TE AsylGH Erkenntnis 2008/09/04 D13 317781-1/2008

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Veröffentlicht am 04.09.2008
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Spruch

D13 317781-1/2008/2E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Dajani als Vorsitzenden und den Richter Mag. Auttrit als Beisitzer über die Beschwerde des mj. W. D., geb. 00.00.1994, StA. Ukraine, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 15.02.2008, FZ. 06 13.131-BAS, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1 Z 1 und 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 BGBl 100/2005 idgF. abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I.

 

Der minderjährige Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Ukraine, reiste am 03.12.2006 gemeinsam mit seiner Schwester und seiner Adoptivmutter, N. I., geb. 00.00.1975, in das österreichische Bundesgebiet ein und brachte durch seine gesetzliche Vertreterin am 04.12.2006 beim Bundesasylamt einen Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ein.

 

Hierauf wurde die gesetzliche Vertreterin des Beschwerdeführers zunächst am 05.12.2006 von der Polizeiinspektion St. Georgen im Attergau erstbefragt. Am 07.12.2006 und am 15.11.2007 wurde sie vom Bundesasylamt im Beisein eines geeigneten Dolmetschers für die russische Sprache vor dem zur Entscheidung berufenen Organwalter des Bundesasylamtes niederschriftlich einvernommen. Ihr damaliges Vorbringen wurde im Bescheid des Bundesasylamtes, Außenstelle Salzburg, vom 15.02.2008, FZ. 06 13.131-BAS, richtig und vollständig wiedergegeben, sodass der diesbezügliche Teil des erstinstanzlichen Bescheides auch zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses erhoben wird. Die Adoptivmutter gab hierbei an, dass die beiden Kinder eigene Asylgründe hätten und sich diese auf Bedrohungen, die gegen sie nach der Ermordung ihrer Eltern ausgesprochen worden seien, bezögen.

 

Das Bundesasylamt hat mit Bescheid vom 15.02.2008, FZ. 06 13.131-BAS, den Antrag auf internationalen Schutz des Asylwerbers gemäß § 3 Abs. 1 AsylG abgewiesen und dem Asylwerber den Status des Asylberechtigten nicht zuerkannt. Weiters wurde dem Asylwerber gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Ukraine nicht zuerkannt. Unter Spruchpunkt III wurde der Asylwerber gemäß § 10 Abs. 1 Ziffer 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Ukraine ausgewiesen. In der Begründung wertete das Bundesasylamt die Angaben der Adoptivmutter des Beschwerdeführers, wonach sie Verfolgungshandlungen gegen die beiden von ihr adoptierten Kinder ihrer verstorbenen Schwester befürchte, nachdem ihre Schwester, ihr Vaters sowie ihr Schwager unter ungeklärten Umständen ums Leben gekommen waren, als unglaubwürdig und erachtete die behauptete Bedrohungssituation als nicht asylrelevant.

 

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer am 21.02.2008 durch seine gesetzliche Vertreterin fristgerecht Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

 

In ihrer Beschwerde wiederholte der Beschwerdeführer seine bereits getätigten Angaben und führte näher aus, er habe detailreich und konkret begründet, dass im Jahre 2004 die Mutter des Beschwerdeführers, kurz darauf sein Großvater und im Jahre 2005 sein Vater ums Leben gekommen seien. Dass diese drei Todesfälle "Unfälle" seien, wie die Erstbehörde vermute, hätte er nicht zu Protokoll gegeben. Vielmehr seien diverse Bedrohungsszenarien detailreich dargestellt worden und hätten Bedrohungen insbesondere auch gegen die 1994 und 1996 geborenen Kinder stattgefunden. Die Vorfälle seien der Polizei angezeigt worden und sei der durchführende Ermittler der Polizei mit Namen und Ort seiner Dienststelle angegeben worden. Insoweit das Bundesasylamt hierzu keine näheren Feststellungen getroffen habe, seien der Erstbehörde Verfahrensermittlungsfehler vorzuwerfen. Da die gesetzliche Vertreterin des Beschwerdeführers im erstinstanzlichen Verfahren anlässlich der durchgeführten Interviews unvertreten gewesen sei, wäre sie in Entsprechung der Manuduktionspflicht anzuleiten gewesen, entsprechende Beweisanträge und Beweisanbote zu stellen. Die belangte Behörde hätte ohne weiteres durch einen österreichischen Verbindungsbeamten vor Ort ermitteln können und dies auch müssen, inwieweit tatsächlich die drei genannten Todesfälle auf Unfälle zurückzuführen gewesen seien bzw. ob nicht doch ein Fremdverschulden vorgelegen sei.

