TE AsylGH Erkenntnis 2008/07/28 E7 240208-0/2008

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Veröffentlicht am 28.07.2008
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Spruch

GZ: E7 240.208-0/2008-11E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. NIKOLAS BRACHER als Einzelrichter über die Beschwerde des G. A., geb. 1977, StA. Türkei, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 21.07.2003, 03 20.921 BAT, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 21.04.2008 zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 7 und 8 AsylG 1997 idF BGBl. 126/2002 als unbegründet abgewiesen.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

 

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

 

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden auch: BF) stellte, nach erfolgter Einreise in das Bundesgebiet am 10.07.2003 via den Flughafen Wien-Schwechat, ebendort einen Asylantrag gemäß § 3 AsylG.

 

Als Identitätsnachweis legte er im Zuge dessen einen türkischen Reisepass, ausgestellt 2003 von der zuständigen Behörde, in welchem sich neben einem Ausreisestempel ein Visum für Moldawien, gültig von 00.00. bis 00.00.2003, befand, sowie einen türkischen Personalausweis, ausgestellt 1996, vor.

 

Zu seinen Ausreisegründen befragt gab der BF dabei an, "er habe als Kurde in der Türkei keine Rechte gehabt, er sei deswegen mehrmals verhaftet und mißhandelt worden".

 

Einer Anfrage im Schengener Informationssystem nach bestand den BF betreffend ein bis 20.05.2004 befristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot der BR Deutschland.

 

Mit Aktenvermerk vom 15.07.2003 wurde das Verfahren gem. § 30 AsylG 1997 wegen Abwesenheit des BF eingestellt.

 

2. Am 17.07.2003 fand an der Außenstelle Traiskirchen des Bundesasylamtes eine niederschriftliche Einvernahme des BF statt.

 

Er brachte im Zuge dessen auf Befragen in türkischer Sprache vor, er sei in B., Türkei, geboren, Angehöriger der kurdischen Volksgruppe, Moslem, und ledig. Sein Vater G. H. und seine Mutter G. K. würden im Ort S. leben, wo auch er selbst zuletzt vor der Ausreise gewohnt habe. Er habe darüber hinaus 5 Geschwister in der Türkei (ohne Wohnsitzangabe). Sein Bruder G. R. lebe in Bremen, BRD, sein Bruder G. A. an einem unbekannten Ort in der BRD.

 

Im Ort S. habe er zwischen 1984 und 1989 die Grundschule, in der Stadt B. zwischen 1989 und 1992 die Hauptschule sowie zwischen 1992 und 1995 die allgem. bildende höhere Schule besucht. Seinen Militärdienst habe er zwischen 2001 und 2002 absolviert.

 

Beruflich sei er zwischen 1995 und 1997 als Hilfsarbeiter in Istanbul und zwischen 1997 und 2003 in der väterlichen Landwirtschaft bzw. Viehzucht tätig gewesen.

 

Er sei schlepperunterstützt von Istanbul aus nach Moldawien geflogen und von dort nach Wien. Er sei aus der Türkei legal unter Verwendung seines Reisepasses ausgereist, das moldawische Visum habe aber der Schlepper besorgt. Die Kosten der Reise in Höhe von 5.000,- Euro habe er selbst bezahlt.

 

Auf weiteres Befragen gab er an, er sei türkischer Staatsangehöriger und Kurde und gehöre der islamischen Religionsgemeinschaft der Sunniten an.

 

Auf Befragen nach etwaigen Vorstrafen in der Türkei gab er vorerst an "viele Vorstrafen zu haben", korrigierte aber in der Folge dahin gehend, dass er noch nie verhaftet worden war, sondern dass er "Verbotenes gemacht habe", und zwar "an Demonstrationen teilgenommen, Ansprüche geltend gemacht, gegen Ungerechtigkeiten gekämpft, Plakate aufgehängt und an einer Flugblattverteilung teilgenommen". Er sei dabei aber glaublich nie erkennungsdienstlich behandelt worden, auch eine Inhaftierung oder gerichtliche Verurteilung wurde von ihm verneint. Er sei grundsätzlich für den "unbewaffneten Kampf". Er sei auch kein Mitglied einer politischen Partei, sondern nur Sympathisant der HADEP. Den örtlichen Parteivorstand der HADEP in B. kenne er nicht. Während der letzten Wahl in der Türkei sei er noch im Militärdienst gewesen.

