TE AsylGH Erkenntnis 2008/08/26 B8 246038-0/2008

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Veröffentlicht am 26.08.2008
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Spruch

B8 246.038-0/2008/1E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat gemäß § 61 Asylgesetz 2005, BGBl I 100/2005 idF BGBl. I 4/2008, (AsylG) und 66 Abs. 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), durch die Richterin Mag. Natascha GRUBER als Vorsitzende und den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER als Beisitzer über die Beschwerde des I.S., geb. 00.00.2002, StA. Serbien, vom 16.01.2004 gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 07.01.2004, FZ. 03 33.567-BAT, zu Recht erkannt:

 

Gemäß § 32 Abs. 2 AsylG 1997 wird der Beschwerde stattgegeben, der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Durchführung des Verfahrens und Erlassung eines Bescheides an das Bundesasylamt zurückverwiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Verfahrensgang:

 

Der Berufungswerber (in der Folge als Beschwerdeführer bezeichnet) brachte vor, Staatsangehöriger von Serbien und Montenegro (nunmehr Republik Serbien) und Angehöriger der Volksgruppe der Roma zu sein, den im Spruch genannten Namen zu führen und am 00.00.2002 als Sohn der S.I. und des S.I. in Österreich geboren zu sein. Er stellte am 24.10.2003 durch seine Mutter als gesetzliche Vertreterin einen Antrag auf internationalen Schutz und diese wurde in weiterer Folge am 22.12.2003 im Beisein eines Dolmetschers für die serbokroatische Sprache niederschriftlich einvernommen.

 

Im Zuge dieser Einvernahme gab die Mutter des Beschwerdeführers an, dass ihr Sohn in Österreich geboren sei und keine eigenen Fluchtgründe habe, sie wolle einfach in Österreich bleiben.

 

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 7. Jänner 2004, Zahl 03 33.567-BAT, wurde der Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 6 Z 1 Asylgesetz 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 (AsylG) idgF als offensichtlich unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt I.) und ausgesprochen, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Serbien und Montenegro gemäß § 8 AsylG zulässig sei (Spruchpunkt II.).

 

Gegen diesen Bescheid, der gesetzlichen Vertreterin des Beschwerdeführers zugestellt am 15. Jänner 2004, erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Berufung (nunmehr als Beschwerde bezeichnet) mit folgendem Inhalt:

 

"Als Mutter meines Sohnes erlaube ich mir auszuführen:

 

Meine Aussagen bei der Einvernahme in Traiskirchen haben nicht ganz der Wahrheit entsprochen. Tatsächlich bin ich am 29.07.2003 mit meinem Sohn nach Serbien gefahren um mit meinem Mann zu leben. Leider hat sich das aber als unmöglich herausgestellt. Wir sind Roma und in der Stadt, in der mein Mann und auch meine Familie lebt, war eine so böse Stimmung gegen Roma, dass ich Angst, vor allem um mein Kind bekommen habe. Einige Tage vor meiner Abreise kam die Polizei in die Wohnung meiner Eltern und versuchte auf sehr grobe Weise von ihnen ein Geständnis für eine Tat zu bekommen, die sie wirklich nicht gegangen hatten. Es hat mir weh getan meinen Mann zu verlassen, ich getraue mich aber wirklich nicht wieder nach B. zu fahren. Ich hoffe, im Gegenteil, dass er eines Tages wieder nach Österreich kommen wird. ER ist 13 Jahre hier gewesen, seine Familie lebt in A. und er ist nur hier in die Schule gegangen. Leider musste er 2003 wegen einer in Deutschland begangenen Straftat das Land verlassen, ich hoffe aber sehr, dass er nächstes Jahr wieder zu uns kommen kann. Ich bitte Sie dafür um Verständnis und stelle für mich und meinen Sohn S. neuerlich den Antrag auf Gewährung von Asyl in Österreich."

 

II. Über diese Beschwerde hat der Asylgerichtshof wie folgt erwogen:

 

Der Asylgerichtshof hat gemäß Art. 151 Abs. 39 Z 4 des Bundes-Verfassungsgesetzes (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 (WV) idF BGBl. I Nr. 2/2008, ab 01.07.2008 die beim UBAS anhängigen Verfahren weiterzuführen. An die Stelle des Begriffs "Berufung" tritt gemäß § 23 des Asylgerichtshofgesetzes (AsylGHG), BGBl. I Nr. 4/2008, mit Wirksamkeit ab 01.07.2008 der Begriff "Beschwerde".

 

Gemäß § 61 Abs. 1 Asylgesetz 2005 idF BGBl. I Nr. 4/2008 (AsylG) entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 vorgesehen ist, durch Einzelrichter über

 

1. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und

 

2. Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes.