 

Der Beschwerdeführer führt weiter aus, das Bundesasylamt habe ihm nicht vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis erteilt und dazu eine Frist zur Stellungnahme eingeräumt. Die Behörde wäre jedoch im Sinne des § 45 Abs. 3 AVG verpflichtet gewesen, ihm von den Ergebnissen der Beweisaufnahme Mitteilung zu erstatten, dass ihr Vorbringen nicht asylrelevant und lediglich als vorgebrachte Vermutung gewertet würde.

 

Bei der Beurteilung der Glaubwürdigkeit der gesetzlichen Vertreterin des Beschwerdeführers sei das Bundesasylamt darüber hinaus seiner Begründungspflicht nicht nachgekommen. Dies gelte auch für die Annahme der Behörde, dass der Beschwerdeführer nicht in einem Naheverhältnis zu einer politischen Organisation stehen würde, obwohl er ausgeführt habe, dass seine Mutter acht Monate lang für die Partei "Nascha Ukraina" tätig gewesen sei.

 

Als weiterer Verfahrensfehler wurde von dem Beschwerdeführer geltend gemacht, dass angenommen worden sei, die gesetzliche Vertreterin des Beschwerdeführers habe sich während ihres Aufenthaltes in Österreich straffällig gemacht, da eine Anzeige nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz eingelangt sei. Es sei jedoch nach wie vor von der Unbescholtenheit der gesetzlichen Vertreterin des Beschwerdeführers auszugehen, da es zu keiner Bestrafung gekommen sei.

 

Aus den Länderfeststellungen der Behörde ergebe sich, dass die Korruption innerhalb der Polizei weiterhin ein Problem darstelle, sodass der Beschwerdeführer keinen staatlichen Schutz zu erwarten gehabt habe. Er habe auch konkrete Anhaltspunkte angegeben, dass ihm Gefahr für sein Leben drohe, und seien die Bedrohungen auf seine Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen bzw. politischen Gruppe zurückzuführen.

 

Hinsichtlich der Beweiswürdigung und der Sachverhaltsfeststellungen wird auf die zutreffenden Darlegungen im erstinstanzlichen Bescheid verwiesen (zur Zulässigkeit dieses Vorgehens VwGH vom 04.10.1995, 95/01/0045, VwGH vom 24.11.1999, 99/01/0280).

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

Gemäß § 28 Abs. 1 Asylgerichtshofgesetz (AsylGHG) tritt dieses Bundesgesetz mit 1. Juli 2008 in Kraft. Gleichzeitig tritt das Bundesgesetz über den unabhängigen Bundesasylsenat - UBASG, BGBl. I Nr. 77/1997, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I. Nr. 100/2005, außer Kraft.

 

Gemäß § 23 AsylGHG sind - soweit sich aus dem B-VG, dem AsylG und dem VwGG nicht anderes ergibt - auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des AVG mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Gemäß § 75 Abs. 7 AsylG 2005 sind am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren vom Asylgerichtshof nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen weiterzuführen:

 

Mitglieder des unabhängigen Bundesasylsenates, die zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannt worden sind, haben alle bei ihnen anhängige Verfahren, in denen bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, als Einzelrichter weiterzuführen.

 

Verfahren gegen abweisende Bescheide, in denen eine mündliche Verhandlung noch nicht stattgefunden hat, sind von dem nach der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes zuständigen Senat weiterzuführen.

 

Verfahren gegen abweisende Bescheide, die von nicht zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannten Mitgliedern des unabhängigen Bundesasylsenates geführt wurden, sind nach Maßgabe der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes vom zuständigen Senat weiterzuführen.

 

Im vorliegenden Fall handelt es sich um ein Rechtsmittelverfahren gegen einen abweisenden Bescheid. Daher ist das Verfahren des Beschwerdeführers von dem nach der Geschäftsverteilung zuständigen Senat des Asylgerichtshofes weiterzuführen.

 

Wie bereits vom Bundesasylamt festgestellt, liegt ein Familienverfahren im Sinne des § 34 AsylG vor.

 

§ 34 Abs. 1 AsylG lautet:

 

"Stellt ein Familienangehöriger (§ 2 Z 22) von

 

1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;

 

2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder

 

3. einem Asylwerber einen Antrag auf internationalen Schutz,

 

gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

 

Gemäß Abs. 2 leg. cit. hat die Behörde aufgrund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Artikel 8 EMRK mit dem Familienangehörigen in einem anderen Staat nicht möglich ist.

