TE AsylGH Erkenntnis 2008/10/23 D3 241408-2/2008

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Veröffentlicht am 23.10.2008
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Spruch

D3 241408-2/2008/2E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Clemens Kuzminski als Einzelrichter über die Beschwerde des D.G., geb. 00.00.1966, StA. Georgien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 19.9.2008, FZ. 08 07.848-EAST Ost, zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß § 68 Abs. 1 AVG iVm § 10 AsylG als unbegründet abgewiesen.

Text

Entscheidungsgründe:

 

Der Asylwerber, ein georgischer Staatsangehöriger, gelangte am 06. August 2003 nach Österreich und stellte noch am selben Tag einen Asylantrag. Am 07. August 2003 wurde er vom Bundesasylamt, Außenstelle Traiskirchen, zunächst zu seinem Fluchtweg und anschließend wie folgt zu seinen Fluchtgründen einvernommen:

 

F: Können Sie konkrete, gegen Ihre Person gerichtete Verfolgungshandlungen aus politischen, religiösen, rassischen, ethnischen oder sozialen Gründen angeben?

 

A: Nein. Ich hatte ein Lebensmittelgeschäft im K. Rayon. Vor ca. einem Jahr wurde das Geschäft ausgeraubt. Das Geschäft befindet sich neben unserem Wohnhaus. Die Einbrecher kamen zu viert und nahmen das ganze Geld mit und einige Lebensmittel. Danach verließen sie das Geschäft. 3 Monate später kamen sie wieder, ich glaube, es waren dieselben Männer. Diesmal war es in der Nacht und sie drangen in unser Haus ein. Sie forderten von mir 20.000,- US-Dollar. Sie behaupten, dass ich über so einen Geldbetrag verfüge, da ich ein Geschäft führe. Da ich den Geldbetrag nicht hatte, wollten sie meinen Sohn I. mitnehmen. Ich sagte ihnen, dass sie meinen Sohn in Ruhe lassen sollen und mit mir sprechen sollen. Daraufhin verbanden sie mir die Augen und knebelten mich. Dann hackten sie mir den kleinen Finger der rechten Hand ab.

 

Anmerkung: Asylwerber zeigt seine Hand, wo die Fingerkuppe bis zum ersten Glied abgetrennt ist.

 

Wenn ich das Geld gehabt hätte, hätte ich es ihnen gegeben. Sie sagten zu mir, falls ich das Geld nicht aufbringe, werden sie mir noch die restlichen Finger abhacken. Sie haben mir die Augenbinde abgenommen und wollten I. mitnehmen. Ich warf mich auf I. und hielt ihn zurück. Daraufhin stach einer der Männer auf meinen Rücken ein.

 

Anmerkung: Asylwerber zeigt Schnittwunde am Rücken, 2 cm breit, 10 cm lang).

 

Ich versorgte die Wunde bei einem Arzt, der gleich in der Nachbarschaft wohnt. In ein Spital konnte ich nicht gehen, da mir die Männer gedroht hatten, dass sie mich und meine Kinder erschießen würden. Diese Männer bestechen die Polizisten, deswegen werden sie von der Polizei nicht verfolgt. Aus diesem Grund wollte ich nicht zur Polizei zu gehen. Durch die Stichverletzung bin ich zu Boden gestürzt und meine Frau hat laut geschrieen. Die Männer haben daraufhin das Haus verlassen. Wir konnten nicht mehr im K. Rayon bleiben. Es war uns bewusst, dass die Männer wieder kommen würden und Geld von mir fordern würden.

 

F: Haben Sie alle Gründe vorgebracht, die Sie bewogen haben, Ihr Heimatland zu verlassen?

 

A: Ja. Meine Frau wollte auf keinen Fall mehr dort bleiben, sie hatte Angst um unser Leben und um das Leben der Kinder. Vor ca. zwei Jahren gab es einen ähnlichen Vorfall in unserer Nachbarschaft, da wurde der Mann getötet. Wenn man jemanden von der Polizei kennt, wird man mich bedrohen und ausrauben.

 

F: Wann war das genaue Datum, als Sie zuerst von diesen Männern aufgesucht wurden?

 

A: Vor einem Jahr im September.

 

F: Wann war der zweite Vorfall?

 

A: Es war in der Nacht, ich glaube, es war drei Monate später. Wenn ich an den Vorfall denke, bekomme ich eine Gänsehaut. Es war vor dem Jahreswechsel im Dezember, im Jahr 2002.

 

F: Wer waren diese Männer?

