TE AsylGH Erkenntnis 2008/09/10 C2 259494-0/2008

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Veröffentlicht am 10.09.2008
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Spruch

C2 259494-0/2008/4E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Marth als Einzelrichter über die Beschwerde des B. C., geb. 2003, StA. Türkei, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 15.03.2005, FZ. 04 13.514-BAG, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 22.04.2008 zu Recht erkannt:

 

Die Berufung des B. C. vom 29.3.2005 gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 15.3.2005, Zl.: 04 13.514-BAG, wird gemäß §§ 7 und 8 Abs. 1 und 2 AsylG abgewiesen.

 

Der Spruchteil III. des angefochtenen Bescheides hat zu lauten:

 

"Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG wird B. C. aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Türkei ausgewiesen."

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I.

 

I.1. Verfahrensgang

 

Die nunmehr berufende Partei hat am 30.6.2004 einen Asylantrag gestellt.

 

Im Zuge des Verfahrens vor dem Bundesasylamt wurde die Mutter - welche auch gesetzliche Vertreterin der berufenden Partei ist - am 5.7.2004 als auch am 10.3.2005 durch ein Organ des Bundesasylamtes einvernommen. Zusammengefasst gab die Mutter an, dass die Familie im Wesentlichen als Kurden in der Türkei diskriminiert werde, die wirtschaftliche Lage nicht gut gewesen sei und aufgrund des Aufenthalts der Eltern ihres Ehegatten in Österreich sie beschlossen haben, nach Österreich zu flüchten, um hier arbeiten zu können. Der Vater der berufenden Partei habe seinen Militärdienst bereits abgeleistet und wurde ebenfalls zu den gleichen Terminen wie die Mutter vom Bundesasylamt einvernommen. Auch er gab an, infolge seiner kurdischen Abstammung in der Türkei diskriminiert worden zu sein. Er habe sich mehrmals für Gelegenheitsarbeiten beworben und sei wegen seiner Volksgruppenzugehörigkeit immer abgelehnt worden. Auch sehe er für seine Kinder keine Perspektive. Von beiden Elternteilen wurde ausdrücklich vorgebracht in der Türkei nicht verfolgt zu werden und lediglich aus wirtschaftlichen Gründen nach Österreich geflüchtet zu sein. Eigene Fluchtgründe der berufenden Parteien wurden von den Eltern für die berufende Partei nicht vorgebracht, sondern sogar ausdrücklich verneint. Die Fluchtgründe der berufenden Partei orientieren sich ausschließlich an den Fluchtgründen der Eltern - insbesondere an den Fluchtgründen des Vaters.

 

Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens wurde der unter i. bezeichnete Asylantrag der berufenden Partei mit im Spruch bezeichneten Bescheid vom 15.3.2005, erlassen am 22.3.2005, abgewiesen. Unter einem wurde festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der berufenden Partei in die Türkei zulässig sei. Die berufende Partei wurde darüber hinaus aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen. Zur Begründung wird auf jenen Bescheid verwiesen.

 

Mit am 29.3.2005 vom Vater - B. N. - unterzeichneter, zur Post gegebener Berufung wurde gegen den im Spruch bezeichneten Bescheid berufen. In der Berufung wurde vorgebracht, dass kein ordentliches Ermittlungsverfahren geführt worden sei. In der Begründung wurde vor allem auf eine spätere Berufungsergänzung verwiesen, welche jedoch bis zum Entscheidungszeitpunkt nicht erstattet wurde.

 

Vom entscheidenden Richter wurde - noch als Mitglied des Unabhängigen Bundesasylsenates - am 22.4.2008 eine mündliche Verhandlung unter Beiziehung eines Dolmetschers und eines Sachverständigen abgehalten. In der Verhandlung wurden die Eltern der berufenden Partei zu ihren persönlichen Lebensverhältnissen in Österreich befragt. Die Mutter gab an, dass es schwierig gewesen sei, die Familie zu erhalten. Sie wolle mit ihrer Flucht nach Österreich die Zukunft ihrer Kinder retten. Der Vater der berufenden Partei gab an, an kurdischen Demonstrationen teilzunehmen und den kurdischen Verein zu besuchen. Er gab weiters an, in der Türkei erfolglos auf Arbeitssuche gewesen zu sein und wolle seinen Kindern ähnliche Schwierigkeiten ersparen.

