TE AsylGH Erkenntnis 2008/07/23 E1 242307-0/2008

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Veröffentlicht am 23.07.2008
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Spruch

E1 242.307-0/2008-7E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. FAHRNER als Einzelrichterin über die Beschwerde des A. D., geb. 1980, StA. Armenien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 22.09.2003, FZ. 02 16.633-BAW, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 06.09.2006 zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 7, 8 Abs. 1 AsylG 1997 idF BGBl I Nr. 126/2002 als unbegründet abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Verfahrensgang:

 

1. Der Beschwerdeführer (vormals Berufungswerber), ein Staatsangehöriger von Armenien, stellte nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 23.06.2002 einen Asylantrag.

 

2. Anlässlich einer niederschriftlichen Einvernahme am selben Tag gab er an, von Armenien schlepperunterstützt über die Türkei nach Österreich gekommen zu sein. Er suche seine Mutter, P. I., welche bereits ca. ein Jahr verschwunden sei. Weiters suche er Schutz vor der armenischen Regierung, weil sein Vater bei einer Oppositionspartei tätig gewesen sei, von der Regierungspartei verfolgt werde und die Familienangehörigen dadurch ebenfalls verfolgt würden.

 

3. Nachdem das Asylverfahren zwischenzeitig gemäß § 30 AsylG eingestellt und wieder aufgenommen worden war, wurde der Beschwerdeführer am 15.09.2003 niederschriftlich einvernommen.

 

Dabei gab er an, zehn Jahre die Schule besucht und dann ca. 1,5 Jahre als Mechaniker gearbeitet zu haben. In Armenien habe er Probleme mit der Polizei gehabt, weil seine Eltern politisch aktiv gewesen seien. Durch diese Aktivitäten, insbesondere seiner Mutter, hätte er Probleme mit unbekannten Personen gehabt, welche für die Regierung gearbeitet hätten. Er sei mehrmals auf der Straße bedroht, zusammengeschlagen sowie aufgefordert worden, seinen Eltern mitzuteilen, dass diese ihre politische Tätigkeit beenden sollten. Er habe mehrmals Anzeigen bei der Polizei erstattet, welche jedoch ignoriert worden seien. Seine Mutter habe Armenien schon zuvor verlassen, anschließend sei es zwei bis drei Monate ruhig gewesen, ehe sein Vater seine politischen Aktivitäten wieder aufgenommen hätte und die Situation wieder so geworden sei wie zuvor. Im März 2002 sei der Vorsitzende der Partei, welcher sein Vater angehörte, in einem Garten erwürgt worden. In der Folge habe man seinem Vater telefonisch mitgeteilt, dass er der nächste sei. Im April 2002 sei eine Freund seines Vaters erschossen worden.

 

Im Falle seiner Rückkehr befürchte der Beschwerdeführer, dass für ihn seitens der Leute der Regierung Todesgefahr bestehe.

 

4. Am nächsten Tag, also am 16.09.2003, wurde der Beschwerdeführer neuerlich niederschriftlich einvernommen. Dabei brachte er zusammengefasst vor, dass seine Probleme 1998, als sich seine Eltern bei der Partei angemeldet hätten, begonnen hätten. Diese Probleme hätten auch seinen Bruder betroffen. Im August 1998 habe es einen Unfall mit Fahrerflucht gegeben, bei welchem sein Bruder verletzt worden sei, und welcher laut seinen Eltern mit deren politischer Tätigkeit zusammenhänge. 2001 hätte es einen anderen Vorfall gegeben, an welchen nur seine Eltern beteiligt gewesen seien, welche ihn jedoch vor ihm und seinem Bruder geheim gehalten hätten.

 

Er selbst sei auch oft, das erste Mal im Frühjahr 2000, zusammengeschlagen worden, ebenso sein Bruder. Konkrete Daten der anderen Vorfälle könne er keine nennen, manchmal sei es zweimal im Monat vorgekommen. Normalerweise hätten seine Eltern Anzeige bei der Polizei erstattet, dies aber in der Folge unterlassen, weil es nichts gebracht habe. Der letzte Vorfall sei im April 2002 gewesen.

 

5. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesasylamtes vom 22.09.2003, FZ: 02 16.633-BAW, wurde der Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 7 AsylG 1997 abgewiesen (Spruchpunkt I.).

 

Weiters wurde die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Armenien gemäß § 8 AsylG für zulässig erklärt (Spruchpunkt II.).

 

Begründend führt die Erstbehörde aus, dass aus den in der Beweiswürdigung des angefochtenen Bescheides genannten Gründen nicht festgestellt werden könne, dass der Beschwerdeführer in seinem Heimatland Armenien eine begründete Furcht vor einer asylrelevanten Verfolgung zu gewärtigen hätte, weshalb kein Asyl gewährt werden konnte.

 

Spruchpunkt II. begründete die Erstbehörde zusammengefasst damit, dass mangels einer Glaubhaftmachung der Fluchtgründe auch nicht vom Vorliegen einer Gefahr im Sinne des § 57 FrG ausgegangen werden könne und sich aus der allgemeinen Lage im Heimatstaat eine solche Gefährdung nicht ergebe.

 

6. Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 29.09.2003 fristgerecht Berufung (nunmehr als Beschwerde bezeichnet) erhoben.

 

7. Der unabhängige Bundesasylsenat hat für 06.09.2006 eine mündliche Verhandlung anberaumt, zu welcher zwar die Eltern und der Bruder des Beschwerdeführers erschienen sind, nicht jedoch der Beschwerdeführer, zumal dieser unbekannten Aufenthalts war.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

1. Beweis wurde erhoben durch:

 

Einsichtnahme in den gegenständlichen Verwaltungsakt des Beschwerdeführers sowie in die Verwaltungsakte seiner Eltern P. I. (Zahl 227.161) und H. A. (Zahl: 242.308) sowie seines Bruders H. G. (Zahl: 240.729).