 

Nach konkret gegen ihn selbst gerichteten Verfolgungshandlungen befragt legte der BF dar, er hätte einmal zwischen 01. Juni und 15. Juli 2003 in B. zusammen mit zwei anderen Personen Plakate der HADEP aufhängen wollen, sie seien aber von der Polizei beobachtet worden und seien deshalb vor dieser geflüchtet. Auf Befragen machte der BF noch einige allgemeine Angaben zur HADEP. Über diesen Vorfall hinaus sei er oftmals von der Polizei oder von Soldaten, etwa bei Besuchen im Teehaus, zur Ausweisleistung aufgefordert worden. Im Allgemeinen habe er ständig Angst gehabt verhaftet zu werden, weitere Probleme habe er vor der Ausreise nicht gehabt. Beim Erdbeben in B. im Jahre 2003 habe man ihm kein Zelt zugeteilt.

 

3. Mit dem angefochtenen Bescheid hat das Bundesasylamt den Asylantrag unter Hinweis auf § 7 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I), und die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des BF in die Türkei gemäß § 8 AsylG für zulässig erklärt (Spruchpunkt II).

 

Begründend wurden - im Gefolge der Wiedergabe der erstinstanzlichen Einvernahme sowie im Hinblick auf die im Bescheid getroffenen länderkundlichen Feststellungen - von der erstinstanzlichen Behörde die Angaben des BF zu seiner Nationalität und Volksgruppenzugehörigkeit der Entscheidung zugrunde gelegt. Diese wurden als nachvollziehbar und glaubwürdig erachtet. Sein Reisepass wurde als echt und seine Ausreise aus der Türkei als dokumentiert festgestellt. Angesichts der im Akt befindlichen Kopien der vorgelegten Dokumente und im Lichte der letzten Feststellung zum Reisepass wurde (offenbar irrtümlich) auch festgestellt, dass er mangels geeigneter Dokumente seine Identität nicht nachweisen konnte.

 

Mit seinem übrigen als unglaubwürdig, weil nur vage und undetailliert und damit als unschlüssig und nicht nachvollziehbar zu qualifizierenden Vorbringen zu seinen Ausreisegründen habe er jedoch eine mögliche staatliche Verfolgung oder eine Gefährdung iSd § 57 FrG nicht glaubhaft machen können. Er habe auch kein besonderes Naheverhältnis zur HADEP darlegen können, welches eine etwaige behördliche Verfolgung erklären könnte. Im Übrigen sei in seinem Fall in Ermangelung einer landesweiten Fahndung nach seiner Person von einer zumutbaren Aufenthaltsalternative ohne Verfolgungsgefahr in anderen Landesteilen auszugehen. Zuletzt sei auch angesichts der ordnungsgemäßen Ausstellung eines Reisepasses und einer ebensolchen Ausreise aus der Türkei von keinem behördlichen Interesse an ihm auszugehen.

 

Eine sogen. Gruppenverfolgung von Kurden sei in der Türkei im Lichte der länderkundlichen Feststellungen der belangten Behörde sowie der aktuellen Judikatur ebenso nicht gegeben.

 

In der Gesamtsicht dessen sei daher nicht glaubhaft, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung drohe und sei daher der Asylantrag abzuweisen.

 

Im Hinblick auf die Frage der Zulässigkeit der Abschiebung in die Türkei stellte die Behörde fest, dass in der Türkei keine allgemeine Gefahrenlage vorherrsche, durch die praktisch jeder der Gefahr iSd § 57 FrG ausgesetzt wäre. Es lägen daher keine Gründe für die Annahme vor, dass der BF im Falle der Abschiebung einer solchen Gefahr unterworfen wäre. Die Abschiebung sei daher gem. § 8 AsylG zulässig.

 

Der erstinstanzliche Bescheid wurde vom BF am 22.07.2003 an der Außenstelle des Bundesasylamtes persönlich übernommen.

 

4. Gegen diesen Bescheid richtete sich die fristgerecht mit 02.08.2003 per Telefax gegen beide Spruchpunkte erhobene Berufung des BF, mit der die erstinstanzliche Entscheidung wegen Rechtswidrigkeit gerügt und die Abänderung des bekämpften Bescheides im Sinne der Asylgewährung, in eventu der Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung beantragt wurde.

 

Im Weiteren wiederholte der BF über diese Anfechtungserklärung hinaus lediglich sinngemäß seine erstinstanzlichen Ausführungen.