 

Gemäß § 61 Abs. 3 AsylG entscheidet der Asylgerichtshof durch Einzelrichter über Beschwerden gegen

 

1. zurückweisende Bescheide

 

a) wegen Drittstaatssicherheit gemäß § 4;

 

b) wegen Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß § 5;

 

c) wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG, und

 

2. die mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung.

 

Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat die Rechtsmittelinstanz, sofern die Beschwerde nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

Gemäß § 75 Abs. 1 AsylG 2005, BGBI. I Nr. 100/2005, sind alle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen. § 44 AsylG 1997 gilt. Die §§ 24, 26, 54 bis 57 und 60 dieses Bundesgesetzes sind auf diese Verfahren anzuwenden. § 27 ist auf diese Verfahren mit der Maßgabe anzuwenden, dass das Bundesasylamt oder der Asylgerichtshof zur Erlassung einer Ausweisung zuständig ist und der Sachverhalt, der zur Einleitung des Ausweisungsverfahrens führen würde, nach dem 31. Dezember 2005 verwirklicht wurde. § 57 Abs. 5 und 6 ist auf diese Verfahren mit der Maßgabe anzuwenden, dass nur Sachverhalte, die nach dem 31. Dezember 2005 verwirklicht wurden, zur Anwendung dieser Bestimmungen führen.

 

Gemäß der Übergangsbestimmung des § 44 Abs. 1 AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idF BGBl. I Nr. 101/2003, werden Verfahren zur Entscheidung über Asylanträge und Asylerstreckungsanträge, die bis zum 30. April 2004 gestellt wurden, nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 126/2002 geführt.

 

Gemäß § 44 Abs. 3 AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idF BGBl. I Nr. 101/2003, sind die §§ 8, 15, 22, 23 Abs. 3, 5 und 6, 36, 40 und 40a idF BGBl. I Nr. 101/2003 auch auf Verfahren gemäß Abs. 1 anzuwenden.

 

Der verfahrensgegenständliche Asylantrag wurde am 24.10.2003 gestellt. Das gegenständliche Beschwerdeverfahren wird daher hinsichtlich der Entscheidung über § 6 AsylG nach den Bestimmungen des AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 126/2002, geführt.

 

§ 6 Asylg 1997 in der anzuwendenden Fassung vor der Novelle 2003 lautet:

 

"§ 6. Asylanträge gemäß § 3 sind als offensichtlich unbegründet abzuweisen, wenn sie eindeutig jeder Grundlage entbehren. Dies ist der Fall, wenn ohne sonstigen Hinweis auf Verfolgungsgefahr im Herkunftsstaat

 

1. sich dem Vorbringen der Asylwerber offensichtlich nicht die Behauptung entnehmen läßt, daß ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung droht oder

 

2. die behauptete Verfolgungsgefahr im Herkunftsstaat nach dem Vorbringen der Asylwerber offensichtlich nicht auf die in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe zurückzuführen ist oder

 

3. das Vorbringen der Asylwerber zu einer Bedrohungssituation offensichtlich den Tatsachen nicht entspricht oder

 

4. die Asylwerber an der Feststellung des maßgebenden Sachverhalts trotz Aufforderung nicht mitwirken oder

 

5. im Herkunftsstaat auf Grund der allgemeinen politischen Verhältnisse, der Rechtslage und der Rechtsanwendung in der Regel keine begründete Gefahr einer Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe besteht".

 

Gemäß § 32 Abs. 2 AsylG 1997 - auch diese Bestimmung ist auf Grund mangelnder Übergangsbestimmungen in der Fassung vor der Novelle 2003, das ist hier die Fassung des BGBl I Nr. 4/1999, anzuwenden - ist der Berufung stattzugeben, wenn die Feststellung der Behörde, der Antrag sei offensichtlich unbegründet oder es bestehe aus den Gründen der §§ 4 oder 5 Unzuständigkeit, nicht zutrifft. In diesen Fällen hat die Berufungsbehörde die Angelegenheit zur neuerlichen Durchführung des Verfahrens und zur Erlassung eines Bescheides an die Behörde erster Instanz zurückzuverweisen; Feststellungen gemäß § 8 gelten jedenfalls als aufgehoben. Zugehörige Asylerstreckungsbescheide sind gleichzeitig als überholt aufzuheben. Wird ein Bescheid, mit dem der Asylantrag als offensichtlich unbegründet abgewiesen wurde, von der Berufungsbehörde bestätigt, so hat sie ihrerseits jedenfalls eine Feststellung gemäß § 8 zu treffen.