 

2. Festgestellt wird nachstehender Sachverhalt:

 

2.1. Zur Person des Beschwerdeführers und seinen Fluchtgründen:

 

Der Beschwerdeführer trägt den im Spruch angeführten Namen, ist am 00.00.1980 geboren und Staatsangehöriger von Armenien.

 

Er ist der Sohn der P. I., geboren 1962, sowie des H. A., geboren 1956, und der Bruder des 1985 geborenen H. G..

 

Der Beschwerdeführer ist gemeinsam mit seinem Vater und seinem Bruder nach Österreich eingereist, wo sich die Mutter des Beschwerdeführers bereits seit Ende 2001 aufhält. Die Asylverfahren der Eltern und des Bruders des Beschwerdeführers sind jeweils im Beschwerdestadium anhängig.

 

Der Beschwerdeführer war zuletzt mit der Wohnsitzqualität Hauptwohnsitz gemeldet, wurde jedoch aufgrund seines unbekannten Aufenthalts amtlicherseits abgemeldet. Laut Aussagen seiner Angehörigen hält sich der Beschwerdeführer in Österreich auf.

 

Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 00.02.2003, gemäß § 104 Abs 1 und 3 StGB sowie § 278a StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 14 Monaten verurteilt, wobei die Vollziehung eines Strafteiles in der Dauer von zehn Monaten unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.

 

Die Eltern des Beschwerdeführers wurden mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 00.05.2003, ebenfalls wegen § 104 Abs. 1 und Abs. 3 FrG sowie § 278 a Abs. 1 Z1 StGB, zu Freiheitsstrafen verurteilt, und zwar die Mutter zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Jahren, wobei die Vollziehung eines Strafteiles in der Dauer von zwei Jahren unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde, und der Vater zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 18 Monaten, wobei die Vollziehung eines Strafteiles in der Dauer von einem Jahr unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.

 

Der Bruder des Beschwerdeführers weist insgesamt sieben Vorstrafen (vorwiegend) wegen Eigentumsdelikten auf, wobei die erste Verurteilung vom 00.04.2003 stammt, die letzte vom 00.04.2008.

 

Die Mutter des Beschwerdeführers ist seit 30.07.1998 Mitglied der Volkspartei von Armenien, der Vater des Beschwerdeführers seit 02.02.1999.

 

Nicht festgestellt werden kann, dass der Beschwerdeführer wegen dieser Parteizugehörigkeit seiner Eltern in Armenien Verfolgungshandlungen ausgesetzt gewesen wäre; insbesondere kann nicht festgestellt werden, dass am 23.08.1999 der PKW der Eltern des Beschwerdeführers absichtlich von einem anderen PKW gerammt worden wäre. Auch kann nicht festgestellt werden, dass die Mutter des Beschwerdeführers einige Wochen nach dem 23.08.1999 absichtlich von einem PKW fast überfahren worden wäre. Ebenso kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer und sein Bruder in den Jahren 2000 bis 2002 Opfer von Schlägereien geworden wären.

 

2.2. Zur Situation im Armenien:

 

2.2.1. Das Attentat vom 27. Oktober 1999 auf das armenische Parlament und seine Folgen

 

Der ehemalige Journalist Nairi Hunanjan erschoss gemeinsam mit fünf weiteren Mittätern während einer parlamentarischen Fragestunde den damaligen Regierungschef und vormaligen Verteidigungsminister Wasgen Sargsjan, den Parlamentspräsidenten Derenik Demirtschjan, die beiden Stellvertretenden Parlamentssprecher Ruben Mirojan und Juri Bachschjan, den Energieminister, vormaligen Regierungschef sowie Präsidenten Berg-Karabachs, Leonard Petrosjan, die Abgeordneten Armenak Armenakjan, Mikajel Kotanjan sowie den ehemaligen Herausgeber der Zeitung "Hajastan", Genrih Abrahamjan. Die Opfer wurden durch Maschinengewehrsalven getötet. Zumindest im Fall von Wasgen Sargsjan handelte es sich um eine vorsätzliche "Exekution", die Hunanjan in einer diffusen Erklärung als Signal für einen erhofften allgemeinen Volksaufstand verstanden wissen wollte.

 

Die Tat des offenkundig psychisch labilen, doch zurechnungsfähigen Hunanjan und seiner mit ihm blutsverwandten oder eng befreundeten Mittäter führte zum grössten politischen Strafverfahren in der Geschichte der zweiten souveränen Republik Armenien; es begann am 15. Februar 2001. Erstmals in der Prozessgeschichte des Landes wurde ein Psychologe als Gutachter hinzugezogen, der den Hauptangeklagten als "schlau" beschrieb.

 

Die Ermittlungen waren von Anfang an hochgradig politisiert, denn sie erfolgten vor dem Hintergrund bereits bestehender, nun offen ausgetragener Spannungen zwischen dem Sicherheitsministerium und Präsident Kotscharjan auf der einen Seite, andererseits dem Verteidigungsministerium und dem bei den Parlamentswahlen von 1999 erfolgreichen Wahlbündnis "Miasnutjun", dem die prominentsten unter Hunanjans Opfern, Demirtschjan und Sargsjan, vorgestanden hatten. Dabei war es die Absicht des Verteidigungsministeriums und der Miasnutjun-Führung, zu "beweisen", dass Hunanjan nicht als Einzeltäter handelte und ein Zusammenhang zwischen ihm und Präsident Kotscharjan sowie seiner Mannschaft bestehe.