 

5. Das gg. Verfahren wurde mit 25.01.2006 wegen längerfristiger Erkrankung des vormals zuständigen Mitglieds des Unabhängigen Bundesasylsenats als Berufungsbehörde dem nunmehr zur Entscheidung berufenen Richter des Asylgerichtshofs zugeteilt. 6. Am 08.03.2007 langte bei der Berufungsbehörde eine Vollmachtserklärung des BF zugunsten eines rechtsfreundlichen Vertreters ein. Diesem wurde auf Ersuchen eine Kopie des erstinstanzlichen Bescheides übermittelt.

 

7. Am 21.04.2008 wurde eine mündliche Verhandlung in der Sache des BF durchgeführt. Die belangte Behörde war entschuldigt nicht erschienen. Abwesend war auch der rechtsfreundliche Vertreter des BW.

 

Zum bisher behaupteten Sachverhalt führte der BF auf Befragen ergänzend aus, dass er in Österreich seit 2006 Mitglied des kurdischen "Mesopotamischen Kultur- und Sportvereins" in S. sei, jedoch nicht in leitender Funktion. Hiefür legte er einen Abbuchungsauftrag für einen monatlichen Mitgliedsbeitrag zugunsten des Vereines ab Februar 2008 als Nachweis vor. Er sei auch bei anderen Vereinen gewesen, Nachweise dafür legte er aber nicht vor noch machte er weiter konkrete Angaben dazu. Im erstgenannten Verein würden private Feiern abgehalten sowie durch diesen Demonstrationen organisiert, an denen er selbst auch teilgenommen habe. Im heurigen Jahr habe er etwa an einer Demonstration teilgenommen, deren Datum ihm aber nicht erinnerlich sei. Zum Weltfrauentag habe es ebenfalls eine solche gegeben, an der er teilgenommen habe, ebenso wie am Newroz-Fest 2007. Auch sei er zuletzt 2008 beim Newroz-Fest gewesen. Inhaltlich sei es bei den genannten Veranstaltungen stets um die Wahrung der demokratischen Rechte der Frauen bzw. der Kurden gegangen. Für Gewalt sei er dabei nie eingetreten, auch habe er die Aktivitäten der PKK nicht gutgeheißen. Er befürchte jedenfalls bei einer Rückkehr wegen seiner Vereinsaktivitäten in Österreich sowie wegen seiner Teilnahme an einer Demonstration 2003 im Zusammenhang mit der fehlenden staatlichen Unterstützung der kurdischen Bevölkerung nach dem dortigen Erdbeben Probleme mit den türkischen Behörden.

 

Befragt legte der BF weiters dar, dass seine Eltern nach wie vor im Ort S. wohnen und von der Landwirtschaft leben, er stehe mit ihnen in telefonischem Kontakt. Auch 5 seiner Geschwister leben in diesem Ort auf diese Weise, ein Bruder habe auch ein Taxi. Wesentliche wirtschaftliche Probleme gebe es für sie nicht. Ein weiterer Bruder lebe in München, ein anderer in Bremen, er selbst sei nach der Asylantragstellung einmal kurz in die BRD gefahren, aber wieder zurückgewiesen worden.

 

Als aktuelle länderkundliche Informationsquelle von Amts wegen dem gg. Verfahren zugrunde gelegt, mit dem BW im Wesentlichen erörtert und zum Akt genommen wurde von der erkennenden Behörde:

 

Dt. Auswärtiges Amt, Bericht zur aktuellen Lage in der Türkei vom 25.10.2007.

 

Zu den Einzelheiten der Erörterung wird auf die im Akt befindliche Verhandlungsschrift verwiesen, wobei zusammenfassend festzustellen ist, daß der BF im Zuge dessen keine weiteren individuellen Aspekte mehr darlegte.

 

8. Mit Telefax vom 07.12.2005, vom 09.05.2006 sowie vom 27.12.2006 wurde dem Bundesasylamt seitens des AMS OÖ mitgeteilt, dass dem BF jeweils saisonale Beschäftigungsbewilligungen erteilt wurden.

 

II. Der zur Entscheidung berufene Richter des Asylgerichtshofs hat erwogen:

 

1. Folgender Sachverhalt wird festgestellt und der gg. Entscheidung zugrunde gelegt:

 

1.1. Zur Person des Berufungswerbers:

 

Die persönlichen Angaben des BF zu seiner Identität, Staatsangehörigkeit, Volksgruppenzugehörigkeit und regionalen Herkunft, zu seinen familiären Verhältnissen im Herkunftsstaat und in Österreich sowie zu seinen übrigen verwandtschaftlichen Verhältnissen werden in der von ihm erstinstanzlich sowie insbesondere in der Berufungsverhandlung dargelegten und oben wiedergegebenen Form der gg. Entscheidung zugrunde gelegt.

