TE AsylGH Erkenntnis 2008/09/26 E5 229789-10/2008

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Veröffentlicht am 26.09.2008
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Spruch

E5 229.789-10/2008-12E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. GRABNER-KLOIBMÜLLER als Einzelrichterin über die Beschwerde des K. S., geb. 00.00.1967, StA. Armenien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 11.08.2006, FZ. 01 27.211-BAT, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 12.12.2007 zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 7, 8 Abs. 1 und Abs. 2 AsylG 1997, BGBl I Nr. 76/1997 idF BGBl. I Nr. 126/2002 als unbegründet abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. 1.Verfahrensgang

 

I.1.1. Der Beschwerdeführer gab an, ein Staatsangehöriger von Armenien christlichen Glaubens zu sein und beantragte am 20.11.2001 die Gewährung von Asyl. Er wurde hiezu am 20.11.2001 sowie am 29.11.2001 vor dem Bundesasylamt niederschriftlich einvernommen.

 

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 14.06.2002, FZ. 01 27.211-BAT, wurde der Asylantrag in Spruchteil I unter Berufung auf § 7 AsylG abgewiesen; in Spruchteil II stellte es fest, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Armenien gemäß § 8 AsylG zulässig sei. Gegen diesen am 18.06.2002 dem Beschwerdeführer zu eigenen Handen zugestellten Bescheid wurde fristgerecht Berufung erhoben.

 

Mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 14.02.2006, GZ. 229.789/0-VIII/22/02, wurde der Berufung Folge gegeben, der angefochtene Bescheid gemäß § 66 Abs 2 AVG behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Durchführung des Verfahrens und Erlassung eines Bescheides an das Bundesasylamt zurückverwiesen.

 

I.1.2. Am 27.06.2006 wurde der Beschwerdeführer erneut niederschriftlich vor dem Bundesasylamt einvernommen.

 

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 11.08.2006, FZ. 01 27.211-BAT, wurde der Asylantrag in Spruchteil I unter Berufung auf § 7 AsylG abgewiesen; in Spruchteil II stellte es fest, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Armenien gemäß § 8 Abs. 1 AsylG zulässig sei; unter einem wurde der Beschwerdeführer in Spruchteil III des Bescheides unter Berufung auf § 8 Abs. 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Armenien ausgewiesen. Gegen diesen am 21.08.2006 dem Beschwerdeführer zu eigenen Handen zugestellten Bescheid wurde fristgerecht Berufung (nunmehr Beschwerde) erhoben.

 

Am 12.12.2007 führte der Unabhängige Bundesasylsenat in der Sache des Beschwerdeführers eine - mit den Verfahren seiner Ehegattin und seiner Kinder gemäß § 39 Abs. 2 AVG verbundene - öffentlich mündliche Verhandlung durch. In dieser wurde dem Beschwerdeführer einerseits Gelegenheit gegeben, neuerlich seine Ausreisemotivation umfassend darzulegen sowie die aktuelle Lageentwicklung in Armenien anhand vorliegender Länderdokumentationsunterlagen erörtert.

 

I.2. Sachverhalt:

 

I.2.1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Armenien und gehörte bis November 1997 dem jesidischen Glauben an. Danach konvertierte er zum christlichen Glauben, indem er sich in der Heiligen-Armenischen-Apostolischen-Kirche taufen ließ. Geboren und aufgewachsen ist der Beschwerdeführer im Dorf A. im Bezirk T., wo er gemeinsam mit seinen Eltern lebte, bis er im Jahr 1988 seine jetzige Ehegattin kennengelernt hat. Danach lebte der Beschwerdeführer bis zu seiner Ausreise im November 2001 am Rande des Dorfes A., wo er ein eigenes Grundstück sowie eine große Anzahl von Nutztieren besaß und gelegentlich mit Milch und Fleisch handelte. Im Februar 1998 heiratete der Beschwerdeführer in der Heiligen-Armenischen-Apostolischen-Kirche seine Ehegattin. Von 1988 bis 1993 war der Beschwerdeführer in der regulären armenischen Armee in Karabach als Lebensmittel- und Waffentransporteur im Einsatz.

 

Festgestellt wird weiters, dass der Beschwerdeführer an einer depressiven Anpassungsstörung, einem posttraumatischen Belastungssyndrom, einer Gastritis sowie an Hepatitis B leidet.

 

Nicht festgestellt werden konnte, dass dem Beschwerdeführer in Armenien aufgrund seiner Konversion zum Christentum bzw. der Ehe mit einer Frau die nicht Jesidin ist und seinem Armeeeinsatz in Karabach eine asylrelevante - oder sonstige - Verfolgung oder Strafe maßgeblicher Intensität oder die Todesstrafe droht oder dem Beschwerdeführer in Armenien die Existenzgrundlage völlig entzogen wäre. Es ergaben sich auch nach Prüfung gemäß Art. 8 EMRK im vorliegenden Fall keine gegen die vorgesehene Ausweisung bestehenden Hinderungsgründe.

 

I.2.2. Zur Lage in Armenien wird festgestellt:

 

Allgemeines:

 

Armenien erlangte 1991 die Unabhängigkeit und ist seit dem 25.01.2001 Vollmitglied im Europarat. Die Todesstrafe ist seit 2003 abgeschafft. Es besteht ein Wehrersatzdienst. Es gibt keine politischen Gefangenen. In der Beilegung des Berg-Karabach-Konflikts mit Aserbaidschan gibt es derzeit noch keinen Durchbruch bei den Friedensverhandlungen. In der Verfassung ist die Gewaltenteilung festgelegt. Die 2005 erfolgten Verfassungsänderungen haben die Gewaltenteilung gestärkt. Die Unabhängigkeit der Gerichte (Artikel 94 und 97 der Verfassung) wird in der Praxis jedoch durch Nepotismus und Korruption eingeschränkt. Im Bereich der Medien- und Informationsfreiheit sind nach wie vor erhebliche Defizite zu verzeichnen. Die verfassungsmäßig gesicherte Versammlungsfreiheit wird in der Praxis durch das Gesetz über administrative Haft spürbar eingeschränkt. Die Verfassung gewährt zwar Religionsfreiheit, diese unterliegt jedoch Einschränkungen. Die Rolle der Frau ist geprägt durch die traditionelle patriarchalische Gesellschaftsstruktur, wiewohl eine rechtliche Diskriminierung von Frauen nicht besteht. Homosexuelle Handlungen unter Erwachsenen ohne Anwendung von Zwang sind nicht strafbar. Die medizinische Versorgung in der Republik Armenien ist grundsätzlich gewährleistet.

