TE AsylGH Erkenntnis 2008/07/18 S8 400003-1/2008

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.07.2008
beobachten
merken
Spruch

S8 400.003-1/2008/3E

 

E R K E N N T N I S

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. BÜCHELE als Einzelrichter über die Beschwerde des O.M., geb. 00.00.1980, StA. Eritrea, vertreten durch Mag. Sabine MARTIN, Diakonie (Flüchtlingsdienst) in 1170 Wien, Steinergasse 3, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 29.05.2008, Zahl: 08 03.057-EAST-Ost, zu Recht erkannt:

 

Der Beschwerde wird gemäß § 41 Abs. 3 AsylG 2005, BGBL. I Nr. 100/2005, stattgegeben und der bekämpfte Bescheid behoben.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

 

1. Der Beschwerdeführer, ein eritreischer Staatsangehöriger, reiste am 03.04.2008 auf dem Luftweg aus Griechenland kommend mit einem gefälschten sudanesischen Reisepass sowie einem gefälschten Visum in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz. Er wurde hierzu durch einen Organwalter des öffentlichen Sicherheitsdienstes, Stadtpolizeikommando Schwechat, erstbefragt. Dabei gab er im Wesentlich an, er habe vor vier Jahren Asmara in Richtung Äthiopien verlassen. Er habe sich ein paar Jahre in Äthiopien aufgehalten. Von dort sei er in den Sudan und anschließend nach Libyen gekommen. Er sei ein paar Tage in Libyen aufhältig gewesen. Dort habe er einen Mann kennen gelernt, der ihn mit dem Schiff nach Griechenland gebracht habe. In Griechenland sei er zwei Wochen geblieben. Dort habe er einen anderen Schlepper kennen gelernt, der für ihn ein Reiseflugticket und einen Reisepass organisiert habe. Am 02.04.2008 sei er mit einer ihm unbekannten Fluglinie nach Österreich geflogen. Befragt nach seinen Fluchtgründen gab er an, er sei Christ und gehöre einer Minderheit an, weshalb er in seinem Heimatland verfolgt werde. Er habe keine Rechte und habe aufgrund dessen sein Heimatland verlassen.

 

2. Am 07.04.2008 richtete das Bundesasylamt an die zuständige griechische Behörde ein Aufnahmeersuchen gemäß Art. 10 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18.02.2003 (Dublin II-VO), welches am selben Tag elektronisch über DubliNET übermittelt wurde. Mit Schreiben vom 23.04.2008 wurde seitens der zuständigen griechischen Behörde die Zuständigkeit Griechenlands gemäß Art. 10 Abs. 1 Dublin II-VO bestätigt.

 

Die Mitteilung über die Führung von Konsultationen mit Griechenland gemäß § 28 Abs. 2 zweiter Satz AsylG 2005 erhielt der Beschwerdeführer am 10.04.2008.

 

3. Mit Schreiben vom 06.05.2008 legte die Vertreterin des Beschwerdeführers, Mag. Sabine MARTIN, der Erstbehörde diverse Berichte zur Lage Griechenlands vor, aus welchen unter anderem hervorgeht, dass Asylsuchende in Griechenland gefährdet seien, umgehend inhaftiert und von der Polizei misshandelt werden. Überdies habe Griechenland keine ausreichenden Unterbringungsmöglichkeiten für Asylsuchende.

 

4. Am 08.05.2008 fand eine niederschriftliche Einvernahme vor dem Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle Ost, statt. Im Wesentlichen brachte der Beschwerdeführer vor, er sei aus seinem Heimatland geflüchtet, weil er dort keine Rechte habe. Er wolle in Griechenland keinen Asylantrag stellen, weil dort seine Angelegenheiten nicht fair behandelt werden. Er habe in Griechenland bereits drei Asylanträge gestellt und habe keine Chance erhalten, vielmehr seien seine Anträge sofort abgewiesen worden. Er sei außerdem in Griechenland von zwei Homosexuellen auf der Straße belästigt und geschlagen worden. Er habe sich allerdings befreien und weglaufen können.

 

5. Mit dem bekämpften Bescheid vom 29.05.2008, Zahl: 08 03.057-EAST-Ost, wies das Bundesasylamt den Antrag auf internationalen Schutz des nunmehrigen Beschwerdeführers gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurück und stellte fest, dass für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz gemäß Art. 10 Abs. 1 Dublin II-VO Griechenland zuständig sei. Gleichzeitig wurde der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 2005 - AsylG 2005) aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Griechenland ausgewiesen und festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Griechenland gemäß § 10 Abs. 4 AsylG 2005 zulässig sei. Beweiswürdigend hielt die Erstbehörde fest, dass aus den Angaben des Asylwerbers keine stichhaltigen Gründe für die Annahme glaubhaft gemacht worden seien, dass dieser konkret Gefahr liefe, in Griechenland Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen zu werden oder dass ihm eine Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte dadurch drohen könnte. Die Angaben des Antragstellers stünden im Widerspruch zu den Angaben aus den Feststellungen zum Asylverfahren in Griechenland.