 

1.2. Zu den vom BF vorgebrachten Ausreisegründen wird festgestellt:

 

1.2.1. Aus dem Vorbringen des BF zu seinen Ausreisegründen, welches sich über die gesamte Verfahrensdauer hinweg im Wesentlichen in seiner behaupteten Identifikation mit den politischen und rechtlichen Anliegen der kurdischen Bevölkerung in seiner engeren Heimat erschöpfte, die sich wiederum konkret in der bloßen Teilnahme an einer Demonstration in B. im Jahr 2003 im Zusammenhang mit dem damaligen Erdbeben und einer versuchten, aber fehlgeschlagenen Plakatmontage für die HADEP in B. in diesem Jahr geäußert habe und darüber hinaus keine konkret nachvollziehbaren Aktivitäten umfasste, ließ sich - schon unabhängig von der Frage des Wahrheitsgehalts dieser Aussagen - mangels eines sachlichen Konnexes zu etwaigen Verfolgungsszenarien vor der Ausreise sowie für den Fall der Rückkehr kein individuelles Bedrohungsszenario den BF betreffend ableiten.

 

1.2.2. Soweit der BF im Rahmen der Berufungsverhandlung erstmals seine bloße Mitgliedschaft in einem kurdischen Kultur- und Sportverein seit 2006 bzw. 2008 ins Treffen führte, im Rahmen derer er gelegentlich auch bei Demonstrationen zugunsten der Rechte der Frauen sowie der Kurden sowie am sogen. Newroz-Fest teilgenommen habe, weswegen er bei einer Rückkehr begründete Furcht vor staatlicher Verfolgung zu gewärtigen habe, ist festzustellen, dass aus diesem Vorbringen für den Fall der Rückkehr kein individuelles Bedrohungsszenario den BF betreffend abzuleiten war.

 

1.2.3. Im Hinblick auf die bloße kurdische Volksgruppenzugehörigkeit des BF war angesichts der allgemeinen Lage der Kurden in der Türkei in Verbindung mit der Tatsache, daß auch im Herkunftsstaat des BF ein großer kurdischer Bevölkerungsanteil einschließlich mehrerer Verwandter des BF lebt, die offenkundig keiner systematischen Verfolgung ausgesetzt sind, eine asylrelevante Gefährdung des BF nicht feststellbar.

 

1.2.4. Im Lichte dieser Feststellungen war insgesamt eine begründete Furcht des BF vor Verfolgung aus den von ihm behaupteten oder aus anderweitigen Gründen im Falle einer Rückkehr in die Türkei nicht feststellbar.

 

1.3. Der BF kann sich im Falle der Rückkehr auf seine bereits vor der Ausreise sowie auch im Aufnahmeland gezeigte Selbsterhaltungsfähigkeit stützen. Darüber hinaus verfügen die verschiedenen Angehörigen des BF, nämlich seine Eltern und seine Geschwister, in seiner Heimat über offenbar hinreichende Existenzmöglichkeiten. Ihm steht, sofern erforderlich, eine zumutbare Unterkunft auch bei diesen Angehörigen zur Verfügung. Allenfalls kann er bei anfänglichen materiellen Schwierigkeiten nach der Rückkehr auf die Unterstützung seiner Verwandten zurückgreifen. Er hat demnach, soweit es die notwendige Existenzgrundlage für sich angeht, in diesem Fall - auch vor dem Hintergrund der allgemeinen Lage in der Türkei - in materieller Hinsicht keine aussichtlose Lage zu gewärtigen.

 

1.4. Zur Lage in der Türkei:

 

Im Hinblick auf die aktuelle Situation in der Türkei wird auf die aktuellen Feststellungen im oben angeführten länderkundlichen Bericht verwiesen.

 

Im Hinblick auf das Vorbringen des BF ist zum einen dahin gehend von Bedeutung, dass es bei einem dzt. Anteil der Kurden von etwa einem Fünftel an der Gesamtbevölkerung der Türkei, d.h. etwa 14 Mio. Kurden, der sich auf die gesamte Türkei verteilt und zum größten Teil in die türkische Gesellschaft integriert ist, zu keinen systematischen und weit verbreiteten Repressionen gegen Staatsbürger kurdischer Herkunft kommt.