 

Die Ermittlungen eskalierten zum offenen Machtkampf. Das Verteidigungsministerium erzwang zunächst den Rücktritt von Innenminister Suren Abrahamjan am 28.10.1999, kurz darauf des damaligen Sicherheitsministers Serge Sargsjan (am 1.11.1999) und setzte die Ernennung des Obersten Militärstaatsanwalts, Gagik Dschangirjan, als Leiter der Ermittlungsgruppe durch, der als enger Vertrauter des ermordeten Wasgen Sargsjan sowie als Gefolgsmann jener Wortführer des damals einflussreichen Veteranenverbandes Jerkkrapah gilt, die zu jener Zeit die Amtsenthebung Kotscharjans forderten. Die Einberufung einer unabhängigen parlamentarischen Untersuchungskommission lehnte Dschangirjan ab.

 

Schon bis zum 6. Dezember 1999 liess Dschangirjan über 250 Personen verhören. Es erfolgten Festnahmen von Verdächtigen, die von Nairi Hunanjan als angebliche Mittäter benannt worden sein sollen, darunter auch enge Vertraute und Gefolgsleute von Kotscharjan. Die hochrangigsten Häftlinge waren der Abgeordnete Muscher Mowsisjan, der Vizeintendant des armenischen Staatsfernsehens, Harutjun Harutjunjan, sowie Alexan Harutjunjan, der aussenpolitische Berater Kotscharjans.

 

Am 25. April 2000 erklärte Präsident Kotscharjan, dass er die Politisierung der Ermittlungen durch den Militärstaatsanwalt nicht mehr länger hinnehmen werde und unterband Dschangirjans Aussage bei einer parlamentarischen Befragung, lehnte jedoch den von Dschangirjan daraufhin angebotenen Rücktritt ab. Inzwischen gelang es Kotscharjan, die Machtverhältnisse zu seinen Gunsten zu ändern und nach mehr als sechsmonatigem Machtkampf die Jerkrapah-Generäle personalpolitisch zu befriedigen oder zumindest zu neutralisieren sowie Regierungschef Aram Sargsjan, den jüngeren Bruder des ermordeten Wasgen Sargsjan, abzusetzen. Mit Aram Sargsjan verlor Dschangirjan seine wichtigste Stütze. Zugleich befand er sich in einem Vakuum, da das Vertrauen Kotscharjans nie wirklich besessen und das seiner einstigen Patrone verloren hatte.

 

Am 11. Juli 2000 gab die Militärstaatsanwaltschaft bekannt, dass die Anschuldigungen gegen Alexan und Harutjun Harutjunjan sowie drei weitere mangels Beweisen fallengelassen wurden, einen Tag darauf erklärte es die Voruntersuchungen für beendet und übergab die Ergebnisse den zuständigen Gerichten. Zu diesem Zeitpunkt waren 14 Personen angeklagt, an den Tötungen in der Nationalversammlung beteiligt gewesen zu sein; ein Angeklagter wurde im September 2000 tot in seiner Zelle aufgefunden. Im Juni 2001 wurden sechs der 13 Angeklagten amnestiert, die wegen geringfügigerer Straftatbestände (ungesetzlicher Waffenbesitz, Verschweigen von Straftatbeständen) angeklagt waren.

 

2.2.2. Die Armenische Volkspartei (Hajastani Shorowrdakan Kussakzutjun):

 

Die armenische Volkspartei wurde 1998 von Karen Demirtschjan gegründet, welcher eben am 27.10.1999 ermordet wurde. Nunmehriger Vorsitzender der inzwischen fast bedeutungslosen Partei ist dessen Sohn Stepan.

 

Bei der Parlamentswahl im Mai 2003 errang die Volkspartei nur noch 1,1 Prozent der Stimmen und keinen Sitz in der Nationalversammlung. Bei den jüngsten Parlamentswahlen vom 12.05.2007 errang die Volkspartei nur mehr 37.034 Stimmen (von insgesamt 1.389.521 abgegebenen) und gelang es ihr somit nicht, die Fünf-Prozent-Hürde zu überwinden.

 

Während der Präsidentenwahl 2003 kam es zu behördlichen Maßnahmen gegen Mitglieder der Volkspartei. Zwischen 1999 (insbesondere dem oben erwähnten Anschlag auf das Parlament) und 2003 waren verstärkte Übergriffe auf Mitglieder der Volkspartei nicht zu verzeichnen. Zum heutigen Zeitpunkt finden keine Verfolgungen gegen Mitglieder der Volkspartei statt.

 

2.2.3. Rückkehrfragen

 

2.2.3.1. Grundversorgung der Bevölkerung

 

In Armenien ist ein breites Warenangebot in- und ausländischer Herkunft vorhanden. Auch umfangreiche ausländische Hilfsprogramme tragen zu Verbesserung der Lebenssituation bei.

 

Die Gas- und Stromversorgung ist gewährleistet. Immer mehr Haushalte werden an die Gasversorgung angeschlossen. Leitungswasser steht dagegen, insbesondere in den Sommermonaten in manchen Gegenden, auch in einigen Vierteln der Hauptstadt, nur stundenweise zur Verfügung. Die Wasserversorgung wird jedoch laufend verbessert.

 

Ein nicht geringer Teil der Bevölkerung ist nach wie vor finanziell nicht in der Lage, seine Versorgung mit den zum Leben notwendigen Gütern ohne Unterstützung durch humanitäre Organisationen sicherzustellen. Ansonsten überwinden viele auch durch die traditionellen Familienbande Versorgungsschwierigkeiten. Ein Großteil der Bevölkerung wird finanziell und durch Warensendungen durch Verwandte im Ausland unterstützt.

