TE AsylGH Erkenntnis 2008/09/18 C3 247410-2/2008

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Veröffentlicht am 18.09.2008
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Spruch

C3 247.410-2/2008/5E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Mag. van Best-Obregon als Einzelrichterin über den Antrag der I.A. geb.00.00.2003, StA. Mazedonien auf Gewährung von internationalem Schutz nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 31.03.2008 zu Recht erkannt:

 

I. Der Antrag der mj. I.A. auf Gewährung von internationalem Schutz vom 1.2.2007 wird gemäß § 3 Abs. 1 des AsylG Asylgesetzes 2005,BGBl.

I Nr. 100/2005 (AsylG) abgewiesen und ihr der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt.

 

II. Gemäß § 8 Abs. 1 Ziffer 1 AsylG wird I.A. der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Mazedonien nicht zuerkannt.

 

III. Die Ausweisung von I.A. ist gemäß § 10 Abs. 2 Ziffer 2 AsylG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

 

Die Antragstellerin, eine Staatsangehörige von Mazedonien, stellte durch ihren gesetzlichen Vertreter am 2.12.2003 einen Asylerstreckungsantrag. Mit Bescheid des Bundesasylamtes, Außenstelle Linz, vom 12.2.2004, Zahl 03 37.101-BAL, wurde der Asylerstreckungsantrag gemäß § 10 i.V.m. § 11 Abs. 1 AsylG idgF abgewiesen. Die dagegen erhobene Berufung wurde mit Bescheid des Unabhängigen Bundesaslysenates vom 25.10.2005, Zahl 247.410/0-VII/20/04, abgewiesen.

 

Am 31.1.2007 stellte die Antragstellerin, vertreten durch ihre Mutter, einen Antrag auf internationalen Schutz. In diesem Zusammenhang gab die Mutter dazu bei der Einvernahmen vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes (Polizeiinspektion St. Georgen im Attergau) am selben Tag an, ihre Heimat 2001 verlassen zu haben. Zu ihren Fluchtgründen befragt gab sie an, mit ihrem Mann zusammenleben zu wollen. Ihr Mann habe in Österreich subsidiären Schutz erhalten und ersuche sie um selbigen Schutz. In Mazedonien habe sie kein Zuhause und fürchte sie im Falle einer Rückkehr auf der Straße leben zu müssen. Ihre Angaben gelten auch für ihre Kinder.

 

Im Rahmen der Einvernahme vor dem Bundesasylamt, Außenstelle Linz, am 11.6.2007 gab die Mutter der Antragstellerin auf die Frage, ob sie ihre Fluchtgründe konkretisieren möchte, an:

 

"Für mich ist es nicht gut. Wir haben dort nichts, in meiner Heimat, ich weiß nicht wohin ich gehen soll, ich habe nichts. Ich weiß nicht wo ich wohnen soll hier haben wir ein Haus die Kinder gehen hier in den Kindergarten. ... Bevor wir herkamen heirateten wir das war weil der Krieg begann, wir gingen während des Krieges weg. Es war die Situation so wir wussten nicht wo wir bleiben konnten, die Serben und Mazedonier bedrohten uns. Sie sind in unser Haus rein gegangen und wollten uns Angst machen. Das Leben kann nicht so weitergehen wegen der Angst. Als sie in den Hof rein sind haben wir unser Haus verlassen. Sie sind rein gegangen, als das passierte bin ich ins Haus der Eltern gegangen nach T., Einige Zeit war die Situation in T. ruhig aber dann fing es dort auch an, die Situation wurde schlechter und wie beschlossen das Land zu verlassen, mein Mann fand jemand der uns half zu flüchten.

 

Weiters gab die Mutter der Antragstellerin an, mit ihrem Mann seit ca. sechs Jahren verheiratet zu sein. Ihre Verwandten würden alle in Deutschland leben. Sie habe Angst und möchte nicht in ihre Heimat zurück. Ihr Mann arbeite in Österreich und ihre Kinder würden den Kindergarten besuchen. Sie habe weder in Österreich noch in ihrer Heimat strafbare Handlungen begangen.

 

Mit Schreiben vom 8.1.2008 brachte die Antragstellerin durch ihren ausgewiesenen Vertreter einen Devolutionsantrag mit der Begründung ein, dass seit der Einvernahme vom 11.6.2007 kein Bescheid erlassen worden sei.

 

Mit Bescheid vom 31.1.2008, Zahl 247.410-2/3E-X/29/08, gab der Unabhängige Bundesasylsenat dem Devolutionsantrag gemäß § 73 Abs. 2 AVG statt.

 

Am 31.3.2008 fand vor dem Unabhängigen Bundesasylsenat eine mündliche Verhandlung statt.