 

Im Hinblick auf die das Vorbringen des BF im Rahmen der Berufungsverhandlung, dass er seit 2006 bzw. 2008 bloßes Mitglied des "Mesopotamischen Kultur- und Sportvereins" in S. sei und im Rahmen dessen mehrmals an gewaltfreien Demonstrationen für die Rechte der Frauen oder der kurdischen Volksgruppe teilgenommen habe sowie dass er auch an Feiern zum sogen. Newroz-Fest teilgenommen habe, wird festgestellt, dass nur türkische Staatsangehörige, die im Ausland in herausgehobener oder erkennbar führender Position für eine in der Türkei verbotene Organisation tätig sind (waren) und sich nach türkischen Gesetzen strafbar gemacht haben, Gefahr laufen, dass sich die türkischen Sicherheitsbehörden und die Justiz mit ihnen befassen, wenn sie in die Türkei einreisen. Es ist davon auszugehen, dass sich eine mögliche strafrechtliche Verfolgung durch den türkischen Staat insbesondere auf Personen bezieht, die als Auslöser von als separatistisch oder terroristisch erachteten Aktivitäten und als Anstifter oder Aufwiegler angesehen werden. Öffentliche Äußerungen, auch in Zeitungsannoncen oder -artikeln, sowie die Beteiligung an Demonstrationen, Kongressen, Konzerten etc. im Ausland zur Unterstützung kurdischer Belange sind nach türkischem Recht nur dann strafbar, wenn sie als Anstiftung zu konkret separatistischen und terroristischen Aktionen in der Türkei oder als Unterstützung illegaler Organisationen gemäß der gültigen Fassung des türkischen Strafgesetzbuches gewertet werden können. In der Regel haben die türkischen Strafverfolgungsbehörden nur ein Interesse an der Verfolgung im Ausland begangener Gewalttaten bzw. ihrer konkreten Unterstützung, dazu gehört auch die Mitgliedschaft in der PKK. (vgl. Dt. Auswärtiges Amt, Bericht zur aktuellen Lage in der Türkei vom 25.10.2007, Kap.1.9., S. 25-26)

 

2. Beweiswürdigung:

 

Als Beweismittel wurden herangezogen:

 

Das erstinstanzliche Verfahrensergebnis

 

Die persönlichen Angaben des BF vor der Berufungsbehörde

 

Die oben angeführten länderkundlichen Feststellungen anhand der angeführten Informationsquellen

 

2.1. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich nach Maßgabe folgender Erwägungen:

 

2.1.1. Die Feststellungen zur Situation in der Türkei bzw. in der früheren Heimat des BF stützen sich auf die Feststellungen der Erstbehörde zum Zeitraum bis 2002 und die länderkundlichen Feststellungen des Asylgerichtshofs selbst die aktuelle Lage in der Türkei betreffend. Angesichts der Seriosität dieser Quellen und der Plausibilität dieser Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit dieser Angaben zu zweifeln.

 

2.1.2. Die Feststellungen zur Identität, ethnischen und regionalen Herkunft des BF ergeben sich aus dem Akteninhalt und dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung, ebenso die Feststellungen zu den genaueren Lebensumständen des BF vor der Ausreise und denen seiner Angehörigen und Verwandten damals wie heute.

 

2.1.3. Die Feststellungen unter 1.2. zu den vom BF behaupteten Ausreisegründen gründen sich auf das entsprechende Vorbringen des BF über die gesamte Verfahrensdauer hinweg.

 

Der Asylgerichtshof schloss sich im Lichte dessen den Erwägungen der erstinstanzlichen Behörde an, dass der BF mit seinem Vorbringen nicht glaubhaft machen konnte, dass er vor dem Hintergrund der behaupteten Ereignisse einem konkreten behördlichen Interesse an ihm bis zur Ausreise und somit einer zielgerichteten staatlichen Verfolgung unterlegen war.

 