 

Das Bundesasylamt begründete seine erstinstanzliche Entscheidung betreffend § 6 AsylG im Wesentlichen damit, dass die gesetzliche Vertreterin des Beschwerdeführers in ihrem gesamten Vorbringen (bis zur Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides) keinerlei Verfolgung oder nur Anzeichen einer drohenden Verfolgung konkret gegen die Person des Beschwerdeführers aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen, folglich aus wohlbegründeter Furcht aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischer Gesinnung vorgebracht hatte.

 

Bis zu diesem Zeitpunkt hatte der Beschwerdeführer bzw. dessen gesetzliche Vertreterin nur angegeben, dass der Beschwerdeführer keine eigenen Fluchtgründe habe und es schwierig sei mit einem kleinen Kind in Serbien ohne Familie und Haus zu leben.

 

Gemäß der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes enthält § 32 Abs. 1 AsylG 1997 in der - auch im gegenständlichen Beschwerdefall anzuwendenden - Fassung vor der AsylG-Novelle 2003 keine Beschränkungen für das Vorbringen neuer Tatsachen in der Berufung. § 32 Abs. 1 AsylG 1997 in der Fassung der genannten Novelle (und der Kundmachung BGBl. I Nr. 129/2004), der ein Neuerungsverbot vorsehen würde, gehört nicht zu den Vorschriften, die gemäß § 44 Abs. 3 AsylG 1997 auch in Verfahren anzuwenden sind, in denen der Asylantrag - wie im vorliegenden Fall - vor dem 1. Mai 2004 gestellt wurde.

 

Richtet sich die Berufung gegen einen Bescheid, mit dem ein Asylantrag als "offensichtlich unbegründet" abgewiesen wurde, so ist es Aufgabe der Berufungsbehörde (nunmehr des Asylgerichtshofes) zu beurteilen, ob der Asylantrag insbesondere vor dem Hintergrund des Berufungsvorbringens tatsächlich offensichtlich unbegründet ist. Wie aus den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (686 BlgNR 20. GP, 19) hervorgeht, orientiert sich § 6 AsylG 1997 im Wesentlichen an der Entschließung der für Einwanderung zuständigen Minister der Europäischen Gemeinschaften über offensichtlich unbegründete Asylanträge vom 30.11. und 1.12.1992. Ein Asylantrag soll demnach "nur dann als offensichtlich unbegründet abgewiesen werden, wenn eine Verfolgungsgefahr mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit (eindeutig) ausgeschlossen werden kann". Die Berufungsbehörde kann die Berufung demnach nicht mit der Begründung abweisen, dass der Asylantrag zwar nicht "offensichtlich", aber doch "unbegründet" sei; in einem solchen Fall müsste sie vielmehr gemäß § 32 Abs 2 AsylG 1997 mit Aufhebung des erstinstanzlichen Bescheides und Zurückverweisung an das Bundesasylamt vorgehen (vgl. dazu wieder das Erkenntnis des VwGH vom31.01.2002).

 

In der Berufung vorgebrachte Neuerungen sind daraufhin zu prüfen, ob der Asylantrag unter Berücksichtigung dieser Neuerungen noch "eindeutig jeder Grundlage entbehrt". Bei dieser Beurteilung ist die Berufungsbehörde nicht an den von der Erstbehörde herangezogenen Tatbestand des § 6 AsylG 1997 gebunden. Sache des Berufungsverfahrens nach § 32 AsylG 1997 ist vielmehr die offensichtliche Unbegründetheit des Asylantrags (vgl. das. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Jänner 2003, Zl. 2001/20/0080, mwN).

 

Damit ist auch klargestellt, dass der Asylgerichtshof bei dieser Beurteilung nicht an die von der Erstbehörde herangezogene Ziffer des § 6 AsylG 1997 gebunden ist und die Entscheidung über den angefochtenen Bescheid auf Grundlage jener Sachlage zu fällen hat, die im Zeitpunkt der Erlassung des asylgerichtlichen Erkenntnisses feststeht (vgl. u.a. das Erkenntnis des VwGH vom 21. Dezember 2000, Zl. 2000/01/0320).

 

Es waren daher im vorliegenden Beschwerdefall auch die gänzlich neuen Ausführungen in der Beschwerde (wiedergegeben unter Punkt I. dieses Erkenntnisses) bei der Entscheidung vom Asylgerichtshof mit zu berücksichtigen und im Hinblick auf die Voraussetzungen des § 6 AsylG 1997 zu überprüfen.

