TE AsylGH Erkenntnis 2008/10/20 D3 319873-1/2008

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Veröffentlicht am 20.10.2008
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Spruch

D3 319873-1/2008/6E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Kuzminski als Vorsitzenden und die Richterin Mag. Scherz als Beisitzer über die Beschwerde des G. V., geb. 00.00.1971, StA. Georgien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 6.6.2008, FZ. 08 04.524-EAST West, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 8, 10 AsylG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

 

Der Beschwerdeführer, ein Staatsbürger von Georgien, orthodoxen Bekenntnisses, gelangte am 23.05.2008 illegal nach Österreich und stellte am gleichen einen Antrag auf internationalen Schutz.

 

Am 27.5.2008 wurde er beim Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle West, zu seinen Fluchtgründen, wie folgt, befragt:

 

F: Verstehen Sie den Dolmetscher einwandfrei?

 

A: Ja. Georgisch ist meine Muttersprache. Ich habe aber keinerlei Einwände dagegen, wenn diese Einvernahme heute in der Sprache Russisch geführt wird.

 

F: Fühlen Sie sich körperlich und geistig in der Lage, die Einvernahme durchzuführen?

 

A: Ja.

 

F: Leiden Sie an irgendwelchen Krankheiten oder benötigen Sie Medikamente?

 

A: Ich bin eigentlich gesund. Medikamente nehme ich auch keine ein. Auf mich wurde aber einmal geschossen. Das war im Krieg. Leute aus Ossetien haben geschossen und ich wurde dabei verletzt. Dann bin ich nach Tiflis gezogen.

 

F: Wann wurden Sie verletzt?

 

A: An den genauen Tag kann ich mich nicht mehr erinnern. Es war aber 1992. Damals kam ich auf die Intensivstation.

 

F: Haben Sie aufgrund dieser Verletzungen heute noch Probleme?

 

A: Manchmal bekomme ich noch Kopfschmerzen. Es ist aber nichts Ernstes. Ich habe auch noch in meinem Kopf die Kugel (Anm. ASt. zeigt auf seine Stirn und auf seinen Brustkorb). Der Arzt meinte, wenn es mich nicht stört, so sollten die Kugeln nicht entfernt werden.

 

F: Sie wurden zu diesem Antrag auf int. Schutz bereits einer Erstbefragung durch die Polizei unterzogen. Sind Ihre bisher hier in Österreich gemachten Angaben richtig?

 

A: Ja.

 

F: Haben Sie oder Ihre Familienangehörigen jemals einen Antrag auf int. Schutz gestellt?

 

A: Nein, dies hier ist mein erster Asylantrag. Von meiner Familie hat auch noch nie jemand einen solchen Antrag gestellt.

 

F: Haben Sie in Österreich, im Bereich der EU, in Norwegen oder in Island Verwandte, zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis bzw. eine besonders enge Beziehung besteht?

 

A: Nein.

 

F: Gibt es noch andere Personen hier in Österreich, von denen Sie abhängig wären oder zu denen ein besonders enges Verhältnis besteht?

 

A: Nein.

 

F: Haben Sie Dokumente, die Ihre Identität bestätigen?

 

A: Ich hatte einen Inlandspass und einen Reisepass. Der Schlepper hat mir diese Dokumente aber abgenommen.

 

F: Hatten Sie einen Führerschein oder eine Geburtsurkunde?

 

A: Einen Führerschein hatte ich nicht. Meine Geburtsurkunde ist noch in Tiflis.

 

F: Wann haben Sie Ihren Reisepass bekommen?

 

A: Ich habe diesen Reisepass Ende 2006 von der offiziellen Passbehörde ohne Probleme bekommen.

 

F: Haben Sie jemals ein Visum für ein EU-Land beantragt?

 

A: Nein.

 

F: Verfügen Sie über Barmittel?

 

A: Nein.

 

F: Sind Sie vorbestraft?

 

A: Nein, ich bin weder in meinem Herkunftsstaat noch sonst in einem anderen Staat vorbestraft.

 

F: Wann und wie haben Sie Ihren Herkunftsstaat verlassen?

