TE AsylGH Erkenntnis 2008/10/21 S13 400845-1/2008

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Veröffentlicht am 21.10.2008
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Spruch

S13 400.845-1/2008/5E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. Kirschbaum als Einzelrichterin über die Beschwerde des T. M., geb. 00.00.2008, StA.

Russische Föderation, gesetzlich vertreten durch: T. T., diese vertreten durch: RA Mag. Susanne Singer, Maria-Theresia-Straße 9, 4600 Wels, gegen den Bescheid des Bundesasylamts vom 19.07.2008, FZ. 08 04.892-EAST-WEST, zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 5, 10 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005, als unbegründet abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

Verwaltungsverfahren und Sachverhalt

 

Verfahren vor dem Bundesasylamt

 

Der minderjährige Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Russischen Föderation, wurde am 00.00.2008 bereits in Österreich geboren. Am 04.06.2008 stellte er durch seinen gesetzlichen Vertreter, T. K. (Vater), einen Antrag auf internationalen Schutz.

 

Am 06.06.2008 richtete das Bundesasylamt ein Ersuchen um Aufnahme des nachgeborenen minderjährigen Beschwerdeführers gemäß Art. 4 Abs. 3 Dublin II-VO an die zuständigen polnischen Behörden, mit der Begründung, dass Polen die Wiederaufnahme der Eltern des minderjährigen Beschwerdeführers gemäß Art. 16 Abs. 1 lit. c) Dublin II-VO bereits akzeptiert hätte.

 

Am 10.06.2008 wurde der gesetzlichen Vertreterin des minderjährigen Beschwerdeführers, T. T. (Mutter), gemäß § 29 Abs. 3 Z 4 AsylG mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, den Antrag auf internationalen Schutz des minderjährigen Beschwerdeführers gemäß § 5 AsylG zurückzuweisen und dass zu diesem Zwecke Konsultationen seit 06.06.2008 mit Polen gemäß der Dublin II-VO geführt werden.

 

Am 23.06.2008 wurde die gesetzliche Vertreterin des minderjährigen Beschwerdeführers vom Bundesasylamt nach erfolgter Rechtsberatung in Anwesenheit des Rechtsberaters sowie eines geeigneten Dolmetschers für die Sprache Russisch einvernommen. Im Rahmen dieser Einvernahme legte die gesetzliche Vertreterin die Geburtsurkunde des minderjährigen Beschwerdeführers vor.

 

Mit Schreiben vom 25.06.2008 erklärte sich Polen gemäß Art. 4 Abs. 3 Dublin II-VO zur Aufnahme des minderjährigen Beschwerdeführers bereit.

 

Am 15.07.2008 wurde die gesetzliche Vertreterin des minderjährigen Beschwerdeführers erneut vom Bundesasylamt nach erfolgter Rechtsberatung in Anwesenheit des Rechtsberaters und eines geeigneten Dolmetschers für die Sprache Russisch einvernommen. Im Rahmen dieser Einvernahme legte sie einen Ambulanzbericht von Dr. L.J., Arzt für Allgemeinmedizin, vom 11.07.2008 betreffend den minderjährigen Beschwerdeführer vor.

 

Mit Bescheid vom 19.07.2008, FZ. 08 04.892-EAST-WEST, wies das Bundesasylamt den Antrag des minderjährigen Beschwerdeführers auf internationalen Schutz, ohne in die Sache einzutreten, gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurück (in der Folge: angefochtener Bescheid).

 

Im angefochtenen Bescheid weist das Bundesasylamt den Antrag auf internationalen Schutz des minderjährigen Beschwerdeführers mit der Begründung zurück, dass gemäß Art. 4 Abs. 3 der Dublin II-VO Polen für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist (I.). Der minderjährige Beschwerdeführer wird gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Polen ausgewiesen und demzufolge festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des minderjährigen Beschwerdeführers nach Polen gemäß § 10 Abs. 4 AsylG zulässig ist

(II.).

 

Beschwerde

 

Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer durch seine gesetzliche Vertreterin am 30.07.2008 Beschwerde beim Bundesasylamt erhoben. Die Beschwerde langte am 04.08.2008 beim Asylgerichtshof ein.