 

Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

Folgender Sachverhalt wird der Entscheidung zugrunde gelegt:

 

Zur Lage in Mazedonien wird festgestellt:

 

Nach der Volkszählung 2002 leben ungefähr 64 % Mazedonier und 25 % Albaner als zweitgrößte Volksgruppe in Mazedonien. Der Anteil der Moslems an der Bevölkerung beträgt nach der Volkszählung 33,3 % - darunter fast alle Albaner, Türken, Roma, Bosnier und die so genannten Torbesch - zum Islam übergetretene ethnische Mazedonier.

 

Mazedonien wurde am 15./16. Dezember 2005 der Status eines Beitrittskandidaten zur EU verliehen.

 

Im Menschenrechtsbereich hat Mazedonien weitere Fortschritte erzielt, wie auch der Fortschrittsbericht der EU Kommission festhält.

 

Die Beziehungen zwischen den einzelnen Volksgruppen haben sich weiter verbessert. Die meisten Minderheiten sind nach wie vor bei Ausbildung und Beschäftigung benachteiligt. Die Situation der Roma ist weiterhin besorgniserregend.

 

Sollte es zu nationalistischen oder anderen Ausschreitungen gegen ethnisch, religiös oder anders definierte Gruppen kommen, werden diese in Mazedonien durch die staatlichen Stellen unterbunden, wobei gelegentlich der - kaum belegbare - Vorwurf erhoben wird, dass dies nicht immer ohne Verzögerung erfolge.

 

Konkrete Berichte über Übergriffe auf Bosniaken sind, auch laut dem ÖB Asylländerbericht - 2006, nicht bekannt.

 

Die mazedonische Verfassung stellt Männer und Frauen gleich. Hinsichtlich der tatsächlichen Stellung der Frau bestehen z. T. eklatante Unterschiede zwischen den ethn.-maz., mitteleuropäisch geprägten Familien und den muslimischen oder zumindest orientalisch beeinflussten Familien, die vorwiegend, wenngleich nicht ausschließlich, unter den ethnischen Albanern und Roma anzutreffen sind. In der ethn.-maz. Volksgruppe sind Frauen bis in höchste Positionen in Verwaltung und Wirtschaft anzutreffen. Ihr Alltag ist jedoch meist geprägt durch die Mehrfachbelastung von Beruf, Familie und Haushalt. Die Stellung der Frauen aus muslimischen Familien ist vor allem in ländlichen Regionen durch Religion und Tradition deutlich eingeschränkter. Sie nehmen am gesellschaftlichen Leben wenig teil und sind in weiterführenden Schulen und Universitäten unterrepräsentiert. Oft erfolgt eine frühe Heirat, zu einem guten Teil auf Vermittlung der beteiligten Familien. Häusliche Gewalt ist in Mazedonien ein weitverbreitetes, in allen ethnischen und gesellschaftlichen Gruppen anzutreffendes Problem, das jedoch von Behörden und Gesellschaft bis heute weitestgehend ignoriert wird. Kulturelle Normen verweisen die Problematik in den Bereich des Privaten und verhindern, dass Betroffene an die Öffentlichkeit gehen.

 

Although the law specifically criminalizes domestic violence and prescribes substantial punishments for violators, the law was rarely applied in practice. While the law provides for civil restraining orders to protect victims of domestic violence, there were reports that police officers were unaware of provisions of the law that allow them to act ex officio to protect victims of family violence, and police often did not respond to allegations of domestic violence. The government did not require training for police, prosecutors, or judges; however, international organizations provided training on combating domestic violence to a number of law enforcement officials. (Quelle: US Department of State, Country Report on Human Rights Practices in Macedonia - 2006, Section 5)

 

Vergewaltigung ist strafbar. Der Strafrahmen beläuft sich auf ein Jahr bis 15 Jahre Haft. Während des Jahres 2006 wurden einige Fälle vor Gericht verhandelt.

 

Die wirtschaftliche Lage in Mazedonien ist im Allgemeinen schwierig. Die Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist jedoch, auch über den Grundbedarf hinaus, gewährleistet. Das mazedonische Sozialhilfesystem funktioniert trotz hoher Belastungen auf allerdings sehr niedrigem Niveau und sichert jedem registrierten mazedonischen Staatsangehörigen ein Existenzminimum, welches in der Regel für eine Grundversorgung auf sehr niedrigem Niveau ausreicht. Der Betrag der Sozialhilfe bemisst sich an der Zahl der zu versorgenden Familienmitglieder und dem mazedonischen Durchschnittslohn. Daneben werden teilweise Grundnahrungsmittel (Bezug über Karten), Kleider, Heizmaterialien, Schulbücher, Materialien und ähnliches kostenlos zur Verfügung gestellt.