 

6. Gegen den genannten Bescheid richtet sich die fristgerecht am 12.06.2008 eingebrachte Beschwerde, in welcher im Wesentlichen die fehlerhaften Feststellungen zu Griechenland der Erstbehörde bemängelt wurden. Die Feststellungen der Erstbehörde kämen teilweise aus veralteten Quellen und stünden teilweise in Widerspruch mit zahlreichen übereinstimmenden Berichten von Menschenrechts- und internationalen Organisationen. Durch die Vollziehung der Ausweisung und die Zurück- oder Abschiebung nach Griechenland bestehe ein "real risk", dass der Beschwerdeführer in seinen Grundrechten verletzt werde.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

1. Gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 ist ein nicht gemäß § 4 AsylG 2005 erledigter Asylantrag als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder aufgrund der Dublin II-VO zur Prüfung des Asylantrages zuständig ist. Mit dem Zurückweisungsbescheid hat die Asylbehörde auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 ist die Zurückweisung eines Antrages nach Maßgabe der § 10 Abs. 3 und Abs. 4 AsylG 2005 mit einer Ausweisung zu verbinden. Aufgrund der 03.04.2008 erfolgten Asylantragstellung bezieht sich im Gegenstand § 5 AsylG 2005 auf die Dublin II-VO, da gemäß Art. 29 diese Verordnung auf Asylanträge anwendbar ist, die ab dem ersten Tag des sechsten Monats nach ihrem Inkrafttreten - dies ist der 01.09.2003 - gestellt werden.

 

Die Dublin II-VO ist eine Verordnung des Gemeinschaftsrechts im Anwendungsbereich der

 

ersten Säule der Europäischen Union (vgl. Art. 63 EGV), die Regelungen über die Zuständigkeit zur Prüfung von Asylanträgen von Drittstaatsangehörigen trifft. Demnach haben Drittstaatsangehörigen das Recht auf ein faires in einem der Mitgliedstaaten. Die Zuständigkeit eines EU-Mitgliedstaates zur Führung des Verfahrens ergibt sich jedoch aus den festgesetzten hierarchisch normierten Zuständigkeitskriterien der Dublin II-VO (Art. 5 Abs. 1).

 

Es ist daher zunächst zu überprüfen, ob ein anderer Mitgliedstaat nach Kriterien der Art. 6 bis 12 bzw. 14 und Art. 15 Dublin II-VO zuständig ist oder die Zuständigkeit bei ihm selbst nach dem Auffangtatbestand des Art. 13 Dublin II-VO (erste Asylantragstellung) liegt.

 

Im vorliegenden Fall ist dem Bundesasylamt zuzustimmen, dass eine Zuständigkeit von Griechenland gemäß Art. 10 Abs. 1 Dublin II-VO besteht. Die Zuständigkeit wurde von Griechenland mit Schreiben vom 23.04.2008 ausdrücklich anerkannt. Die erste Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der getroffenen Unzuständigkeitsentscheidung ist somit gegeben.

 

Es sind auch aus der Aktenlage keine Hinweise ersichtlich, wonach die Führung der Konsultationen im gegenständlichen Fall derart fehlerhaft erfolgt wäre, sodass von Willkür im Rechtssinn zu sprechen wäre und die Zuständigkeitserklärung des zuständigen Mitgliedstaates wegen Verletzung der gemeinschaftsrechtlichen Verfahrensgrundsätze aus diesem Grund ausnahmsweise keinen Bestand haben könnte (Filzwieser, Subjektiver Rechtsschutz und Vollziehung der Dublin II-VO - Gemeinschaftsrecht und Menschenrechte, migraLex, 1/2007, 22 ff).

 

Das Bundesasylamt hat ferner von der Möglichkeit der Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO keinen Gebrauch gemacht. Es war daher - entsprechend den Ausführungen in der Beschwerde - noch zu prüfen, ob von diesem Selbsteintrittsrecht im gegenständlichen Verfahren ausnahmsweise zur Vermeidung einer Verletzung der EMRK zwingend Gebrauch zu machen gewesen wäre.

 

Der VfGH hat mit Erkenntnis vom 17.06.2005, Zl. B 336/05-11, festgehalten, die Mitgliedstaaten hätten nicht kraft Gemeinschaftsrecht nachzuprüfen, ob ein anderer Mitgliedstaat generell sicher sei, da eine entsprechende normative Vergewisserung durch die Verabschiedung der Dublin II-VO erfolgt sei. Er hat dabei aber gleichzeitig ausgeführt, dass eine Nachprüfung der grundrechtlichen Auswirkungen einer Überstellung im Einzelfall gemeinschaftsrechtlich zulässig und bejahendenfalls das Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO zwingend geboten sei.