 

Bezogen auf den minderjährigen Beschwerdeführer wurde in der Beschwerde vorgebracht, dass ein bereits im Jahr 2003 im Heimatland geborener Bruder des Beschwerdeführers, elf Tage nach der Geburt plötzlich verstorben sei. Der minderjährige Beschwerdeführer leide an derselben Nierenkrankheit wie jener Bruder. Die gesetzliche Vertreterin des minderjährigen Beschwerdeführers habe große Angst, dass bei einer Überstellung nach Polen die entsprechende intensive medizinische Versorgung nicht vorhanden wäre. Der minderjährige Beschwerdeführer leide an einer erstgradigen Hydronephrose links. Er sei von Geburt an unter ärztlicher Kontrolle und Behandlung im Landeskrankenhaus und beim Hausarzt Dr. L.J. gestanden. Derzeit sei sein Gesundheitszustand stabil; man könne jedoch bei einem so kleinen Kind über den weiteren Krankheitsverlauf noch keinerlei Aussage treffen. Der minderjährige Beschwerdeführer müsse unter Beobachtung stehen und im Fall des Auftretens von Beschwerden oder Fieber sofort einer ärztlichen Kontrolle unterzogen werden.

 

Beweismittel

 

Als Beweismittel hat der Asylgerichtshof das Vorbringen der gesetzlichen Vertreterin des minderjährigen Beschwerdeführers in den Einvernahmen vor dem Bundesasylamt am 23.06.2008 und am 15.07.2008, soweit sich dieses auf den minderjährigen Beschwerdeführer selbst bezieht, und weitere Beweismittel verwendet.

 

Parteivorbringen der gesetzlichen Vertreterin des minderjährigen Beschwerdeführers (immer bezogen auf die Person des minderjährigen Beschwerdeführers)

 

1. In der ersten Einvernahme am 23.06.2008 hat die gesetzliche Vertreterin des minderjährigen Beschwerdeführers folgendes Vorbringen erstattet:

 

Der minderjährige Beschwerdeführer habe Probleme mit den Nieren und sei im Krankenhaus beim Urologen in Behandlung. Bei der Geburt habe es keine Probleme gegeben. Sie wisse nicht, was passiere, wenn der minderjährige Antragsteller nach Polen überstellt würde.

 

Zur beabsichtigten Vorgehensweise den minderjährigen Beschwerdeführer nach Polen zu überstellen, gab seine gesetzliche Vertreterin an, sie wolle nicht zurück, da sie bereits vier Kinder habe und es nicht so leicht sei immer hin- und herzureisen.

 

3. In der zweiten Einvernahme am 15.07.2008 hat die gesetzliche Vertreterin des minderjährigen Beschwerdeführers kein Vorbringen betreffend den minderjährigen Beschwerdeführer erstattet.

 

Weitere Beweismittel

 

1. Gemäß der vorgelegten Geburtsurkunde vom 00.00.2008 steht fest, dass der minderjährige Beschwerdeführer am 00.00.2008 in V., sohin in Österreich, geboren wurde (vgl. AS 63).

 

2. Die polnischen Behörden haben sich mit Schreiben vom 25.06.2008 gemäß Art. 4 Abs. 3 Dublin II-VO zur Aufnahme des minderjährigen Beschwerdeführers für zuständig erklärt (vgl. AS 75).

 

3. Dem vorgelegten Schreiben von Dr. L.J. vom 11.07.2008 ist zu entnehmen, dass der minderjährige Beschwerdeführer an einer kongenitalen asymptomatischen Hydronephrose links leide. Ferner gehe es dem minderjährigen Beschwerdeführer gut und es gebe keine Probleme. Eine weitere Kontrolle werde mit dem ersten Lebensjahr vorgesehen. Lediglich beim Auftreten von Beschwerden oder Fieber sei eine frühere Kontrolle nötig (vgl. AS 87).