 

Präsident Armeniens ist Robert Kotscharian. Er gewann die Präsidentschaftswahlen im März 2003 gegen den Oppositionskandidaten Demirtschjan mit 67,5%. Die OSZE kritisierte in ihrem Bericht zahlreiche Manipulationen und Wahlfälschungen. Dies war ebenfalls bei den Parlamentswahlen vom 25. Mai 2003 der Fall. Die Republikanische Partei des Ministerpräsidenten Andranik Margarjan wurde stärkste Fraktion. Ministerpräsident Margarjan steht an der Spitze einer Koalitionsregierung mit "Dashnaktsutyun". Er ist seit dem 12. Mai 2000 im Amt. Eine Parlamentswahl steht am 12. Mai 2007 an, eine Präsidentenwahl im Frühjahr 2008. Die internationale Gemeinschaft - insbesondere OSZE und Europarat - sind bemüht, durch vielfältige Aktivitäten freie Wahlen zu fördern.

 

Sippenhaft:

 

Sippenhaft, d.h. die Anwendung staatlicher Repressionen gegenüber Angehörigen oder sonstigen nahe stehenden Personen eines Beschuldigten oder Gesuchten, gibt es in Armenien nach Erkenntnissen des Auswärtigen Amts nicht.

 

Korruption:

 

Die Regierung hat in den letzten Jahren große Anstrengungen unternommen, dem Problem der Korruption Herr zu werden. Dabei wurden ein National Anti-Corruption Strategy Program mit einem Aktionsplan und neue Institutionen und Strukturen zur Korruptionsbekämpfung eingerichtet. Diese neuen Strukturen beinhalten einen sog. anti-corruption council, der direkt dem Premierminister untersteht, eine sog. anti-corruption monitoring commission und eine Spezialabteilung, die im Bereich des Generalstaatsanwaltes angesiedelt ist. Zusätzlich ist Armenien Mitglied in der GRECO (Group of States against Corruption), hat die Council of Europe Criminal and Civil Law Conventions on Corruption ratifiziert und die UN Convention against Corruption unterschrieben.

 

Sicherheitslage und Menschenrechte:

 

Der Waffenstillstand zwischen Armenien und Aserbaidschan hinsichtlich des Status von Berg-Karabach wird im Grundsatz respektiert. In der Beilegung des Berg-Karabach-Konflikts gibt es derzeit jedoch noch keinen Durchbruch. Vereinzelt werden immer wieder armenische Soldaten durch Schüsse von jenseits der aserbaidschanischen Grenze verletzt bzw. getötet.

 

Die Polizei und der Nationale Sicherheitsdienst (NSD) sind direkt der Regierung unterstellt. Für die Wahrung der nationalen Sicherheit, Nachrichtendienst und Grenzschutz ist der Nationale Sicherheitsdienst zuständig, dessen Beamten auch Verhaftungen durchführen dürfen. Es besteht eine klare Trennung zwischen beiden Organen; hin und wieder treten aber auch Kompetenzstreitigkeiten auf, z. B. wenn ein vom NSD verhafteter Verdächtiger ebenfalls von der Polizei gesucht wird.

 

Gefangene berichten, dass Polizei und Nationaler Sicherheitsdienst wenig unternehmen, um Misshandlungsvorwürfe aufzuklären. Das Ergebnis ist, dass Straflosigkeit in diesem Bereich ein erstes Problem darstellt. Problematisch ist auch die nach wie vor bestehende erhebliche Korruption bei Polizei und Nationalem Sicherheitsdienst.

 

Die Verfassung verbietet die Anwendung von Folter. Dem Auswärtigen Amt liegen keine Erkenntnisse darüber vor, dass auf dem Gebiet der Republik Armenien landesweit systematisch Folter praktiziert wird. Menschenrechtsorganisationen berichten aber immer wieder von Fällen, in denen es bei Verhaftungen oder Verhören zu Folterungen (Elektroschocks und wiederholt Schläge auf den Kopf) gekommen sein soll. Diese Praktiken sind jedoch im Vergleich mit der Zeit kurz nach der Unabhängigkeit Armeniens stark zurückgegangen. Folteropfer können den Rechtsweg nutzen. Abgesehen davon gibt es allerdings keinen Mechanismus, Folterverdachtsfälle gegenüber Beamten zu untersuchen, da beispielsweise Dienstaufsichtsbeschwerden nicht vorgesehen sind.

 

Das zivil- und strafrechtliche Gerichtssystem besteht aus drei Stufen. Der Kreis der Antragsberechtigten vor dem Verfassungsgericht wurde im Rahmen der Verfassungsänderungen des Jahres 2005 stark erweitert. Nunmehr kann sich auch jeder Bürger mit Fällen, die höchstinstanzlich entschieden wurden, an das Verfassungsgericht wenden.

 

In Armenien sind zahlreiche Menschenrechtsorganisationen registriert. Mit Menschenrechtsfragen beschäftigt sich ebenfalls sehr intensiv die internationale Gebergemeinschaft. Vertreter der Menschenrechtsorganisationen haben Zugang zu Medien, Behörden und Vertretern internationaler Organisationen. Das Auswärtige Amt hat keine Behinderungen von Menschenrechtsorganisationen beobachtet.

 

Dem Auswärtigen Amt sind keine systematischen Misshandlungen, Verhaftungen oder willkürlichen Handlungen der Staatsorgane gegenüber Personen oder bestimmten Personengruppen wegen ihrer Rasse, Religion oder Nationalität bekannt. Es gibt in Armenien keine politischen Gefangenen.

 

In der Vergangenheit kam es bei Oppositionsdemonstrationen gelegentlich zu Gewaltanwendung durch Dritte, gegen die die Polizei im Einzelfall nicht bzw. nicht effektiv einschritt. In letzter Zeit war dergleichen nicht zu beobachten.

 

Wirtschaftliche Situation:

 

In Armenien ist ein breites Warenangebot in- und ausländischer Herkunft vorhanden. Auch umfangreiche ausländische Hilfsprogramme tragen zu Verbesserung der Lebenssituation bei. Die Gas- und Stromversorgung ist gewährleistet. Immer mehr Haushalte werden an die Gasversorgung angeschlossen. Leitungswasser steht dagegen, insbesondere in den Sommermonaten in manchen Gegenden, auch in einigen Vierteln der Hauptstadt, nur stundenweise zur Verfügung. Die Wasserversorgung wird jedoch laufend verbessert.

