TE AsylGH Bescheid 2008/09/24 B16 229277-1/2008

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Veröffentlicht am 24.09.2008
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Spruch

B16 229.277-1/2008/9E

 

Der Asylgerichtshof fertigt nachstehenden am 26.06.2007 mündlich verkündeten Bescheid des damals zuständigen Unabhängigen Bundesasylsenats aus:

 

"BESCHEID

 

SPRUCH

 

Der unabhängige Bundesasylsenat hat durch das Mitglied Mag. Nowak gemäß § 66 Abs.4 AVG iVm § 38 Abs.1 des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 (AsylG) idF. BGBI. I Nr. 126/2002, entschieden:

 

Die Berufung von S.H. vom 16.12.2003 gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 28.11.2003, Zahl: 03 20.163-BAL, betreffend den Spruchteil I. wird gemäß § 7 AsylG abgewiesen.

 

Gemäß § 8 AsylG iVm § 57 des Fremdengesetzes, BGBl. I Nr. 75/1997, (FrG), i.d. F. BGBL. I Nr. 126/2002 wird festgestellt, daß die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung von S.H. nach Serbien, Provinz Kosovo nicht zulässig ist.

 

Gemäß § 15 Abs. 1 iVm Abs. 3 AsylG wird S.H. eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 25.06.2008 erteilt.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I.

 

1. Verfahrensgang

 

1.1. Der Berufungswerber, mit dem Herkunftsland nunmehriger Kosovo und Angehöriger der albanischen Volksgruppe, stellte am 03.07.2003 vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Karl Erich Puchmayr einen neuerlichen Asylantrag, nachdem die Berufung gegen die Abweisung seines ersten Asylantrags rechtskräftig abgewiesen worden war. In seinem Asylantrag führte der Berufungswerber aus, dass sich die Umstände seit seinem ersten Asylantrag derartig verschlechtert hätten, dass nunmehr die Voraussetzung für eine Asylgewährung vorliegen würden. Für den Fall der Rückkehr in den Kosovo könne er von den im Kosovo gebliebenen Angehörigen keine Unterstützung erwarten. Es würden auch keine staatlichen oder behördlichen Unterstützungen dafür bestehen, dass zumindest die unumgänglichste, notwendigste Existenzgrundlage gesichert wäre. Eine Aussicht auf Arbeit gebe es nicht und seine Existenzgrundlage wäre nicht gewährleistet. Das Überleben und die bescheidenste Existenzgrundlage seiner Gattin und seiner Kinder seien nur durch seine in Österreich legal erzielten Einkünfte gesichert.

 

1.2. Am 06.08.2003 wurde der Berufungswerber von der Erstbehörde, Außenstelle Linz, einvernommen. Hierüber wurde eine Niederschrift aufgenommen, auf welche verwiesen wird. Im Wesentlichen brachte der Berufungswerber das im Asylantrag Angeführte vor. Er könne nicht nach Hause zurückkehren, da seine Familie dann vor Hunger sterben müsste.

 

1.3. Mit Stellungnahme des Berufungswerbervertreters vom 20.08.2003 hielt der Berufungswerber seine bisherigen Ausführungen gänzlich und vollinhaltlich aufrecht.

 

1.4. Mit Bescheid vom 28.11.2003, Zahl 03 20.163-BAL, wies die Erstbehörde den Asylantrag vom 03.07.2003 gemäß § 7 Asylgesetz 1997 ab und erklärte die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Berufungswerbers nach Serbien und Montenegro, Provinz Kosovo, gemäß § 8 Asylgesetz 1997 für zulässig.

 

Die Erstbehörde stellte fest, dass der Berufungswerber sein Heimatland aus wirtschaftlichen Gründen verlassen habe.

 

Beweiswürdigend führte die Erstbehörde im Wesentlichen aus, dass sich aus den der Behörde vorliegenden Informationen über die Herkunftsregion des Berufungswerbers ergebe, dass es zu einer Normalisierung der allgemeinen Verhältnisse gekommen sei.

 

Rechtlich begründend führte die Erstbehörde zusammengefasst aus, dass die Versorgungslage im der Provinz Kosovo gesichert sei und dass die allgemeinen Verhältnisse dergestalt seien, dass eine Rückkehr möglich und zumutbar sei. Es bestehe insbesondere für rückkehrende Kosovo-Albaner kein Grund mehr im Bereich der Provinz Kosovo Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention zu fürchten. Der Wunsch nach Emigration in der Erwartung besserer Verdienstmöglichkeiten rechtfertige die Gewährung von Asyl nicht.