 

Sachverhalt nach Beweiswürdigung

 

Nach Würdigung des Vorbringens der gesetzlichen Vertreterin des minderjährigen Beschwerdeführers und der sonstigen Beweismittel stellt sich dem Asylgerichtshof folgender Sachverhalt dar:

 

1. Der minderjährige Beschwerdeführer wurde am 00.00.2008 in Österreich geboren. Seine Eltern und Geschwister halten sich derzeit als Asylwerber ebenfalls im österreichischen Bundesgebiet auf.

 

Diese Feststellungen ergeben sich sowohl aus dem Vorbringen der gesetzlichen Vertreterin des minderjährigen Beschwerdeführers als auch aus der vorgelegten Geburtsurkunde.

 

2. Der minderjährige Beschwerdeführer leidet an einer kongenitalen asymptomatischen Hydronephrose links, welche allerdings einer Überstellung nach Polen nicht entgegensteht.

 

Dies ergibt sich aus dem vorgelegten Schreiben von Dr. L.J. vom 11.07.2008, welchem zu entnehmen ist, dass es dem minderjährigen Beschwerdeführer gut gehe und keine Probleme aufgetreten seien. Ferner ist diesem Schreiben zu entnehmen, dass eine weitere Kontrolle erst mit dem ersten Lebensjahr empfohlen werde. Ferner ergibt sich aus den erstinstanzlichen Länderfeststellungen, welchen in der Beschwerde im Übrigen nicht substantiiert entgegengetreten wurde, dass die Erkrankung des minderjährigen Beschwerdeführers in Polen ebenfalls behandelt werden kann.

 

3. Eine Tante des minderjährigen Beschwerdeführers lebt verheiratet in Österreich. Zu dieser Tante besteht weder eine finanzielle noch eine sonstige Abhängigkeit.

 

Dies ergibt sich daraus, dass nach dem eigenen Vorbringen der gesetzlichen Vertreterin des minderjährigen Beschwerdeführers, wonach die gegebene Unterstützung über die innerhalb einer Familie üblichen kleinen finanziellen Zuwendungen (wie z.B. einkaufen), gelegentliche Besuche in der Unterkunft und Gespräche mit dem Vater nicht hinausgehen würden.

 

Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

Rechtlicher Rahmen

 

Gemäß § 73 Abs. 1 und § 75 des Bundesgesetzes über die Gewährung von Asyl, BGBl. I Nr. 100/2005 (in der Folge: AsylG) iVm § 1 AsylG ist das oben angeführte Gesetz auf Anträge auf internationalen Schutz anzuwenden, die ab dem 01.01.2006 gestellt wurden. Daraus folgt, dass für das gegenständliche Asylverfahren das AsylG 2005 anzuwenden ist.

 

Gemäß § 5 Abs. 1 AsylG Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat auf Grund der Dublin II-VO zur Prüfung des Antrages zuständig ist. Mit dem Zurückweisungsbescheid hat die Behörde auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist.

 

Gemäß § 5 Abs. 3 AsylG, ist, sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder bei der Behörde offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Mitgliedstaat der Dublin II-VO Schutz vor Verfolgung findet.

 

Nach Art. 3 Abs. 1 Dublin II-VO wird ein Asylantrag, den ein Drittstaatsangehöriger an der Grenze oder im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates stellt, von jenem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III (Artikeln 6 bis 13 Dublin II-VO) zuständig ist, wobei die dort geregelten Zuständigkeitskriterien nach Art. 5 Abs. 1 Dublin II-VO "in der in diesem Kapitel genannten Reihenfolge" Anwendung finden.

 

Gemäß Art. 4 Abs. 3 Dublin II-VO ist für die Zwecke dieser Verordnung die Situation eines mit dem Asylbewerber einreisenden Minderjährigen, der durch die Definition des Familienangehörigen in Artikel 2 Ziffer i) gedeckt ist, untrennbar mit der seines Elternteils oder seines Vormundes verbunden und fällt in die Zuständigkeit des Mitgliedstaats, der für die Prüfung des Asylantrages dieses Elternteils oder Vormunds zuständig ist, auch wenn der Minderjährige selbst kein Asylwerber ist. Ebenso wird bei Kindern verfahren, die nach der Ankunft des Asylbewerbers im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten geboren werden, ohne dass ein neues Zuständigkeitsverfahren für diese eingeleitet werden muss.