 

Ein nicht geringer Teil der Bevölkerung ist nach wie vor finanziell nicht in der Lage, seine Versorgung mit den zum Leben notwendigen Gütern ohne Unterstützung durch humanitäre Organisationen sicherzustellen. Ansonsten überwinden viele auch durch die traditionellen Familienbande Versorgungsschwierigkeiten. Ein Großteil der Bevölkerung wird finanziell und durch Warensendungen durch Verwandte im Ausland unterstützt.

 

Die wirtschaftliche Lage führt nach wie vor dazu, dass viele Armenier das Land verlassen wollen. Der Migrationsdruck hält an, da ein Angleichen des Lebensstandards an westeuropäisches Niveau trotz hoher Wirtschaftswachstumsraten in Kürze nicht zu erwarten ist. Es sollen seit dem Zerfall der Sowjetunion bereits mindestens 600.000 Armenier ihr Land verlassen haben. Es ist jedoch wahrscheinlich, dass die Zahl der Emigranten noch wesentlich höher liegt; eine Schätzung geht von bis zu 1.9 Mio. Personen aus.

 

Medizinische Versorgung:

 

Die medizinische Versorgung ist in Armenien flächendeckend gewährleistet. Ein Gesetz über die kostenlose medizinische Behandlung im Gesundheitswesen besteht. Das Gesetz regelt den Umfang der kostenlosen ambulanten oder stationären Behandlung bei bestimmten Krankheiten und Medikamenten, sowie zusätzlich für bestimmte sozial bedürftige Gruppen (inkl. Kinder, Flüchtlinge, Invaliden u. a.) und gilt ausschließlich für armenische Staatsangehörige und Flüchtlinge. Die Einzelheiten werden jedes Jahr per Gesetz festgelegt. Der Ausbildungsstand des medizinischen Personals ist gut. Die Ausstattung der Krankenhäuser und das technische Gerät entsprechen oft nicht westlichem Standard, eine medizinische Grundversorgung ist gleichwohl gewährleistet. Fachpersonal steht zur Verfügung. Problematisch ist die Verfügbarkeit der Medikamente: Es sind nicht immer dieselben Präparate vorhanden. Die gängigen Medikamente sind in privaten und staatlichen Apotheken gegen entsprechende Bezahlung erhältlich. Die Behandlung von posttraumatischem Belastungssyndrom (PTBS) und Depressionen ist in Armenien auf gutem Standard gewährleistet und erfolgt kostenlos.

 

Die Behandlung psychisch Kranker sei laut WHO (2005) Teil des medizinischen Grundversorgungssystems, jedoch sei die Behandlung von ernsten psychischen Krankheiten auf diesem Level nicht möglich. Die Behandlung von schwereren psychischen Krankheiten würden spezialisierte Zentren bzw. psychiatrische Polikliniken (spezialisierte ambulante Abteilungen) übernehmen.

 

Minderheiten:

 

Die äußerst homogene Bevölkerung der Republik Armenien setzt sich aus 96% armenischen Volkszugehörigen und 4% Minderheiten (vor allem Jesiden, aber auch Russen, Kurden, Griechen, Juden, Deutschen, Georgiern, Ukrainern, Assyrern u. a.) zusammen. Die Verfassung garantiert nationalen Minderheiten das Recht, ihre kulturellen Traditionen und ihre Sprache zu bewahren. Sie dürfen in der eigenen Sprache studieren und veröffentlichen. Zugleich verpflichtet ein Gesetz alle Kinder zu einer Schulausbildung in armenischer Sprache. Schulen in Orten mit griechischen und jesidischen Minderheiten bieten Fächer in Minderheitensprachen an. Es gibt zwar immer wieder Berichte von Angehörigen der jesidischen Minderheit über Diskriminierungen, nach Erkenntnissen des Auswärtigen Amtes sind aber weder Jesiden noch andere Minderheiten Ziel systematischer und zielgerichteter staatlicher Repressionen. Im Falle von Straftaten gegen Angehörige von Minderheiten sind die Behörden schutzbereit. Strafanzeigen werden aufgenommen. Die Ermittlungen dauern zwar häufig sehr lange; dies ist aber grundsätzlich oft der Fall, auch bei Verfahren, die nur armenische Volkszugehörige betreffen.

 

Religion:

 

Die Religionsfreiheit ist in Artikel 23 der armenischen Verfassung festgeschrieben und darf gemäß Artikel 44 nur durch Gesetz und nur soweit eingeschränkt werden, wie dies für den Schutz der staatlichen und öffentlichen Sicherheit, der öffentlichen Ordnung, Gesundheit und Moral notwendig ist. Die Armenische Apostolische Kirche hat den formalen juristischen Status der Nationalkirche und genießt mehr Privilegien als andere anerkannte Glaubensgemeinschaften.

 

Rückkehr:

 

Rückkehrer werden nach Ankunft in Armenien in die Gesellschaft integriert und nutzen häufig die erworbenen Deutschkenntnisse bzw. ihre in Deutschland geknüpften Kontakte. Sie haben Zugang zu allen Berufsgruppen (auch Staatsdienst). Sie haben überdurchschnittliche Chancen, Arbeit zu finden. Fälle, in denen Rückkehrer festgenommen oder misshandelt wurden, sind nicht bekannt.

 

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in die erstinstanzlichen Akte unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers und seiner Ehegattin vor der Erstbehörde, den bekämpften Bescheid, den Beschwerdeschriftsatz sowie durch öffentlich mündliche Verhandlung der Beschwerdesache und durch Berücksichtigung nachstehender Länderdokumentationsunterlagen:

 

Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Armenien vom 20.03.2007

 

U.S. Department of State, Armenia, Country Reports on Human Rights Practices 2006, 06.03.2007

 

Accord-Anfragebeantwortung vom 26.04.2007

 

International Helsinki Federation for Human Rights, Human Rights in the OSCE Region: Europe, Central Asia and North America, Report 2006 (Events of 2005) ARMENIA, 05.04.2006; Council of Europe-GRECO, Evaluation Report on Armenia, 03.2006

 

I.3. Beweiswürdigend wird ausgeführt:

 

Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers gründen sich auf folgende Beweiswürdigung:

 

Die Feststellungen hinsichtlich der Staatsangehörigkeit, der Identität des Beschwerdeführers sowie hinsichtlich seiner illegalen Einreise in das Bundesgebiet und des Datums seiner Asylantragstellung ergeben sich aus dem Akteninhalt.