Derlei hat der BF weder erstinstanzlich substantiiert in den Raum gestellt noch hat er diesbezüglich auf Befragen in der Berufungsverhandlung anders lautende Angaben gemacht. Vielmehr hat er im Rahmen dessen dargelegt, dass er bis zur Ausreise grundsätzlich unbehelligt von behördlichen Verfolgungshandlungen an seinem ständigen Wohnsitz in B. lebte und sich in normaler Weise am sozialen Leben beteiligte. Es habe weder jemals erkennungsdienstliche Behandlungen noch Verhaftungen noch anderweitige Verfahrensschritte gegen ihn gegeben. Sein konkret nach außen getretenes politisches Engagement bis zur Ausreise erschöpfte sich seinem Vorbringen nach in der - in den Einzelheiten nur vage und unkonkretisiert vorgetragenen - Beteiligung an einer Demonstration in B. wegen fehlender staatlicher Hilfeleistung für Erdbebenopfer sowie einem fehlgeschlagenen Versuch einer Plakatmontage für die HADEP, die aber ohne Behördenvertreterkontakt verlief bzw. kein weitere konkrete behördliche Aufmerksamkeit den BF betreffend oder Verfolgung nach sich zog. Das übrige Vorbringen umfasste lediglich Allgemeinplätze zur politischen Haltung des BF. Für den erkennenden Richter war somit - wie bereits für die erstinstanzliche Behörde - nicht erkennbar, dass der BF tatsächlich vor der Ausreise einer nachvollziehbaren individuellen Bedrohung seitens der türkischen Behörden ausgesetzt war. Hierzu fügte sich die anstandslose Ausreise des BF unter Verwendung seiner Personaldokumente sowie durch die Personenkontrolle am Flughafen in Istanbul.

 

Aus diesem Sachverhalt war letztlich kein asylrelevantes aktuelles Bedrohungsszenario zum Zeitpunkt der Ausreise sowie folgerichtig auch für den Fall der dzt. Rückkehr den BF betreffend abzuleiten.

 

Auch aus der bloßen früheren Sympathie des BF mit den Anliegen der HADEP war in Ermangelung irgendeines öffentlichkeitswirksamen oder sonst behördlich bekannten Agierens des BF in parteipolitischem Sinne im Herkunftsstaat ein relevantes Bedrohungsszenario nicht zu gewinnen.

 

Das lediglich anläßlich der Erstbefragung nach erfolgter Einreise am Flughafen Wien getätigte Vorbringen oftmaliger polizeilicher Festnahmen und Misshandlungen vor der Ausreise war im Lichte des nachfolgenden und durchgängig anders lautenden Vorbringens nicht als glaubwürdig anzusehen.

 

2.1.4. Im Hinblick auf die im Rahmen der Berufungsverhandlung erstmals dargelegte bloße Mitgliedschaft in einem kurdischen Kultur- und Sportverein seit 2006 bzw. 2008, im Rahmen derer er gelegentlich auch bei Demonstrationen zugunsten der Rechte der Frauen sowie der Kurden sowie am sogen. Newroz-Fest teilgenommen habe, weswegen er seiner Ansicht nach bei einer Rückkehr begründete Furcht vor staatlicher Verfolgung zu gewärtigen habe, ist festzuhalten, dass der BF selbst darlegte, dabei er bei seinen offenbar nur gelegentlichen Teilnahmen seinen Angaben nach weder für gewaltsame Lösungen politischer Probleme in der Türkei oder für den Sturz der türkischen Regierung eingetreten zu sein noch im Rahmen dieses Vereins in einer führenden oder sonst irgendwie exponierten Stellung tätig gewesen zu sein, weshalb er eventuell den türkischen Behörden wegen auffällig regimekritischer, staatsfeindlicher oder den Terrorismus fördernder oder befürwortender Haltungen oder Äußerungen aufgefallen und damit in das Visier behördlicher Ermittlungen wegen strafbarer Handlungen mit politischem Charakter geraten sein könnte oder bei der Einreise geraten würde. Hinzu kommt, dass er dergleichen auch für die Zeit vor der Ausreise aus der Türkei nicht glaubhaft machte. Aus diesem Vorbringen war daher für den Fall der Rückkehr kein hinreichend wahrscheinliches individuelles Bedrohungsszenario den BF betreffend abzuleiten. Auf die entsprechende höchstgerichtliche Judikatur zur Frage etwaiger Asylrelevanz von exilpolitischer Betätigung wird ergänzend verwiesen (vgl. VwGH 2000/01/0076).

 

2.1.5. Die Feststellungen oben zum Fehlen einer aktuellen Rückkehrgefährdung in Form einer eventuell nicht hinreichenden Lebensgrundlage oder wegen etwaiger schwerwiegender gesundheitlicher Probleme stützen sich auf das eindeutige Ermittlungsergebnis in Form der persönlichen Darstellung des BF.

 

III. Rechtlich folgt:

 

1. Gemäß § 75 (1) AsylG 2005, BGBl I Nr. 100/2005, sind alle am 31.12.2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen. Gemäß § 44 Abs. 1 AsylG idF BGBl I Nr. 101/2003 werden Verfahren zur Entscheidung über Asylanträge und Asylerstreckungsanträge, die bis zum 30. April 2004 gestellt wurden, nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 126/2002 geführt. Der Berufungswerber hat seinen Asylantrag am 02.10.2002 gestellt. Das gegenständliche Verfahren ist somit nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76/1997, in der Fassung BGBl. I Nr. 126/2002 (AsylG) zu führen.