 

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung unverheiratetes minderjähriges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Familieneigenschaft bei Ehegatten bereits im Herkunftsstaat bestanden hat.

 

Gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO kann jeder Mitgliedstaat einen Asylantrag prüfen, auch wenn er nach den Kriterien der Art. 6 bis 13 Dublin II-VO nicht zuständig ist. Nach der Judikatur ist dieses Selbsteintrittsrecht zwingend anzuwenden, wenn ein Asylbewerber mit dem Vollzug der Ausweisung in den an sich zuständigen Mitgliedstaat der Gefahr der Folter oder unmenschlichen Behandlung (Art. 3 EMRK) oder der Verletzung des Rechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Art. 8 EMRK) ausgesetzt wäre (VfGH 08.03.2001, G 117/00 u.a.; VfGH 11.06.2001, B 1541/00; VfGH 15.10.2004, G 237/03 u. a.; VfGH 17.06.2005, B 336/05).

 

Gemäß § 10 AsylG ist ein Bescheid über einen Asylantrag mit einer Ausweisung in einen bestimmten Staat zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückgewiesen (Absatz 1 Ziffer 1) wird und keiner der in § 10 Absatz 2 und Absatz 3 AsylG festgelegten Gründe für die Unzulässigkeit der Ausweisung des vorliegt.

 

Gemäß § 10 Absatz 4 AsylG gilt eine Ausweisung wegen Zurückweisung des Antrags auf internationalen Schutz als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Asylwerbers.

 

Zulässigkeit der Beschwerde und Verfahren vor dem Asylgerichtshof

 

Die Beschwerde ist fristgerecht beim Asylgerichtshof eingebracht worden und es bestehen keine Bedenken gegen ihre Zulässigkeit.

 

Mit Beschluss vom 08.08.2008 hat der Asylgerichtshof der Beschwerde gemäß § 37 Abs. 1 AsylG aufschiebende Wirkung zuerkannt.

 

Gemäß § 41 Abs. 4 AsylG konnte im Verfahren vor dem Asylgerichtshof von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung

 

Die angefochtene Entscheidung ist rechtmäßig, da das Bundesasylamt keine Verfahrensfehler begangen hat sowie zu Recht festgestellt hat, dass Österreich für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz des minderjährigen Beschwerdeführers nicht zuständig ist und zu Recht die Ausweisung nach Polen verfügt hat.

 

Ordnungsgemäßes Verfahren vor dem Bundesasylamt

 

Der Asylgerichtshof stellt zunächst fest, dass das Verwaltungsverfahren rechtmäßig durchgeführt wurde.

 

Dem minderjährigen Beschwerdeführer wurde insbesondere durch die Erstbefragung, die Einvernahme mit vorhergehender Rechtsberatung und schließlich durch das erneute Parteigehör seiner gesetzlichen Vertreterin unmittelbar vor Erlass des angefochtenen Bescheides - alle jeweils unter Zuhilfenahme geeigneter Dolmetscher - ausreichend rechtliches Gehör gewährt. Seiner gesetzlichen Vertreterin wurde weiters vor der ersten Einvernahme und innerhalb von 20 Tagen ab Einbringen seines Antrags schriftlich mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, den Antrag auf internationalen Schutz des minderjährigen Beschwerdeführers wegen Zuständigkeit Polens zurückzuweisen (§§ 28, 29 AsylG).

 

Unzuständigkeit Österreichs

 

Der Asylgerichtshof stellt fest, dass das Bundesasylamt keine Beurteilungsfehler begangen hat als es feststellte, dass für die Prüfung des Asylantrags des minderjährigen Beschwerdeführers ausschließlich Polen zuständig ist.

 

Zur Zuständigkeit Polens

 

Was zunächst die Feststellung der Zuständigkeit Polens betrifft, so hat das Bundesasylamt diese Zuständigkeit im angefochtenen Bescheid richtigerweise auf Art. 4 Abs. 3 Dublin II-VO gestützt, da der minderjährige Beschwerdeführer erst nach der Ankunft seiner Eltern in Österreich geboren wurde.