 

A: Am 16.05.2008 bin ich von Tiflis weggefahren. Ich bin dann nach Mtskheta gereist. Dort habe ich einen LKW bestiegen und reiste mit diesem bis nach Österreich.

 

F: Wie lange hat die Reise gedauert?

 

A: Die Reise dauerte ca. 7 Tage.

 

F: Wo am LKW haben Sie sich aufgehalten?

 

A: Ich war auf der Ladefläche. Dort gab es auch ein Bett.

 

F: Haben Sie während der Reise den LKW verlassen können?

 

A: Ja, nur in der Nacht. Ich weiß aber nicht, wo dies immer war.

 

F: Haben Sie während der Reise etwas sehen können?

 

A: Nein, ich konnte nicht hinaussehen. Der LKW war auch geschlossen. Der Fahrer hat manchmal angehalten und die Türe geöffnet, damit ich Luft bekomme.

 

F: Sind Sie alleine gereist?

 

A: Ja, ich war alleine unterwegs.

 

F: Wie viel haben Sie für die Reise bezahlt?

 

A: Insgesamt ¿ 4.000.--

 

F: Welches Land war Ihr Reiseziel?

 

A: Ich hatte kein bestimmtes Ziel. Ich wollte nur in die Europäische Union, damit ich hier arbeiten kann.

 

F: Warum haben Sie Ihren Herkunftsstaat verlassen?

 

A: Damit ich arbeiten kann und Geld verdienen kann. Bei uns gibt es keine Arbeit und ich habe sehr große Schulden.

 

F: Gibt es noch andere Ausreisegründe?

 

A: Nein. Ich habe sehr große Schulden. Mein Geschäft ging bankrott. Daher hatte ich große Schulden.

 

F: Habe ich Sie richtig verstanden: Sie haben Ihren Herkunftsstaat ausschließlich aus wirtschaftlichen Gründen verlassen?

 

A: Die Leute, welchen ich das Geld schulde, werden mich umbringen, wenn ich nicht bezahle. Ich kann sehr gut in meinem Beruf arbeiten.

 

F: Wie hoch sind Ihre Schulden?

 

A: ¿ 30.000.-- Auch muss ich Zinsen dafür bezahlen.

 

F: Von wem haben Sie dieses Geld ausgeborgt?

 

A: Ich war in einem Kreis von Geschäftsleuten. Diese haben mir das Geld geborgt, damit ich weiter arbeiten kann. Nun bin ich aber pleite gegangen und sie wollten ihr Geld zurück und haben mich bedroht.

 

F: Gab es ein fluchtauslösendes Ereignis?

 

A: Sie haben mich einmal festgehalten und sehr stark geschlagen und mit einem Messer verletzt. Das war am 00.05.2008.

 

F: Hatten Sie in Ihrem Herkunftsstaat je Probleme mit der Polizei, dem Militär oder den staatlichen Organen?

 

A: 3 x Nein.

 

F: Haben Sie wegen des soeben von Ihnen geschilderten Vorfalls jemals eine Anzeige bei der Polizei gemacht?

 

A: Bei welcher Polizei? Die Polizei macht ja nichts bei uns. Wenn man keinen Bekannten bei der Polizei hat, dann machen sie auch nichts.

 

F: Hatten Sie wegen Ihrer Religion oder wegen Ihrer Volksgruppenzugehörigkeit in Ihrem Herkunftsstaat je Probleme?

 

A: Wegen der Religion gab es keine Probleme. In E., wo ich früher wohnte, hatte ich Probleme wegen meiner Volksgruppe. Dann bin ich nach Tiflis gezogen. Das war 1993. In Tiflis hatte ich dann keine Probleme wegen meiner Volksgruppe mehr. Meine Frau ist eine Georgierin. Deswegen bekam ich auch keine Probleme mehr in Tiflis.

 

F: Waren Sie jemals politisch tätig?

 

A: Nein.

 

F: Hatten Sie in Ihrem Herkunftsstaat aufgrund Verfolgung durch Dritte Probleme?

 

A: Nein, außer den geschilderten Vorfällen hatte ich keine Probleme. Die Adresse, welche ich vorher angegeben habe, weiß zu Hause niemand. Diese habe ich erst hier gesagt. Ich bitte auch, dass diese geheim bleibt. Dort wohnen auch meine Kinder und meine Frau.

