TE AsylGH Erkenntnis 2008/08/08 A9 244276-0/2008

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Veröffentlicht am 08.08.2008
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Spruch

A9 244.276-0/2008/5E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. Schnizer-Blaschka als Vorsitzende und den Richter Dr. Pipal als Beisitzer über die Beschwerde von C.C., geb. 00.00.1970, StA. Nigeria, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 17.11.2003, GZ. 03 33.312-BAG, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 07.08.2008 zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß § 7 des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idF BGBl. I Nr. 126/2002 (AsylG) und § 8 Abs. 1 AsylG idF BGBl. I Nr. 101/2003 als unbegründet abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I.1. Der Beschwerdeführer brachte nach seiner illegalen Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 27.10.2003 den gegenständlichen Asylantrag ein.

 

Bei seiner Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 17.11.2003 gab der Beschwerdeführer an, er sei Ibo-Angehöriger, sei in I., Delta State, geboren und aufgewachsen und von 1998 bis Oktober 2003 in A., Abia State, beruflich als Schuhmacher tätig gewesen. Zu seinen Fluchtgründen führte er im Wesentlichen aus, sein Vater sei Mitglied in der Ogboni-Society gewesen und am 00.00.2003 verstorben. Über seine Mutter durch einen Nachbarn vom Tode verständigt, sei er am selben Tag ins Dorf gefahren, um seinen Vater noch einmal zu besuchen. Dort hätten ihn die Leute der Ogboni-Gesellschaft nur unter der Bedingung zu seinem Vater lassen, dass der Beschwerdeführer Mitglied ihrer Gesellschaft würde. Dies habe er aber nicht gewollt, weil er Christ sei und nicht gleichzeitig zwei Göttern dienen wolle, deren Gott sei nämlich "Satan, Luzifer, nicht Gott". Auch seine Mutter habe ihm abgeraten, bei zu treten, weswegen er am 30.09.2003 nach A. geflüchtet sei.

 

Die weitere Einvernahme verlief folgendermaßen:

 

"Am 00.10.2003, als ich von der Arbeit gekommen bin, hing an meiner Tür ein Brief. Darin stand, dass ich zurückkehren solle und nicht flüchten könne.

 

(Frage:) Was wäre Ihnen konkret passiert, wenn Sie dieser Ogboni-Gesellschaft nicht beigetreten wären?

 

(Antwort:) Die Leute dieser Gesellschaft würden mich töten.

 

(Vorhalt:) Vorhin gaben Sie an, dass Sie Ihren toten Vater nur sehen dürften, wenn Sie Ogboni-Mitglied werden würden, Sie hätten nur auf einen Besuch bei Ihrem toten Vater verzichten müssen?

 

(Antwort:) Es ist Tradition bei uns im Dorf, dass der erstgeborene Sohn den Vater begräbt. Wenn man dies nicht macht, verstößt man gegen die Tradition. Überdies werden von der Ogboni-Gesellschaft dem Toten Organe entnommen.

 

(Frage:) Warum gingen Sie nicht zur Polizei und zeigten den Vorfall an?

 

(Antwort:) Fast die Hälfte der Polizisten gehört auch zur Ogboni-Gesellschaft.

 

(Vorhalt:) Nigeria ist ein Staat mit über 120 Millionen Einwohnern, Lagos eine Stadt ohne Meldepflicht, Sie hätten in jedem anderen Teil des Landes Schutz finden können.

 

(Antwort:) Diese Gesellschaft ist so groß, sie werden mich überall finden.

 

(Frage:) Würde Ihnen im Falle der Rückkehr Verfolgung, unmenschliche Behandlung oder die Todesstrafe drohen?

 

(Antwort:) Diese Gesellschaft würde mich töten.

 

Ich habe keine Barmittel. Ich habe keine Verwandten oder Freunde in Österreich oder einen anderen EU-Staat die für mich sorgen können.

 

(Frage:) Hat es während der Einvernahme Verständigungsprobleme mit dem Dolmetscher gegeben ?

 

(Antwort:) Nein.

 

Ich möchte noch hinzufügen, dass man mir in dem vorher genannten Brief angedroht hat mich zu töten. Diesen Brief habe ich auch meinem Pastor gezeigt, der meinte, dass sie dies ernst nehmen."