 

Die weiteren Feststellungen, insbesondere zur Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit des Beschwerdeführers gründen sich auf dessen in diesen Punkten glaubwürdige Angaben im Asylverfahren, insbesondere auf den Taufschein der Heilligen Armenischen-Apostolischen Kirche vom 00.00.1997 (AS 223 im Akt GZ. 229.790).

 

Dass der Beschwerdeführer am 00.00.02.1998 A. H. geheiratet hat, ergibt sich aus der Heiratsurkunde der Heiligen-Armenischen-Apostolischen-Kirche (AS 221 im Akt GZ. 229.790).

 

Die psychischen Erkrankungen des Beschwerdeführers ergeben sich aus den ärztlichen Befunden des Dr. H. W., Facharzt für Psychiatrie und Neurologie vom 10.10.2007 und vom 17.12.2007. Aus der arbeitsmedizinischen Stellungnahme des Zentrums für Arbeitsmedizin Gesundheit & Sicherheitsmanagement ergibt sich, dass der Beschwerdeführer an wiederkehrender Gastritis und an Hepatitis B leidet.

 

Was hingegen die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Fluchtgründe betrifft, so ist Folgendes auszuführen:

 

Das zentrale Vorbringen des Beschwerdeführers war, dass er als Angehöriger der jesidischen Volksgruppe zum Christentum konvertiert sei, eine Christin geheiratet habe und seine Familie damit nicht einverstanden gewesen sei, weil er dadurch die jesidische Tradition nicht weitergeführt habe. Aus diesem Grund sei es zu Beleidigungen seiner Kinder und zweimal auch zu tätlichen Übergriffen auf seine Ehegattin gekommen, weshalb er beschlossen habe, Armenien zu verlassen.

 

Um Wiederholungen zu vermeiden wird in Bezug auf die vorgebrachten Verfolgungshandlungen gegenüber seiner Ehegattin auf die Beweiswürdigung - nämlich, dass die vorgebrachten Verfolgungshandlungen unter anderem aufgrund der nicht übereinstimmenden Aussagen der Ehegattin des Beschwerdeführers mit jenen des Beschwerdeführers allesamt unglaubwürdig sind - im Bescheid seiner Ehegattin vom heutigen Tag, GZ. E5 229.790-3/2008-11E, verwiesen.

 

Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass der Beschwerdeführer zwar angab, am Berg-Karabach-Konflikt teilgenommen zu haben und diesbezüglich auch einen Fahndungsauftrag aus dem Jahr 1995 vorlegte, in der mündlichen Verhandlung jedoch bestätigte, dass er aufgrund seines Militäreinsatzes keine Probleme in Armenien gehabt habe. Hinsichtlich des vorgelegten Fahndungsauftrages führte er weiter aus, dass dieser aufgrund des Verschwindens einer großen Anzahl von Waffen erlassen worden sei, diese Angelegenheit jedoch mittlerweile geklärt sein müsste, weil nicht mehr nach ihm gefahndet werde und ihm zudem von Freunden bestätigt worden sei, dass sein Foto nicht mehr auf der Fahndungsliste aufscheine. Auch im Hinblick darauf, dass der Beschwerdeführer nach eigenen Angaben lediglich als Lebensmittel- und Waffentransporteur eingesetzt wurde und nie aktiv an Kampfhandlungen teilgenommen hat, kann davon ausgegangen werden, dass ihm aus seinem Militäreinsatz keine Probleme erwachsen sind.

 

Letztlich kann auch allein aufgrund der Konversion zum Christentum nicht mit asylrelevanten Verfolgungshandlungen gerechnet werden, zumal sich aus den getroffenen Länderfeststellungen keine systematischen Misshandlungen, Verhaftungen oder willkürlichen Handlungen der Staatsorgane gegenüber Personen oder bestimmten Personengruppen wegen ihrer Rasse, Religion oder Nationalität in Armenien ableiten lassen. Zudem ist die Religionsfreiheit in Artikel 23 der armenischen Verfassung festgeschrieben und darf gemäß Artikel 44 nur durch Gesetz und nur soweit eingeschränkt werden, wie dies für den Schutz der staatlichen und öffentlichen Sicherheit, der öffentlichen Ordnung, Gesundheit und Moral notwendig ist. Die Armenische Apostolische Kirche hat in Armenien den formalen juristischen Status der Nationalkirche und genießt mehr Privilegien als andere anerkannte Glaubensgemeinschaften. Keinesfalls gibt es Hinweise darauf, dass der Beschwerdeführer in Armenien an der privaten und öffentlichen Ausübung der Religion gehindert wird.

 

Auch wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Beschwerdeführer aufgrund seiner Beziehung zu einer Christin und seiner Konversion in seinem familiären Umfeld auf Ablehnung gestoßen ist, handelt es sich um Beeinträchtigungen, die nicht zu einer Asylgewährung führen können, zumal dadurch nicht eine solche Intensität erreicht wurde, die dem Beschwerdeführer einen weiteren Verbleib in seinem Heimatland unerträglich gemacht hat. Dies zeigt sich insbesondere darin, dass der Beschwerdeführer mit seiner Ehegattin bereits seit dem Jahr 1988 zusammen lebte, jedoch erst im Jahr 2001 ausreiste und als Grund dafür lediglich die behaupteten Übergriffe auf seine Ehegattin im Jahr 1997 und 2001 angeführt hat. Das Unverständnis seiner Familie gegenüber seiner Lebensgemeinschaft bzw späteren Ehe mit einer Christin und seiner Konversion war demnach nicht von einer solchen Intensität, dass dadurch die Flüchtlingseigenschaft bejaht werden könnte.

 

Zusammenfassend ist daher auszuführen, dass es nicht völlig ausgeschlossen ist, dass der Beschwerdeführer aufgrund seiner Konversion zum christlichen Glauben bei seiner Familie auf Ablehnung gestoßen ist; diese Ablehnung jedoch nicht das für eine Asylgewährung geforderte Ausmaß erreicht.

