TE AsylGH Erkenntnis 2008/09/09 S2 400133-1/2008

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Veröffentlicht am 09.09.2008
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Spruch

S2 400.133-1/2008/3E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. Schnizer-Blaschka als Einzelrichterin über die Beschwerde der O.S., geb. 00.00.2008, StA. Nigeria, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 17.06.2008, Zahl: 08 04.807-BAL, zu Recht erkannt:

 

Der Beschwerde wird gemäß § 41 Abs. 3 AsylG idF BGBl. I Nr. 100/2005 stattgegeben und der bekämpfte Bescheid behoben.

Text

Entscheidungsgründe:

 

I. 1. Die Beschwerdeführerin - vertreten durch die Mutter O.J. - wurde in Österreich geboren und brachte am 02.06.2008 den vorliegenden Antrag auf internationalen Schutz ein. Die Mutter der Beschwerdeführerin hatte am 03.03.2008 einen Antrag auf internationalen Schutz beim Bundesasylamt eingebracht, das Verfahren wurde nach ihrer Einvernahme vom 03.03.2008 zunächst zugelassen. Aufgrund von Aussagen eines anderen Asylwerbers, wonach dieser mit der Mutter der Beschwerdeführerin gemeinsam mit einem rumänischen Visum in die EU eingereist sei, wurde seitens des Bundesasylamtes am 28.05.2008 hinsichtlich der Mutter ein Konsultationsverfahren mit Rumänien eingeleitet. Am 06.06.2008 langte die Zustimmung zur Übernahme (auch) der Beschwerdeführerin durch die rumänische Behörde auf Grundlage des "Art. 9 Abs. 2 und 4" Dublin II-VO ein (AS 9; zum Verfahrensgang der Mutter siehe den Akt 08 02.192-BAL).

 

2. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde I. der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Rumänien gemäß Art. 4 Abs. 3 Dublin II-VO zur Prüfung dieses Antrages zuständig ist, sowie II. die Beschwerdeführerin gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Rumänien ausgewiesen und festgestellt, dass demzufolge die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Beschwerdeführerin nach Rumänien gemäß § 10 Abs. 4 AsylG 2005 zulässig sei.

 

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdevorlage langte laut Eingangsstempel des Asylgerichtshofes am 08.07.2008 bei diesem Gerichtshof ein.

 

3. Das Bundesasylamt hatte mit Bescheid vom 17.06.2008, Zahl: 08 02.192-BAL, auch den Antrag auf internationalen Schutz der Mutter der Beschwerdeführerin ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurückgewiesen und gleichzeitig ausgesprochen, dass für die Prüfung des Asylantrages gemäß Artikel 9 Abs. 2 der Verordnung Nr. 343/2003 (EG) des Rates vom 18.2.2003 Rumänien zuständig sei. Gleichzeitig wurde die Mutter der Beschwerdeführerin gemäß § 10 Abs. 1 Z. 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Rumänien ausgewiesen und gemäß § 10 Abs. 4 AsylG festgestellt, dass die Abschiebung nach Rumänien zulässig sei.

 

4. Mit hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, GZ S2 400.134-1/2008/3E, wurde der gegen diesen Bescheid gerichteten Beschwerde der Mutter der Beschwerdeführerin § 41 Absatz 3 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 4/2008 stattgegeben und der bekämpfte Bescheid behoben.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

1. Mit 01.01.2006 ist das neue Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl in Kraft getreten (AsylG idF BGBl. I Nr. 100/2005) und ist somit auf alle ab diesem Zeitpunkt gestellten Asylanträge anzuwenden.

 

Im gegenständlichen Fall wurde der Antrag im Februar 2008 gestellt, weshalb § 5 AsylG idF BGBI. I Nr. 100/2005 zur Anwendung gelangt.

 

2. Die Beschwerdeführerin ist im Zeitpunkt ihrer Asylantragstellung das unverheiratete minderjährige Kind von O.J., deren Asylverfahren zugelassen ist.

 

3. Gemäß § 5 Abs. 1 AsylG ist ein nicht gemäß § 4 AsylG erledigter Asylantrag als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder aufgrund der Verordnung Nr. 343/2003 (EG) des Rates vom 18.2.2003 zur Prüfung des Asylantrages zuständig ist. Mit dem Zurückweisungsbescheid hat die Asylbehörde auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG ist die Zurückweisung eines Antrages nach Maßgabe der § 10 Abs. 3 und Abs. 4 AsylG mit einer Ausweisung zu verbinden.

 

Gemäß § 41 Abs. 3 erster Satz AsylG ist in einem Verfahren über eine Beschwerde gegen eine zurückweisende Entscheidung und die damit verbundene Ausweisung § 66 Abs. 2 AVG nicht anzuwenden. Ist der Beschwerde gegen die Entscheidung des Bundesasylamts im Zulassungsverfahren stattzugeben, ist das Verfahren gemäß § 41 Abs. 3 zweiter Satz AsylG zugelassen. Der Beschwerde gegen die Entscheidung im Zulassungsverfahren ist gemäß § 41 Abs. 3 letzter Satz AsylG auch stattzugeben, wenn der vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint.

 

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG ist "Familienangehöriger", wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung unverheiratetes minderjähriges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Familieneigenschaft bei Ehegatten bereits im Herkunftsstaat bestanden hat.

 

Gemäß § 34 Abs. 1 Z 3 AsylG gilt der Antrag des Familienangehörigen eines Asylwerbers auf internationalen Schutz als "Antrag auf Gewährung desselben Schutzes". Die Behörde hat gemäß § 34 Abs. 4 AsylG Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind "unter einem" zu führen, und es erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid.

 

Die Beschwerdeführerin ist als minderjähriges unverheiratetes Kind Familienangehörige im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG ihrer Mutter, die betreffenden Verfahren stellen sich daher als Familienverfahren (im Inland) gemäß § 34 AsylG dar. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur - insoweit vergleichbaren - Vorgängerbestimmung (§ 10 Abs. 5 AsylG 1997) bedeutet dies jedoch, dass dann, wenn das Verfahren auch nur eines Familienangehörigen zuzulassen ist, dies auch für die Verfahren aller anderen gilt (VwGH 18.10.2005, Zl. 2005/01/0402).

 

Aufgrund der Zulassung des Verfahrens der Mutter ist nach dem oben Gesagten auch jenes der Beschwerdeführerin zuzulassen, der Beschwerde daher Folge zu geben und der angefochtene Bescheid zu beheben.

Schlagworte
Familienverfahren, Kassation
Zuletzt aktualisiert am
31.12.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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