 

2. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde I. der Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 7 AsylG abgewiesen und II. festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Nigeria gemäß § 8 AsylG zulässig sei.

 

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der im Wesentlichen das bisherige Vorbringen wiederholt wird.

 

II. Der Asylgerichtshof führte am 07.08.2008 eine mündliche Verhandlung durch, in der der Beschwerdeführer unter Beiziehung einer Dolmetscherin für die englische Sprache einvernommen wurde. Der genaue Verhandlungsverlauf ist der Verhandlungsniederschrift (OZ 3) zu entnehmen. Zu seinen Fluchtgründen führte er im Wesentlichen folgendes aus ("VR"= vorsitzende Richterin, "BF" = Beschwerdeführer):

 

"VR: Schildern Sie bitte warum Sie aus Nigeria weggegangen sind?

 

BF: Ich verließ Nigeria wegen des Problems mit meinem Vater. Damit meine ich, dass mein Vater Mitglied eines Geheimkults war und ich sein erstgeborener Sohn. Nach dem Tod meines Vaters wurde ich aufgefordert seine Stelle anzunehmen. Ich weigerte mich dies zu tun, da ich Christ bin. Sie haben mir gedroht und wollten, dass ich mich ihnen anschließe; ich habe nein gesagt.

 

Der Name dieses Kultes ist Ogboni-Society. Es ist ein Geheimkult.

 

Ich war damals nicht im Dorf. Ich lebte in der Stadt A.. Als mein Vater verstorben ist bin ich das Dorf zurückgekehrt. Dort hatten sich alle versammelt und haben mir erzählt, was vorgefallen ist. Sie wollten mich dann in diesen Kult initiieren, damit ich die Stelle meines Vaters annehmen kann. Ich wollte das aber nicht.

 

Nachdem ich ihnen gesagt habe, dass ich mich dem Kult nicht anschließen werde, bin ich in die Stadt zurückgekehrt. Dort wurde ich aber wieder bedroht. Es sind dort andere diesmal gekommen. Die kannte ich nicht. Es waren etwa acht bis zehn Männer, die gekommen sind. Sie sagten, ich kann weglaufen, ich kann mich aber nicht verstecken. Sie haben mich dann erneut aufgefordert mich diesem Kult anzuschließen und gaben mir bis Montag Zeit, mich zu entscheiden. Ich bin dann zu meinen Pfarrer gelaufen und habe ihm erzählt, was vorgefallen ist. Er sagte, das seien gefährliche Menschen und versprach mir zu helfen. Er brachte mich am nächsten Tag nach Port Harcourt und organisierte dann meine weitere Flucht.

 

VR: Wo hat Ihr Vater gelebt?

 

BF: Im Dorf I., im Delta-State. Mein Vater und ich sind Ibo-Angehörige.

 

VR: Welchen Beruf hat Ihr Vater ausgeübt?

 

BF: Er war Berater zuerst, nachdem er in Pension gegangen ist, wurde er Bauer.

 

Der BF wird aufgefordert die näheren Umstände über die Nachricht des Todes seines Vaters und die Aufforderung durch die Mitglieder zu schildern.

 

BF: Ich erhielt eine Nachricht. Ich glaube diese kam von meiner Schwester aus I., ich lebte damals in der Stadt A., in Abia-State. Das ist etwa 2 bis 3 Stunden mit dem Auto vom Heimatort entfernt. Ich weinte dann. Ich bin dann in das Dorf zurückgekehrt, um das alles selbst zu sehen.

 

Mein verstorbener Vater befand in seinem Haus im Ort, ich ging zu diesem Haus. Der Sarg meines Vaters war im Haus. Es hatten sich dort andere Menschen versammelt, und zwar die Ogboni-Menschen. Dann haben sie mir erzählt, dass jetzt wo mein Vater tot ist, ich seine Stelle einnehmen soll. Ich sagte, dass ich das nicht will, weil sie töten und Blut trinken.

 

Sie sagten, sie können ihn aber erst beerdigen, nachdem ich Mitglied der Gesellschaft geworden bin.

 

Ich war damit nicht einverstanden und bin am nächsten Tag zurück nach A. gegangen.

 

VR: Welche Position hatte Ihr Vater bei den Ogboni inne?

 

BF: Das weiß ich nicht. Das hat mich nie interessiert.