 

Die allgemeinen Feststellungen resultieren aus den behördlicherseits erhobenen Fakten aufgrund vorliegender Länderdokumentationsunterlagen. Die Länderfeststellungen basieren auf mannigfaltigen Quellen, denen keine Voreingenommenheit unterstellt werden kann, zumal man sich in diesen Berichten durchaus kritisch mit tatsächlich vorgefallenen Übergriffen auseinandersetzt. Der Beschwerdeführer hat die Objektivität der diesem Erkenntnis zugrunde gelegten Länderfeststellungen auch nicht in Zweifel gezogen.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

II.1.1. Gemäß § 75 Abs. 7 Z 1 Asylgesetz 2005 idF BGBl. I 4/2008 sind Verfahren, die am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängig sind, vom Asylgerichtshof weiterzuführen; Mitglieder des unabhängigen Bundesasylsenates, die zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannt worden sind, haben alle bei ihnen anhängigen Verfahren, in denen bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, als Einzelrichter weiterzuführen.

 

Da im vorliegenden Verfahren bereits vor dem 1. Juli 2008 eine mündliche Verhandlung vor der nunmehr zuständigen Richterin stattgefunden hat, ist von einer Einzelrichterzuständigkeit auszugehen.

 

Gemäß § 23 Asylgerichtshofgesetz (Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz; Art. 1 BG BGBl. I 4/2008) sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

II.1.2. Gemäß § 75 Abs. 1 AsylG 2005 sind alle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen. § 44 AsylG 1997 gilt. Die §§ 24, 26, 54 bis 57 und 60 dieses Bundesgesetzes (AsylG 2005) sind auf diese Verfahren anzuwenden. § 27 ist auf diese Verfahren mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Behörde zur Erlassung einer Ausweisung zuständig ist und der Sachverhalt, der zur Einleitung des Ausweisungsverfahrens führen würde, nach dem 31. Dezember 2005 verwirklicht wurde. § 57 Abs. 5 und 6 ist auf diese Verfahren mit der Maßgabe anzuwenden, dass nur Sachverhalte, die nach dem 31. Dezember 2005 verwirklicht wurden, zur Anwendung dieser Bestimmungen führen.

 

Gemäß § 44 Abs. 1 AsylG werden Asylanträge, die bis zum 30.04.2004 gestellt wurden, nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 idF. BGBl. I Nr. 126/2002 geführt. Die §§ 8, 15, 22, 23 Abs. 3, 5 und 6, 36, 40 und 40a sind gemäß § 44 Abs. 3 leg. cit. in der Fassung BGBl. I Nr. 101/2003 auch auf Verfahren gemäß Abs. 1 anzuwenden.

 

II.2.1. Flüchtling i.S.d. Asylgesetzes ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380).

 

Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262). Die Verfolgungsgefahr muss nicht nur aktuell sein, sie muss auch im Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194).

 

Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Konvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes befindet.

 

II.2.2. Im gegenständlichen Fall sind nach Ansicht des Asylgerichtshofes die dargestellten Voraussetzungen, nämlich eine aktuelle Verfolgungsgefahr aus einem in der GFK angeführten Grund nicht gegeben. Der Beschwerdeführer vermochte nämlich eine asylrelevante Verfolgung zu keinem Zeitpunkt des Asylverfahrens vor dem Bundesasylamt bzw dem Asylgerichtshof anzugeben.

 

Aus den herangezogenen Länderberichten, welche dem Erkenntnis zugrunde gelegt wurden, ergibt sich keine systematische Verfolgung von Angehörigen des Christentums in Armenien.

 

Sonstige Gründe zum Verlassen des Herkunftsstaates, insbesondere irgendeine staatliche Repression, hat der Beschwerdeführer nicht behauptet. Eine mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eintretende Gefährdung im Sinn des Art. 3 EMRK kann demnach nicht erkannt werden.

 

Somit war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I des Bescheides des Bundesasylamtes abzuweisen.

 

II.3.1. Zum Ausspruch über die Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung ist Folgendes auszuführen:

 

Zur Auslegung des § 8 AsylG iVm § 50 FPG 2005 (Gemäß Art. 5 § 1 des Fremdenrechtspakets BGBl. I 100/2005 ist das FrG mit Ablauf des 31.12.2005 außer Kraft getreten; am 1.1.2006 ist gemäß § 126 Abs. 1.

Fremdenpolizeigesetz 2005 (Art. 3 BG BGBl. I 100/2005; in der Folge:

FPG) das FPG in Kraft getreten. Gemäß § 124 Abs. 2 FPG treten, soweit in anderen Bundesgesetzen auf Bestimmungen des FrG verweisen wird, an deren Stelle die entsprechenden Bestimmungen des FPG. Demnach ist die Verweisung des Art. 8 Abs. 1 AsylG auf § 57 FrG nunmehr auf die "entsprechenden Bestimmungen" des FPG zu beziehen, das ist § 50 FPG.) ist die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 37 Fremdengesetz, BGBl. Nr. 838/1992 und § 57 Fremdengesetz, BGBl I Nr. 126/2002 BGBL, heranzuziehen. Danach erfordert die Feststellung nach dieser Bestimmung das Vorliegen einer konkreten, den Beschwerdeführer betreffenden, aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder (infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt) von diesen nicht abwendbaren Gefährdung bzw. Bedrohung. Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher ohne Hinzutreten besonderer Umstände, welche ihnen noch einen aktuellen Stellenwert geben, nicht geeignet, die begehrte Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen (vgl. VwGH 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011; VwGH 14.10.1998, Zl. 98/01/0122). Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 08.06.2000, Zl. 2000/20/0141). Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher nicht geeignet, die Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen, wenn nicht besondere Umstände hinzutreten, die ihnen einen aktuellen Stellenwert geben (vgl. VwGH 14.10.1998, Zl. 98/01/0122, VwGH 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011). Die Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen (z.B. VwGH 26.06.1997, Zl. 95/21/0294, VwGH 25.01.2001, Zl. 2000/20/0438, VwGH 30.05.2001, Zl. 97/21/0560). Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird - auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören -, der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 MRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen (VwGH 08.06.2000, Zl. 99/20/0203). Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 MRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 57 FrG als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (VwGH 27.02.2001, Zl. 98/21/0427, VwGH 20.06.2002, Zl. 2002/18/0028). Im Übrigen ist auch im Rahmen des § 8 AsylG zu beachten, dass mit konkreten, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerten Angaben das Bestehen einer aktuellen Gefährdung bzw. Bedrohung im Sinne des § 57 Abs. 1 oder 2 FrG glaubhaft zu machen ist (vgl. VwGH 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011).