 

1.5. Mit Schriftsatz vom 16.12.2003 erhob der Berufungswerbervertreter fristgerecht Berufung. Darin brachte dieser im Wesentlichen vor, dass nach der Judikatur zu Art 1 GFK die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Flüchtling aus wirtschaftlichen Gründen dann vorliegen würden, wenn ein völliger Verlust der Existenzgrundlage bestehe oder drohe. Ein solcher sei dann anzunehmen, wenn ein Asylwerber in seinem Herkunftsstaat nirgendwo die Chance auf Arbeit oder Wohnung hätte und ihm überdies keine öffentliche oder familiäre Unterstützung gewährt würde. Hierbei verweist der Berufungswerbervertreter auf VwGH Erkenntnisse, Zahlen 96/01/0045, 0046, und einen UBAS Bescheid, Zahl 205.686/0-II/04/98. Der Berufungswerbervertreter führte weiters aus, dass im vorliegenden Fall davon auszugehen sei, dass gerade diese angeführten Kriterien beim Berufungswerber zutreffen würden, nachdem notorisch bekannter Weise die derzeitigen wirtschaftlichen Voraussetzungen im Kosovo katastrophal seien.

 

1.6. Am 05.07.2004 führte der Unabhängige Bundesasylsenat eine mündliche Berufungsverhandlung durch, zu der der Berufungswerber ohne Begleitung des Berufungswerbervertreters persönlich erschien. Die Erstbehörde entschuldigte ihr Fernbleiben. Der Berufungswerber brachte nochmals vor, sein Heimatland verlassen zu haben, weil er keine Arbeit gefunden hätte und seine Familie nicht mehr ernähren hätte können. Seine Mutter würde auch nur von seiner Unterstützung leben.

 

Verlesen und in elektronischer Form zum Akt genommen wurde nachstehendes Länderdokumentationsmaterial:

 

Dt. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien und Montenegro, 24.02.2004, Beilage ./A

 

SFH, Serbien und Montenegro, Update zur sozialen und medizinischen Lage der intern Vertriebenen, 01.03.2004, Beilage ./B

 

Helsinki Committee for Human Rights in Serbia, Dezember 2003, Beilage ./C

 

Dt. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien und Montenegro (Kosovo), 09.02.2004, Beilage ./D

 

UNHCR, Position zur Schutzbedürftigkeit von Personen aus dem Kosovo im Lichte der jüngsten ethnisch motivierten Auseinandersetzungen, 30.03.204, Beilage ./E

 

UNHCR, vom 15.03.2004, Beilage ./F

 

UNCHR, Kosovo - Situation von UCK-Deserteuren, 23.01.2004, Beilage

./G

 

ICG, Collapse in Kosovo, 22.04.2004, Beilage ./H

 

OSCE, Organization für Securoty and Co-operation in Europe, Mission in Kosovo, Beilage ./I

 

SFH, Kosovo, Update zur Situation der ethnischeen Minderheiten nach den Ereignissen vom März 2004, 24.05.2004, Beilage ./J

 

SFH, Die medizinische Versorgungslage in Kosovo, 24.05.2004, Beilage

./K

 

Dokumentation zur aktuellen Situation im Kosovo, Beilage ./L

 

Der entscheidungswesentliche Sachverhalt wurde im Sinne der Beilage ./L festgestellt und den Beteiligten wurde Gelegenheit gegeben, sich zu den Ergebnissen des Beweisverfahrens zu äußern:

 

Der Berufungswerber gab an, dass er sich ohne seinen Rechtsanwalt nicht in der Lage sehe, zu den Beweisergebnissen Stellung zunehmen, zumal die meisten Berichte in Deutsch wären und er sie nicht lesen könne. Er ersuchte um Einräumung einer Frist zur Abgabe einer Stellungnahme, welche mit 3 Monaten gewährt wurde.

 

Die Verhandlung wurde auf unbestimmte Zeit vertagt.

 

1.7 Am 02.09.2004 langte eine schriftliche Stellungnahme des Berufungswerbers ein. Darin brachte er vor, dass sich die Lage im Heimatland durch die Unterstützung der internationalen Organisationen gebessert habe, sie habe sich jedoch nicht vollkommen gebessert. Die Gemeinde Dragash sei eine der ärmsten Gemeinden Kosovos.

 

1.8. Am 26.06.2007 führte der damals zuständige Unabhängige Bundesasylsenat eine mündliche Berufungsverhandlung durch, zu der der Berufungswerber ohne Begleitung des Berufungswerbervertreters, jedoch in Begleitung einer Vertrauensperson, persönlich erschien. Die Erstbehörde entschuldigte ihr Fernbleiben.

 

Der Berufungswerber brachte vor seit zwei Jahren bei der Firma H. Ges.m.b.H. zu arbeiten. Dazu wurde ein Schreiben des Dienstgebers vorgelegt und als Beilage ./1 zum Akt genommen. Aus diesem geht hervor, dass der Berufungswerber ein sehr verlässlicher, pünktlicher und ordentlicher Mitarbeiter sei. Er hätte sich bereits von einer Reinigungskraft in den Rang eines Vorarbeiters hochgearbeitet und leite unterschiedliche Teams von Reinigungskräften.