 

Rückkehrern stehen die lokalen Zentren für Sozialfragen zur Unterstützung zur Verfügung. Als Hilfe für Rückkehrer gewährt das mazedonische Ministerium durch die Arbeitsämter eine einmalige finanzielle "Rückkehrerhilfe". Danach kann bei Nachweis der Arbeits- und Einkommenslosigkeit bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen Sozialhilfe bezogen werden. Eine mehrjährige Abwesenheit ändert in Mazedonien nichts an den Eigentumsverhältnissen. Haus- oder Wohnungseigentum bleiben auch bei langen Abwesenheiten erhalten. Einkünfte (auch fiktive) aus Grundbesitz oder sonstigen Vermögen werden auf eine etwaige Sozialhilfe angerechnet, wobei dem Antragsteller in jedem Fall ein zur Grundversorgung nach mazedonischem Standard ausreichender Sozialhilfebetrag verbleibt. Sollte keine andere Unterbringung möglich sein, so werden die Rückkehrer vorübergehend in Gemeinschaftsunterkünften, Auffanglagern oder Flüchtlingszentren untergebracht. Ausgewiesene oder abgeschobene mazedonische Staatsangehörige werden bei ihrer Rückkehr nach Mazedonien nicht wegen der Ausweisung oder Abschiebung strafrechtlich verfolgt. Auch das Bekannt werden der Asylantragstellung oder Kritik an den Verhältnissen im Lande führen nicht zu Nachteilen bei der Rückkehr.

 

Die medizinische Grundversorgung ist in Mazedonien gewährleistet. Jeder offiziell registrierte mazedonische Bürger (auch Sozialhilfeempfänger) genießt Krankenversicherungsschutz. Bei Empfängern von Sozialversicherungsleistungen wird der Krankenversicherungsschutz über das zuständige Sozialamt gewährleistet. Für so genannte kostenpflichtige Behandlungen ist ein Selbstbehalt zu leisten. Sozialfälle sind jedoch von den Kosten für die Dienstleistungen des Gesundheitswesens (Untersuchungen, Kontrollen, Operationen, Notdienst etc.) befreit. Doch sind auch von ihnen so genannte Eigenbeteiligungen an rezeptpflichtigen Medikamenten (grundsätzlich weniger als 20 % des Kaufpreises des Präparates) zu leisten. Alle Medikamente sind landesweit erhältlich, eine Vielzahl von Medikamenten ist allerdings nur in privaten Apotheken gegen volle Kostenübernahme des Patienten erhältlich.

 

Diese Feststellungen stützen sich auf die im Verwaltungsakt der erkennenden Behörde aufliegenden und im Zuge der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 31.3.2008 erörterten Berichte, welche auf folgenden Quellen beruhen:

 

Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Mazedonien, 2005

 

Kommission der EU, Mazedonien - Fortschrittsbericht zum Stand der Vorbereitungen für die EU-Mitgliedschaft, November 2007

 

AI Jahresbericht 2006, Mazedonien

 

ÖB, Republik Mazedonien - Asylländerbericht - 2006

 

US Department of State, Country Report on Human Rights Practices in Macedonia - 2006

 

Zur Person der Antragstellerin:

 

Die Antragstellerin ist Staatsangehörige von Mazedonien, gehört der Volksgruppe der Albaner an und ist in Österreich geboren worden. In ihrer Heimat leben nach wie vor Verwandte ihrer Eltern. Die Antragstellerin gehört der Kernfamilie von E.H. geb. 00.00.1974, H.O. geb. 00.00.1978, und I.S.

ISENI,</nichtanonym><anonym>D.I.</anonym></person> geb. 00.00.2002, an.

 

Festgestellt wird, dass die Eltern der Antragstellerin seit 2001 in Österreich leben, über eine Wohnung und ein geregeltes Einkommen verfügen. Der Vater der Antragstellerin arbeitet seit 24.4.2002 ununterbrochen und verdient ca. ¿ 1.000,00 netto (geleistete Überstunden sind darin nicht berücksichtigt). Die Antragstellerin, die in Österreich geboren wurde, und ihr Bruder gehen bereits seit längerem in den Kindergarten. Sämtliche Familienmitglieder sprechen gut Deutsch und haben sich bestens integriert. Zu den in Österreich lebenden Verwandten hat die Antragstellerin regelmäßigen und innigen Kontakt.

 

Die Antragstellerin brachte keine Fluchtgründe im Sinne der GFK vor, weshalb nicht von einer asylrelevanten Gefährdung ausgegangen werden kann.

 

Nicht festgestellt werden kann, dass die Antragstellerin im Falle einer Rückkehr in ihre Heimat einer realen Gefahr der Verletzung von Art. 2, 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur EMRK ausgesetzt wäre.

 

Weiters kann nicht festgestellt werden, dass eine Rückkehr der Antragstellerin nach Mazedonien eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts mit sich bringen würde.

 

Die Feststellungen betreffend die Person der Antragstellerin ergeben sich aus dem der erkennenden Behörde vorliegendem Verwaltungsakt sowie der am 30.3.2008 durchgeführten Verhandlung. Die Antragstellerin vermittelte den Eindruck einer bereits jetzt gefestigten Integration in die österreichische Gesellschaft.

 

Rechtlich folgt daraus:

 

Gemäß § 75 Abs. 7 des Asylgesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 4/2008 (AsylG 2005) sind Verfahren, die am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängig sind, vom Asylgerichtshof weiterzuführen.

 

Gemäß § 23 des Asylgerichtshofgesetzes, BGBl. I 4/2008 (AsylGHG), sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Gemäß § 75 Abs. 1 AsylG 2005 sind alle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen. Da das gegenständliche Verfahren zu obgenanntem Zeitpunkt anhängig war, ist es sohin nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen.

 

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Asylantrag gestellt hat, soweit der Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder wegen Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 55/1955 (Genfer Flüchtlingskonvention, in der Folge: GFK) droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG, die auf Art. 9 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes, ABl. 2004 Nr. L 304/12 [Statusrichtlinie] verweist). Gemäß § 3 Abs. 3 AsylG ist der Asylantrag bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG) offen steht oder wenn er einen Asylausschlussgrund (§ 6 AsylG) gesetzt hat.

 

Flüchtling iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK (idF des Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 78/1974) - deren Bestimmungen gemäß § 74 AsylG unberührt bleiben - ist, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren."

 

Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. zB VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde (vgl. VwGH 19.12.2007, 2006/20/0771). Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011).

 

Da die Antragstellerin keine eigenen Fluchtgründe dargetan hat, liegt die Voraussetzung für die Gewährung von Asyl nicht vor, nämlich die Gefahr einer aktuellen Verfolgung aus einem der in der GFK genannten Gründe.

 

Wird ein Asylantrag "in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten" abgewiesen, so ist dem Asylwerber gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, "wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde". Nach § 8 Abs. 2 AsylG ist die Entscheidung über die Zuerkennung dieses Status mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 AsylG zu verbinden.

 

Es gibt keinen Hinweis darauf, dass die Antragstellerin bei einer Rückkehr nach Mazedonien den in § 8 Abs. 1 AsylG umschriebenen Gefahren ausgesetzt wäre. Somit war der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 3, 8 AsylG abzuweisen.

 

Nicht festgestellt werden kann, dass die Antragstellerin im Falle einer Rückkehr in ihre Heimat einer realen Gefahr der Verletzung von Art. 2, 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur EMRK ausgesetzt wäre.

 

Es gibt keinen Hinweis darauf, dass die Antragstellerin bei einer Rückkehr nach Mazedonien den in § 8 Abs. 1 AsylG umschriebenen Gefahren ausgesetzt wäre. Somit war der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 3, 8 AsylG abzuweisen.

 

Zum Ausspruch über die Unzulässigkeit der Ausweisung ist Folgendes auszuführen:

 

Ist ein Antrag auf internationalen Schutz abzuweisen und wurde festgestellt, dass dem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigen nicht zukommt, hat die Behörde diesen Bescheid mit der Ausweisung zu verbinden (§ 10 Abs. 1 AsylG). Gemäß § 10 Abs. 2 Z 2 sind Ausweisungen unzulässig, wenn diese eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würden. Gemäß Artikel 8 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

Aufgrund der stark ausgeprägten Integration der Antragstellerin und ihrer Familie in die österreichische Gesellschaft in Verbindung mit dem Fehlen von Verstößen gegen die österreichische Rechtsordnung wäre eine zwangsweise Ausweisung aus Österreich nach Mazedonien nunmehr jedenfalls ein Eingriff in das gemäß Art. 8 EMRK geschützte Recht auf Achtung des Privatlebens; das entgegenstehende öffentliche Interesse an der Ausweisung der Berufungswerberin wäre aufgrund der stark ausgeprägten Integration der Antragstellerin und ihrer Familie unverhältnismäßig. Im Ergebnis war daher von einer Ausweisung Abstand zu nehmen.

 

Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom heutigen Tag wurde der Beschwerde des Vaters gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 5.3.2008, Zahl 02 09.342-BAL, betreffend Spruchpunkt III. stattgegeben und die Ausweisung ersatzlos behoben. Der Antrag ihrer Mutter auf Gewährung von internationalen Schutz wurde mit heutigem Tag gemäß §§ 3, 8 AsylG abgewiesen, gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass ihre Ausweisung nicht zulässig ist.

 

Sohin war spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
familiäre Situation, Familienverfahren, Integration, Intensität, Interessensabwägung, Lebensgrundlage, non refoulement, Privatleben, Spruchpunktbehebung-Ausweisung
Zuletzt aktualisiert am
07.11.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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