 

Bei entsprechender Häufung von Fällen, in denen in Folge Ausübung des Selbsteintrittsrechts die gemeinschaftsrechtliche Zuständigkeit nicht effektuiert werden kann, kann eine Gefährdung des "effet utile" Grundsatzes des Gemeinschaftsrechts entstehen. Zur effektiven Umsetzung des Gemeinschaftsrechts sind alle staatlichen Organe kraft Gemeinschaftsrechts verpflichtet.

 

Der Verordnungsgeber der Dublin II-VO geht davon aus, dass sich alle Mitgliedstaaten untereinander als "sicher" ansehen können, wodurch auch eine Überstellung vom einen in den anderen Mitgliedstaat keine realen Risken von Menschenrechtsverletzungen bewirken könnte (vgl. insbesondere den 2. Erwägungsgrund der Präambel der Dublin II-VO). Er hat dabei keine eindeutigen verfahrens- oder materiellrechtlichen Vorgaben für solche Fälle getroffen. Diesbezüglich lässt sich aber aus dem Gebot der EMRK-konformen Auslegung des Gemeinschaftsrechts und aus Beachtung der gemeinschaftsrechtlichen Verfahrensgrundrechte ableiten, dass bei einer Verletzung der EMRK durch die Überstellung in einen anderen Mitgliedstaat eine keine Überstellung stattfinden darf. Die Beachtung des Effizienzgebots (das etwa eine pauschale Anwendung des Selbsteintrittsrechts oder eine innerstaatliche Verfahrensgestaltung, die Verfahren nach der Dublin II-VO umfangreicher gestaltet als materielle Verfahren) und die Einhaltung der Gebote der EMRK stehen daher bei richtiger Anwendung nicht in Widerspruch (Filzwieser, migraLex, 1/2007, 18 ff, Filzwieser/Liebminger, Dublin II-Verordnung², Art. 19, K8 - K13). Auch der EGMR hat festgestellt, dass die Rechtsschutz des Gemeinschaftsrechts regelmäßig den Anforderungen der EMRK entsprechen muss (30.06.2005, Bosphorus Airlines / Irland, Rs 45036/98).

 

Es bedarf sohin europarechtlich eines im besonderen Maße substantiierten Vorbringens und des Vorliegens besonderer vom Antragsteller bescheinigter außergewöhnlicher Umstände, um die grundsätzliche europarechtlich gebotene Annahme der "Sicherheit" der Partnerstaaten der Europäischen Union als einer Gemeinschaft des Rechts im individuellen Fall erschüttern zu können.

 

2. Im Verfahren zum bekämpften Bescheid ist nicht geklärt, ob Österreich verpflichtet wäre, von seinem Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO Gebrauch zu machen. Diesbezüglich erweist sich das Verfahren daher aus folgenden Gründen mangelhaft:

 

2.1. Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer durch seine Vertreterin mit Schreiben von 06.05.2008 folgende Unterlagen vorgelegt:

 

Presseaussendung, "Report on the violation of asylum sekkers' Human Rights by Greece", Oslo, Athens, 09.04.2008, Norwegian Organisation for Asylum Seekers (NOAS), The Norwegian Helsinki Commitee (NHC), Greek Helsinki Monitor (GHM),

 

Artikel "Now Dutch, Swedes slam Greek asylum" Athens News, 14.03.2008;

 

Accord Anfragebeantwortung "Griechenland: Aufnahmebedingungen" a-5858, 20.12.2007 sowie den

 

Bericht des UNHCR: "UNHCR Position on the return of asylum seekers to Greece under the 'Dublin Regulation'" vom 15.04.2008.

 

Aus diesen Unterlagen kommt hervor, dass das griechische Asylverfahren eine Reihe von Schwierigkeiten in Bezug auf den Zugang und die Qualität aufweise. Ferner würden die Aufnahmebedingungen internationale und europäische Standards unterschreiten. Daher seien Asylsuchende - einschließlich Rückkehrern gemäß der Dublin II-VO - übermäßigen Härten ausgesetzt, was die Anhörung und die angemessene Bearbeitung ihrer Anträge betrifft. Aus diesen Gründen befürchte der UNHCR in seinem Bericht vom 15.04.2008, dass diese Faktoren in ihrer Gesamtheit möglicherweise zum Risiko der Verletzung des Refoulement-Verbots führen können und empfiehlt daher - im Lichte der Verpflichtung der EU-Mitgliedstaaten, den Zugang zu fairen und effizienten Asylverfahren auch in Fällen, in denen die Dublin II-VO zur Anwendung kommt - davon Abstand zu nehmen, Asylsuchende nach Griechenland zu überstellen.