 

Bei der Entscheidungsfindung ist insgesamt die Rechtsprechung des EGMR zur Auslegung der EMRK, auch unter dem Aspekt eines durch die EMRK zu garantierenden einheitlichen europäischen Rechtsschutzsystems als relevanter Vergleichsmaßstab zu beachten. Dabei kann bei der Prüfung von außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegender Gegebenheiten nur dann in der Außerlandesschaffung des Antragsstellers eine Verletzung des Art. 3 EMRK liegen, wenn außergewöhnliche, exzeptionelle Umstände, glaubhaft gemacht sind (vgl EGMR, Urteil vom 06.02.2001, Beschwerde Nr. 44599/98, Bensaid v United Kingdom und Henao v. The Netherlands, Unzulässigkeitsentscheidung vom 24.06.2003, Beschwerde Nr. 13669/03).

 

II.3.2. Wie bereits oben ausgeführt, gelang es dem Beschwerdeführer nicht, eine Verfolgung im Sinne der GFK darzutun, daher bleibt zu prüfen, ob es im vorliegenden Fall begründete Anhaltspunkte dafür gibt, der Beschwerdeführer liefe Gefahr, in Armenien, einer Bedrohung im Sinne des § 50 Abs. 1 FPG unterworfen zu werden.

 

Unter Berücksichtigung der getroffenen Würdigung der Ergebnisse des Beweisverfahrens kann nicht angenommen werden, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr in sein Herkunftsland einer existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein könnte, sodass die Abschiebung eine Verletzung des Art. 3 EMRK bedeuten würde.

 

Darüber hinaus kann nicht erkannt werden, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Armenien die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre (vgl. diesbezüglich das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.07.2003, 2003/01/0059, zur "Schwelle" des Art. 3 EMRK), hat doch der Beschwerdeführer selbst nicht ausreichend konkret vorgebracht, dass ihm im Falle einer Rückführung nach Armenien jegliche Existenzgrundlage - im Sinne des bereits zitierten Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.07.2003, 2003/01/0059 - fehlen würde und er in Ansehung existenzieller Grundbedürfnisse (wie etwa Versorgung mit Lebensmittel oder Unterkunft) einer lebensbedrohenden Situation ausgesetzt wäre. Wenn auch nach wie vor eine wirtschaftlich schwierige Situation in Armenien besteht, so ist in einer Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung der individuellen Situation des Beschwerdeführers festzuhalten, dass im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat von einer über die bloße Möglichkeit hinausgehenden "realen Gefahr" des Eintrittes einer lebensbedrohenden Notlage, welche eine unmenschliche Behandlung iSd Art 3 EMRK indizieren würde, aus Sicht des Asylgerichtshofes nicht gesprochen werden kann.

 

Der Beschwerdeführer ist jung und war bislang in seinem Herkunftsstaat offensichtlich in der Lage seinen Lebensunterhalt zu sichern. Er hat vor seiner Ausreise mit seiner Familie in einem eigenen Haus gelebt und seinen Lebensunterhalt durch die Bewirtschaftung seiner Landwirtschaft bestritten. Da nach den Angaben seiner Ehegattin das Haus nach wie vor in seinem Eigentum steht und keine Hinweise dafür bestehen, dass er nicht wieder durch eine zumutbare Erwerbstätigkeit in der Landwirtschaft seinen Lebensunterhalt bestreiten könnte, liegen keine Umstände vor, die im Widerspruch zu Art. 3 EMRK stehen könnten. Darüber hinaus befindet sich die Familie der Ehegattin des Beschwerdeführers nach wie vor in Armenien und könnte der Beschwerdeführer bei dieser in der Anfangszeit sicherlich Unterstützung finden, zumal seine Ehegattin ausdrücklich vorbrachte, dass diese keine Einwände gegen die Beziehung zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Ehegattin hätten.

 

Hinsichtlich des psychischen Gesundheitszustands des Beschwerdeführers ist auf die getroffenen Feststellungen zur medizinischen Versorgungslage in Armenien zu verweisen, aus denen hervorgeht, dass eine entsprechende medizinische Grund- und Akutversorgung gegeben ist, sowie eine Behandlung von posttraumatischem Belastungssyndrom (PTBS) und Depressionen in Armenien auf gutem Standard gewährleistet ist. Weiters ist anzumerken, dass in der wiederkehrenden Gastritis und der Hepatitis-B-Erkrankung des Beschwerdeführers auch keine schwerwiegenden physischen Erkrankungen erkannt werden können, die im Hinblick auf die Judikatur des EGMR einen exzeptionellen Umstand im Sinne des Art. 3 EMRK darstellen würden und wird auch für derartigen Erkrankungen in Armenien eine entsprechende Behandlung angeboten. Der Beschwerdeführer hat somit weder eine lebensbedrohende Erkrankung noch einen sonstigen auf seine Person bezogenen "außergewöhnlichen Umstand" behauptet oder bescheinigt, der ein Abschiebungshindernis im Sinne von Art. 3 EMRK iVm § 8 Abs. 1 AsylG darstellen könnte.

 

Davon, dass praktisch jedem, der nach Armenien abgeschoben wird, Gefahr für Leib und Leben in einem Maße drohen, dass die Abschiebung im Lichte des Art. 3 EMRK unzulässig erschiene, kann nicht die Rede sein.

 

Weder aus den Angaben des Beschwerdeführers zu den Gründen, die für die Ausreise maßgeblich gewesen sind, noch aus den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens ist im konkreten Fall ersichtlich, dass jene gemäß der Judikatur des EGMR geforderte Exzeptionalität der Umstände vorliegen würde, um die Außerlandesschaffung eines Fremden im Hinblick auf außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegende Gegebenheiten im Zielstaat im Widerspruch zu Art. 3 EMRK erscheinen zu lassen (VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443).

 

Die Beschwerde erweist sich demnach auch hinsichtlich des Ausspruches über die Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat als nicht berechtigt.

 

II.4.1. Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG hat die Behörde den Bescheid mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Asylantrag abgewiesen ist und die Überprüfung gem. § 8 Abs. 1 AsylG ergeben hat, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Herkunftsstaat zulässig ist.

 

Das Asylverfahren ist, wie sich aus den vorangehenden Entscheidungsteilen ergibt, für den Antragsteller negativ entschieden worden; seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Herkunftsstaat ist zulässig, sodass - falls damit kein unzulässiger Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens der beschwerdeführenden Partei vorliegt (Art. 8 Abs. 1 EMRK) - das Erkenntnis mit einer Ausweisung zu verbinden ist.