 

VR: Was machten Sie im Haus des Vaters, als die Mitglieder an Sie herangetreten waren?

 

BF: Nachdem alles vorbei war sind diese Menschen weggegangen. Sie gaben mir einige Tage Zeit mich zu entscheiden, was ich tun werde. Ich sprach dann mit meiner Mutter und sagte ihr, dass ich nicht bereit bin Mitglied dieses Kultes zu werden. Meine Mutter war auch Christin und war mit mir einverstanden. Am nächsten Tag bin ich dann nach A. zurückgekehrt.

 

VR: Was spielte sich in A. genau ab?

 

BF: In A. hatte ich eine Arbeit, in einem kleinen Geschäft als Schuhmacher. Während ich in der Arbeit war, sind etwa zehn Männer gekommen. Das zweite Mal haben sie auch eine Nachricht hinterlassen. Sie sind mit Macheten gekommen. Deswegen bin ich zu meinem Pfarrer gegangen.

 

VR: Warum haben Sie von diesem persönlichen Auftauchen der Mitglieder mit Macheten in der erstinstanzlichen Einvernahme nichts erzählt?

 

BF: Ich habe das eh gesagt. Ich kann nicht lügen. Ich sage genau, was passiert ist.

 

VR: Welche Nachricht haben die Mitglieder hinterlassen und was stand darin?

 

BF: Es war ein Brief. Sie hatten es an meiner Tür des Hauses, in dem ich lebte, zurückgelassen. Darin stand, dass sie mich töten werden.

 

VR: Nur dieser eine Satz stand im Brief?

 

BF: Es standen auch andere Dinge drin. Es war aber die Hauptsache. Es stand auch, dass ich weglaufen, aber mich nicht verstecken kann. So etwas in dieser Art.

 

VR: Wer unterschrieb den Brief?

 

BF: Ich weiß nicht. Ich bin kein Mitglied.

 

VR: Wieso wissen Sie, dass die Ogboni die Nachricht geschrieben haben?

 

BF: Ihr Symbol und alles.

 

Nach dem Symbol befragt und aufgefordert dieses aufzuzeichnen: Es standen die Namen der Personen darauf und dass sie zu den Ogbonis gehören."

 

(Es folgte der Vorhalt der einschlägigen Länderberichte)

 

"BF: Was ich hier sage ist die Wahrheit. Nur die Wahrheit. Es stimmt, dass die meisten Mitglieder der Ogboni-Gesellschaft Yorubas sind. Es werden aber auch Menschen von anderen Teilen Nigerias und von anderen Stämmen aufgenommen. Ich sage hier nur die Wahrheit. Sie können das gerne überprüfen.

 

VR: Wieso haben Sie sich nicht in einem anderen Teil Nigerias niedergelassen?

 

BF: Weil auch manche Polizisten bei dieser Gesellschaft sind.

 

VR: Wieso sollten sie diese Mitglieder in einem anderen Landesteil, etwa in einem der Ibo-Staaten finden?

 

BF: Sie haben Mitglieder überall in Nigeria und ich hatte Angst, dass sie mich überall finden werden.

 

VR: Was würden Sie im Falle der Rückkehr fürchten?

 

BF: Ich will nicht sterben. Ich habe noch immer Angst vor diesen Leuten, weil sie mir das erste Mal schon gedroht haben."

 

III. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

1.1. Zur Person und den Fluchtgründen des Beschwerdeführers wird festgestellt:

 

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Nigeria, gehört der Volksgruppe der Ibo an und lebte vor seiner Ausreise in der Stadt A., wo er als Schuhmacher tätig war. Die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Fluchtgründe (Bedrohung durch Mitglieder der Ogbonis wegen seiner Weigerung, dieser Geheimgesellschaft als Nachfolger seines Vaters beizutreten) werden mangels Glaubwürdigkeit nicht festgestellt. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Nigeria aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Ansichten von staatlicher Seite oder von Seiten Dritter bedroht wäre. Es konnten auch keine konkreten Gründe festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer Gefahr liefe, in Nigeria einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.