 

Das gesetzlich festgeschriebene Existenzminimum beträgt in Armenien (wie auch in Berg-Karabach) 24.000 Dram (derzeit ca. 50 Euro) im Monat. Das durchschnittliche Familieneinkommen ist dagegen mangels zuverlässiger Daten nur schwer einzuschätzen. Der Großteil der Armenier geht mehreren Erwerbstätigkeiten, dazu privaten Geschäften und Gelegenheitsjobs nach. Die sprichwörtliche Geschäftstüchtigkeit der Armenier ermöglicht es

 

vielen, sich ein Zubrot zu verdienen. Die dabei erzielten Einkünfte lassen sich schwer beziffern, da sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer die Beträge niedriger angeben, als sie

 

tatsächlich sind, um Steuerzahlungen zu umgehen.

 

Die wirtschaftliche Lage führt nach wie vor dazu, dass viele Armenier das Land verlassen wollen. Der Migrationsdruck hält an, da ein Angleichen des Lebensstandards an westeuropäisches Niveau trotz hoher Wirtschaftswachstumsraten in Kürze nicht zu erwarten ist. Es sollen seit dem Zerfall der Sowjetunion bereits mindestens 600.000 Armenier ihr Land

 

verlassen haben. Es ist jedoch wahrscheinlich, dass die Zahl der Emigranten noch wesentlich

 

höher liegt; eine Schätzung geht von bis zu 1.9 Mio. Personen aus.

 

2.2.3.2. Behandlung von Rückkehrern

 

Rückkehrer werden nach Ankunft in Armenien in die Gesellschaft integriert und nutzen häufig die erworbenen Deutschkenntnisse bzw. ihre in Deutschland geknüpften Kontakte. Sie haben Zugang zu allen Berufsgruppen (auch Staatsdienst). Sie haben überdurchschnittliche Chancen, Arbeit zu finden. Fälle, in denen Rückkehrer festgenommen oder misshandelt wurden, sind nicht bekannt.

 

3. Beweiswürdigung:

 

Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen Angaben sowie denen seiner Familienangehörigen, welchen diesbezüglich Glauben geschenkt wurde.

 

Die Daten der Familienangehörigen des Beschwerdeführers ergeben sich aus deren Verwaltungsakten sowie den dort vorgelegten Urkunden.

 

Dass die Eltern des Beschwerdeführers seit den genannten Zeitpunkten Mitglieder der armenischen Volkspartei sind, ergibt sich aus deren im Original vorgelegten Parteiausweisen und wird auch durch das in deren Verfahren eingeholte Gutachten der Dr. T. S. bestätigt.

 

Die Feststellungen zum Wohnsitz des Beschwerdeführers ergeben sich aus der eingeholten ZMR-Auskunft sowie einem Erhebungsbericht der Polizeiinspektion Bad Vöslau. Dass sich der Beschwerdeführer nach wie vor in Österreich aufhält, ergibt sich aus den Angaben seiner Familienangehörigen in den Verhandlungen vor dem unabhängigen Bundesasylsenat.

 

Die Feststellung zur strafgerichtlichen Verurteilung des Beschwerdeführers, seiner Eltern und seines Bruders ergibt sich aus den zitierten Urteilen.

 

Die Negativfeststellung betreffend eine allfällige Verfolgung des Beschwerdeführers aufgrund der Parteizugehörigkeit seiner Eltern war aus folgenden Gründen zu treffen:

 

Die Eltern und der Bruder des Beschwerdeführers haben jeweils als zentralen Punkt ihres Fluchtvorbringens einen Verkehrsunfall vom 00.08.1999 genannt, welcher angeblich ein Attentat gewesen sei, zumal ihr PKW von einem anderen PKW frontal gerammt worden sei. Der gegenständliche Beschwerdeführer erwähnt diesen Vorfall jedoch erst bei seiner dritten Einvernahme am 16.09.2002 erstmals und datiert ihn im Übrigen auch ein Jahr früher, also am 00.08.1998. Keiner der Familienmitglieder hat zudem erwähnt, dass auch der gegenständliche Beschwerdeführer mit im Fahrzeug gewesen sei, wohingegen dieser angibt, dass sich die gesamte Familie im Wagen befunden hätte.

 

Auch aus den Aussagen der Mutter des Beschwerdeführers kann nicht auf eine derartige Feststellung geschlossen werden. Diese hat in ihrem erstinstanzlichen Verfahren vorgebracht, aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur armenischen Volkspartei ab 1998 zunächst telefonisch bedroht worden zu sein, weswegen sie auch ihren Arbeitsplatz verloren habe bzw. aufgeben musste. In weiterer Folge sei ihr PKW am 00.08.1999 von einem anderen PKW gerammt worden, einige Wochen später sei sie von einem PKW fast überfahren worden. Der konkrete Anlass für die Ausreise aus Armenien sei dann gewesen, dass ihr Gatte und ihr Sohn versucht hätten, Arbeitsplätze zu finden, welche ihnen jedoch aufgrund der Parteizugehörigkeit der Beschwerdeführerin nicht gewährt worden seien. Dies sei ihr seitens ihrer Familie vorgeworfen worden und habe sie aufgrund dieser Probleme die Familie verlassen, was jedoch von keinem der Familienmitglieder bestätigt wurde.