 

F: Warum haben Sie nicht in einem anderen Teil Ihres Herkunftsstaates Schutz vor Verfolgung gesucht?

 

A: Ich muss ja arbeiten. Wenn ich arbeite, dann kann ich mich auch nicht verstecken. Sie hätten mich dann sicherlich gefunden.

 

F: Was würde mit Ihnen passieren, wenn Sie jetzt in Ihren Herkunftsstaat zurückkehren müssten?

 

A: Das wäre sehr schlecht für mich. Sie könnten mich jederzeit umbringen.

 

F: Haben Sie sämtliche Gründe, die Sie veranlasst haben, Ihren Herkunftsstaat zu verlassen, vollständig geschildert?

 

A: Ja. Weitere Gründe habe ich nicht. Ich möchte arbeiten, damit ich meine Schulden bezahlen kann.

 

F: Wurde Ihnen ausreichend Zeit eingeräumt, Ihre Probleme vollständig und so ausführlich, wie Sie es wollten, zu schildern?

 

A: Ja.

 

F: Wollen Sie noch etwas angeben, was Ihnen besonders wichtig erscheint?

 

A: Ich möchte so schnell als möglich eine Arbeit finden. Ich muss auch meine Familie, meine Frau und meine Kinder, zu Hause unterstützen.

 

Ihnen wird nun mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, Ihren Antrag auf int. Schutz gemäß § 3 Asylgesetz abzuweisen und festzustellen, dass die Abschiebung, Zurückschiebung bzw. Zurückweisung nach Georgien zulässig ist und eine Ausweisung aus dem österr. Bundesgebiet nach Georgien zu veranlassen.

 

F: Wollen Sie konkrete Gründe nennen, die dem entgegenstehen?

 

A: Ich habe ja auch politische Probleme. Ich kann ja auch nicht dort wohnen, wo ich gewohnt habe. Dort wurde ich auch angeschossen. Dort ist ja mein zu Hause. Ich hatte ja nur deswegen diese Probleme nicht mehr, weil ich mir eine Wohnung in Tiflis genommen habe und dort in meiner Heimat nicht mehr lebte. Damals wäre ich auch fast gestorben und ich habe überall von diesem Vorfall noch Verletzungen.

 

Am 5.6.2008 wurde der Asylwerber erneut beim Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle West, zu seinen Fluchtgründen, wie folgt, befragt:

 

F: Sind die von Ihnen im Rahmen der ersten Einvernahme gemachten Angaben richtig und halten Sie diese aufrecht?

 

A: Ja.

 

F: Möchten Sie bezüglich der oa. Einvernahme Korrekturen oder Ergänzungen vorbringen?

 

A: Nein, was soll ich noch sagen. Ich habe keine Korrekturen oder Ergänzungen anzuführen. Ich möchte mir auch nichts ausdenken. Ich habe schon gesagt, warum ich hierher gekommen bin.

 

F: Möchten Sie eine Stellungnahme zur beabsichtigten Vorgangsweise des BAA (Anm. Abweisung des Antrages auf int. Schutz; Feststellung, dass Zurückschiebung, Zurückweisung oder Abschiebung nach Georgien zulässig ist; Ausweisung aus dem österr. Bundesgebiet nach Georgien) abgeben?

 

A: Dort, wo ich lebte, würden sie mich umbringen. Das haben sie auch schon versucht. Das war im Jahr 1992. Seither habe ich mich auch immer versteckt. Wenn ich dorthin zurückkehre, dann würden sie mich auch umbringen.

 

F: Haben Sie seit dem Jahr 1992 Georgien verlassen?

 

A: Nein, ich war immer in Georgien. Ich habe aber an verschiedenen Orten gelebt. Meine Frau ist auch eine Georgierin. Ich habe auch nie jemanden gesagt, dass ich Ossetier bin. Ich habe mich immer als Georgier ausgegeben. Sogar hier in meinem Umkreis sage ich auch nicht, woher ich wirklich stamme.

 

Die Rechtsberaterin hat keine weiteren Fragen.

 

F: Möchten Sie noch etwas angeben, was Ihnen wichtig erscheint?

 

A: Ich habe nur die Bitte, dass mir hier geholfen wird.