 

Gemäß § 75 Abs. 7 AsylG 2005, diesem hinzugefügt durch Art. 2 Z. 54 Asylgerichtshofgesetz AsylGHG 2008, sind am 1.Juli 2008 beim Unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren vom Asylgerichtshof weiterzuführen. Gem. § 75 Abs. 7 Z. 1 haben Mitglieder des Unabhängigen Bundesasylsenates, die zu Richtern des Asylgerichtshofs ermannt wurden, alle bei ihnen anhängigen Verfahren, in den bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, als Einzelrichter weiterzuführen. Im gg. Fall war daher vor dem Hintergrund des oben dargestellten Verfahrensverlaufs der unten zeichnende Richter des Asylgerichtshofs als Einzelrichter zur Fortsetzung des vor dem 1. Juli 2008 begonnenen Verfahrens und zur Entscheidung über die gg. Anträge des BF berufen.

 

2. Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

3. Gemäß § 7 AsylG hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Artikel 1 Abschnitt A Ziffer 2 der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht und keiner der in Artikel 1 Abschnitt C oder F der GFK genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

 

Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Zentraler Aspekt der dem § 7 AsylG 1997 zu Grunde liegenden, in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung (vgl. VwGH 22.12.1999, 99/01/0334). Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sei, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen (vgl. VwGH 25.1.2001, 2001/20/0011; VwGH 21.09.2000, 2000/20/0241; VwGH 14.11.1999, 99/01/0280). Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH 19.04.2001, 99/20/0273; VwGH 22.12.1999, 99/01/0334). Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. VwGH 19.10.2000, 98/20/0233; VwGH 09.03.1999, 98/01/0318).

 

Besteht für den Asylwerber die Möglichkeit, in einem Gebiet seines Heimatstaates, in dem er keine Verfolgung zu befürchten hat, Aufenthalt zu nehmen, und ist ihm dort die Inanspruchnahme inländischen Schutzes auch zumutbar, so liegt eine inländische Fluchtalternative vor, welche die Asylgewährung ausschließt (vgl. VwGH 24.3.1999, 98/01/0352; 15.3.2001, 99/20/0134; 15.3.2001, 99/20/0036). Das einer "inländischen Fluchtalternative" innewohnende Zumutbarkeitskalkül setzt voraus, dass der Asylwerber im in Frage kommenden Gebiet nicht in eine ausweglose Lage gerät, zumal auch wirtschaftliche Benachteiligungen dann asylrelevant sein können, wenn sie jegliche Existenzgrundlage entziehen (VwGH 8.9.1999, 98/01/0614, 29.3.2001, 2000/20/0539).

 

3.1. Vor dem Hintergrund der oben getroffenen Feststellungen zur aktuellen Situation in der Türkei war den BF betreffend angesichts der zu seinem Vorbringen getroffenen Feststellungen (vgl. oben) aus den folgenden Gründen keine aktuelle begründete Furcht vor Verfolgung im Herkunftsstaat feststellbar:

 

Dem BF gelang es aus den oben dargelegten Gründen nicht glaubhaft darzulegen, dass er vor der Ausreise einer asylrelevanten Verfolgung in der Türkei unterlegen war noch dass er einer solchen bei einer Rückkehr in die Türkei unterliegen würde, weshalb eine Subsumierung des Vorbringens unter die Verfolgungstatbestände der GFK nicht möglich war. Auch eine eventuell aus anderen Gründen bestehende aktuelle Verfolgungsgefahr war aus Sicht der Behörde im Lichte der aktuellen länderkundlichen Feststellungen nicht feststellbar.

 

Das Beschwerdebegehren war daher hinsichtlich Spruchpunkt I abzuweisen.

 

4. Ist ein Asylantrag abzuweisen, so hat die Behörde gemäß § 8 AsylG 1997 idF BGBl. I Nr. 126/2002 von Amts wegen bescheidmäßig festzustellen, ob die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat nach § 57 Fremdengesetz 1997, BGBl. I Nr. 75/1997 (FrG), zulässig ist; diese Entscheidung ist mit der Abweisung des Asylantrages zu verbinden.