 

Im Verfahren vor dem Asylgerichtshof wurden folgende Erkenntnisquellen zum Herkunftsstaat des Berufungswerbers in das Verfahren als Beweismittel eingeführt:

 

Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Türkei, Oktober 2007

 

Amnesty International, ai Jahresbericht 2007, Todesstrafe für alle Straftaten abgeschafft, 1.01. bis 31.12.2006

 

Home Office, Operational Guidance Note Turkey, April 2007

 

Home Office, Country of Origin Information Report Turkey, März 2007

 

Human Rights Watch, Turkey, Jänner 2007

 

Schweizer Flüchtlingshilfe, Türkei, Zur Aktuellen Situation, Oktober 2007

 

U.S. Department of State, Turkey, Country Reports on Human Rights Practices, März 2007

 

Weiters wurden im Verfahren vor dem Bundesasylamt bzw. vor dem Asylgerichtshof folgende Beweismittel vorgelegt oder von Amts wegen beigeschafft:

 

Zwei Nüfus, lautend auf die Eltern der berufenden Partei

 

Ein Nüfus, lautend auf die berufende Partei

 

Eine Heiratsurkunde der Eltern von 1997

 

I.2. Feststellungen und Beweiswürdigung

 

Die nachfolgenden Feststellungen gründen sich auf die oben erwähnten Beweismittel und auf den gesamten erstinstanzlichen Verwaltungsakt sowie auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof.

 

Die berufende Partei führt den Namen B. C., ist 2003 geboren und türkischer Staatsangehöriger.

 

Die Identität der berufenden Partei steht auf Grund eines vorgelegten, unbedenklichen Identitätsdokuments fest.

 

Im Herkunftsstaat kommt es zu keiner systematischen Verfolgung von Gruppen, denen die Berufungswerberin angehört.

 

Dies ergibt sich aus den oben angeführten Erkenntnisquellen zum Herkunftsstaat der berufenden Partei. Aus den Länderdokumenten ergibt sich, dass die kurdische Volksgruppe in der Türkei nicht als solche verfolgt wird, sondern auf die politische Gesinnung des Betroffenen abgestellt wird. Die berufende Partei brachte keine eigenen asylrelevanten Fluchtgründe vor. Ihre Verfolgung orientiert sich einzig an den vorgebrachten Fluchtgründen der Eltern. Eine asylrelevante Verfolgung der Eltern konnte nicht nachgewiesen werden, weswegen eine solche auch bei der berufenden Partei nicht erkannt werden kann.

 

Die berufende Partei hat eine Verfolgung durch staatliche Organe nicht glaubhaft gemacht.

 

Die Mutter der berufenden Partei hat eine Verfolgung durch staatliche Stellen explizit verneint, war weder politisch aktiv, noch Mitglied einer bewaffneten Gruppe noch sind sonst Gründe erkennbar. Weiters brachte sie vor, weder sie selbst noch ihr Mann oder ihre Kinder würden in der Türkei verfolgt werden, sondern seien aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Situation mit dem Ehegatten mitgeflüchtet. Nachdem die Eltern ihres Ehegatten in Österreich leben, haben sie sich entscheiden nach Österreich zu flüchten.

 

Auch der Vater der berufenden Partei brachte vor, nach Österreich gekommen zu sein, da er als Kurde in der Türkei keine Rechte habe und keine Arbeit finde. Weiters habe er - von der Behauptung einer nicht durch die Quellen zu belegenden Gruppenverfolgung von Kurden abgesehen - keine ihn betreffenden Verfolgungsgründe dargelegt. Die Position des Vaters der berufenden Partei spielt in Österreich weder bei den Demonstrationen noch im kurdischen Verein eine solch wichtige Rolle, dass ein reales Risiko besteht, dass er den türkischen Behörden aufgefallen sein könnte. Dies erwies sich aus den Aussagen des Vaters der berufenden Partei und dem Amtswissen. Eine drohende Verfolgung aus dem Titel der exilpolitischen Betätigung konnte daher nicht glaubhaft gemacht werden.