 

Der Berufungswerber führte weiters aus, dass seine Ehefrau wie die drei Kinder im Alter von 10, 7 und 5 Jahren, sowie seine kranke Mutter in einer gemieteten Wohnung in seiner Heimat leben würden. Wenn er seine Familie nicht unterstützen würde, hätte die Familie im Kosovo kein Auskommen. Müsste er zurück in den Kosovo würde er keine Arbeit finden und sei ihm und seiner Familie die Lebensgrundlage entzogen. Sein Vater sei bereits verstorben. Seine sonstigen Familienangehörigen würden weder ihn noch seine Familie unterstützen können.

 

In Österreich habe er sich gut integriert. Er habe eine eigene Wohnung, Kontakte zu Nachbarn und auch Österreicher in seinem Bekanntenkreis. Deutsch spreche er inzwischen auch sehr gut.

 

Verlesen und in elektronischer Form zum Akt genommen wurden nachstehende Erkenntnisquellen:

 

* Extract from the IHF Report Serbia (International Helsinki Federation for Human Rights, Report 2006, Events of 2005)

 

* Länderabriss Kosovo (Mag. Wolfgang Hochmüller, Bundesasylamt Staatendokumentation vom 31.01.2006)

 

* Serbia and Montenegro Country Reports on Human Rights Practices 2005 (Released by the Bureau of Democracy, Human Rights and Labor, U.S. Department of State, March 08, 2006)

 

* Kosovobericht 01.April 2006 (Österreichische Botschaft Aussenstelle Prishtina)

 

* Europa hat einen neuen Staat: Montenegro (APA0336 5 AA 0568 vom 03.06.2006)

 

* Serbien übernimmt offiziell Nachfolge des Staatenbundes (APA0245 5 AA 0544 vom 05.06.2006)

 

* Report of the Secretary-General on the United Nations Interim Administration Mission in Kosovo (United Nations Security Council, 05 June 2006)

 

* UNHCR-Position zur fortdauernden Schutzbedürftigkeit von Personen aus dem Kosovo (Juni 2006)

 

* Operational Guidance Note Republic of Serbia (including Kosovo) (U.K. Home Office,

 

30 June 2006)

 

* Bericht zur Fact Finding Mission in den Kosovo 14. bis 19. Mai 2006 (Bundesasylamt, 16.06.2006)

 

* Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien und Montenegro (Kosovo), Stand Juni 2006 (Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland vom 29.06.2006)

 

Das Beweisverfahren wurde geschlossen.

 

2. SACHVERHALT

 

2.1. Zur Person des Berufungswerbers wird festgestellt:

 

Der aus dem Kosovo stammende Berufungswerber verließ sein Heimatland vornehmlich aus dem Grund, dass er dort für sich und seine Familie keine Lebensgrundlage mehr vorfand, wobei er den Weg wählte, dass er das Land allein verließ und mit dem in Österreich nun schon über viele Jahre verdienten Geld seine Familie unterstützte.

 

Der nun seit 2001 in Österreich aufhältige Berufungswerber ist in Österreich vollständig integriert.

 

2.2. Zum Herkunftsland wird festgestellt:

 

Seit Rückzug der jugoslawischen Sicherheitskräfte aus dem Kosovo und Beendigung der Kampfhandlungen zwischen der NATO und der Bundesrepublik Jugoslawien am 10. Juni 1999 steht der Kosovo unter internationaler Verwaltung, die eine zivile (UNMIK) und eine militärische Komponente (KFOR) hat. Die Rechtsgrundlage hierfür bietet Resolution 1244 des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen vom 10. Juni 1999, die - unter Hinweis auf die Souveränität und territoriale Integrität der damaligen Bundesrepublik Jugoslawien (jetzt: Republik Serbien) - neben der Mandatierung der Militärpräsenz den VNGeneralsekretär autorisiert, eine internationale Zivilpräsenz im Kosovo einzusetzen, um eine Interimsverwaltung des Kosovo sicherzustellen. Als vorrangige Ziele nennt die Resolution insbesondere den Aufbau der für demokratische und autonome Selbstverwaltung erforderlichen Strukturen (einschließlich der Organisation von Wahlen), Wiederaufbau von Schlüsselinfrastrukturen und sonstigen wirtschaftlichen Wiederaufbau, humanitäre und Katastrophenhilfe, Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, Schutz und Förderung der Menschenrechte sowie die sichere und unbehinderte Rückkehr aller Flüchtlinge und Binnenvertriebenen (Ziff. 11 k der Sicherheitsratsresolution:

"Assuring the safe and unimpeded return of all refugees and displaced persons to their homes in Kosovo.").

 

Der Kosovo ist völkerrechtlich ein Teil Serbiens. Die Verfassungscharta vom 4. Februar 2003, die Serbien als Nachfolgestaat der Staatenunion Serbien und Montenegro bestimmt, wurde von serbischer Seite noch einmal nach dem Referendum im Mai 2006 zur Unabhängigkeit Montenegros durch Parlamentsbeschluss am 05.06.2006 bekräftigt. Die Ausübung der Regierungsgewalt Serbien über den Kosovo ist de facto jedoch suspendiert (Auswärtiges Amt vom 29.06.2006, Seite 5).