 

1.2. Zur politischen und menschenrechtlichen Situation in Nigeria werden folgende Feststellungen getroffen:

 

Die Situation in Nigeria ist grundsätzlich ruhig, die Staatsgewalt (Polizei und Justiz) funktionsfähig. Anzumerken ist jedoch, dass die nigerianische Bundespolizei in personeller Hinsicht im Vergleich zu westlichen Staaten relativ schlecht ausgestattet und verschiedentlich auch mangelhaft ausgebildet ist, weshalb in einzelnen Bundesstaaten so genannte Bürgerwehren polizeiliche Aufgaben übernommen haben. In einzelnen Landesteilen Nigerias (z. B. in den nördlichen Bundesstaaten Kano und Kaduna) kommt es wiederholt zu religiös motivierten Auseinandersetzungen zwischen Christen und Moslems. Weiters kommt es im Niger-Delta verschiedentlich zu Auseinandersetzungen zwischen verfeindeten Volksgruppen. In bestimmten Fällen wurde das Militär zur Niederschlagung von Unruhen eingesetzt. Abgesehen von diesen lokal begrenzten Auseinandersetzungen ist die Situation in Nigeria jedoch ruhig. Im Zuge der Gouverneurs- und Präsidentenwahlen 2007 kam es in einzelnen Landesteilen zu mittlerweile beendeten Unruhen, es herrscht kein Bürgerkriegszustand.

 

Die im Mai 1999 in Kraft getretene nigerianische Verfassung verfügt im Kapitel V über einen Grundrechtskatalog, der sich an den einschlägigen völkerrechtlichen Instrumenten orientiert. Die nigerianische Regierung bekennt sich auch politisch zum Schutz der Menschenrechte und zählt diesen zu den Prioritäten des Regierungshandelns. Die Verfassung garantiert die Religionsfreiheit, definiert Nigeria als säkularen Staat und verbietet es dem Bundesstaat oder einzelnen Staaten, eine Religion zur Staatsreligion zu machen.

 

Grundsätzlich kann, insbesondere wegen des fehlenden Registrierungswesens, örtlich begrenzten Konflikten bzw. Verfolgungsmaßnahmen durch Übersiedlung in einen anderen Landesteil ausgewichen werden. Alle nigerianischen Großstädte sind multi-ethnisch. In der Regel wohnen die Angehörigen der jeweiligen Volksgruppe möglichst in derselben Gegend, wenn sie nicht sogar ausschließlich ganze Stadtviertel belegen. Jeder der fremd in eine Stadt kommt, wird sich in die Gegend begeben, wo er "seine Leute" findet. Unter "seinen Leuten" können nicht nur Angehörige derselben Ethnie, sondern auch Personen desselben Religionsbekenntnisses, Absolventen derselben Schule oder Universität, Bewohner desselben Dorfes oder derselben Region verstanden werden. Von diesen Personengruppen kann der Betreffende Unterstützung erwarten. In der Regel wird ihm die Bestreitung des Lebensunterhaltes ermöglicht werden.

 

Es liegen keine Erkenntnisse darüber vor, dass abgelehnte Asylwerber bei der Rückkehr nach Nigeria nach Beantragung von Asyl in einem westeuropäischen Land mit staatlichen Repressionen zu rechnen hätten. Außergewöhnliche Vorkommnisse bei der Einreise (z. B. Verhaftung) von abgeschobenen oder freiwillig ausgereisten Asylwerbern sind bisher nicht bekannt geworden. Die Basisversorgung der Bevölkerung mit Grundnahrungsmitteln ist zumindest im städtischen Bereich grundsätzlich gewährleistet. In den Großstädten ist eine ausreichende medizinische Versorgungslage gegeben, es gibt sowohl staatliche als auch zahlreiche privat betriebene Krankenhäuser.

 

1.3. Zu traditionellen Religionen und Geheimkulten werden folgende Feststellungen getroffen:

 

In Nigeria wird vielfach an Magie (Zauberei, Juju) geglaubt. Viele Volksgruppen Nigerias bekennen sich auch zu - regional unterschiedlichen - traditionellen Religionen. Diese werden teilweise neben der christlichen oder der islamischen Religion praktiziert. Ritualmorde und Menschenopfer sollen früher praktiziert worden sein. Heute sollen Menschenopfer im Zuge von religiösen Zeremonien hingegen nicht mehr vorkommen. Jedoch kann nicht gänzlich ausgeschlossen werden, dass es auch heute noch in Nigeria zu Gewalttaten mit religiöser oder ritueller Komponente kommt. Es gibt aber keine Hinweise darauf, dass solche Straftaten von den staatlichen Organen geduldet bzw. nicht verfolgt würden. Beispielsweise wurden im Jahr 2003 vom nigerianischen Höchstgericht Todesurteile gegen sieben Personen, denen Beteiligung an einem so genannten Ritualmord vorgeworfen wurde, bestätigt. Ritualmord oder der Besitz von Leichen, Leichenteilen oder menschlichem Blut ohne entsprechendes medizinisches Zertifikat ist in manchen Bundesstaaten sogar ein eigener Straftatbestand.