 

Gemäß Abs. 3 leg. cit. hat die Behörde aufgrund eines Antrages eines im Bundesgebiet befindlichen Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, es sei denn,

 

1. dass die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Artikel 8 EMRK mit dem Angehörigen in einem anderen Staat möglich ist, oder

 

2. dem Asylwerber der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen ist.

 

Gemäß Abs. 4 leg. cit. hat die Behörde Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen, und es erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid.

 

Familienangehörige sind gemäß § 2 Z 22 AsylG, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung unverheiratetes minderjähriges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Familiengemeinschaft bei Ehegatten bereits im Herkunftsstaat bestanden hat.

 

Entscheidungsrelevante Tatbestandsmerkmale sind "die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art 8 MRK" und der Umstand, dass dieses Familienleben mit dem Angehörigen in einem anderen Staat nicht zumutbar ist.

 

Bei dem Begriff "Familienleben im Sinne des Art 8 MRK" handelt es sich nach gefestigter Ansicht der Konventionsorgane um einen autonomen Rechtsbegriff der Konvention (vgl. EGMR, Urteil v. 13.6.1997, Fall MARCKX, Ser. A, VOL. 31, Seite 14, § 31).

 

Nach dem obzitierten EGMR-Urteil sind sowohl die Beziehungen der Eltern untereinander, als auch jeweils jener Kinder durch Art 8 MRK geschützte familiäre Bande. Bei einer diesbezüglichen Familie ergeben sich die von der MRK-Rechtssprechung zusätzlich geforderten engen Bindungen der Familienmitglieder untereinander aus ihrem alltäglichen Zusammenleben, gemeinsamer Sorge und Verantwortung füreinander, sowie finanzieller und anderer Abhängigkeit.

 

Der Beschwerdeführer ist der im Zeitpunkt der Antragstellung minderjährige unverheiratete Adoptivsohn der N. I.. Die Voraussetzungen für die Gewährung von Asyl im Rahmen des Familienverfahrens sind im gegenständlichen Fall jedoch nicht erfüllt, da der Adoptivmutter des Beschwerdeführers weder der Status der Asylberechtigten noch der Status einer subsidiär Schutzberechtigten erteilt wurde.

 

Es ist sohin zu prüfen, ob dem Beschwerdeführer aufgrund des Vorbringens aus eigenen Gründen der Status des Asylberechtigten bzw. des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen ist.

 

Zu Spruchpunkt I

 

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG hat die Behörde einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, den Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

 

Der Status eines Asylberechtigten ist einem Fremden somit zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass die Voraussetzungen des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention vorliegen. Diese liegen vor, wenn sich jemand aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, der Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen. Ebenso liegen die Voraussetzungen bei Staatenlosen, die sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes ihres gewöhnlichen Aufenthaltes befinden und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt sind, in dieses Land zurückzukehren.

 

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes ist die "begründete Furcht vor Verfolgung". Die begründete Furcht vor Verfolgung liegt dann vor, wenn in objektiver Weise eine Person in der individuellen Situation des Asylwerbers Grund hat, eine Verfolgung zu fürchten. Verlangt wird eine "Verfolgungsgefahr", wobei unter Verfolgung ein Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen ist, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthalts zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr. Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen muss. Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen stellen im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende Verfolgungsgefahr dar, wobei hierfür dem Wesen nach eine Prognose zu erstellen ist.

 

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH vom 28.03.1995, Zl. 95/19/0041; VwGH vom 27.06.1995, Zl. 94/20/0836; VwGH vom 23.07.1999, Zl. 99/20/0208; VwGH vom 21.09.2000, Zl. 99/20/0373; VwGH vom 26.02.2002, Zl. 99/20/0509 mwN; VwGH vom 12.09.2002, Zl. 99/20/0505 sowie VwGH vom 17.09.2003, Zl. 2001/20/0177) ist eine Verfolgungshandlung nicht nur dann relevant, wenn sie unmittelbar von staatlichen Organen (aus Gründen der GFK) gesetzt worden ist, sondern auch dann, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, Handlungen mit Verfolgungscharakter zu unterbinden, die nicht von staatlichen Stellen ausgehen, sofern diese Handlungen - würden sie von staatlichen Organen gesetzt - asylrelevant wären. Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewandt werden kann (vgl. VwGH vom 22.03.2003, Zl. 99/01/0256 mwN).