 

Im Rahmen der UNMIK wirkt eine erhebliche Anzahl von zivilen Experten am Wiederaufbau mit. Dort sind derzeit ca. 3495 Personen als internationales Personal beschäftigt, darunter zurzeit ca. 70 Deutsche. Die VN-Mission im Kosovo (UNMIK) war ursprünglich in 4 Säulen gegliedert, deren Aufgaben von VN (Säule 1: Polizei und Justiz; Säule 2: Verwaltungsaufbau und Flüchtlingsrückkehr), OSZE (Wahlen, Medien, Demokratie und Menschenrechte) und EU-(Wiederaufbau, Wirtschaft) koordiniert werden. Die zweite Säule ist mittlerweile in eine Arbeitseinheit, die dem Leiter der UNMIK untersteht, umgewandelt worden.

 

Zur Zeit sind 2.159 Vollzugsbeamte der internationalen Polizei aus 46 Ländern vor Ort im Einsatz (Stand: April 2006), aus Deutschland 223 Polizisten (inklusive SPU - Special Police Units-, K9 - Hundeführereinheit und Beamte im Training). Der Aufbau einer lokalen, multi-ethnischen Polizei (Kosovo Police Service, KPS) ist weit vorangetrieben worden. Bisher haben 31 Klassen die Ausbildung für die Kosovo Police absolviert, der 32. Lehrgang ist in Ausbildung. Bis April 2006 konnten 33 Polizeistationen und fünf regionale Hauptquartiere (RHQ) an den KPS übergeben werden. Der Frauenanteil in der KPS beträgt ca. 14 v.H. 84,59 v.H. der KPS-Mitarbeiter sind Kosovo-Albaner. Etwa 15 v.H. sind Minderheitenangehörige: 9,35 v.H. Serben und 3,44 v.H. Bosniaken. 2,6 v.H. gehören den sonstigen Minderheiten (Ägypter, Gorani, Mazedonier, Montenegriner, Türken) an (Stand Oktober 2005).

 

Im Kosovo sind ca. 16.700 KFOR-Soldaten aus NATO- (14.000) und Nicht-NATO-Staaten (2.700) stationiert (Stand: April 2006). Deutschland beteiligt sich mit 3.075 Soldaten am KFOR-Einsatz. Das Operationsgebiet von KFOR ist derzeit in fünf Sektoren eingeteilt, von denen je einer unter italienischer, deutscher, amerikanischer, tschechischer und französischer Leitung steht. In den italienischen und deutschen Sektoren im Süden und Westen sind auch türkische, schweizerische, österreichische, georgische, spanische, bulgarische, rumänische, azerbaidschanische und argentinische Truppen stationiert. Wie schon in den vergangenen Jahren entdeckt KFOR noch immer illegale Waffen- und Munitionslager. Im Mai 2006 wurde die deutsch-italienische Brigade in zwei verschiedene Task Forces umgewandelt, von denen jetzt eine unter deutschem und eine unter italienischem Kommando steht (Auswärtiges Amt vom 29.06.2006, Seite 5f).

 

Nach den Ausschreitungen im März 2004 gab es keine Kosovo-weiten Unruhen mehr.

 

Insgesamt hat sich die Sicherheitslage seit Juni 1999 verbessert, mit den Unruhen Mitte März 2004 wieder punktuell eingetrübt (ohne auf das Niveau von 1999 zurückzufallen). Statistische Angaben, die den Rückgang von ethnisch motivierten Gewalttaten belegen könnten, sind laut dem sog. Eide-Bericht wenig aussagekräftig, da viel Kleinkriminalität nicht gemeldet würde. Problematisch sind dabei die mitunter divergierenden Einschätzungen der Sicherheitslage durch verschiedene Vertreter der internationalen Gemeinschaft (z.B. UNMIK,

 

KFOR, UNHCR (Auswärtiges Amt vom 29.06.2006, Seite 9)).

 

UNMIK-Police (Internationale Polizei) insges. ca. 1800 CivPol und Ziviladministration. Alleine die massive Präsenz der internationalen Polizei im Kosovo in Verbindung mit KPS stellt sicher, dass die Polizei ihren Aufgaben nachkommt.

 

KFOR (ca. 19.000 Soldaten): Durch nachstehende Aufgabenerfüllung (Intelligence, Patrouillen, Joint Patrols mit KPS und UNMIK-Police) werden hohe internationale Sicherheitsstandards durchgesetzt.

 

UNMIK-Administration (DOJ - Justizdepartment) internationale und nationale Staatsanwälte und Richter. Durch Aufgabenverteilung ist sichergestellt, dass internationale Staatsanwälte und Richter folgende Sachverhalte bearbeiten: Internationale Verbrechen (inkl. OK), Ethnisch motivierte Straftaten, Kriegsverbrechen.

 

Die restlichen Straftaten werden bereits - unter Aufsicht und Mentoring - Der "Internationalen" durch einheimische Richter und Staatsanwälte bearbeitet (Österreichische Botschaft vom 01.04.2006, Seite 27).

 

Die Todesstrafe existiert im Kosovo nicht (Auswärtiges Amt vom 29.06.2006, Seite 16).

 

OK (Organisierte Kriminalität)-orientiert. Dies bedeutet das praktische Nicht Vorhandensein von überwiegender und "gefährlicher" Straßenkriminalität. Prishtina ist trotzdem es ein Nachkriegsland ist, diesbezüglich sicherer als vergleichsweise Wien. Die Organisierte Kriminalität dehnte im Verlaufe der letzten Jahrzehnte ihren Einfluss auf Zentral und Nordeuropa immer weiter aus. Das grundsätzliche Problem kann dem Absatz (Entwicklung der momentanen Staatskultur, Entstehung der Organisierten Kriminalität und Beeinflussung der Politik und durch die geschichtliche Entwicklung im Kosovo) entnommen werden. ... UNMIK (United Nations Mission in Kosovo) -KPS (Kosovo Police Service) -KFOR (Kosovo Force). Alle drei Sicherheitskörper gemeinsam sorgen für ein sicheres Umfeld. Der Sicherheitsstandard ist als hoch zu bewerten (Österreichische Botschaft vom 01.04.2006, Seite 25).

 

Im Westen des Kosovo, insbesondere in den Gemeinden Decan/Decani und Pec/Peja kommt es gelegentlich zu Raubüberfällen, Straßensperren von maskierten Banden und vereinzelten Gewaltakten. Derartige Zwischenfälle finden jedoch nur mehr sehr vereinzelt statt und vielfach konnten die Täter rasch festgenommen werden. Der überwiegende Teil derartiger Aktionen hatte einen rein kriminellen Hintergrund und stand in keinem Zusammenhang zu ethnisch motivierter Gewalt. Es sind auch keine Vorfälle bekannt geworden, wonach maskierte Banden Bürger in ihren Häusern aufgesucht und bedroht hätten (Bericht zur Fact Finding Mission in den Kosovo vom 16.06.2006, Seite 10).

 

Das Hauptproblem für die meisten Albaner im Kosovo ist nach wie vor die desolate Wirtschaftslage sowie die völlige Perspektivenlosigkeit mit der auch die albanische Mehrheitsbevölkerung konfrontiert ist.

 

Sicherheitsprobleme spielen für Albaner in Gebieten, in denen sie die Mehrheit stellen, nur noch eine untergeordnete Rolle und es ist von keiner erhöhten Verfolgungswahrscheinlichkeit dieser Personengruppe mehr auszugehen. Hiervon ausgenommen sind Albaner in Minderheitsgebieten, wo in Einzelfällen Übergriffe nicht ausgeschlossen werden können.

 

Lediglich bei speziellen Personengruppen wie Zeugen in Kriegsverbrecherprozessen oder Personen, bei denen erst jetzt bekannt wurde, dass sie mit Serben kollaboriert haben, ist eine weitergehende Verfolgungswahrscheinlichkeit nicht auszuschließen (Bericht zur Fact Finding Mission in den Kosovo vom 16.06.2006, Seite 39).

 

Albaner könnten nur eine Verfolgung oder Bedrohung im nördlichen Teil von Mitrovica behaupten. Im übrigen Kosovo gibt es keine asylrelevanten Probleme (Bericht Österreichische Botschaft vom 01.04.2006, Seite 52).

 

UNHCR hält trotz der nach wie vor nicht unkritischen Sicherheits- und Versorgungslage im Kosovo zwangsweise Rückführungen von Kosovo-Albanern für hinnehmbar, wenn diese nach international anerkannten Maßstäben nicht individuell schutzbedürftig sind, deren Sicherheit und Wohlergehen durch ihre Rückkehr also nicht gefährdet würden (Auswärtiges Amt vom 29.06.2006, Seite 25).

 

Quellen:

 

(Dt.) Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien (Kosovo) vom 15.02.2007 (AA).

 

UK Home Office, Operational Guidance Note Republic of Serbia (including Kosovo) vom 12.02.2007 (UKHO), im Internet öffentlich zugänglich

 

US State Department, Serbia, Country Report on Human Rights Practices 2006, Abschnitt Kosovo, 06.03.2007 (USDOS), im Internet öffentlich zugänglich.

 

Kosovo, Bericht des Verbindungsbeamten des BMI, Pichler, vom 31.03.2007 (VB).

 

Auskunft des VB zu "Dragash", ethnische Gruppe der Goraner, vom 14.10.2006

 

Auskunft des VB zu "AKSH" vom 21.02.2007

 

UNHCR Position zur fortdauernden Schutzbedürftigkeit von Personen aus dem Kosovo (UNHCR), im Internet öffentlich zugänglich.