 

Dem Asylgerichtshof ist bekannt, dass bereits einige EU-Mitgliedstaaten Abstand davon genommen, Asylwerber trotz einer Zuständigkeit Griechenlands nach der Dublin II-VO dorthin auszuweisen. Die vom Beschwerdeführer durch seine Vertreterin vorgelegten Berichte wurden zwar zum Akt genommen, diese wurden jedoch - mit Ausnahme des UNHCR Berichtes -, im angefochtenen Bescheid nicht berücksichtigt. Mit dem UNHCR Bericht hat sich das Bundesasylamt zwar auseinandergesetzt; es hat jedoch dabei verabsäumt, sich kritisch mit jenen Passagen auseinanderzusetzen, die gegen eine Abschiebung des Beschwerdeführers nach Griechenland sprechen könnten. Vielmehr hat sich das Bundesasylamt damit begnügt, die für ihre Entscheidung positiven Passagen des Berichtes selektiv in den Bescheid aufzunehmen. Eine kritische Gesamtwürdigung des Positionspapiers des UNHCR ist dabei unterblieben.

 

Es ist für den Asylgerichtshof somit nicht nachvollziehbar, aus welchen Gründen die Vertreterin des Beschwerdeführer vorgelegten Berichte im angefochtenen Bescheid nicht berücksichtigt wurde, zumal bereits - auch schon zum Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides - aus diversen Medienberichten allgemein bekannt war, dass es massive Probleme in Zusammenhang mit dem griechischen Asylverfahren gibt.

 

2.2. Die notwendige Einzelfallprüfung macht es daher im gegenständlichen Fall erforderlich, das Vorbringen des Beschwerdeführers zur Situation in Griechenland schlüssig und nachvollziehbar auf die Glaubwürdigkeit zu prüfen und das Verfahren diesbezüglich zu ergänzen. Dabei wird sich das Bundesasylamt insbesondere mit dem Bericht der Norwegian Organisation of Asylm Seekers (NOAS), des Norwegian Helsinki Commitee (NHC), des Greek Helsinki Monitor (GHM) und den Richtlinien des Generaldirektors betreffend die Anwendung der Dublin II-VO im Verhältnis zu Griechenland vom 07.05.2008 des Schwedischen Migrationsamtes (Fact Finding Mission des Schwedischen Migrationsamtes im April 2008) sowie dem UNHCR Positionspapier vom 15.04.2008 "UNHCR Position on the return of asylum seekers to Greece under the ¿Dublin Regulation'" (abrufbar unter

http://www.unhcr.org/cgi-bin/texis/vtx/refworld/rwmain?docid=4805bde42) auseinanderzusetzen haben. Die Ermittlungsergebnisse sind sodann mit dem Beschwerdeführer zu erörtern.

 

3. Der Sachverhalt, welcher dem Asylgerichtshof vorliegt, ist daher so mangelhaft, dass die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unerlässlich ist. Der Gesetzgeber hat für das Verfahren über Berufungen (bzw. Beschwerden i.S. der Anordnung des § 23 AsylGHG) gegen zurückweisende Bescheide sehr kurze Fristen gesetzt (§ 41 Abs. 2, § 37 Abs. 3 AsylG 2005). Andererseits ist aber der Asylgerichtshof dazu verpflichtet, bei einem "mangelhaften Sachverhalt" der Beschwerde stattzugeben, ohne § 66 Abs. 2 AVG anzuwenden (§ 41 Abs. 3 AsylG 2005). Das Ermessen, das § 66 Abs. 3 AVG dem Asylgerichtshof einräumt, allenfalls selbst zu verhandeln und zu entscheiden, besteht somit in einem solchen Verfahren nicht. Aus den Materialien (EB zur RV, 952 BlgNR 22. GP, 66) geht hervor, dass "im Falle von Erhebungsmängel die Entscheidung zu beheben, das Verfahren zuzulassen und an das Bundesasylamt zur Durchführung eines materiellen Verfahrens zurückzuweisen" ist. Diese Zulassung stehe einer späteren Zurückweisung nicht entgegen. Daraus und aus den erwähnten kurzen Entscheidungsfristen ergibt sich, dass der Gesetzgeber die Berufungsbehörde im Verfahren über Berufungen gegen zurückweisende Bescheide von einer Ermittlungstätigkeit möglichst entlasten wollte. Die Formulierung im dritten Satz des § 41 Abs. 3 AsylG 2005 ("wenn der vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint"), schließt somit nicht aus, dass eine Stattgabe ganz allgemein in Frage kommt, wenn der Berufungsbehörde - auf Grund erforderlicher zusätzlicher Erhebungen - eine unverzügliche Erledigung der Berufung unmöglich ist.

Schlagworte
Kassation, mangelnde Sachverhaltsfeststellung, Rechtsschutzstandard
Zuletzt aktualisiert am
17.10.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten