TE AsylGH Erkenntnis 2008/08/11 S2 400935-1/2008

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Veröffentlicht am 11.08.2008
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Spruch

S2 400.935-1/2008/2E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. Schnizer-Blaschka als Einzelrichterin über die Beschwerde der K.Z., geb. 00.00.1986, StA. Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 17.07.2008, Zahl: 08 01.861-EAST Ost, zu Recht erkannt:

 

Der Beschwerde wird gemäß § 41 Abs. 3 AsylG idF BGBl. I Nr. 100/2005 stattgegeben und der bekämpfte Bescheid behoben.

Text

Entscheidungsgründe:

 

I. 1. Die Beschwerdeführerin brachte nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 21.02.2008 den vorliegenden Antrag auf internationalen Schutz ein.

 

Eine EURODAC-Abfrage ergab, dass die Beschwerdeführerin am 12.12.2007 in Polen erkennungsdienstlich behandelt worden war bzw. einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hatte (AS 7).

 

Das Bundesasylamt richtete am 26.02.2008 ein Wiederaufnahmeersuchen an Polen (AS 37ff). Mit Schreiben vom 28.02.2008, eingelangt am 04.03.2008, stimmte Polen dem Wiederaufnahmeersuchen gemäß Art. 16 Abs. 1 lit. c Dublin II-VO ausdrücklich zu (AS 65).

 

2. Bereits am 04.01.2008 hatte der Ehegatte der Beschwerdeführerin, K.M., in Österreich nach illegaler Einreise einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt, dessen Asylverfahren war nach ergebnislosen Anfragen gemäß Art. 21 Dublin II-VO in Polen und der Slowakei von der Erstbehörde spätestens mit 11.02.2008 zugelassen worden (AS 81 des Aktes 08 00.169-BAG). Ungeachtet dessen wurde der Antrag des Ehegatten der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 22.07.2008, Zahl: 08 00.169-BAG, gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Polen gemäß Art. 14 lit. a Dublin II-VO zur Prüfung dieses Antrages zuständig sei, er gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Polen ausgewiesen und festgestellt, dass demzufolge die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Betreffenden nach Polen gemäß § 10 Abs. 4 AsylG 2005 zulässig sei.

 

Mit hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, GZ S2 400.919-1/2008/3E, wurde der gegen diesen Bescheid gerichteten Beschwerde des Ehegatten der Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 4 AVG stattgegeben und der bekämpfte Bescheid behoben.

 

3. Mit dem hier angefochtenen Bescheid wurde I. der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Polen gemäß Art. 16 Abs. 1 lit. c Dublin II-VO zur Prüfung dieses Antrages zuständig ist, sowie II. die Beschwerdeführerin gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Polen ausgewiesen und festgestellt, dass demzufolge die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Beschwerdeführerin nach Polen gemäß § 10 Abs. 4 AsylG 2005 zulässig sei.

 

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

 

3. Die Beschwerdevorlage langte laut Eingangsstempel des Asylgerichtshofes am 08.07.2008 bei diesem Gerichtshof ein.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

1. Mit 01.01.2006 ist das neue Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl in Kraft getreten (AsylG idF BGBl. I Nr. 100/2005) und ist somit auf alle ab diesem Zeitpunkt gestellten Asylanträge anzuwenden.

 

Im gegenständlichen Fall wurde der Antrag im Februar 2008 gestellt, weshalb § 5 AsylG idF BGBI. I Nr. 100/2005 zur Anwendung gelangt.

 

2. Die Beschwerdeführerin ist die Ehegattin des K.M., dessen Asylverfahren zugelassen ist. Die Familieneigenschaft hat bereits im Herkunftsstaat bestanden.

 

3. Gemäß § 5 Abs. 1 AsylG ist ein nicht gemäß § 4 AsylG erledigter Asylantrag als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder aufgrund der Verordnung Nr. 343/2003 (EG) des Rates vom 18.2.2003 zur Prüfung des Asylantrages zuständig ist. Mit dem Zurückweisungsbescheid hat die Asylbehörde auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG ist die Zurückweisung eines Antrages nach Maßgabe der § 10 Abs. 3 und Abs. 4 AsylG mit einer Ausweisung zu verbinden.

 

Gemäß § 41 Abs. 3 erster Satz AsylG ist in einem Verfahren über eine Beschwerde gegen eine zurückweisende Entscheidung und die damit verbundene Ausweisung § 66 Abs. 2 AVG nicht anzuwenden. Ist der Beschwerde gegen die Entscheidung des Bundesasylamts im Zulassungsverfahren stattzugeben, ist das Verfahren gemäß § 41 Abs. 3 zweiter Satz AsylG zugelassen. Der Beschwerde gegen die Entscheidung im Zulassungsverfahren ist gemäß § 41 Abs. 3 letzter Satz AsylG auch stattzugeben, wenn der vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint.

 

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG ist "Familienangehöriger", wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung unverheiratetes minderjähriges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Familieneigenschaft bei Ehegatten bereits im Herkunftsstaat bestanden hat.

 

Gemäß § 34 Abs. 1 Z 3 AsylG gilt der Antrag des Familienangehörigen eines Asylwerbers auf internationalen Schutz als "Antrag auf Gewährung desselben Schutzes". Die Behörde hat gemäß § 34 Abs. 4 AsylG Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind "unter einem" zu führen, und es erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid.

 

Die Beschwerdeführerin ist als Ehegattin (bei der die Familieneigenschaft bereits im Herkunftsstaat bestanden hat) Familienangehörige im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG (ua) ihres Ehegatten K.M., die betreffenden Verfahren stellen sich daher als Familienverfahren (im Inland) gemäß § 34 AsylG dar. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur - insoweit vergleichbaren - Vorgängerbestimmung (§ 10 Abs. 5 AsylG 1997) bedeutet dies jedoch, dass dann, wenn das Verfahren auch nur eines Familienangehörigen zuzulassen ist, dies auch für die Verfahren aller anderen gilt (VwGH 18.10.2005, Zl. 2005/01/0402).

 

Aufgrund der Zulassung des Verfahrens des Ehegatten ist nach dem oben Gesagten auch jenes der Beschwerdeführerin zuzulassen, der Beschwerde daher Folge zu geben und der angefochtene Bescheid zu beheben.

Schlagworte
Familienverfahren
Zuletzt aktualisiert am
15.10.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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