 

Folgerungen:

 

Im Kosovo haben sich unter der UNMIK-Verwaltung demokratische Strukturen entwickelt; es gibt ein Parlament und eine demokratisch legitimierte provisorische Regierung. Die Entscheidung über den zukünftigen Status der Provinz fällt voraussichtlich 2007 (AA 5).

 

Die Sicherheitslage hat sich seit den Unruhen im März 2004 weitgehend beruhigt; sie ist jedoch bei hohem Gewaltpotential angespannt (AA, 5). Menschenrechte werden im Kosovo im allgemeinen beachtet. Es kam aber zu einigen Fällen politisch oder ethnisch motivierter Tötungen und Gewalt bzw Ablehnung gegenüber Minderheiten (USDOS, Einleitung). Grundsätzlich gewährleisten KPS, UNMIK, KFOR und KPC für den überwiegenden Teil der Bevölkerung einen ausreichenden Sicherheitsstandard und kann insbesondere KPS als gut funktionierend angesehen werden (VB, 6ff, UKHO 3.8.6. ua). Es besteht ein effizienter Beschwerdemechanismus gegen Fehlverhalten von KPS (VB, 11). Delikte gegen Leib und Leben sind im Jahr 2006 gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen, Eigentumsdelikte leicht gestiegen (VB 12f). Die Effizienz der gerichtlichen Bekämpfung der organisierten Kriminalität ist oft zu gering (AA 8f). Repressionen gegenüber Minderheiten haben seit 2004 ständig abgenommen, gewalttätige Auseinandersetzungen erfolgen zumeist innerhalb der einzelnen Ethnien (AA, 5). Die UCK ist formell aufgelöst, die AKSh (Albanische Nationale Armee) stellt keine Bedrohung der allgmeinen Sicherheitslage dar, fallweise werden kriminelle Aktivitäten in ihrem Namen begangen (AA 9), zwangsweise "Rekrutierungen" sind nicht bekannt (VB 14f; VB vom 21.02.2007).

 

Nicht gewährleistet ist die Bewegungsfreiheit ethnischer Serben außerhalb serbischer Enklaven; in diesen Enklaven selbst (mit engen Beziehungen zum restlichen Serben) hat sich die Lage relativ normalisiert (AA, 14, UKHO 3.13.8.). Mitrovica ist de facto eine geteilte Stadt, die Verbindung zwischen den Stadtteilen ist gewährleistet, Albaner leben jedoch kaum im Nordteil und umgekehrt (UKHO 3.8.3.).

 

Personen, denen Zusammenarbeit mit Serben (nach 1990) in qualifizierter Form vorgeworfen wird (unter Umständen auch deren nahen Angehörigen) kann im Einzelfall ernste Gefahr drohen (UNHCR), in einer Mehrzahl der Fälle wird auch hier von Schutzfähigkeit der Sicherheitsorgane auszugehen sein (UKHO 3.10.).

 

Für ethnische Türken, Bosniaken und Gorani ist die Sicherheitslage im Kosovo stabil; bei allerdings oft schwierigen wirtschaftlichen und sozialen Lebensbedingungen. Sie können jedoch in Einzelfällen nach wie vor Opfer von Repressalien (Belästigungen, Einschüchterungen) der Bevölkerungsmehrheit werden (AA, 15). Die Sicherheitslage in Dragash hat sich ab der 2. Jahreshälfte 2006 verbessert; außer für besonders exponierte Personen ist die Lage für Gorani in dieser Region objektiv wenig problematisch (VB vom 14.10.2006, VB 16ff).

 

Angehörige der heterogenen ethnischen Gruppe der Roma können weiterhin Beleidigungen, Diskriminierungen und Beschimpfungen (insbesondere wegen des Vorwurfs der Zusammenarbeit mit Serben) ausgesetzt sein (AA 14f, UNHCR). Eine im Regelfall zufriedenstellende Situation herrscht für jene albanisch sprechende Roma, die 1999 im Kosovo verblieben sind und über Wohnraum verfügen (VB 23f).

 

Religion spielt im Kosovo eine relativ untergeordnete Rolle, freie Religionsausübung, auch für Katholiken, ist gewährleistet. Im Kosovo leben 60.000 Katholiken (insbesondere im Bereich der Pfarren Gjakove, Peje, Kline und Prizren). Es kam in den letzten Jahren zu insgesamt 3 Fällen von gegen Katholiken gerichteten Sachbeschädigungen, verstärkte Übergriffe gab es gegen Eigentum der serbisch-orthodoxen Kirche (VB 25, USDOS Section 2c).

 

Frauen sind im Kosovo trotz rechtlicher Gleichberechtigung in der Praxis in der traditionellen kosovarischen Gesellschaft (insbesondere in ländlichen Regionen) schlechter gestellt als Männer, Misshandlungen und sexuelle Gewalt sind weit verbreitet, verschiedene Maßnahmen dagegen wurden gesetzt (AA, 16, USDOS Section 5 "Women").