 

Gemäß Art. 5 § 1 des Fremdenrechtspakets BGBl. I 100/2005 ist das FrG mit Ablauf des 31.12.2005 außer Kraft getreten; am 1.1.2006 ist gemäß § 126 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (Art. 3 BG BGBl. I 100/2005; in der Folge: FPG) das FPG in Kraft getreten. Gemäß § 124 Abs. 2 FPG treten, soweit in anderen Bundesgesetzen auf Bestimmungen des FrG verwiesen wird, an deren Stelle die entsprechenden Bestimmungen des FPG. Demnach wäre die Verweisung des § 8 AsylG auf § 57 FrG nunmehr auf die "entsprechende Bestimmung" des § 50 FPG zu beziehen.

 

Gemäß § 50 Abs. 1 FPG ist die Zurückweisung, die Hinderung an der Einreise, die Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde, oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre. Gemäß § 50 Abs. 2 FPG ist die Zurückweisung, Zurückschiebung Fremder in einen Staat oder die Hinderung an der Einreise aus einem Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 GFK), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative.

 

Da sich die Regelungsinhalte beider Vorschriften (§ 57 FrG und § 50 FPG) nicht in einer Weise unterscheiden, die für den vorliegenden Fall von Bedeutung wäre, lässt sich die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, die sich - unmittelbar oder mittelbar - auf § 57 FrG bezieht, insoweit auch auf § 50 FPG übertragen.

 

Zur Auslegung des § 57 FrG ist die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum inhaltsgleichen § 37 Fremdengesetz, BGBl. Nr. 838/1992, heranzuziehen. Danach erfordert die Feststellung nach dieser Bestimmung das Vorliegen einer konkreten, den Berufungswerber betreffenden, aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder (infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt) von diesen nicht abwendbaren Gefährdung bzw. Bedrohung. Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher ohne Hinzutreten besonderer Umstände, welche ihnen noch einen aktuellen Stellenwert geben, nicht geeignet, die begehrte Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen (vgl. VwGH 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011; VwGH 14.10.1998, Zl. 98/01/0122). Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um die Abschiebung des Fremden in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 57 FrG als unzulässig erscheinen zu lassen (vgl. VwGH 27.02.2001, Zl. 98/21/0427). Im Übrigen ist auch im Rahmen des § 8 AsylG zu beachten, dass mit konkreten, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerten Angaben das Bestehen einer aktuellen Gefährdung bzw. Bedrohung im Sinne des § 57 Abs. 1 oder 2 FrG glaubhaft zu machen ist (vgl. VwGH 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011).

 

4.1. Eine mögliche Gefährdung des BF iSd des § 50 Abs. 2 FrG im Herkunftsstaat ist vor dem Hintergrund der Feststellungen oben zur Frage der Asylrelevanz des Vorbringens jedenfalls zu verneinen.

 

Ausgehend vom Vorbringen des BF sowie auch von der Lageeinschätzung des Asylgerichtshofs auf der Grundlage der eingesehenen Berichte sind darüber hinaus derart exzeptionelle Umstände, die eine Rückführung im Hinblick auf innerhalb oder außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegender Gegebenheiten im Zielstaat im Widerspruch zu Art. 3 EMRK erscheinen lassen könnten, im Falle des BF ebenfalls nicht ersichtlich (vgl. zu Art. 3 EMRK z.B. VwGH 21.08.2001, Zl. 2000/01/0443).

 

Hinzu kommt, dass vor dem Hintergrund der vom BF selbst dargestellten Lebensverhältnisse seiner Verwandten in der Türkei sowie der eigenen früheren Lebensumstände und Fähigkeiten auch nicht ersichtlich ist, dass er bei einer Rückführung in den Herkunftsstaat in Ansehung existentieller Grundbedürfnisse (wie etwa Nahrung, Unterkunft) einer lebensbedrohenden oder ausweglosen Situation ausgesetzt wäre.

 

Vor diesem Hintergrund erweist sich die Annahme des Bundesasylamtes, es lägen keine stichhaltigen Gründe für die Annahme einer Gefahr im Sinne des § 57 FrG (respektive § 50 FPG) vor, als mit dem Gesetz in Einklang stehend, und geht auch der Asylgerichtshof in der Folge von der Zulässigkeit der Abschiebung des BF in die Türkei gem. § 8 AsylG aus.

 

5. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
exilpolitische Aktivität, familiäre Situation, Glaubwürdigkeit, Lebensgrundlage, non refoulement, Sicherheitslage, soziale Verhältnisse, Unterkunft
Zuletzt aktualisiert am
05.10.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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