 

Für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht - unter dem Fehlen einer solchen ist nicht zu "zu verstehen, dass die mangelnde Schutzfähigkeit zur Voraussetzung hat, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht" (vgl. VwGH vom 22.03.2000, Zl. 99/01/0256) -, kommt es darauf an, ob jemand, der von dritter Seite (aus den in der GFK genannten Gründen) verfolgt wird, trotz staatlichem Schutz einen - asylrelevante Intensität erreichenden - Nachteil aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten hat (vgl. VwGH vom 22.03.2000, Zl. 99/01/0256 im Anschluss an Goodwin-Gill, "The Refugee in International Law² [1996] 73; weiters VwGH vom 26.02.2002, Zl. 99/20/0509 mwN sowie VwGH vom 20.09.2004, Zl. 2001/20/0430). Für einen Verfolgten macht es nämlich keinen Unterschied, ob er auf Grund staatlicher Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einen Nachteil zu erwarten hat oder ob ihm dieser Nachteil mit derselben Wahrscheinlichkeit auf Grund einer Verfolgung droht, die von anderen ausgeht und die vom Staat nicht ausreichend verhindert werden kann. In diesem Sinne ist die oben verwendete Formulierung zu verstehen, dass der Herkunftsstaat "nicht gewillt oder nicht in der Lage" sei, Schutz zu gewähren (vgl. VwGH vom 26.02.2002, Zl. 99/20/0509). In beiden Fällen ist es dem Verfolgten nicht möglich bzw. im Hinblick auf seine wohlbegründete Furcht nicht zumutbar, sich des Schutzes seines Heimatlandes zu bedienen (vgl. VwGH vom 22.03.2000, Zl. 99/01/0256).

 

Da der Beschwerdeführer seine Gründe nicht hat glaubhaft machen können, liegt die Voraussetzung für die Gewährung von Asyl nicht vor, nämlich die Gefahr einer aktuellen Verfolgung aus einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe. Das Bundesasylamt hat in der Begründung des Bescheides vom 15.02.2008, FZ. 06 13.131-BAS, die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage hinsichtlich der behaupteten Flüchtlingseigenschaft klar und übersichtlich zusammengefasst und den rechtlich maßgeblichen Sachverhalt in völlig ausreichender Weise erhoben.

 

Der Asylgerichtshof schließt sich den diesbezüglichen Ausführungen des Bundesasylamtes im angefochtenen Bescheid vollinhaltlich an und erhebt diese zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses.

 

Auch der Beschwerde vermag der Asylgerichtshof keine neuen Sachverhaltselemente zu entnehmen, welche geeignet wären, die von der erstinstanzlichen Behörde getroffene Entscheidung in Frage zu stellen, weshalb die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Asylgerichtshof unterbleiben konnte, da der maßgebende Sachverhalt durch die Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt war (vgl. § 41 Abs. 7 AsylG iVm § 67d AVG idgF).

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur außer Kraft getretenen Regelung des Art. II Abs. 2 lit. D Z 43a EGVG war der Sachverhalt nicht als geklärt anzusehen, wenn die erstinstanzliche Beweiswürdigung in der Berufung substantiiert bekämpft wird oder der Berufungsbehörde ergänzungsbedürftig oder in entscheidenden Punkten nicht richtig erscheint, wenn rechtlich relevante Neuerungen vorgetragen werden oder wenn die Berufungsbehörde ihre Entscheidung auf zusätzliche Ermittlungsergebnisse stützen will (VwGH 2.3.2006, Zl. 2003/20/0317 mit Hinweisen auf VwGH 23.1.2003, Zl. 2002/20/0533; 12.06.2003, Zl. 2002/20/0336).

 

In der Beschwerde hat der Beschwerdeführer sein bisheriges Vorbringen wiederholt und keinerlei neue Ausführungen zu seinen Fluchtgründen gemacht.

 

Soweit der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde die Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens rügt, ist einzuwenden, dass es grundsätzlich dem Asylwerber zukommt, dass dieser die Gründe seiner Furcht vor Verfolgung konkret und substantiiert vorbringe (VwGH 21.11.1996, Zahl 95/20/0334).