 

Die Wirtschaftslage bleibt weiterhin schlecht (hohe Arbeitslosigkeit), als positives Zeichen ist das Wachstum der legalen Privatwirtschaft zu nennen (AA 5, VB 27f). Die Grundversorgung mit Nahrungsmitteln ist gewährleistet; im Jahr 2006 erhielten ca. 175.000 Personen Sozialhilfe, deren Erlangung im Verwaltungsweg durchsetzbar ist (AA 5, VB 25f). Auch im Jahr 2006 gab es zahlreiche freiwillige und zwangsweise Rückkehrer in den Kosovo (AA 17).

 

Die medizinische Grundversorgung, einschließlich psychischer Erkrankungen und posttraumatischer Belastungsstörungen (ausgenommen schwere Fälle oder solche, die längeren stationären Aufenthalt erfordern) ist gegeben (AA 18ff). Allgemein sind spezielle bzw sehr seltene Krankheitsfälle jedoch nur schwierig zu behandeln (VB 28).

 

3. BEWEISWÜRDIGUNG

 

3.1. Die Angaben des Berufungswerbers waren durchwegs glaubwürdig. Umstände, die die Glaubwürdigkeit beeinträchtigen könnten, sind nicht hervorgekommen. Schließlich hielt die berufende Partei das von ihr erstattete Vorbringen von der erstinstanzlichen Einvernahme bis zum Abschluss des Berufungsverfahrens konsequent durch. Die Glaubwürdigkeit des Berufungswerbers wurde auch nicht von der Erstbehörde in Zweifel gezogen.

 

3.2. Die getroffenen Länderfeststellungen ergeben sich aus den in der mündlichen Verhandlung verlesenen Dokumentationsmaterialien.

 

II.

 

1. Gemäß § 75 Abs. 7 Z 1 Asylgesetz 2005 idF Art. 2 BG BGBl. I 4/2008 sind Verfahren, die am 1. Juli 2008 beim Unabhängigen Bundesasylsenat anhängig sind, vom Asylgerichtshof weiterzuführen; Mitglieder des Unabhängigen Bundesasylsenates, die zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannt worden sind, haben alle bei ihnen anhängigen Verfahren, in denen bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, als Einzelrichter weiterzuführen.

 

Die maßgeblichen verfassungsmäßigen Bestimmungen bezüglich der Einrichtung des Asylgerichtshofes befinden sich in den Art. 129c ff. B-VG. Gemäß Art. 151 Abs. 39 Z. 1 B-VG wird mit 01.07.2008 der bisherige Unabhängige Bundesasylsenat zum Asylgerichtshof. Laut Z. 4 leg. cit. sind am 1. Juli 2008 beim Unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren vom Asylgerichtshof weiterzuführen.

 

Bereits aufgrund der genannten Bestimmungen und der in ihnen erkennbar vom Verfassungsgesetzgeber vorgesehenen Kontinuität ergibt sich, dass der Asylgerichtshof auch für die schriftliche Ausfertigung von mündlich verkündeten Bescheiden des Unabhängigen Bundesasylsenates zuständig ist. Da der ausfertigende Richter des Asylgerichtshofes dieselbe Person wie das für das Berufungsverfahren vor dem Unabhängigen Bundesasylsenat zuständige Senatsmitglied ist, ergeben sich auch aus dem Grundsatz der richterlichen Unmittelbarkeit keine Bedenken. Im vorliegenden Fall wurde der Berufungsbescheid mit o.a. Spruch am 26.06.2007 und damit vor Einrichtung des Asylgerichtshofes beschlossen und öffentlich verkündet. An den mündlich verkündeten Bescheid knüpfen sich nach der Rechtsprechung des VwGH die Rechtwirkungen eines Bescheides, insbesondere dessen Unwiderrufbar - und Unabänderlichkeit (vgl. Hengstschläger - Leeb, AVG Kommentar, 2. Teilband § 62). Der mündlich verkündete Bescheid konnte daher nicht in ein Erkenntnis geändert werden.

 

Gemäß § 75 Abs 1 AsylG 2005 BGBl. I Nr. 100/2005 sind alle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetztes 1997 zu Ende zu führen. § 44 AsylG 1997 gilt.

 

2. Als Flüchtling im Sinne des Artikels 1 Abschnitt A Ziffer 2 der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) ist anzusehen, wer aus wohlbegründeter Furcht aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

 

Gemäß § 7 Asylgesetz 1997 hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Art. 1 Abschn. A Z. 2 der GFK) droht und keiner der im Art. 1 Abschn. C oder F der GFK genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

 

Die begründete Furcht vor Verfolgung ist das zentrale Element des Flüchtlingsbegriffes. Diese liegt dann vor, wenn objektiver Weise eine Person in der individuellen Situation des Asylwerbers Grund hat, eine Verfolgung zu fürchten. Dabei ist unter Verfolgung ein Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen, der geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat zurechenbar sein (VwGH 16.06.1994, Zl: 94/19/0183). Im Hinblick auf den Flüchtlingsbegriff der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) fallen nur solche Verfolgungsmaßnahmen unter diesen, die auf einen in der Konvention genannten Gründe zurückzuführen sind (VwGH 09.09.1993, Zl. 93/01/0284).