 

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in Ausübung dieses Rechts ist gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

Zu den in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) zu Art. 8 EMRK entwickelten Grundsätzen zählt unter anderem auch, dass das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Achtung des Familienlebens, das Vorhandensein einer "Familie" voraussetzt.

 

Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten, sondern auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität erreichen. In der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; s. auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311), zwischen Eltern und erwachsenen Kindern und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Kommission auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215). Es kann eben nicht von vornherein davon ausgegangen werden, dass zwischen Personen, welche miteinander verwandt sind, immer auch ein ausreichend intensives Familienleben iSd Art. 8 EMRK besteht, vielmehr ist dies von den jeweils gegebenen Umständen, von der konkreten Lebenssituation abhängig. Der Begriff des 'Familienlebens' in Art. 8 EMRK setzt daher neben der Verwandtschaft auch andere, engere Bindungen voraus; die Beziehungen müssen eine gewisse Intensität aufweisen. So ist etwa darauf abzustellen, ob die betreffenden Personen zusammengelebt haben, ein gemeinsamer Haushalt vorliegt oder ob sie (finanziell) voneinander abhängig sind (vgl. dazu EKMR 6.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215; EKMR 19.7.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.2.1979, 7912/77, EuGRZ 1981, 118; EKMR 14.3.1980, 8986/80, EuGRZ 1982, 311; Frowein - Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK - Kommentar, 2. Auflage (1996) Rz 16 zu Art. 8 EMRK; Baumgartner, Welche Formen des Zusammenlebens schützt die Verfassung? ÖJZ 1998, 761; vgl. auch Rosenmayr, Aufenthaltsverbot, Schubhaft und Abschiebung, ZfV 1988, 1, ebenso VwGH vom 26.1.2006, 2002/20/0423, vgl. auch VwGH vom 8.6.2006, Zl. 2003/01/0600-14, oder VwGH vom 26.1.2006, Zl.2002/20/0235-9, wo der VwGH im letztgenannten Erkenntnis feststellte, dass das Familienleben zwischen Eltern und minderjährigen Kindern nicht automatisch mit Erreichen der Volljährigkeit beendet wird, wenn das Kind weiter bei den Eltern lebt).

 

Das Recht auf Achtung des Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK schützt das Zusammenleben der Familie. Es umfasst jedenfalls alle durch Blutsverwandtschaft, Eheschließung oder Adoption verbundene Familienmitglieder, die effektiv zusammen leben. Der Begriff des Familienlebens ist nicht auf Familien beschränkt, die sich auf eine Heirat gründen, sondern schließt auch andere de facto Beziehungen ein; maßgebend ist beispielsweise das Zusammenleben eines Paares, die Dauer der Beziehung, die Demonstration der Verbundenheit durch gemeinsame Kinder oder auf andere Weise (EGMR Marcks, EGMR 23.04.1997, 10 ua).

 

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt den Normen, die die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regeln, aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (VwGH 16.01.2001, 2000/18/0251, uva).

 

Der VwGH hat festgestellt, dass beharrliches illegales Verbleiben eines Fremden nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens bzw. ein länger dauernder illegaler Aufenthalt eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen darstellen würde, was eine Ausweisung als dringend geboten erscheinen lässt (VwGH 31.10.2002, 2002/18/0190).

 

Zur Gewichtung der öffentlichen Interessen sei das Erkenntnis des VfGH 17.03.2005, G 78/04, erwähnt, in dem dieser erkennt, dass auch das Gewicht der öffentlichen Interessen im Verhältnis zu den Interessen des Fremden bei der Ausweisung von Fremden, die sich etwa jahrelang legal in Österreich aufgehalten haben, und Asylwerbern, die an sich über keinen Aufenthaltstitel verfügen und denen bloß während des Verfahrens Abschiebeschutz zukommt, unterschiedlich zu beurteilen sind.

 

Bei der Interessensabwägung sind unterschiedliche Kriterien zu beachten (vgl. jüngst VfGH 29.09.2007, B 1150/07; 01.10.2007, G 179, 180/07, unter Bezugnahme auf Judikatur des EGMR): Dies sind etwa die Aufenthaltsdauer, die vom EGMR an keine fixen zeitlichen Vorgaben geknüpft wird (EGMR 31.01.2006, Fall Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Appl. 50.435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562;

16.09.2004, Fall Ghiban, Appl. 11.103/03, NVwZ 2005, 1046), das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (EGMR 28.05.1985, Fall Abdulaziz ua., Appl. 9214/80, 9473/81, 9474/81, EuGRZ 1985, 567;

20.06.2002, Fall Al-Nashif, Appl. 50.963/99, ÖJZ 2003, 344;

22.4.1997, Fall X, Y und Z, Appl. 21.830/93, ÖJZ 1998, 271) und dessen Intensität (EGMR 02.08.2001, Fall Boultif, Appl. 54.273/00), die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, den Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert (vgl. EGMR 04.10.2001, Fall Adam, Appl. 43.359/98, EuGRZ 2002, 582; 09.10.2003, Fall Slivenko, Appl. 48.321/99, EuGRZ 2006, 560; 16.06.2005, Fall Sisojeva, Appl. 60.654/00, EuGRZ 2006, 554; vgl. auch VwGH 05.07.2005, 2004/21/0124;

11.10.2005, 2002/21/0124), die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, aber auch Verstöße gegen das Einwanderungsrecht und Erfordernisse der öffentlichen Ordnung (vgl. zB EGMR 24.11.1998, Fall Mitchell, Appl. 40.447/98; 11.4.2006, Fall Useinov, Appl. 61.292/00). Auch die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, ist bei der Abwägung in Betracht zu ziehen (EGMR 24.11.1998, Fall Mitchell, Appl. 40.447/98; 05.09.2000, Fall Solomon, Appl. 44.328/98; 31.01.2006, Fall Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Appl. 50.435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562).

 

II.4.2. Im vorliegenden Fall ergab sich - unter Bezugnahme auf die gemachten Angaben des Beschwerdeführers -, dass es keine weiteren Verwandten des Beschwerdeführers - abgesehen von seiner Kernfamilie (Ehegattin und Kinder), deren Beschwerden mit Erkenntnissen vom heutigen Tag ebenfalls abgewiesen wurden - in Österreich gibt. Der Beschwerdeführer konnte - gestützt auf seine eigenen Angaben - demgemäß kein spezielles Nahe- bzw Abhängigkeitsverhältnis glaubhaft machen, welches eine - im Lichte der Rechtsprechung des EGMR - ausreichende Beziehungsintensität begründet würde, die im konkreten Einzelfall auch höher zu bewerten wäre als die entgegenstehenden öffentlichen Interessen.