 

In seiner Beschwerde rügt der Beschwerdeführer zunächst, die Behörde hätte mehrere Ermittlungsfehler gemacht und hätte die gesetzliche Vertreterin des Beschwerdeführers etwa anweisen müssen, entsprechende Beweisanträge und Beweisanbote zu stellen. Tatsächlich hat das Bundesasylamt die gesetzliche Vertreterin des Beschwerdeführers bereits im Rahmen ihrer ersten Einvernahme am 07.12.2006 ersucht, alle relevanten Tatsachen im Zusammenhang mit ihrem Asylverfahren mitzuteilen und Beweismittel vorzulegen (vgl. AS 47 des erstinstanzlichen Verwaltungsaktes). Zudem wurde die gesetzliche Vertreterin des Beschwerdeführers auch in ihrer zweiten Einvernahme am 15.11.2007 erneut auf ihre Mitwirkungspflichten gemäß § 15 AsylG hingewiesen (vgl. AS 109). Die gesetzliche Vertreterin des Beschwerdeführers legte auch Dokumente zum Nachweis ihrer Identität, nämlich ihren Führerschein sowie ihre Geburtsurkunde, die Geburtsurkunden und Adoptionsurkunden betreffen die beiden minderjährigen Kinder, sowie die entsprechenden Geburts- und Sterbeurkunden ihrer Schwester und ihres Schwagers vor. Sie sah sich aber offenbar nicht in der Lage, Beweise zu den ihren Angaben nach gegen sie und die Kinder geäußerten Bedrohungen bzw. zur Untätigkeit der Behörden bei der Ermittlung in den Todesfällen ihrer Verwandten vorzulegen. Dass dies aufgrund der mangelnden Anleitung durch das Bundesasylamt unterblieben sei, kann daraus jedoch keineswegs geschlossen werden. Dementsprechend kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass das Bundesasylamt verpflichtet gewesen wäre, Ermittlungen im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers dahingehend anzustellen, ob die drei Todesfälle in der Familie des Beschwerdeführers tatsächlich auf Unfälle oder doch auf Morde zurückzuführen seien. Die Behörde ist nur im Rahmen ihrer rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten zur Durchführung von Erhebungen im Ausland verhalten. Die amtswegige Ermittlungspflicht der Behörde ist sohin auf jene Ermittlungsschritte eingeschränkt, die innerhalb der Grenzen ihrer Möglichkeiten und innerhalb des vom Verfahrenszweck her gebotenen und zumutbaren Aufwandes liegen (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 39 Rz 10, 15). Es kann jedoch nicht vom Bundesasylamt erwartet werden, dass es Ermittlungen hinsichtlich der mutmaßlichen Ermordung von Angehörigen des Beschwerdeführers anstellt, zumal die gesetzliche Vertreterin des Beschwerdeführers selbst angeführt hat, dass in diesen Fällen bei den ukrainischen Behörden noch Ermittlungsverfahren anhängig sind bzw. aufgrund einer gerichtsmedizinischen Untersuchung festgestellt worden sei, dass es sich um Unfälle gehandelt habe.

 

Ebensowenig kann davon ausgegangen werden, dass die Behörde verpflichtet gewesen wäre, die gesetzliche Vertreterin des Beschwerdeführers vom Ergebnis ihrer Beweiswürdigung - darum handelt es nämlich bei der Wertung ihrer Aussagen als unglaubwürdig oder nicht asylrelevant - in Kenntnis zu setzen und ihr erneut Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Behörde hat im Rahmen ihrer Informationspflicht gemäß § 45 Abs. 3 AVG die gesetzliche Vertreterin des Beschwerdeführers während des gesamten Verfahrens hinreichend von den Ergebnissen der Beweisaufnahme, nämlich den in den Einvernahmen aufgenommenen Aussagen der gesetzlichen Vertreterin des Beschwerdeführers selbst sowie von den Feststellungen zur Situation in der Ukraine, in Kenntnis gesetzt. Ihr wurde überdies ein Ausdruck der Länderfeststellungen im Rahmen ihrer Einvernahme ausgehändigt und ihr eine Frist von zwei Wochen zur Stellungnahme eingeräumt, welche nach Bekanntgabe der Vollmachtserteilung an den gewillkürten Vertreter des Beschwerdeführers verlängert wurde. Die gesetzliche Vertreterin des Beschwerdeführers hat jedoch davon abgesehen, eine Stellungnahme zu diesen Feststellungen abzugeben. Darüber hinaus ist ihr im Rahmen zweier niederschriftlicher Einvernahmen durch konkrete, einfache aber auch zahlreiche offene Fragen ausreichend Gelegenheit eingeräumt worden, alle für die Entscheidung wesentlichen Umstände anzuführen. Die gesetzliche Vertreterin des Beschwerdeführers wurde mehrmals dazu eingeladen, ihre Fluchtgründe zu ergänzen bzw. entsprechend zu konkretisieren. Die Behörde war jedoch nach Abschluss dieser Beweisaufnahme jedenfalls nicht dazu verpflichtet, der gesetzlichen Vertreterin des Beschwerdeführers die aus diesen Ermittlungsergebnissen gezogenen Schlussfolgerungen vor Erlassung des Bescheides erneut mitzuteilen und eine Stellungnahmefrist einzuräumen. Die Frage, ob diese Ermittlungsergebnisse bei der Entscheidung der Behörde berücksichtigt werden und welche Rückschlüsse von der Behörde daraus gezogen werden, ist nämlich keine Frage des Parteiengehörs (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 45 Rz 30f.). Eine Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens ist somit nicht erkennbar. Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass das Bundesasylamt diese Ermittlungsergebnisse ihrem Bescheid auch zugrunde gelegt und in ihrer Beweiswürdigung ausführlich dazu Stellung genommen hat, in welcher sie sich eingehend mit den Angaben der gesetzlichen Vertreterin des Beschwerdeführers auseinander gesetzt hat. Der Behörde ist daher diesbezüglich auch kein Begründungsmangel vorzuwerfen.