 

Der Vater der berufenden Partei hat im Verfahren nie vorgebracht, dass er im Herkunftsstaat einer asylrechtlichen Verfolgung ausgesetzt gewesen sei. Demzufolge ergibt sich aus dem Vorbringen des Vaters keine asylrelevante Verfolgungsgefahr, zumal es bei der Beurteilung des Vorliegens von Fluchtgründen immer auf die konkrete Situation des jeweiligen Asylwerbers, nicht aber auf die allgemeinen politischen Verhältnisse ankommt. Die vom Vater der berufenden Partei behaupteten wirtschaftlichen Probleme aufgrund der Diskriminierung wegen seiner Zugehörigkeit zur kurdischen Volksgruppe sind nicht geeignet, eine Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention darzutun, da sie einerseits nicht von staatlichen Stellen ausgehen bzw. diesen zurechenbar sind und andererseits nicht die Intensität erreichen, die notwendig wäre, um hinsichtlich der Genfer Flüchtlingskonvention als Flüchtling zu gelten.

 

Auch im Rahmen der Befragung hinsichtlich der Folgen einer Rückkehr wurde keine Angst vor einer Verfolgung artikuliert, daher ist eine solche - da sie auch von Amts wegen nicht hervorgekommen ist - nicht glaubhaft gemacht worden.

 

Die berufende Partei hat eine Verfolgung durch Privatpersonen nicht glaubhaft gemacht.

 

Auch eine Verfolgung durch Privatpersonen wurde nicht glaubhaft gemacht, da eine solche nicht einmal ansatzweise von den Eltern vorgebracht wurde. Die unter Umständen als diskriminierend empfundenen Erlebnisse, nach denen der Vater des Berufungswerbers aufgrund seiner Zugehörigkeit zur kurdischen Volksgruppe keine Arbeit gefunden hätte, erreichen in ihrer Schwere jedenfalls nicht Asylrelevanz. Die Mutter der berufenden Partei hatte ausdrücklich vorgebracht, dass ihr Mann nicht verfolgt werde, sondern einfach nur in Österreich arbeiten will.

 

Da eigene Fluchtgründe der berufenden Partei bzw. eine andere Verfolgung der Eltern weder behauptet wurden, noch von Amts wegen hervorgekommen sind, wurde eine asylrelevante Verfolgung nicht glaubhaft gemacht.

 

Im Falle einer Verbringung der berufenden Partei in deren Herkunftsstaat droht dieser kein reales Risiko einer Verletzung der Art. 2 und 3 EMRK.

 

Die berufende Partei ist jung und gesund. Daher droht ihr aufgrund einer allenfalls unzureichenden medizinischen Behandlung keine Versetzung in eine hoffnungslose bzw. unmenschliche Lage. Dies ergibt sich aus den Aussagen der Eltern der berufenden Partei zu ihrem Gesundheitszustand.

 

Die berufende Partei ist eines von zwei minderjährigen Kindern des B. N. (Vater) und der B. geb. Y. A. (Mutter). Die gesamte Familie mütterlicherseits befindet sich in der Türkei, der Großvater beziehe ein Einkommen und hat ein eigenes Haus mit einer Landwirtschaft. Die berufende Partei und ihre Familie (Eltern und ältere Schwester) werden daher im Herkunftsstaat in der Lage sein, sich notfalls mit Hilfstätigkeiten ein ausreichendes - wenn auch nicht gutes - Auskommen zu sichern, und daher nicht in eine hoffnungslose Lage kommen. Dies alles ergibt sich aus den Aussagen der Eltern und aus den Erkenntnisquellen zum Herkunftsstaat der berufenden Partei.

 

Eine asylrelevante Verfolgung, die das reale Risiko einer Verletzung der Rechte nach Art. 2 oder 3 EMRK darstellen würde, haben die Eltern der berufenden Partei nicht glaubhaft gemacht (siehe hiezu iii. und iv.) und eigene Fluchtgründe der Berufungswerberin wurden nicht behauptet.

 

Es besteht kein reales Risiko, dass die berufende Partei im Herkunftsstaat einer dem 6. oder 13. Zusatzprotokoll zur EMRK widerstreitenden Behandlung unterworfen wird.