 

Da somit im gegenständlichen Fall ein Eingriff in das Familienleben des Beschwerdeführers - zumal die Beschwerden der Kernfamilienmitglieder des Beschwerdeführers mit Erkenntnissen des Asylgerichtshofes vom heutigen Tag ebenfalls abgewiesen wurden - zu verneinen ist, bleibt zu prüfen, ob mit der Ausweisung ein Eingriff in dessen Privatleben einhergeht.

 

Die Ausweisung beeinträchtigt das Recht auf Privatsphäre eines Asylantragstellers dann in einem Maße, der sie als Eingriff erscheinen lässt, wenn über jemanden eine Ausweisung verhängt werden soll, der lange in einem Land lebt, eine Berufsausbildung absolviert, arbeitet und soziale Bindungen eingeht, ein Privatleben begründet, welches das Recht umfasst, Beziehungen zu anderen Menschen einschließlich solcher beruflicher und geschäftlicher Art zu begründen (Wiederin in Korinek/Holoubek, Bundesverfassungsrecht, 5. Lfg., 2002, Rz 52 zu Art 8 EMRK).

 

Im Hinblick auf die oben zitierte Judikatur des VwGH und EGMR ist auszuführen, dass aufgrund der relativ langen Aufenthaltsdauer des Beschwerdeführers und seiner Familie von knapp sieben Jahren seit Antragstellung sowie aufgrund Vorliegen weiterer sozialer oder wirtschaftlicher Anknüpfungspunkte von einem Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers ausgegangen werden muss.

 

Auszuführen ist in diesem Zusammenhang, dass bei Bejahung eines Eingriffes in das Privatleben (infolge beginnender Integration des Beschwerdeführers in Österreich) dem Beschwerdeführer, die nach Art. 8 Abs. 2 EMRK gebotene Interessensabwägung nach den oben angeführten Kriterien zu seinen Lasten ausfallen würde.

 

Nach der jüngsten Rechtsprechung des EGMR (EGMR 08.04.2008, Nnyanzi

v. the United Kingdom, 21878/06 bzgl. einer ugandischen Staatsangehörigen die 1998 einen Asylantrag im Vereinigten Königreich stellte) ist im Hinblick auf die Frage eines Eingriffes in das Privatleben maßgeblich zwischen niedergelassenen Zuwanderern, denen zumindest einmal ein Aufenthaltstitel erteilt wurde und Personen, die lediglich einen Asylantrag gestellt haben und deren Aufenthalt somit bis zur Entscheidung im Asylverfahren unsicher ist, zu unterscheiden (im Falle der Beschwerdeführerin Nnyanzi wurde die Abschiebung nicht als ein unverhältnismäßiger Eingriff in ihr Privatleben angesehen, da von einem grundsätzlichen Überwiegen des öffentlichen Interesses an einer effektiven Zuwanderungskontrolle ausgegangen wurde).

 

Nach Ansicht des Asylgerichtshofes fällt unter Zugrundelegung obiger Kriterien die nach Art. 8 Abs. 2 EMRK gebotene Abwägung zu Lasten des Beschwerdeführers aus. Zunächst ist in diesem Zusammenhang auszuführen, dass den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Normen aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung - und damit eines von Art. 8 Abs. 2 EMRK erfassten Interesses - nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ein hoher Stellenwert zukommt (vgl. etwa VwGH 16.01.2001, 2000/18/0251; 26.09.2007, 2006/21/0288 bis 0291). Überdies ist die bloße Aufenthaltsdauer - welche im gegenständlichen Fall knappe sieben Jahre beträgt - freilich nicht allein maßgeblich, sondern es ist an Hand der jeweiligen Umstände des Einzelfalles vor allem zu prüfen, inwieweit der Beschwerdeführer und seine Familie die in Österreich verbrachte Zeit dazu genützt haben, sich sozial und beruflich zu integrieren. Dieses private Interesse ist in seinem Gewicht aber gemildert, wenn der Beschwerdeführer keine genügende Veranlassung gehabt hatte, von einer Erlaubnis zu einem dauernden Aufenthalt in Österreich auszugehen, was insbesondere dann der Fall ist, wenn die integrationsbegründenden Umstände während eines Aufenthaltes erworben wurden, der (bloß) auf einem (von Anfang an) nicht berechtigten Asylantrag beruhte (vgl. insbesondere, mit weiteren Nachweisen VwGH 31.03.2008, 2008/21/0081 bis 0084). Zu betonen ist im gegenständlichen Fall, dass die erste negative Entscheidung über den Asylantrag des Beschwerdeführers unbestritten bereits am 14.06.2002 erging. Der Beschwerdeführer durfte daher spätestens ab diesem Zeitpunkt nicht darauf vertrauen, ein dauerndes Aufenthaltsrecht in Österreich zu erlangen. Alle in der Folge gesetzten Integrationsschritte sind unter diesem Aspekt in ihrem Gewicht maßgeblich reduziert (vgl dazu VwGH 31.03.2008, 2007/21/0477). Überdies gehen der Beschwerdeführer und seine Ehegattin seit längerer Zeit keiner Beschäftigung mehr nach. Sonstige Hinweise auf eine besondere Integration sind im Asylverfahren nicht hervorgekommen. Vor diesem Hintergrund ist es fallbezogen nicht zu beanstanden, dass das Bundesasylamt die Ausweisung des Beschwerdeführers unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 EMRK nicht als unzulässigen Eingriff in ihr Privat- und Familienleben angesehen hat. Dies vor allem auch vor dem Hintergrund der jüngsten Rechtsprechung des EGMR (EGMR 08.04.2008, Nnyanzi v. the United Kingdom, 21878/06).

 

Es liegt somit zusammengefasst kein unzulässiger Eingriff in ein zu schützendes Privatleben vor. Die Ausweisung des Beschwerdeführers ist daher zulässig.

 

Es war somit insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Ausweisung, familiäre Situation, gesundheitliche Beeinträchtigung, Konversion, Lebensgrundlage, medizinische Versorgung, non refoulement, Religion
Zuletzt aktualisiert am
26.11.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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