 

Aufgrund der von der gesetzlichen Vertreterin des Beschwerdeführers vorgelegten Dokumente ist es auch nachvollziehbar, dass das Bundesasylamt deren Angaben betreffend ihre Identität sowie betreffend der Tatsache, dass sowohl ihre Schwester als auch ihr Schwager verstorben sind, Glauben schenkte, das weitere Vorbringen der gesetzlichen Vertreterin des Beschwerdeführers zu den angeblichen Morden sowie den gegen sie geäußerten Bedrohungen jedoch als unglaubwürdig betrachtete, zumal es die Angaben der gesetzlichen Vertreterin des Beschwerdeführers in einer ausführlichen Begründung als reine Vermutungen erkannte und diese gerade hierzu keine Nachweise vorlegen konnte, obwohl sie nach eigenen Angaben mehrmals Drohbriefe erhalten haben soll.

 

Dem Bundesasylamt hat in seiner Beweiswürdigung auch nachvollziehbar dargelegt, dass die vorgebrachten Gründe nicht ausreichen, um eine asylrelevante Verfolgung des Berufungswerbers im Herkunftsstaat zu begründen, und hat dieses Urteil darauf gestützt, dass aufgrund des Vorbringens von Verfolgungshandlungen gegen den Beschwerdeführer nicht auszugehen sei. Es ist sohin nicht darauf einzugehen, ob für den minderjährigen Beschwerdeführer selbst aufgrund der Tätigkeit seiner Mutter für eine politische Partei von einem Naheverhältnis zu einer politischen Partei auszugehen ist.

 

Soweit die gesetzliche Vertreterin des Beschwerdeführers ausführt, dass gegen sie lediglich eine Anzeige wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes erstattet worden sei, dass es jedoch nicht zu einer Bestrafung gekommen sei und daher von einer nach wie vor bestehenden Unbescholtenheit auszugehen sei, ist ihr freilich zugute zu halten, dass sie in der Tat weiterhin als unbescholten zu gelten hat. Dies ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass das Bundesasylamt die Unglaubwürdigkeit der Angaben der gesetzlichen Vertreterin des Beschwerdeführers auf eine Reihe von detailreich ausgeführten Argumenten stützt und das hiermit gerügte Element lediglich einen weiteren Hinweis auf ihre persönliche Unglaubwürdigkeit darstellen sollte. Auf das Gesamturteil der Behörde, die die mangelnde Asylrelevanz des Vorbringens festgestellt hat und den Angaben der gesetzlichen Vertreterin des Beschwerdeführers keinen Glauben geschenkt hat, hat dieses Element sohin lediglich einen geringen Einfluss. Ein wesentlicher Verfahrensmangel ist daher in dieser Hinsicht nicht zu erblicken.

 

Da das Vorbringen der gesetzlichen Vertreterin des Beschwerdeführers somit von der Behörde aufgrund eines mängelfreien umfassenden Ermittlungsverfahrens und einer ausreichenden Beweiswürdigung als unglaubwürdig gewertet wurde, war auf die Frage der Zumutbarkeit für den Beschwerdeführer, staatlichen Schutz gegen seine Verfolger in Anspruch zu nehmen, nicht mehr einzugehen.