 

In der Beschwerde wird vorgebracht, dass der Beschwerdeführer der Volksgruppe der Roma angehöre (diese Feststellung traf auch die erstinstanzliche Behörde) und dass in der Stadt, in der der Beschwerdeführer mit seinen Eltern in Serbien lebte so böse Stimmung gegen Roma gewesen sei, dass die Mutter Angst um den Beschwerdeführer bekommen habe. Sie habe mit ihrem Sohn ihren Mann verlassen müssen und getraue sich nicht mehr in ihre Heimatstadt B. zurück.

 

Da sich dem Beschwerdevorbringen nun sehr wohl die Behauptung einer Verfolgung entnehmen lässt, scheidet die Anwendbarkeit des § 6 Z 1 AsylG 1997 aus.

 

Die Anwendung des § 6 Z 2 AsylG 1997 verlangt, dass die vom Asylwerber behauptete Verfolgungsgefahr nicht einmal ansatzweise in einem der Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründe (Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe) begründet ist. Nach dem oben angeführten Beschwerdevorbringen ist es nicht ausgeschlossen, dass die behauptete Verfolgungsgefahr auf Gründen der GFK beruhen würde, sodass der vorliegende Asylantrag zum Entscheidungszeitpunkt nicht als offensichtlich unbegründet iSd § 6 Z 2 AsylG 1997 beurteilt werden kann.

 

Bei der Beurteilung der Offensichtlichkeit im Sinne der § 6 erster Satz ist nach der bisherigen Rechtsprechung ein strenger Maßstab anzulegen, und die vom Gesetz geforderte Eindeutigkeit liegt im Fall des Beschwerdeführers nach Ansicht des Asylgerichtshofes nicht vor.

 

§ 6 Z 3 AsylG ist lediglich dann anwendbar, wenn das gesamte Vorbringen zu einer Bedrohungssituation den Tatsachen offensichtlich nicht entspricht; seine Anwendbarkeit scheidet aus, wenn das Vorbringen auch nur in einem Punkt möglicher Weise auf eine wahre Tatsache gestützt wird. Auch dieses Erfordernis kann im Beschwerdefall nicht mit Eindeutigkeit angenommen werden.

 

Ein Hinweis, dass der Beschwerdeführer an der Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes nicht mitgewirkt habe, ergibt sich aus dem Akteninhalt nicht, sodass auch die Anwendung des § 6 Z 4 AsylG ausscheidet.

 

Zu § 6 Z 5 AsylG (sicherer Herkunftsstaat) ist festzuhalten, dass die Anwendung dieser Norm eine Prüfung der Verhältnisse im Herkunftsstaat im Hinblick auf dessen politische Verhältnisse, dessen Rechtsordnung und Rechtsumsetzung verlangt und diese Prüfung ergeben muss, dass in dem betreffenden Staat eine Verfolgung einzelner Personen nahezu ausgeschlossen ist (s. Rohrböck, Kommentar zum AsylG, 1999, Rz 304). Gemäß den Schlussfolgerungen der für Einwanderungsfragen zuständigen Minister der Mitgliedstaaten der EG vom 30.11. und 01.12.1992 in London betreffend Länder, in denen im Allgemeinen keine ernstliche Verfolgungsgefahr besteht, sollten bei der Bewertung eines Landes als "sicherer Herkunftsstaat" folgende Faktoren berücksichtigt werden: Frühere Flüchtlingszahlen und Anerkennungsraten, die Achtung der Menschenrechte, demokratische Einrichtungen und Stabilität.

 

Auf Grund regelmäßiger Berichte von Menschenrechtsorganisationen über die allgemeine Menschenrechtssituation in Serbien kann, insbesondere in Ansehung der Volksgruppenzugehörigkeit des Beschwerdeführers, nicht davon ausgegangen werden, dass in diesem Land die Gefahr asylrelevanter Verfolgung, wie dies § 6 Z 5 AsylG verlangt, nahezu ausgeschlossen ist, sodass die Anwendung dieser Rechtsgrundlage nicht in Betracht kommt.

 

Es ergibt sich somit, dass die Feststellung der Behörde, der Antrag sei offensichtlich unbegründet, vor dem Hintergrund der Gesetzesmaterialien und des anzuwendenden strengen Beurteilungsmaßstabes der bisherigen Rechtsprechung nicht zutrifft.

 

Nach § 32 Abs 2 erster Satz AsylG 1997 war der Berufung daher stattzugeben und die Angelegenheit zur neuerlichen Durchführung des Verfahrens und zur Erlassung eines Bescheides an die Behörde erster Instanz zurückzuverweisen. Feststellungen gemäß § 8 AsylG gelten jedenfalls als aufgehoben.

Schlagworte
Kassation, mangelnde Sachverhaltsfeststellung, offensichtlich unbegründete Asylanträge, Sicherheitslage
Zuletzt aktualisiert am
06.10.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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