 

Zur Zuständigkeit Österreichs durch Selbsteintritt

 

Schließlich besteht auch keine Pflicht Österreichs, vom Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO Gebrauch zu machen. Im vorliegenden Fall besteht nämlich kein Grund anzunehmen, dass die Nichtzulassung zum Asylverfahren in Österreich wegen der damit verbunden Ausweisung nach Polen im konkreten Fall einen Verstoß der österreichischen Behörde gegen die Rechte des minderjährigen Beschwerdeführers aus Art. 3 oder Art. 8 EMRK darstellt.

 

Was eine Verletzung von Art. 3 EMRK betrifft, so ergibt sich aus dem festgestellten Sachverhalt (I.4. unter 2.), dass der minderjährige Beschwerdeführer nicht konkret Gefahr läuft, durch die Überstellung nach Polen einer unmenschlichen Behandlung unterworfen zu werden. Dort würde sich sein physischer Gesundheitszustand keinesfalls derart verschlechtern, dass eine medizinische Behandlung in Polen keine Hilfe versprechen würde.

 

Es liegt auch kein Eingriff auf das Recht auf Schutz des Privatlebens vor, da in der Person des minderjährigen Beschwerdeführers nicht von einer verfestigten Integration in Österreich gesprochen werden kann.

 

Was eine Verletzung von Art. 8 EMRK betrifft, so stellt der Asylgerichtshof fest, dass sich das Bundesasylamt im angefochtenen Bescheid mit der familiären Situation des minderjährigen Beschwerdeführers in Österreich befasst hat und zu Recht zu dem Ergebnis gekommen ist, dass - wie sich aus dem festgestellten Sachverhalt (I.4. unter 3.) ergibt - kein über das übliche Maß hinausgehende familiäre Beziehungen zu seiner Tante in Österreich besteht und daher kein Eingriff in das Rechts auf Familienleben vorliegt, wenn der Beschwerdeführer nicht zum Verfahren in Österreich zugelassen würde.

 

Rechtmäßigkeit der Ausweisung

 

Was die Rechtmäßigkeit der Ausweisung nach Polen betrifft, so ergibt sich diese zunächst unmittelbar aus § 10 Absatz 1 Z. 1 AsylG, da der Antrag auf internationalen Schutz - wie oben unter 3.2. dargelegt - vom Bundesasylamt zu Recht zurückgewiesen wurde.

 

Es ergeben sich auch weder aus dem Vorbringen der gesetzlichen Vertreterin des minderjährigen Beschwerdeführers noch aus sonstigen Anhaltspunkten Gründe dafür anzunehmen, dass die sofortige Ausweisung wegen Verstoßes gegen § 10 Abs. 2 AsylG oder gegen § 10 Abs. 3 AsylG unzulässig wäre. Insoweit verweist der Asylgerichtshof auf die oben unter 3.2.2. gemachten Ausführungen.

 

Lediglich der Vollständigkeit halber wird angeführt, dass sowohl die Beschwerde der Mutter als auch die des Vaters des minderjährigen Beschwerdeführers jeweils mit Erkenntnissen des Asylgerichtshofes vom 21.10.2008, GZ. S13 400.841 (Mutter) und GZ. S13 400.840 (Vater), gemäß §§ 5, 10 AsylG als unbegründet abgewiesen und sohin die Ausweisung der gesamten Kernfamilie des minderjährigen Beschwerdeführers nach Polen verfügt wurde.

 

Da die Ausweisung nach Polen rechtmäßig ist, hat das Bundesasylamt auch zu Recht festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung zulässig ist. Dies ergibt sich unmittelbar aus § 10 Abs 4 AsylG.

Schlagworte
Abhängigkeitsverhältnis, Ausweisung, familiäre Situation, Familienverfahren, gesundheitliche Beeinträchtigung, Intensität, real risk, Überstellungsrisiko (ab 08.04.2008)
Zuletzt aktualisiert am
26.01.2009
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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