 

In Nigeria existieren Geheimkulte, deren bekanntester die Ogboni-Gesellschaft ist. Die Bedeutung der Geheimkulte liegt darin, dass die Mitgliedschaft häufig Ressourcen, Einfluss und Arbeit sichert und Bestandteil der sozialen Integration ist und damit über Leben und Status der jeweiligen Familie bestimmt. Normalerweise liegt keine Zwangsmitgliedschaft vor, doch fühlen sich viele Personen - in der Regel von der eigenen Familie - auf Grund der Vorteile, die ein Beitritt zu einem Geheimkult mich sich bringt, unter Druck gesetzt. Die Geheimgesellschaften akzeptieren nicht jedermann, sondern laden Mitglieder angesehener Familien zum Beitritt ein. Auf Unwillige, nur durch Zwang rekrutierte Mitglieder wird in der Regel kein Wert gelegt. Allenfalls kann derjenige, der sich weigert beizutreten, sein Eigentum und Erbe verlieren, muss aber nicht um sein Leben fürchten. Verfolgung durch einen Geheimkult ist allerdings dann zu befürchten, wenn jemand seine Geheimnisse preisgibt. Diese Geheimnisse sollen sich nicht auf die Namen der Mitglieder beziehen, da diese in der Regel ohnehin allgemein bekannt sind, sondern auf die Entscheidungen und Interna der Geheimgesellschaft. Wenn ein Mitglied des Geheimkultes diesen verlassen will, dann führt dies nicht zwangsläufig zu nachteiligen Auswirkungen oder einer Verfolgung. Geheimkulte beziehen einen Teil ihrer Macht aus dem verbreiteten Glauben daran, dass ihnen übernatürliche Kräfte zukommen.

 

Der Ogboni-Bund ist - als "traditionelle" Ogboni-Gesellschaft - zu unterscheiden von der "Reformed Ogboni Society" (ROF), einer Vereinigung einflussreicher Leute, die 1914 gegründet wurde. Vertreter der ROF leugnen einen Zusammenhang mit der traditionellen Ogboni-Gesellschaft, obwohl es Personen geben soll, die beiden Vereinigungen angehören. Die ROF soll sich selbst mit dem Freimaurer-Orden vergleichen. Die traditionelle Ogboni-Gesellschaft, von der im Folgenden die Rede ist, war Teil des sozialen und politischen Systems der Yoruba-Königreiche. Die Ogboni hatten eine religiöse und eine Rechtsprechungsfunktion; sie konnten den König "machen" und absetzen (d. h. zum Selbstmord zwingen; den letzten - erfolglosen - Versuch dieser Art soll es in den späten vierziger Jahren des 20. Jahrhunderts gegeben haben). Es gab unterschiedliche Ränge; die Mitgliedschaft war vererblich dergestalt, dass eine Familie, in deren Eigentum ein Titel stand, den Nachfolger vorschlagen durfte. Die Mitgliedschaft im unteren Rang setzte keine Initiation voraus und brachte kein Geheimwissen mit sich, sie soll nach anderen Angaben einfach vererbt worden sein. Die Ogboni sollen heute noch beträchtlichen Einfluss und Verbindungen zu den offiziellen staatlichen Strukturen haben. Man muss annehmen, dass es eine Vielzahl von Ogboni-Gesellschaften gibt, die einander in Aufbau, Aufnahme von Mitgliedern, Ritualen und Sanktionsformen nicht unbedingt gleichen.

 

In der Literatur wird ein - offenbar nur historisch relevanter - Fall erörtert, in dem jemand wegen der Weigerung, dem Ogboni-Bund beizutreten, mit Sanktionen bis zur Tötung bedroht wurde, der Fall nämlich, dass sich ein Mitglied der Oyo Misi, die eine Art Staatsrat bildeten und automatisch Mitglied der Ogboni waren, der Verantwortung entziehen wollte, die mit dieser Funktion verbunden war.

 

Der Ogboni-Gesellschaft gehören nur Yoruba oder Angehörige ihrer Unterstämme an; andere werden nur ausnahmsweise aufgenommen. Voraussetzungen für die Aufnahme sind ein gewisses Alter, nämlich etwa 30 Jahre, sowie ein bestimmter sozialer Status und Wohlstand. Üblicherweise gehören einer Ogboni-Gesellschaft auch einige Frauen an. Im Einzelfall kann die Familie großen Druck auf jemanden ausüben, um ihn zum Beitritt zu bewegen. Gerüchte über Menschen- und Blutopfer oder über Kannibalismus sollen der Abschreckung und dazu dienen, die Ehrfurcht vor den Ogboni zu steigern. Ritualmorde und Menschenopfer sollen früher praktiziert worden sein, kommen aber heute nicht mehr vor.

 

2.1. Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers gründen sich auf dessen eigene Angaben in den Einvernahme, die zur mangelnden Glaubwürdigkeit seiner Fluchtgründe auf dessen Aussagen vor der Erstbehörde und dem Asylgerichtshof im Zusammenhalt mit den in der Verhandlung erörterten Länderberichten: Zunächst ist anzuführen, dass nach den Länderberichten die Mitgliedschaft in der Ogboni-Gesellschaft als einer Art Loge nur Angehörigen hoch angesehener Familien der Yoruba offensteht, nur ausnahmsweise auch anderen Volksgruppen. Der Beschwerdeführer gehört aber der Volksgruppe der Ibo an und es gibt auch keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Beschwerdeführer unter den Yorubas etwa hoch angesehen wäre oder einen außergewöhnlichen sozialen Status oder Wohlstand aufwiese. Es ist vor dem Hintergrund dieser Berichte auch nicht davon auszugehen, dass jemand gegen seinen Willen unter Androhung der Ermordung für den Fall der Weigerung in die Gesellschaft aufgenommen wird, zumal die Aufnahme als besondere Ehre angesehen wird und die Gesellschaft auf Unwillige, nur durch Zwang rekrutierte Mitglieder keinen Wert legt.

 

Dazu kommen auch Widersprüche in den beiden Einvernahmen des Beschwerdeführers: So gab er in der erstinstanzlichen Einvernahme zunächst nur an, er hätte Mitglied der Gesellschaft werden sollen, damit die anderen Mitglieder ihn zu seinem toten Vater vorließen. Erst nachdem er nach A. zurückgekehrt gewesen sei, habe er einige Tage später einen Brief mit der Todesdrohung erhalten.

 

Demgegenüber führte er in der Verhandlung vor dem Asylgerichtshof aus, er sei im Hause des verstorbenen Vaters zum Beitritt aufgefordert worden und man hätte ihm dafür eine Entscheidungsfrist eingeräumt. Zurück in A. seien eines Tages "etwa zehn Männer mit Macheten" (bzw. eingangs: etwa 8-10 Männer) gekommen, das zweite Mal hätten sie auch eine Nachricht mit einer Todesdrohung hinterlassen. Zudem sei ihm erneut eine Frist für die Entscheidung, sich dem Kult anzuschließen ("bis Montag") eingeräumt worden. Es ist nicht plausibel, dass jemand, der tatsächlich von etwa 8-10 bewaffneten Männern bedroht wird, diesen konkreten Umstand nicht sofort nach entsprechender Fragestellung schildert, sondern - wie hier in der erstinstanzlichen Einvernahme - nur in allgemein gehaltener Form antwortet ("Die Leute der Gesellschaft würden mich töten"). Ebenso wenig plausibel ist es, dass man wiederholt gesetzte Ultimaten mit Androhung der Ermordung (lt. Aussage vor dem Asylgerichtshof in I. sowie in A.) nicht sofort erzählt, zeigte doch ein solches Ultimatum - so es tatsächlich gestellt wird - genauso wie eine Bewaffnung der Verfolger die Ernsthaftigkeit der Forderung und die persönliche Bedrängnis zu handeln besonders deutlich auf.

 

Dafür aber, dass dem Beschwerdeführer in der erstinstanzlichen Einvernahme etwa zu wenig Zeit zur Schilderung seiner Fluchtgründe eingeräumt worden wäre, gibt es keinen Anhaltspunkt, vielmehr ist der Niederschrift zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer selbst ganz am Ende der Einvernahme noch eine ihm offenbar wichtig erscheinende Aussage (hier den Drohbrief in A. betreffend) hinzugefügt hat.

 

Dazu kommt, dass der Beschwerdeführer trotz entsprechender Fragestellung in beiden Einvernahmen keine nachvollziehbare Erklärung dafür abgegeben hat, wieso es ihm nicht möglich sein sollte, sich in einem anderen Teil Nigerias niederzulassen, um dieser Gefahr zu entkommen. Selbst wenn auch Polizisten Mitglieder dieser Gesellschaft sein sollten, so ist damit keinesfalls erklärt, inwiefern solchen - fern vom Geburtsort des Beschwerdeführers - tätigen Polizisten der Umstand, dass der Beschwerdeführer der Position seines Vaters (die er übrigens gar nicht nennen konnte: "Das weiß ich nicht. Das hat mich nie interessiert") nicht nachfolgen will, bekannt werden sollte.

 

2.2. Die Feststellungen zur politischen und menschenrechtlichen Situation in Nigeria stützen sich auf die in der Verhandlung erörterten - vom Asylgerichtshof für unbedenklich und aussagekräftig erachteten - Quellen, nämlich: United States Department of State, Nigeria. Country Report on Human Rights Practices 2007, 11.03.2008; Auswärtiges Amt Berlin, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria, 06.11.2007.

 

2.3. Die Feststellungen zu traditionellen Religionen und Geheimkulten stützen sich auf die in der Verhandlung erörterten - vom Asylgerichtshof ebenfalls für unbedenklich und aussagekräftig erachteten - Quellen, nämlich: Home Office, Country of Origin Information Report Nigeria, 13.11.2007, Pkt. 29.01, 29.02; Home Office, Immigration and Nationality Directorate, Operational Guidance Note Nigeria, 18.01.2007, Pkt. 3.12; Immigration and Refugee Board of Canada, Country of Origin Research, Nigeria, 12.07.2005; Gutachten von Reinhard Schmidt-Grüber, 05.10.2004, Fragen 26-31; ACCORD, Birgit Kirsten Müllner/Barbara Svec, Nigeria. Länderbericht August 2004, S. 57-68.

 

3. Rechtlich ergibt sich Folgendes:

 

3.1. Gemäß § 75 Abs. 1 erster und zweiter Satz AsylG 2005 sind alle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen. § 44 AsylG 1997 gilt.

 

Nach § 75 Abs. 7 AsylG 2005 sind am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren vom Asylgerichtshof nach Maßgabe näherer Bestimmungen weiterzuführen.

 

Gemäß § 44 Abs. 1 AsylG idF BGBl. I Nr.101/2003 sind Verfahren über Asylanträge und Asylerstreckungsanträge, die bis zum 30. April 2004 gestellt wurden, nach den Bestimmungen des AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 126/2002 zu führen.

 

Nach Abs. 3 dieser Bestimmung sind die §§ 8, 15, 22, 23 Abs. 3, 5 und 6, 36, 40 und 40a in der Fassung BGBl. I Nr. 101/2003 auch auf Verfahren gemäß Abs. 1 anzuwenden.

 

Da der im Beschwerdefall zu beurteilende Asylantrag vor dem 30. April 2004 gestellt wurde, wird das gegenständliche Verfahren nach den Bestimmungen des AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 126/2002 geführt. Hinsichtlich des Abspruches über den subsidiären Schutz wird, da die Erstbehörde eine Entscheidung nach § 8 AsylG in der Stammfassung getroffen hat, iSd oben dargestellten Übergangsbestimmungen § 8 Abs. 1 AsylG idF BGBl. I Nr. 101/2003 angewendet.

 

3.2. Zu Spruchpunkt I. (Asylgewährung):

 

Gemäß § 7 AsylG hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt. Nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist Flüchtling, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

 

Flüchtling im Sinne des AsylG 1997 ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine solche liegt dann vor, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen (vgl. z.B. VwGH 09.03.1999, 98/01/0370). Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 23.09.1998, 98/01/0224). Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen muss. Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen können im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende Verfolgungsgefahr darstellen, wobei hierfür dem Wesen nach eine Prognose zu erstellen ist (vgl. zur der Asylentscheidung immanenten Prognose z.B. VwGH 09.03.1999, 98/01/0318). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein, wobei Zurechenbarkeit nicht nur ein Verursachen bedeutet, sondern eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr bezeichnet. Besteht für den Asylwerber die Möglichkeit, in einem Gebiet seines Heimatstaates, in dem er keine Verfolgung zu befürchten hat, Aufenthalt zu nehmen, so liegt eine so genannte inländische Fluchtalternative vor, welche die Asylgewährung ausschließt (vgl. VwGH 24.03.1999, 98/01/0352).

 

Nach den getroffenen Feststellungen wurde das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seiner konkreten Bedrohungssituation an sich schon nicht als glaubwürdig beurteilt und zudem ausgeführt, dass im Verfahren auch keine andere konkret den Beschwerdeführer betreffende individuelle, auf Konventionsgründen beruhende Gefahr in Nigeria festgestellt werden konnte. Dazu kommt, dass selbst für den Fall des Zutreffens des Vorbringens, dass der Beschwerdeführer von einzelnen Ogboni-Mitgliedern aus seinem Geburtsort verfolgt werden sollte, er sich jedenfalls in einem anderen Landesteil Nigerias, etwa in einer der großen Städte, auf zumutbare Weise niederlassen und auf diese Weise mit hinreichender Wahrscheinlichkeit der Gefahr entziehen könnte.

 

Der Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides war daher der Erfolg versagt.

 

3. 3. Zu Spruchpunkt II. (Ausspruch über den subsidiären Schutz):

 

Ist ein Asylantrag abzuweisen, so hat die Behörde gemäß § 8 Abs. 1 AsylG von Amts wegen bescheidmäßig festzustellen, ob die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist (§ 57 FrG); diese Entscheidung ist mit der Abweisung des Asylantrages zu verbinden.

 

Gemäß § 57 Abs. 1 FrG ist die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde.

 

Gemäß § 57 Abs. 2 und 4 FrG ist die Zurückweisung, Zurückschiebung oder - mit einer für den vorliegenden Fall nicht in Betracht kommenden Einschränkung - Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 GFK).

 

Zur Auslegung des § 57 FrG ist im Wesentlichen weiterhin die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 37 Fremdengesetz, BGBl. Nr. 838/1992, heranzuziehen. Danach erfordert die Feststellung nach dieser Bestimmung das Vorliegen einer konkreten, den Beschwerdeführer betreffenden, aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder (infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt) von diesen nicht abwendbaren Gefährdung bzw. Bedrohung. Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher ohne Hinzutreten besonderer Umstände, welche ihnen noch einen aktuellen Stellenwert geben, nicht geeignet, die begehrte Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen (vgl. VwGH 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011; VwGH 14.10.1998, Zl. 98/01/0122). Die bloße Möglichkeit einer solchen Gefahr in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um die Abschiebung des Fremden in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 57 FrG als unzulässig erscheinen zu lassen (vgl. VwGH 27.02.2001, Zl. 98/21/0427). Im Übrigen ist auch im Rahmen des § 8 AsylG zu beachten, dass mit konkreten, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerten Angaben das Bestehen einer aktuellen Gefährdung bzw. Bedrohung im Sinne des § 57 Abs. 1 oder 2 FrG glaubhaft zu machen ist (vgl. VwGH 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011).

 

Zu diesem Punkt wird auf die getroffenen Feststellungen (Punkt III. 1.1.) verwiesen, wonach die behauptete Bedrohung des Beschwerdeführers nicht festgestellt wurde. Da auch nicht erkennbar ist, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr auf exzeptionelle Umstände träfe, die eine Rückführung im Hinblick auf außerhalb staatlicher Verantwortung liegende Gegebenheiten im Zielstaat im Widerspruch zu Art. 3 EMRK erscheinen lassen könnten, dementsprechend insgesamt eine dem Beschwerdeführer drohende Gefährdung bzw. Bedrohung im Sinne des § 57 Abs. 1 oder 2 FrG nicht vorliegt, war spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Glaubwürdigkeit, inländische Schutzalternative, non refoulement, Volksgruppenzugehörigkeit, Zumutbarkeit
Zuletzt aktualisiert am
16.10.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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