 

In der mündlichen Verhandlung vor dem Unabhängigen Bundesasylsenat am 05.10.2007, bleibt die Mutter des Beschwerdeführers zwar grundsätzlich bei dieser Darstellung, bringt jedoch weiters vor, dass sie wegen einer Videokassette verfolgt, gefasst und so stark geschlagen worden sei, dass sie in Ohnmacht gefallen sei. Diese Videokassette enthalte die Vorfälle des 27.10.1999, nämlich den Anschlag auf das armenische Parlament, ohne Montage. Sollte ihr Gatte von diesem Vorfall erfahren, würde er Rache an der ihr nehmen und sich scheiden lassen, zumal er ihr nicht glauben würde, dass sie vergewaltigt worden sei.

 

Dieses Vorbringen habe sie bislang nicht erstattet, weil sie dies nie dafür ausnutzen wollte, deswegen Asyl zu bekommen.

 

Dieses Erklärungsmodell der Mutter des Beschwerdeführers ist jedoch nach Ansicht des Asylgerichtshofes nicht nachvollziehbar. Zum ersten ist die Mutter des Beschwerdeführers Ende 2001 ohne ihren Gatten nach Österreich eingereist, hätte also darauf vertrauen können und dürfen, dass ihr Gatte von diesem Vorbringen nichts erfährt. Zum Zweiten ist die Muuter des Beschwerdeführers laut ihren Angaben ja gerade aus dem Grund nach Österreich gekommen, um hier Asyl zu beantragen.

 

Daraus lässt sich schließen, dass es sich bereits nach ihrer anfänglichen Vorstellung bei Österreich um einen Staat handelte, der zur Schutzgewährung bereit und auch dazu in der Lage ist und in dem für sie gerade keine Bedrohung besteht. Es konnte also auch nach der subjektiven Vorstellung der Mutter des Beschwerdeführers keinen nachvollziehbaren Grund dafür geben, gerade bei der Asylantragstellung am Zufluchtsort etwas zu verschweigen. Überdies wurde die Mutter des Beschwerdeführers im erstinstanzlichen Verfahren auch ausdrücklich belehrt, dass ihre Angaben die Grundlage für die Entscheidung des Bundesasylamtes seien. Ebenso ist nach der allgemeinen Lebenserfahrung davon auszugehen, dass gravierende Ereignisse, so diese tatsächlich stattgefunden haben, bereits bei der ersten Einvernahme vorgebracht werden.

 

Die Mutter des Beschwerdeführers verschweigt dieses angebliche Ereignis mit der Videokassette hingegen bis zur mündlichen Verhandlung vom 05.10.2007 und bringt dies erst dort vor. Dieses Nachschieben bzw. Steigern von Fluchtgründen, stellt ebenfalls ein gewichtiges Indiz für die Unglaubwürdigkeit der Mutter des Beschwerdeführers dar.

 

Nachdem also auch an deren Aussagen zu zweifeln ist, lässt sich daraus auch keine Verfolgung des gegenständlichen Beschwerdeführers ableiten.

 

Auch zu den vom Beschwerdeführer vorgebrachten körperlichen Attacken auf seine Person existieren Widersprüche. Während der Beschwerdeführer angibt, dass die Vorfälle von ihm bzw. seinen Eltern, welche er davon unterrichtet habe, angezeigt worden seien, erwähnt die Mutter des Beschwerdeführers an keiner Stelle etwas von derartigen Ereignissen. Der Vater des Beschwerdeführers gibt an, dass seine beiden Söhne sehr oft geschlagen worden seien, erwähnt jedoch nichts von Anzeigen bei der Polizei. Demgegenüber führt der Bruder des Beschwerdeführers aus, mit seinen Eltern niemals über diese Schwierigkeiten gesprochen zu haben. Sein Bruder (also der gegenständliche Beschwerdeführer) habe zwar bei den Eltern nachgefragt, ihm sei aber mitgeteilt worden, dass ihn das nicht zu interessieren hätte.

 

Bereits aufgrund dieser Divergenzen in den einzelnen Aussagen konnte diesbezüglich keine Feststellung getroffen werden, wobei hinzukommt, dass der Beschwerdeführer keinerlei genaue Angaben über die Zeitpunkte der Angriffe auf ihn machen konnte, wovon jedoch auszugehen wäre. Auffällig ist auch, dass der Beschwerdeführer in seiner Einvernahme vom 16.09.2003 einen Vorfall aus dem Jahr 2001 erwähnt, der seine Eltern betroffen hätte, welche ihn aber geheim gehalten hätten. Dieser Vorfall wird jedoch von den Eltern des Beschwerdeführers nicht erwähnt. Ebenfalls nicht erwähnt wird von den Eltern, dass der Vorsitzende der Oppositionspartei im März 2002 erwürgt worden, sein Tod jedoch als Herzinfarkt dargestellt worden sei, wie dies der Beschwerdeführer in seiner Einvernahme vom 15.09.2003 angibt.

 

Aufgrund all dieser Ungereimtheiten konnten nur Negativfeststellungen getroffen werden, wobei auch der Umstand, dass sich der Beschwerdeführer dem Verfahren entzogen hat, im Sinne der freien Beweiswürdigung gegen seine Glaubwürdigkeit spricht.

 

Weiters lässt auch die Straffälligkeit des Beschwerdeführers in Österreich erheblich an seiner Glaubwürdigkeit zweifeln. Der Beschwerdeführer wurde - wie oben bereits festgestellt - mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 00.02.2003, gemäß § 104 Abs 1 und 3 StGB sowie § 278a StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 14 Monaten verurteilt, wobei die Vollziehung eines Strafteiles in der Dauer von zehn Monaten unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.

 

Daraus ist ersichtlich, dass der Beschwerdeführer bereits wenige Monate nach seiner Einreise nach Österreich bzw. nach seiner Asylantragstellung straffällig geworden ist.