 

Lediglich der Vollständigkeit halber wird daher darauf hingewiesen, dass das Bundesasylamt ausführliche Feststellungen zur allgemeinen Sicherheitslage sowie insbesondere zur Korruptionsbekämpfung in der Ukraine getroffen hat, denen zu entnehmen ist, dass die ukrainischen Behörden in der Lage und willens sind, Schutz vor Übergriffen durch kriminelle Organisationen zu gewähren. Das Bundesasylamt hat seine Feststellungen auf schlüssige und glaubwürdige Berichte über die Situation im Herkunftsstaat gestützt, die allesamt auf aktuellen und unbedenklichen Quellen beruhen, sodass für den erkennenden Senat kein Grund besteht, an deren Glaubwürdigkeit zu zweifeln. Diesen Feststellungen ist der Beschwerdeführer auch keineswegs substantiiert entgegen getreten. Zwar führt er in der Beschwerde aus, dass in seinem Fall eine Inanspruchnahme behördlichen Schutzes entfallen müsse, da er sich berechtigterweise aufgrund der Einflussmöglichkeiten der kriminellen Verfolger bzw. der korrupten Behörden dem Schutz der Staatlichkeit nicht unterwerfen konnte. Den unbedenklichen Länderfeststellungen des Bundesasylamtes ist jedoch nicht zu entnehmen, dass die Behörden des Herkunftsstaates des Beschwerdeführers nicht in der Lage oder nicht willens gewesen wären, dem Beschwerdeführer hinreichenden Schutz vor ihm gegenüber geäußerten Bedrohungen zu gewähren. Die gesetzliche Vertreterin des Beschwerdeführers hat sich nach eigenen Angaben bei dem ermittelnden Beamten nach dem Stand der Ermittlungen erkundigt, hat jedoch an keiner Stelle ausgeführt, auch Anzeige wegen der gegen sie geäußerten Bedrohungen erstattet zu haben, und somit nicht einmal versucht, sich unter den Schutz der staatlichen Behörden zu stellen.

 

Das Vorbringen des Beschwerdeführers in seiner Beschwerde ist daher nicht geeignet, die Entscheidung des Bundesasylamtes in Zweifel zu ziehen.

 

ad II.

 

Wird der Antrag auf internationalen Schutz eines Fremden in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen, ordnet § 8 Abs. 1 AsylG an, dass dem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen ist, wenn eine mögliche Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat für ihn eine reale Gefahr einer Verletzung in seinem Recht auf Leben (Art. 2 EMRK iVm den Protokollen Nr. 6 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe) oder eine Verletzung in seinem Recht auf Schutz vor Folter oder unmenschlicher Behandlung oder erniedrigender Strafe oder Behandlung (Art. 3 EMRK) oder für den Fremden als Zivilperson eine reale Gefahr einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit seiner Person infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konfliktes mit sich bringen würde.

 

Der Asylgerichtshof hat somit zu klären, ob im Falle der Verbringung des Asylwerbers in sein Heimatland Art. 2 EMRK (Recht auf Leben), Art. 3 EMRK (Verbot der Folter) oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde.

 

Unter realer Gefahr ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr ("a sufficiently real risk") möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen (vgl. etwa VwGH vom 19.02.2004, Zl. 99/20/0573, mwN auf die Judikatur des EGMR). Es müssen stichhaltige Gründe für die Annahme sprechen, dass eine Person einem realen Risiko einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt wäre und es müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade die betroffene Person einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde. Die bloße Möglichkeit eines realen Risikos oder Vermutungen, dass der Betroffene ein solches Schicksal erleiden könnte, reichen nicht aus.

 

Nach der Judikatur des EGMR obliegt es der betroffenen Person, die eine Verletzung von Art. 3 EMRK im Falle einer Abschiebung behauptet, so weit als möglich Informationen vorzulegen, die den innerstaatlichen Behörden und dem Gerichtshof eine Bewertung der mit einer Abschiebung verbundenen Gefahr erlauben (vgl. EGMR vom 05.07.2005 in Said gg. die Niederlande). Bezüglich der Berufung auf eine allgemeine Gefahrensituation im Heimatstaat, hat die betroffene Person auch darzulegen, dass ihre Situation schlechter sei, als jene der übrigen Bewohner des Staates (vgl. EGMR vom 26.07.2005 N. gg. Finnland).

 

Das Vorliegen eines tatsächlichen Risikos ist von der Behörde im Zeitpunkt der Entscheidung zu prüfen (vgl. EGMR vom 15.11.1996 in Chahal gg. Vereinigtes Königsreich).