 

F: Hatten Sie ausreichend Gelegenheit, Ihr Vorbringen darzulegen?

 

A: Ja.

 

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 6.6.2008, Zahl 08 04.524-EAST West, wurde unter Spruchteil I. der Antrag auf internationalen Schutz vom 23.05.2008 gemäß § 3 Asylgesetz abgewiesen, unter Spruchteil II. der Status eines subsidiär Schutzberechtigten im Bezug auf den Herkunftsstaat Georgien gemäß § 8 Absatz 1 Ziffer 1 Asylgesetz nicht zuerkannt und der Antragsteller gemäß § 10 Absatz Ziffer 2 Asylgesetz aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Georgien ausgewiesen.

 

In der Begründung des Bescheides wurden die oben schon vollständig wiedergegebenen Einvernahmen dargestellt und anschließend Feststellungen zur Situation in Georgien getroffen, sowie die Quellen hierfür angegeben.

 

In der Beweiswürdigung wurde anschließend ausgeführt, dass der Antragsteller sinngemäß angegeben habe Georgien verlassen zu haben, da er dort keine Arbeit finden würde und im Ausland versuchen wolle Geld zu verdienen, um seine Familie zu ernähren und seine Schulden abbezahlen zu können. Er befürchte auf Grund seiner Schulden in der Höhe von ¿ 30.000.-- von seinen Gläubigern, die ihn auch schon bedroht hätten, ermordet zu werden. Dazu bemerkte das Bundesasylamt, dass der Antragsteller angegeben habe für seine Schleppung ¿ 4000.-- bezahlt zu haben. Hätte er diesen Betrag den Gläubigern überlassen, wäre für diese erkennbar gewesen, dass er versuche seine Schulden zurückzuzahlen und hätte sich sein Schuldenberg auch verringert. Zu dem angeblichen Übergriff im Mai 2008 wurde ausgeführt, dass sich der Antragsteller an die staatlichen Organe hätte wenden können, um von diesen Schutz zu erhalten. Zu der Behauptung, dass die georgische Polizei untätig sei und ihn nicht schützen würde, wurde auf die unbedenklichen Länderfeststellungen zur Situation in Georgien verwiesen. Die Polizei sei in Georgien merklich professioneller geworden und auch die Korruption innerhalb des Polizeiapparates habe zurückgedrängt werden können. Soweit der Beschwerdeführer auch ein "politisches Problem" in Georgien hinsichtlich seiner ossetischen Volksgruppenzugehörigkeit geltend gemacht habe, sei zu bemerken, dass er nach eigenen Angaben seit 15 Jahren unbehelligt in Tiflis gelebt habe, sodass nicht davon auszugehen sei, dass er Georgien auf Grund von Problemen wegen seiner Volksgruppenzugehörigkeit verlassen habe.

 

Zu Spruchpunkt I. wurde rechtlich begründend ausgeführt, dass im gegenständlichen Fall kein nach der GFK relevantes Fluchtmotiv erkennbar gewesen sei. Das Vorbringen sei daher nicht asylrelevant.

 

Zu Spruchteil II. wurde nach Darlegung der bezughabenden Rechtslage und Judikatur insbesondere ausgeführt, dass es sich bei dem Antragsteller um einen 36-jährigen grundsätzlich gesunden Mann handle, der auch keinerlei Medikamente benötige, sodass nicht vom Vorliegen von außergewöhnlichen Umständen, die eine Aufenthaltsbeendigung gemäß Art 3 MRK unzulässig erscheinen lassen würde, auszugehen sei.

 

Zu Spruchteil III wurde nach Darlegung der bezughabenden Rechtslage und Judikatur bemerkt, dass kein Familienbezug zu einem dauerhaft aufenthaltsberechtigten Fremden vorliegen würde und dass auf Grund des kurzen Aufenthalts nicht vom Vorliegen eines Privatlebens auszugehen sei, sodass die Ausweisung keinen Eingriff in Artikel 8 MRK darstelle.

 

Gegen diesen Bescheid erhob der Asylwerber fristgerecht Beschwerde. Darin wurde zunächst textbausteinartig ausgeführt, dass der Bescheid wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Mangelhaftigkeit des Verfahrens sowie wegen unrichtiger und fehlender Sachverhaltsfeststellung auf Grund unrichtiger Beweiswürdigung bekämpft werde. Hätte die Behörde ordentlich ermittelt, hätte sie feststellen müssen, dass er Flüchtling im Sinne des Art 1 Abschnitt A GFK sei. In russischer Sprache wurde weiter ausgeführt, dass er Österreich als humanen und demokratischen Staat ersuche ihm zu helfen und ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen. Er ersuche um einen neuerliche Bearbeitung seines negativen Bescheids, da er auf Grund der für ihn lebensgefährlichen Umstände in Georgien unmöglich dorthin zurückkehren könne.

 

Der Asylgerichtshof hat durch den zuständigen Senat wie folgt festgestellt und erwogen:

 

Hinsichtlich der Beweiswürdigung und der Sachverhaltsfeststellungen wird auf die zutreffenden Darlegungen im erstinstanzlichen Bescheid, die bereits oben zusammenfassend wiedergegeben wurden, verwiesen (zur Zulässigkeit dieses Vorgehens VwGH vom 04.10.1995, 95/01/0045, VwGH vom 24.11.1999, 99/01/0280).

 

Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

Gemäß § 61 AsylG entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes, soweit nicht etwas anders in § 61 Abs 3 AsylG vorgesehen ist.

 

Gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 hat die Behörde einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, den Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

 

Flüchtling i.S.d. AsylG 1997 ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffs ist die "begründete Furcht vor Verfolgung".

 

Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht, (z.B. VwGH vom 19.12.1995, 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998, 98/01/0262).

 

Die vom Asylwerber vorgebrachten Eingriffe in seine vom Staat zu schützende Sphäre müssen in einem erkennbaren zeitlichen Zusammenhang zur Ausreise aus seinem Heimatland liegen. Die fluchtauslösende Verfolgungsgefahr bzw. Verfolgung muss daher aktuell sein (VwGH 26.06.1996, Zl. 96/20/0414). Die Verfolgungsgefahr muss nicht nur aktuell sein, sie muss auch im Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194).

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtssprechung ausgeführt, dass als Fluchtgründe unter dem Gesichtspunkt der Schwere des Eingriffes nur solche Maßnahmen in Betracht kommen, die einen weiteren Verbleib im Heimatland aus objektiver Sicht unerträglich erscheinen lassen (VwGH vom 16.09.1992, 92/01/0544, VwGH vom 07.10.2003, 92/01/1015, 93/01/0929, u.a.).

 

Das Bundesasylamt hat ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides den Sachverhalt, die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfragen betreffend Asyl, Refoulement und Ausweisung klar und übersichtlich zusammengefasst.

 

Die Beschwerde beschränkt sich auf ein allgemeine Textbausteine mit der als Beschwerdegrund die mangelnden Ermittlungshandlungen des Bundesasylamtes, sowie eine verfehlte rechtliche Würdigung des Vorgebrachten geltend gemacht werden, ohne dabei in irgendeiner Weise konkret einen Fehler in der Beweiswürdigung oder der Subsumption der ersten Instanz aufzuzeigen. Solche sind für den Asylgerichtshof auch aus dem Akteninhalt nicht erkennbar. In der in Russisch verfassten Begründung der Beschwerde führte der Beschwerdeführer nur aus, dass er auf Grund von lebensgefährlichen Umständen nicht nach Georgien zurückkehren könne. Damit konnte er jedoch in der schlüssigen Beweiswürdigung der ersten Instanz keinen Fehler aufzeigen.

 

Gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 hat die Behörde einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, den Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Wird einem Fremden der Status des Asylberechtigten nicht zuerkannt, hat die Behörde von Amts wegen zu prüfen, ob dem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen ist.

 

Gemäß § 50 Fremdenpolizeigesetz ist die Zurückweisung, die Hinderung an der Einreise, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Artikel 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

 

Zufolge Abs. 2 leg.cit. ist die Zurückweisung oder Zurückschiebung Fremder in einen Staat oder die Hinderung an der Einreise aus einem Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).