 

Nach der allgemeinen Lebenserfahrung kann davon ausgegangen werden, dass eine Person, die wegen drohender Verfolgung bzw. einer realen Gefährdung ihrer Rechtsgüter ihren Heimatsaat verlässt, sich bemüht, während ihres Aufenthaltes im ausgewählten Schutzstaat durch sozialadäquates Verhalten, gerade wenn sie lediglich ein vorläufiges Aufenthaltsrecht besitzt, sich in die Gesellschaft zu integrieren, und alles unterlässt, was für den Schutzstaat bzw. dessen Bevölkerung abträglich sein könnte.

 

Wenngleich es für einen Fremden grundsätzlich notwendig, zumutbar und möglich (z.B. über Flüchtlingsberater, Behörden, etc.) ist, sich betreffend der maßgeblichen grundlegenden Regeln, die für ein geordnetes Zusammenleben in der Gesellschaft wichtig sind, zu informieren (Vgl. z.B. VwGH vom 09.03.1995, 1993/18/0350), kann wohl aufgrund der rechtskräftigen Verurteilung durch ein österreichischen Strafgericht, welche aufgrund § 4 StGB ("Strafbar ist nur, wer schuldhaft handelt") bei schuldhaftem (vorwerfbaren) Verhalten möglich ist, vertretbar davon ausgegangen werden, dass es dem Beschwerdeführer auch ohne Einholung derartiger konkreter Informationen, auch unter Berücksichtigung seiner Herkunft und Person, zumindest latent bewusst war bzw. gewesen sein musste, dass diese Handlungen, deretwegen er von einem österreichischen Gericht rechtskräftig verurteilt worden ist, unrecht darstelle und er im Ergebnis damit aber jenen Staat bzw. dessen Gesellschaft "schadet", die ihm Schutz und Aufenthalt gewähren sollen. Eine solche Verhaltensweise ist daher nach der allgemeinen Lebenserfahrung für einen tatsächlich Schutzsuchenden nicht plausibel. Ein solcher würde tunlichst alles unterlassen, was dem, dessen Hilfe er angeblich braucht und die er in Anspruch nehemen will bzw. nimmt, schaden könnte.

 

Auch falls sich der Beschwerdeführer nicht konkret über die möglichen Folgewirkungen von derartigen Straftaten auf das Asylverfahren (z.B. Asylausschluss - bzw. Endigungsgründe, Auswirkungen auf die generelle Glaubwürdigkeit und damit auf die Beweiswürdigung im Asylverfahren, (Möglichkeit von Aufenthaltsbeendendenmaßnahmen der Fremdenpolizeibehörde, etc.) bzw. seinen weiteren Aufenthalt in Österreich vorweg informiert haben sollte, so kann doch nach der allgemeinen Lebenserfahrung davon ausgegangen werden, dass er sich zumindest latent bewusst sein musste, dass dieses Verhalten für einen weiteren Aufenthalt in Österreich nachteilig sein könnte und er Gefahr läuft, wieder in seinen Herkunftsstaat zurück zu müssen.

 

Aufgrund der Straffälligkeit ist somit die generelle Glaubwürdigkeit der Person des Beschwerdeführers in Zweifel zu ziehen und stellt dies ein weiteres Indiz dafür dar, dass der Beschwerdeführer keine subjektive Furcht vor Verfolgung im Falle einer Rückkehr hat bzw. er doch andere Ausreisemotive hatte als jene, die er im Asylverfahren vorbrachte. Dies gilt sinngemäß auch für seine Eltern und seinen Bruder.

 

Im Übrigen ist es auch nach dem - im Verfahren der Familienangehörigen des Beschwerdeführers eingeholten - Gutachten der Dr. T. S. bzw. nach den getroffenen Länderfeststellungen nicht nachvollziehbar, dass es bereits 1998, mit der Gründung der Armenischen Volkspartei, verstärkt Übergriffe gegen Mitglieder dieser Partei gekommen sei, sondern kam es erst während der Präsidentenwahl 2003, also nach der Ausreise der Beschwerdeführerin und auch ihrer Familie, zu behördlichen Maßnahmen gegen Mitglieder dieser Partei. Zum derzeitigen Zeitpunkt finden keine Verfolgungshandlungen gegen Mitglieder der armenischen Volkspartei statt und ist diese inzwischen nahezu bedeutungslos.

 

Die getroffenen Länderfeststellungen gründen sich auf das auszugsweise zitierte Dokumentationsmaterial, welches in der mündlichen Verhandlung (der Familienangehörigen) vom 05.10.2007 dargelegt wurde. Diesen Länderberichten wurde jedoch nicht entgegengetreten und waren sie daher, zumal sie auch aus zuverlässigen Quellen stammen, diesem Erkenntnis zu Grunde zu legen. In diesem Zusammenhang sei auch festgehalten, dass zwar mittlerweile ein aktuellerer Bericht des Auswärtigen Amtes vorliegt als der zitierte vom 20.03.2007, und zwar vom 18.06.2008 (Stand Mai 2008), sich aus diesem jedoch keine relevanten Änderungen ergeben.

 

Rechtliche Beurteilung:

 

4.1. Gemäß § 75 Abs 1 AsylG 2005 sind alle am 31.12.2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen. § 44 AsylG 1997 gilt. Die §§ 24, 26, 54 bis 57 und 60 dieses Bundesgesetzes (AsylG 2005) sind auf diese Verfahren anzuwenden. § 27 ist auf diese Verfahren mit der Maßgabe anzuwenden, dass das Bundesasylamt oder der Asylgerichtshof zur Erlassung einer Ausweisung zuständig ist und der Sachverhalt, der zur Einleitung des Ausweisungsverfahrens führen würde, nach dem 31.12.2005 verwirklicht wurde. § 57 Abs 5 und 6 ist auf diese Verfahren mit der Maßgabe anzuwenden, dass nur Sachverhalte, die nach dem 31.12.2005 verwirklicht wurden, zur Anwendung dieser Bestimmungen führen.