 

Auf Grund der Erkenntnisquellen zum Herkunftsstaat der berufenden Partei steht fest, dass es in diesem Staat die Todesstrafe gibt. Dass die berufende Partei einem bestehenden realen Risiko unterliegen würde, hat sich jedoch auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nicht ergeben und wurde von den Eltern der berufenden Partei auch nicht behauptet.

 

Der berufenden Partei steht in Österreich kein Aufenthaltsrecht außerhalb des Asylrechtes zu.

 

Dies ergibt sich aus der Aussage der berufenden Partei sowie aus dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens vor dem Bundesasylamt und dem Asylgerichtshof.

 

Die berufende Partei führt mit seinen Eltern und seiner älteren Schwester ein hinsichtlich Art. 8 EMRK relevantes Familienleben, diese Personen sind Familienangehörige im Sinne des AsylG. Andere relevante Familienangehörige hat die berufende Partei nicht.

 

Dies ergibt sich aus der Aussage der Eltern der berufenden Partei sowie aus dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens vor dem Bundesasylamt und dem Asylgerichtshof. Die Großeltern und der Onkel der berufenden Partei sind nicht als Familienangehörige im Sinne des Art. 8 EMRK zu sehen, da der minderjähriger Berufungswerber sein Familienleben mit seiner eigenen Familie - also seinen Eltern und seiner älteren Schwester - führt. Allerdings wird das Verhältnis zu den in Österreich lebenden Großeltern und Onkel im Rahmen des Privatlebens zu berücksichtigen sein.

 

Die berufende Partei geht derzeit noch nicht in den Kindergarten, ist aber bereits angemeldet. Er lernt bereits deutsch. Die berufende Partei hat keine Arbeit in Österreich. Sein Vater geht jedoch einer Tätigkeit nach, sein Lebensunterhalt in Österreich ist daher gesichert.

 

Dies ergibt sich aus der Aussage der berufenden Partei sowie aus dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens vor dem Bundesasylamt und dem Asylgerichtshof.

 

Die berufende Partei hatte niemals ein anderes als das vorübergehende Aufenthaltsrecht als Asylwerber.

 

Dies ergibt sich aus der Aussage der Eltern der berufenden Partei sowie aus dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens vor dem Bundesasylamt und dem Asylgerichtshof.

 

Die berufende Partei hat Verwandte, nämlich die Großeltern väterlicherseits und den Bruder seines Vaters (Onkel), in Österreich. Die gesamte Familie der Mutter der berufenden Partei lebt nach Aussagen seiner Mutter noch in der Türkei. Auch andere Verwandte habe die Mutter in der Türkei. Allfällige freundschaftliche Beziehungen sind zu einem Zeitpunkt entstanden, an dem sich die berufende Partei ihrer unsicheren aufenthaltsrechtlichen Stellung bewusst war.

 

Dies ergibt sich aus der Aussage der Eltern der berufenden Partei sowie aus dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens vor dem Bundesasylamt und dem Asylgerichtshof.

 

Die berufende Partei ist in Österreich unbescholten. Das Vorliegen schwerwiegender Verwaltungsübertretungen ist nicht bekannt. Die berufende Partei ist illegal in das Bundesgebiet eingereist.

 

Dies ergibt sich aus der Aussage der Eltern der berufenden Partei sowie aus dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens vor dem Bundesasylamt und dem Asylgerichtshof.

 

II.

 

II.1.: Zur Berufung gegen Spruchpunkt I des im Spruch genannten Bescheides

 

Anzuwenden war das AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76 in der Fassung BGBl. I Nr. 129/2004 (im Folgenden: "AsylG 1997"), das AVG, BGBl. Nr. 51/1991 in der geltenden Fassung und das ZustG, BGBl. Nr. 200/1982 in der geltenden Fassung. Hinsichtlich des Verfahrens vor dem Asylgerichthof waren die einschlägigen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100 in der geltenden Fassung (im Folgenden: "AsylG 2005")? anzuwenden.