 

Gemäß § 50 Abs. 3 leg.cit. dürfen Fremde, die sich auf eine der in Abs. 1 oder 2 genannten Gefahren berufen, erst zurückgewiesen oder zurückgeschoben werden, nachdem sie Gelegenheit hatten, entgegenstehende Gründe darzulegen. Die Fremdenpolizeibehörde ist in diesen Fällen vor der Zurückweisung vom Sachverhalt in Kenntnis zu setzen und hat dann über die Zurückweisung zu entscheiden. Gemäß Abs. 4 leg.cit. ist die Abschiebung Fremder in einen Staat, in dem sie zwar im Sinn des Abs. 2 jedoch nicht im Sinn des Abs. 1 bedroht sind, nur zulässig, wenn sie aus gewichtigen Gründen eine Gefahr für die Sicherheit der Republik darstellen oder wenn sie von einem inländischen Gericht wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt worden sind und wegen dieses strafbaren Verhaltens eine Gefahr für die Gemeinschaft bedeuten (Art. 33 Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge).

 

Gemäß Abs. 5 leg.cit. ist das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß Abs. 4 mit Bescheid festzustellen. Dies obliegt in jenen Fällen, in denen ein Antrag auf internationalen Schutz abgewiesen wird oder in denen Asyl aberkannt wird, den Asylbehörden, sonst der Sicherheitsdirektion.

 

Gemäß Abs. 6 leg. cit. ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, solange der Abschiebung für die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

 

Erweist sich gemäß Abs. 7 leg.cit. die Zurückweisung, die Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder, deren Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 wegen der Unzuständigkeit Österreichs zurückgewiesen worden ist, in den Drittstaat als nicht möglich, so ist hievon das Bundesasylamt unverzüglich in Kenntnis zu setzen. Gemäß Abs. 8 leg.cit gilt § 51 Abs. 3, 1. Satz.

 

Hinsichtlich § 57 Abs. 1 FrG (in der alten Fassung) wird in VwGH 26.06.1997, 95/21/0294, ausgeführt: "Führt eine in einem Land gegebene Bürgerkriegssituation dazu, dass keine ausreichend funktionierende Ordnungsmacht mehr vorhanden und damit zu rechnen ist, dass ein dorthin abgeschobener Fremder - auch ohne Zugehörigkeit zu einer bestimmten Bürgerkriegspartei oder verfolgten Bevölkerungsgruppe - mit erheblicher Wahrscheinlichkeit der im § 37 Abs. 1 FrG 1992 umschriebenen Gefahr (im gesamten Staatsgebiet) unmittelbar ausgesetzt wird, so ist dies im Rahmen eines Antrages gemäß § 54 FrG 1992 beachtlich. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn auf Grund der bewaffneten Auseinandersetzungen eine derart extreme Gefahrenlage besteht, dass praktisch jedem, der in diesen Staat abgeschoben wird, Gefahr für Leib und Leben in einem Maße drohen, dass die Abschiebung im Lichte des Art. 3 MRK unzulässig erschiene" (vgl. bereits VwGH 11.03.1993, 93/18/0083). Diese Sichtweise entspricht auch der Judikatur des EGMR (vgl. etwa EGMR 29.04.1997 H.L.R., ÖJZ 1998, 309; dazu auch Rohrböck, Asylgesetz Rz 328).

 

In Georgien herrscht keine Bürgerkriegssituation, der Konflikt mit Russland wurde beigelegt und die russischen Truppen haben sich aus dem georgischen Gebiet zurückgezogen, noch ist eine sonstige derart extreme Gefahrenlage, dass praktisch jedem, der in diesen Staat abgeschoben wird, eine Gefahr für Leib und Leben im hohen Maße droht, erkennbar.

 

Da in Georgien weder grobe, massenhafte Menschenrechtsverletzungen unsanktioniert erfolgen, noch nach den getroffenen Feststellungen von einer völligen behördlichen Willkür auszugehen ist, ist auch kein "real Risk" (dazu VwGH vom 31.03.2005, Zl. 2002/20/0582) einer unmenschlichen Behandlung festzustellen.