 

Das Berufungsverfahren vermochte keine Umstände aufzuzeigen, warum die rechtliche Beurteilung der Erstbehörde hinsichtlich der Prüfung des Antrages an den gesetzlichen Maßstäben des AsylG unrichtig sein sollte. Es sind solche Umstände dem Asylgerichtshof nicht ersichtlich. Es wird daher vollinhaltlich auf die zutreffende rechtliche Beurteilung der Erstbehörde verwiesen. Eine bloß wirtschaftlich problematische Situation rechtfertigt nicht die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten, zumal es sich nicht um eine individuell gegen den Beschwerdeführer gerichtete Verfolgungshandlung handelt.

 

Die Berufung gegen Spruchpunkt I. war daher abzuweisen.

 

3. Wenn ein Asylantrag abzuweisen ist, hat die Behörde gemäß § 8 Abs. 1 im Falle einer Abweisung eines Asylantrages von Amts wegen Bescheid mäßig festzustellen, ob eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist.

 

Gemäß Art 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

 

Gemäß § 125 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz sind Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung, die bei In-Kraft-Treten dieses Bundesgesetzes anhängig sind, nach dessen Bestimmungen weiterzuführen.

 

Da zuletzt zitierte Bestimmung mit seiner Wendung "dieses Bundesgesetzes" und "dessen" auf § 50 Fremdenpolizeigesetz Bezug nimmt, war dieser dem gegenständlichen Verfahren zugrunde zu legen.

 

In § 50 FPG wird das Verbot der Abschiebung, Zurückschiebung und Zurückweisung Fremder in einen Staat (Refoulementverbot) nunmehr wie folgt geregelt:

 

(1) Die Zurückweisung, die Hinderung an der Einreise, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat ist unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

 

(2) Die Zurückweisung oder Zurückschiebung Fremder in einen Staat oder die Hinderung an der Einreise aus einem Staat ist unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).

 

(3) Fremde, die sich auf eine der in Abs. 1 oder 2 genannten Gefahren berufen, dürfen erst zurückgewiesen oder zurückgeschoben werden, nachdem sie Gelegenheit hatten, entgegenstehende Gründe darzulegen. Die Fremdenpolizeibehörde ist in diesen Fällen vor der Zurückweisung vom Sachverhalt in Kenntnis zu setzen und hat dann über die Zurückweisung zu entscheiden.

 

(4) Die Abschiebung Fremder in einen Staat, in dem sie zwar im Sinn des Abs. 2 jedoch nicht im Sinn des Abs. 1 bedroht sind, ist nur zulässig, wenn sie aus gewichtigen Gründen eine Gefahr für die Sicherheit der Republik darstellen oder wenn sie von einem inländischen Gericht wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt worden sind und wegen dieses strafbaren Verhaltens eine Gefahr für die Gemeinschaft bedeuten (Art. 33 Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge). (...)

 

Bei dem Berufungswerber handelt es sich um einen dreifachen Familienvater, welcher in seiner Heimat auf Grund seiner besonderen Situation in eine ausweglose Lage gelangen könnte, weil er wegen der Versorgung seiner Ehefrau, seiner Kinder, sowie seiner kranken Mutter dahin gehindert wäre, für den Lebensunterhalt der Familie zu sorgen. Der Berufungswerber ist vollständig in Österreich integriert, spricht sehr gut Deutsch und lebt in soliden Verhältnissen. Vor dem Hintergrund der Betrachtung des Einzelfalles - und ohne dass dabei eine Auswirkung auf andere Fälle von Angehörigen der albanischen Mehrheitsbevölkerung im Kosovo beabsichtigt ist - ist somit vom Vorliegen von Gründen auszugehen, die die zwangsweise Rückführung des Berufungsverfahren in seine Heimat aus der heutigen Sicht vor dem Hintergrund der europäischen Spruchpraxis zur MRK als unzulässig erscheinen lassen.

 

Der Berufung war daher im Hinblick auf Spruchpunkt II. stattzugeben.

 

4. Weil die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen und derzeit eine Verbesserung der besonderen Situation der berufenden Partei nicht abgesehen werden kann, war gemäß § 15 AsylG die befristete Aufenthaltsbewilligung im höchstzulässigen Ausmaß zu erteilen.

Schlagworte
befristete Aufenthaltsberechtigung, EMRK, familiäre Situation, Integration, soziale Verhältnisse
Zuletzt aktualisiert am
31.12.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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