 

Gemäß § 44 Abs 1 AsylG 1997 werden Asylanträge, die bis zum 30.04.2004 gestellt wurden, nach den Bestimmungen des AsylG 1997 idF BGBl I Nr. 126/2002 geführt. Die §§ 8, 15, 22, 23 Abs 3, 5 und 6, 36, 40 und 40a sind gemäß § 44 Abs 3 leg cit idF BGBl I Nr. 101/2003 auch auf Verfahren gemäß Abs 1 anzuwenden.

 

Nachdem der gegenständliche Asylantrag vor dem 30.04.2004 gestellt wurde, ist zusammengefasst also das AsylG 1997 idF BGBl I Nr. 126/2002 mit den soeben genannten Maßgaben anzuwenden.

 

4.2. Gemäß § 38 Abs 1 AsylG 1997 entscheidet der unabhängige Bundesasylsenat über Rechtsmittel gegen Bescheide des Bundesasylamtes.

 

Gemäß § 75 Abs 7 AsylG 2005 idF BGBl I Nr 4/2008 sind am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren vom Asylgerichtshof nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen weiterzuführen:

 

Mitglieder des unabhängigen Bundesasylsenats, die zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannt worden sind, haben alle bei ihnen anhängigen Verfahren, in denen bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, als Einzelrichter weiterzuführen.

 

Verfahren gegen abweisende Bescheide, in denen eine mündliche Verhandlung noch nicht stattgefunden hat, sind von dem nach der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes zuständigen Senat weiterzuführen.

 

Verfahren gegen abweisende Bescheide, die von nicht zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannten Mitgliedern des unabhängigen Bundesasylsenates geführt wurden, sind nach Maßgabe der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes zuständigen Senat weiterzuführen.

 

Im Rahmen der Interpretation des § 75 (7) AsylG 2005 ist von einer Anhängigkeit der Verfahren beim Unabhängigen Bundesasylsenat mit 30.6.2008 auszugehen (vgl. Art. 151 Abs. 39 Z.1 B-VG). Der in der genannten Übergangsbestimmung genannte 1. Juli 2008 ist im Sinne dieser Bestimmung des B-VG zu lesen.

 

4.3. Das gegenständliche Verfahren war am 30.06. bzw. 01.07.2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängig. Die erkennende Richterin des Asylgerichtshofes war Mitglied des unabhängigen Bundesasylsenats und haben am 06.09.2006, 12.09.2007 und am 05.10.2007 bereits mündliche Verhandlungen stattgefunden. Gemäß der zitierten Bestimmung des § 75 Abs 7 Z 1 ergibt sich daher die Zuständigkeit der erkennenden Richterin, das Verfahren als Einzelrichterin weiterzuführen.

 

4.4. Gemäß der oben unter 4.1. angeführten Übergangsbestimmung des § 75 Abs 1 AsylG 2005 ist (unter anderem) § 24 AsylG 2005 auch auf Verfahren anzuwenden, die nach dem AsylG 1997 zu Ende zu führen sind.

 

Gemäß § 24 Abs 1 AsylG 2005 entzieht sich ein Asylwerber dem Asylverfahren, wenn

 

dem Bundesasylamt oder dem Asylgerichtshof sein Aufenthaltsort wegen Verletzung seiner Mitwirkungspflichten (§ 15) weder bekannt noch sonst durch das Bundesaslyamt oder den Asylgerichtshof leicht feststellbar ist oder

 

er das Bundesgebiet freiwillig verlässt, und das Verfahren nicht als gegenstandslos abzulegen ist (§25 Abs 1).

 

Gemäß Abs 2 leg cit sind Asylverfahren einzustellen, wenn sich der Asylwerber dem Verfahren entzogen hat (Abs. 1) und eine Entscheidung ohne eine allenfalls weitere Einvernahme oder Verhandlung nicht erfolgen kann. Ein eingestelltes Verfahren ist von Amts wegen fortzusetzen, sobald die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes möglich ist. Mit Fortsetzung des Verfahrens beginnt die Entscheidungsfrist nach § 73 Abs. 1 AVG zu laufen. Nach Ablauf von zwei Jahren nach Einstellung des Verfahrens ist eine Fortsetzung des Verfahrens nicht mehr zulässig. Ist das Verfahren vor dem Bundesasylamt einzustellen, ist nach § 26 vorzugehen.

 

§ 24 Abs 3 leg cit lautet:

 

Steht der entscheidungsrelevante Sachverhalt fest und hat sich der Asylwerber dem Verfahren entzogen (Abs. 1), steht die Tatsache, dass der Asylwerber vom Bundesasylamt oder vom Asylgerichtshof bisher nicht einvernommen wurde, einer Entscheidung nicht entgegen.

 

4.5. Der gegenständliche Beschwerdeführer hat sich seinem Asylverfahren entzogen, zumal sein aktueller Aufenthaltsort dem Asylgerichtshof weder bekannt ist noch von diesem leicht festgestellt werden kann. So hat die Befragung der Familienmitglieder in den mündlichen Verhandlungen ergeben, dass auch jene den Aufenthaltsort des Beschwerdeführers, welcher jedoch nach wie vor in Österreich ist, nicht kennen. Auch eine ZMR-Anfrage hat kein Ergebnis gebracht.