 

Gemäß der Judikatur des VwGH erfordert die Beurteilung des Vorliegens eines tatsächlichen Risikos eine ganzheitliche Bewertung der Gefahr an dem für die Zulässigkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 EMRK auch sonst gültigen Maßstab des "real risk", wobei sich die Gefahrenprognose auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat (vgl. VwGH vom 31.03.2005, Zl. 2002/20/0582, Zl. 2005/20/0095). Dabei kann bei der Prüfung von außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegender Gegebenheiten nur dann in der Außerlandesschaffung des Antragsstellers eine Verletzung des Art. 3 EMRK liegen, wenn außergewöhnliche, exzeptionelle Umstände, glaubhaft gemacht sind (vgl. EGMR, Urteil vom 06.02.2001, Beschwerde Nr. 44599/98, Bensaid v United Kingdom; VwGH 21.08.2001, Zl. 2000/01/0443). Ob die Verwirklichung der im Zielstaat drohenden Gefahren eine Verletzung des Art. 3 EMRK durch den Zielstaat bedeuten würde, ist nach der Rechtsprechung des EGMR nicht entscheidend.

 

Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG) offen steht.

 

§ 8 Abs. 3 iVm § 11 Abs. 1 AsylG beschränkt den Prüfungsrahmen auf den Teil des Herkunftsstaates des Antragstellers, in dem für den Antragsteller keine begründete Furcht vor Verfolgung und keine tatsächliche Gefahr, einen ernsthaften Schaden zu erleiden, besteht. Gemäß § 1 Abs. 1 Z 17 AsylG ist unter dem Herkunftsstaat der Staat zu verstehen, dessen Staatsangehörigkeit der Fremde besitzt oder im Falle der Staatenlosigkeit, der Staat seines früheren gewöhnlichen Aufenthaltes.

 

Die Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen, die drohende Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein und ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Art. 3 EMRK zu gelangen.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung erkannt, dass der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffende, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerte Angaben darzutun ist (vgl. VwGH vom 26.06.1997, Zl. 95/18/1291). Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann.

 

Den Fremden trifft somit eine Mitwirkungspflicht, von sich aus das für eine Beurteilung der allfälligen Unzulässigkeit der Abschiebung wesentliche Tatsachenvorbringen zu erstatten und dieses zumindest glaubhaft zu machen. Hinsichtlich der Glaubhaftmachung des Vorliegens einer derartigen Gefahr ist es erforderlich, dass der Fremde die für diese ihm drohende Behandlung oder Verfolgung sprechenden Gründe konkret und in sich stimmig schildert und, dass diese Gründe objektivierbar sind.

 

Der Asylgerichtshof schließt sich den diesbezüglichen Ausführungen des Bundesasylamtes im angefochtenen Bescheid bezüglich der Refoulement-Entscheidung vollinhaltlich an und erhebt diese zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses.

 

Hinsichtlich des Vorbringens in der Beschwerde ist auf die unter I. getätigten Ausführungen zu verweisen, zumal der Beschwerdeführer die Gefahr einer unmenschlichen Behandlung bzw. die Gefahr des Verlustes seines Lebens in seinem Herkunftsstaat auf die vorgebrachte Ermordung seiner Verwandten und sich die daraus ergebende behauptete Verfolgung seiner Person stützt.

 

ad III.

 

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.

 

Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG sind Ausweisungen nach Abs. 1 unzulässig, wenn 1. dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder 2. diese eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würden.

 

Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG ist, wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, gleichzeitig mit der Ausweisung auszusprechen, dass die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben ist.

 

Gemäß § 10 Abs. 4 AsylG gilt eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung gemäß Abs. 1 Z 1 verbunden ist, stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat. Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen.

 

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in Ausübung dieses Rechts ist gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

Zu den in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) zu Art. 8 EMRK entwickelten Grundsätzen zählt unter anderem auch, dass das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Achtung des Familienlebens, das Vorhandensein einer "Familie" voraussetzt.

 

Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten, sondern auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität erreichen. Als Kriterien hiefür kommen etwa das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes oder die Gewährung von Unterhaltsleistungen in Betracht. In der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.6.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; s. auch EKMR 7.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.3.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.7.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.2.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 5.7.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Kommission auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 6.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).

 

In Österreich befinden sich die Adoptivmutter sowie die Schwester des Beschwerdeführers, die ebenfalls Asylwerber sind. Darüber hinaus verfügt der Beschwerdeführer weder über Verwandte noch über sonstige familiäre Bindungen in Österreich, im Bereich der EU, in Norwegen oder in Island.

 

Folglich liegt kein vom Schutz des Art. 8 EMRK umfasster Familienbezug zu einer dauernd aufenthaltsberechtigten Person in Österreich vor.

 

Ausreichende Gründe zur Feststellung eines Privatlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind ebenfalls nicht gegeben.

 

Die Ausweisung stellt daher keinen Eingriff in Art. 8 EMRK dar.

 

Sohin war spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Ausweisung, Familienverfahren
Zuletzt aktualisiert am
26.01.2009
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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