dezember 1992, Zl. 91/12/0065, und vom 26. März 1998, Zl. 96/11/0341). Da auch der Wiederaufnahmeantrag des Beschwerdeführers keine Angaben über seine Rechtzeitigkeit enthielt, war auch dieser Antrag, wie die belangte Behörde zutreffend erkannte, zurückzuweisen.

Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 20. März 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:1999110018.X00

Im RIS seit

29.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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