 

Gemäß § 9 Abs. 1 AsylGHG, BGBl. I Nr. 4/2008 entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten, soweit eine Entscheidung durch einen Einzelrichter oder Kammersenat nicht bundesgesetzlich vorgesehen ist. Gemäß § 42 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof bei Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung oder Rechtsfragen, die sich in einer erheblichen Anzahl von anhängigen oder in naher Zukunft zu erwartender Verfahren stellt, sowie gemäß § 11 Abs. 4 AsylGHG, wenn im zuständigen Senat kein Entscheidungsentwurf die Zustimmung des Senates findet durch einen Kammersenat. Gemäß § 61 Abs. 3 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide nach den §§ 4 und 5 AsylG 2005 und nach § 68 AVG durch Einzelrichter; ebenso entscheidet der Asylgerichtshof gemäß § 75 Abs. 7 Z 1 AsylG 2005 durch Einzelrichter, wenn im vor dem 1.7.2008 anhängigen Verfahren bereits vor diesem Zeitpunkt eine Verhandlung vor dem Unabhängigen Bundesasylsenat stattgefunden hatte; dies ist im vorliegenden Verfahren der Fall, sodass der erkennende Richter als Einzelrichter zur Entscheidung zuständig war.

 

Gemäß § 7 AsylG 1997 hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974 (in Folge: GFK), droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F der GFK genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

 

Gemäß § 32 Abs. 7 AsylG gelten die Bescheide der anderen Familienangehörigen als mitangefochten, wenn gegen einen zurückweisenden oder abweisenden Bescheid gemäß § 10 Abs. 4 (Familienverfahren) auch nur von einem betroffenen Familienmitglied Berufung erhoben wird; keiner dieser Bescheide ist dann der Rechtskraft zugänglich. Zumal der Vater der berufenden Partei rechtzeitig Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid in seinem Verfahren erhoben hat, gilt der Bescheid der berufenden Partei als mitangefochten.

 

Gemäß § 1 Z 6 AsylG ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung unverheiratetes minderjähriges Kind (Kernfamilie) eines Asylwerbers oder eines Asylberechtigten ist.

 

Die berufende Partei konnte keine aktuelle oder zum Fluchtzeitpunkt bestehende Verfolgung glaubhaft machen. Eine solche ist auch nicht im Rahmen des Ermittlungsverfahrens hervorgekommen, notorisch oder amtsbekannt.

 

Die berufende Partei hat die oben genannten Familienangehörigen, die auch im Asylverfahren waren. Allerdings wurde unter einem deren Berufung gegen Spruchpunkt I des im Spruch genannten Bescheides abgewiesen, sodass es im Hinblick auf die gegenständliche Berufung zu keiner Gewährung desselben Schutzes im Sinne des Familienverfahrens kommen konnte. Daher war die Berufung gegen Spruchpunkt I des im Spruch bezeichneten Bescheides abzuweisen.

 

II.2.: Zur Berufung gegen Spruchpunkt II des im Spruch genannten Bescheides

 

Zur Anwendbarkeit der relevanten Rechtsvorschriften und zur Zuständigkeit des entscheidenden Senates siehe oben II.1. i. und ii..

 

Ist ein Asylantrag abzuweisen, so hat die Behörde gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 1997 von Amts wegen bescheidmäßig festzustellen, ob die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist und diese Entscheidung mit der Abweisung des Asylantrags zu verbinden. Die Prüfung ist - im Falle der Abweisung des Asylantrags - von Amts wegen vorzunehmen.

 

Durch eine Rückführung in den Herkunftsstaat würde die berufende Partei nicht in ihren Rechten nach Art. 2 und 3 EMRK oder den relevanten Zusatzprotokollen verletzt werden. Weder droht ihr im Herkunftsstaat durch direkte Einwirkung noch durch Folgen einer substantiell schlechten oder nicht vorhandenen Infrastruktur ein reales Risiko einer Verletzung der oben genannten Rechte nach der EMRK. Eine solche Gefahr konnte durch die Eltern der berufenden Partei weder glaubhaft gemacht noch ist diese von Amts wegen hervorgekommen oder der Behörde bekannt, noch wurden eigene Verfolgungsgründe der berufenden Partei behauptet. Selbiges gilt für die reale Gefahr der Todesstrafe unterworfen zu werden.