 

Für den Berufungswerber bestünde bei einer Rückkehr nach Georgien die Möglichkeit seinen erforderlichen Lebensunterhalt durch Arbeit in seinem erlernten Beruf als Automechaniker oder auch Gelegenheitsarbeiten abzudecken. Da es sich bei dem Beschwerdeführer um einen arbeitsfähigen und gesunden Mann handelt, bestehen somit keine ausreichenden Gründe für die Annahme, dass er bei einer Rückkehr nach Georgien zwangsweise in eine Existenz bedrohende Notlage geraten würde, die in den Anwendungsbereich von Art 3 MRK fiele. Auch der Beschwerde sind keine Gründe zu entnehmen, die das auf das Vorliegen eines Refoulementgrundes hindeuten würden. Überdies verfügt der Beschwerdeführer in Georgien über familiäre Anknüpfungspunkte in Form seiner Gattin.

 

Spruchteil II. des angefochtenen Bescheides war daher zu bestätigen.

 

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.

 

Der Gesetzgeber beabsichtigt durch die zwingend vorgesehene Ausweisung von Asylwerbern, eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung im Inland von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragstellung im Inland aufhalten durften, zu verhindern (VfGH vom 17.03.2005, Zahl: G 78/04 u. a.).

 

Es sind keine Hinweise für eine Unzulässigkeit der Ausweisung im Sinne des § 10 Abs 2 AsylG ersichtlich, weil weder ein nicht auf das AsylG gestütztes Aufenthaltsrecht aktenkundig ist, noch der Berufungswerber in Österreich Beziehungen zu dauernd aufenthaltsberechtigten Verwandten unterhält. Er hat auch keine sonstigen Bindungen zu Österreich entwickelt, sodass auch angesichts seines kurzen Aufenthalts in Österreich nicht vom Vorliegen eines Privatlebens, in welches durch die Ausweisung eingegriffen werden würde, auszugehen war.

 

Unter Hinweis auf die grundsätzlich zutreffenden Ausführungen zu Spruchteil III. war somit auch Spruchteil III. des erstinstanzlichen Bescheides zu bestätigen.

 

Aus § 23 AsylGHG ergibt sich, dass der AsylGH unter Vorbehalt anderer Regelungen in B-VG, AsylG 2005 und VwGG das AVG anzuwenden hat. Hinsichtlich der Verhandlungspflicht des AsylGH sieht § 41 Abs 7 AsylG eine vom AVG abweichende Regelung vor. Die Anwendbarkeit dieser Bestimmung auf "Altverfahren" ergibt sich somit schon aus § 23 AsylGHG, ohne dass es dafür einer Nennung dieser Bestimmungen (auch) im § 75 Abs. 1 AsylG 2005 bedürfte. Gemäß § 41 Abs 7 AsylG kann eine Verhandlung entfallen, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen wird die Geltung von § 76d AVG angeordnet.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu vorhergehenden Bestimmung des Art II Abs 2 Z 43a EGVG, welcher die Verhandlungspflicht des Unabhängigen Bundesasylsenates regelte und der in § 41 Abs 7 1. Fall AsylG übernommen wurde, kann eine mündliche Verhandlung dann unterbleiben, wenn nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens und schlüssiger Beweiswürdigung der Behörde erster Instanz in der Berufung kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der Behörde erster Instanz entgegenstehender oder darüber hinausgehender Sachverhalt - erstmalig und mangels Bestehens eines Neuerungsverbotes zulässigerweise - neu und in konkreter Weise behauptet wird (z.B. VwGH vom 11.11.1998, 98/01/0308, VwGH vom 08.06.2000, 98/20/0510, uvam). Bei einer inhaltsleeren Berufung besteht jedoch keine Verhandlungspflicht (z.B. VwGH vom 21.10.1999, 98/20/0455). Da somit im vorliegenden Fall der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt war, konnte von einer Verhandlung Abstand genommen werden. Schließlich löst auch eine unschlüssige Beweiswürdigung der Behörde erster Instanz - ohne dass in der Berufung Neuerungen vorgebracht werden - eine Verhandlungspflicht der Berufungsbehörde aus (VwGH vom 24. Juni 2003, 2002/01/0579). Diese liegt aber im konkreten Fall nicht vor.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Ausweisung, Lebensgrundlage, mangelnde Asylrelevanz, non refoulement
Zuletzt aktualisiert am
26.01.2009
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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