 

Da jedoch aufgrund der Verfahren der Eltern und des Bruders des Beschwerdeführers der entscheidungsrelevante Sachverhalt feststeht (der Beschwerdeführer hat sich bei seinen Fluchtgründen auf die politische Tätigkeit seiner Eltern bezogen) war das Verfahren nicht iSd § 24 Abs 2 AsylG einzustellen, sondern konnte gemäß Abs 3 leg cit eine Entscheidung getroffen werden.

 

4.6. Gemäß § 7 AsylG hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention [GFK]) droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F GFK genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

 

Nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist Flüchtling, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

 

Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. z.B. VwGH 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011, VwGH 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131, VwGH 22.12.1999, Zl. 99/01/0334).

 

Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011, VwGH 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131).

 

4.7. Aus dem oben festgestellten Sachverhalt ergibt sich, dass der Beschwerdeführer eine Verfolgung seiner Person nicht glaubhaft machen und diese daher auch nicht festgestellt werden konnte.

 

Erachtet die Behörde im Rahmen der Beweiswürdigung die fluchtkausalen Angaben des Asylwerbers - wie vorliegend - als nicht glaubhaft, dann können die von ihm behaupteten Fluchtgründe gar nicht als Feststellung der rechtlichen Beurteilung zu Grunde gelegt werden und ist auch deren Eignung zur Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung gar nicht näher zu beurteilen (VwGH, 09.05.1996, 95/20/0380).

 

Es waren daher die Voraussetzungen für die Gewährung von Asyl nicht gegeben und war daher Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides zu bestätigen.

 

4.8. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG hat die Behörde im Fall der Abweisung eines Asylantrages von Amtswegen bescheidmäßig festzustellen, ob die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist (§ 57 FrG); diese Entscheidung ist mit der Abweisung des Asylantrages zu verbinden.

 

Gemäß Artikel 5 § 1 des Fremdenrechtspaketes, BGBl I Nr. 100/2005, ist das Bundesgesetz über die Einreise, den Aufenthalt und die Niederlassung von Fremden (Fremdengesetz 1997), BGBl I Nr. 75/1997, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl I Nr. 151/2004, mit Ablauf des 31.12.2005 außer Kraft getreten. Gemäß § 126 Abs. 1 und 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl I Nr. 100/2005, ist dieses mit 01.01.2006 in Kraft getreten.

 

Gemäß 124 Abs. 2 FPG treten, soweit in anderen Bundesgesetzen auf Bestimmungen des FrG 1997 verwiesen wird, an deren Stelle die entsprechenden Bestimmungen des FPG. Demnach ist die Verweisung des § 8 Abs. 1 AsylG 1997 auf § 57 FrG nunmehr auf § 50 FPG zu beziehen.

 

Gemäß § 50 Abs. 1 FPG ist die Zurückweisung, Hinderung an der Einreise, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrecht und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre.

 

Gemäß Abs. 2 leg. cit. ist die Zurückweisung oder Zurückschiebung Fremder in einen Staat oder die Hinderung an der Einreise aus einem Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§11 AsylG 2005).

 

Gemäß Abs. 4 leg. cit. ist die Abschiebung Fremder in einen Staat, in dem sie zwar im Sinne des Abs. 2, jedoch nicht im Sinne des Abs. 1 bedroht sind, nur zulässig, wenn sie aus gewichtigen Gründen eine Gefahr für die Sicherheit der Republik darstellen oder wenn sie von einem inländischen Gericht wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt worden sind und wegen dieses strafbaren Verhaltens eine Gefahr für die Gemeinschaft bedeuten (Art. 33 Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge).

 

Gemäß Abs. 6 leg. cit. ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

 

Die Regelungsgehalte von § 57 FrG und § 50 FPG unterscheiden sich nicht in einer solchen Weise, dass es für den vorliegenden Fall von Bedeutung wäre. Die Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes, die sich - mittelbar oder unmittelbar - auf § 57 FrG bezieht, lässt sich daher auf § 50 FPG übertragen.

 

4.9. Wie bereits oben ausgeführt, ist eine an asylrechtlich relevante Merkmale im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK anknüpfende Verfolgung nicht anzunehmen, so dass die Anwendbarkeit des § 57 Abs. 2 FrG ausscheidet.

 

Zu prüfen bleibt, ob es begründete Anhaltspunkte dafür gibt, dass durch die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat Artikel 2 oder 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würden oder für den Beschwerdeführer als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre.

 

Nach dem festgestellten Sachverhalt besteht aber auch kein Hinweis auf solch "außergewöhnliche Umstände", welche eine Rückkehr des Beschwerdeführers nach Armenien unzulässig machen könnten. Die Grundversorgung ist nach den getroffenen Feststellungen gewährleistet, weiters besteht in Armenien keine extreme Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne des Artikel 2 oder 3 EMRK ausgesetzt wäre.

 

Rückkehrer werden in die Gesellschaft integriert, haben Zugang zu allen Berufsgruppen und können dabei ihre allfälligen Deutschkenntnisse nutzen.

 

Der Beschwerdeführer ist ein gesunder, erwachsener Mann von 28 Jahren. Er hat bereits in seiner Heimat als Mechaniker gearbeitet und ist daher davon auszugehen, dass er auch in Hinkunft seinen Lebensunterhalt durch eigene Arbeit bestreiten kann.

 

Bei Berücksichtigung aller bekannten Fakten deutet auch nichts darauf hin, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückverbringung in seinen Herkunftsstaat als Zivilperson der realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes ausgesetzt wäre.

 

Demnach war auch die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides abzuweisen und insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Familienverfahren, gesteigertes Vorbringen, Glaubwürdigkeit, mangelnde Asylrelevanz, medizinische Versorgung, non refoulement, strafrechtliche Verurteilung
Zuletzt aktualisiert am
05.10.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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