 

Die berufende Partei hat die oben genannten Familienangehörigen, die auch im Asylverfahren waren. Allerdings wurde unter einem deren Berufung gegen Spruchpunkt II des im Spruch genannten Bescheides abgewiesen, sodass es im Hinblick auf die gegenständliche Berufung zu keiner Gewährung desselben Schutzes im Sinne des Familienverfahrens kommen konnte. Daher war die Berufung gegen Spruchpunkt II des im Spruch bezeichneten Bescheides abzuweisen.

 

II.3.: Zur Berufung gegen Spruchpunkt III des im Spruch genannten Bescheides

 

Zur Anwendbarkeit der relevanten Rechtsvorschriften und zur Zuständigkeit des entscheidenden Senates siehe oben II.1. i. und ii..

 

Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 1997 ist die Entscheidung, mit der ein Asylantrag abgewiesen und festgestellt wird, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist, mit einer Ausweisung zu verbinden. Wie bei fremdenpolizeilichen Ausweisungen ist die asylrechtliche Ausweisung jedoch nicht obligatorisch mit der Abweisung des Antrags und der Nicht-Zuerkennung des subsidiären Schutzes zu verbinden. Diese ist zu unterlassen, wenn sie eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würde.

 

Es konnte nicht festgestellt werden bzw. es wurde von den Eltern der berufenden Partei auch gar nicht behauptet, dass dieser ein nicht auf das AsylG gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt.

 

Ein Eingriff in das Privatleben liegt im Falle einer Ausweisung immer vor. Nach dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens ist die berufende Partei und seine Familie weit stärker integriert als der durchschnittliche Asylwerber. Der Berufungswerber - er ist ebenso wie seine Familie unbescholten - wird vom legalen Einkommen seines Vaters erhalten, ist bereits für den Kindergarten angemeldet und lernt deutsch zu sprechen. Seine Schwester besucht derzeit die zweite Klasse der Volksschule und war vor Schulbeginn auch schon ein Jahr im Kindergarten. Sie spricht deutsch. Seine Mutter habe vier Mal für drei Monate einen Deutschkurs besucht. Daher ist zu fragen, ob die Integration des Berufungswerbers - und damit der potentielle Eingriff in sein Recht auf Privatleben - schwerer wiegen, als die öffentlichen Interessen an der Aufrechterhaltung der Ordnung im Bereich der Fremdenpolizei und des Zuwanderungswesens. Noch vor kurzem hätte der erkennende Richter des Asylgerichtshofs die Ansicht vertreten, dass der Eingriff in das Recht des Berufungswerbers gerade noch schwerer wiegt als das öffentliche Interesse, da der Berufungswerber länger als drei Jahre in Österreich ist und überdurchschnittlich integriert ist. Allerdings ist diese Rechtsansicht nicht mehr aufrecht zu erhalten, da der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte am 8.4.2008 (Nnyanzi gg. UK) ausgesprochen hat, das im Falle einer noch stärker integrierten Asylwerberin, die kein Aufenthaltsrecht im "Schutzstaat" hatte und deren Asylantrag abgewiesen wurde, kein Hindernis an der Ausweisung dieser Asylwerberin sei. Es sei ein Eingriff in das Recht auf Privatleben im Falle Üner zu erkennen gewesen, da diesem das Recht auf Zuwanderung zugestanden wäre, was den relevanten Unterschied zum Fall Nnanzi darstellen würde. Im Lichte dieser Judikatur war daher das öffentliche Interesse höher zu bewerten, weshalb eine Verletzung des Rechts auf Privatleben durch die Ausweisung nicht zu erkennen ist.

 

Dass die Ausweisung einen Eingriff in das Familienleben der berufenden Partei darstellen könnte, hat sich im Rahmen des Ermittlungsverfahrens - auch unter Zugrundelegung der Aussagen der Eltern der berufenden Partei - nicht ergeben. Ein Familienleben wird schließlich nur mit den Eltern und Geschwistern geführt, über die aber auch eine entsprechende Ausweisung verhängt wurde. Daher ist diese - gemeinsam und gleichzeitig vollzogen - nicht einmal ein Eingriff in das Recht auf Familienleben. Es kann daher auch keine Verletzung dieses Rechts erkannt werden.

 

Die Berufung hinsichtlich Spruchpunkt III war daher abzuweisen.

 

II.4. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Ausweisung, Familienverfahren
Zuletzt aktualisiert am
20.10.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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