 

A: Das weiß ich nicht genau. Bis auf einen trugen alle Handschuhe. Derjenige, der keine Handschuhe trug, nahm eine Wasserflasche in die Hand. Meine Frau trug die Wasserflasche vorsichtig zur Polizei, damit anhand der Fingerabdrücke die Räuber ausfindig gemacht werden können. Ich selbst konnte nicht zur Polizei gehen, da ich mit meiner Schnittwunde zu Hause lag. Der Polizist sagte, dass sie die Flasche dort lassen soll und man uns holen würde, sobald die Täter festgenommen worden wären. Die Polizei hat bis dato nichts unternommen. Sie haben nicht einmal mich zu Hause aufgesucht, um mich zu befragen.

 

F: Hätten Sie die Möglichkeit gehabt, eine übergeordnete Behörde bzw. Polizeikommandantur zu verständigen?

 

A: Ich konnte mich nicht bewegen, meine Frau ging von einer Behörde zur nächsten. Niemand hat uns aber geholfen.

 

F: Wie viele Männer kamen zu Ihnen in das Geschäft bzw. zu Ihnen nach Hause?

 

A: Bei beiden Malen waren es vier Personen, sie waren maskiert und trugen Handschuhe. Nach dem ersten Raubüberfall habe ich einen Bekannten namens D.S. (AFIS: 03 23.711), als Partner aufgenommen, in der Hoffnung, dass uns die Räuber in Zukunft in Ruhe lassen. Wir haben nur zufällig denselben Familiennamen, wir sind nicht verwandt. Er ist mit mir gemeinsam nach Österreich geflüchtet.

 

F: Warum gingen Sie nicht in einen anderen Landesteil in Georgien?

 

A: Meine Frau hatte große Angst, dass sie uns in Tbilisi oder auch in einer anderen Stadt finden würden.

 

F: Was würde geschehen, wenn Sie wieder in Ihr Heimatland nach Georgien zurückkehren müssten?

 

A: Es wird bestimmt schlimmer, wenn ich zurückkehre.

 

F: Warum haben diese Männer ausgerechnet Sie überfallen?

 

A: Sie kamen nicht nur zu mir, vor einiger Zeit gab es einen Fall, wo ein Mann durch einen Bauchstich getötet wurde. Wer über Geld verfügt, wird Opfer von Überfällen. Sie sind zu viert, zu fünft, die Polizisten tun nichts. Jeder sagt das Gleiche, wenn die Polizisten das gewollt hätten, hätten sie die Männer schon längst erwischen können. Diese Männer gehen auch zu Leuten, die Kühe haben oder ein Auto.

 

F: Woher stammen Sie genau?

 

A: Aus dem K. Rayon.

 

F: Diese Männer, die Sie überfallen haben, sind diese auch aus dieser Gegend?

 

A: Es gibt Gerüchte, dass sie aus diesem Ort stammen, aber man sieht sie nicht.

 

F: Aus Sicht der Behörde hätten Sie sehr wohl die Möglichkeit durch Verlegung Ihres Wohnsitzes innerhalb Georgiens, etwa in die Hauptstadt, wo Millionen von Menschen wohnen, diesen Männern zu entkommen, da auszuschließen ist, dass die Männer Sie dort finden.

 

A: Ich könnte hier eine Arbeit finden und Geld verdienen. Ich habe meine Frau und meine Kinder auch weggeschickt, nach Österreich, sie sind zehn Tage vor mir weggegangen, denn ich hatte Angst. Meine Frau hat ja Anzeige erstattet, jedoch habe ich Angst, dass sie uns suchen könnten.

 

F: Warum sollten diese Leute Sie suchen, weil Sie Anzeige erstattet haben?

 

A: Sie haben mich gewarnt, Anzeige zu erstatten. Außerdem haben sie einen Brief geschrieben und in das Haus geworfen, darin stand:

"Willst du nicht, dass deine Kinder am Leben bleiben?"

 

F: Wo ist der Brief?

 

A: Meine Frau hat bei mehreren Stellen Anzeige erstattet und den Brief dorthin gebracht.

 

Vorhalt: Es ist doch ein Widerspruch, wenn Sie einerseits sagen, die Polizei würde nichts unternehmen, andererseits aber diese Männer drohen, Sie sollten keine Anzeige erstatten.

 

A: Die Polizei hat sie wahrscheinlich informiert.

 

Vorhalt: Diese Leute müssten doch Angst vor der Polizei haben, sonst würden sie nicht drohen. Sie sollten keine Anzeige erstatten.

 

A: Wenn man Anzeigen erstattet, dann besteht für diese Männer die Gefahr, dass jemand aus Tbilisi kommt und die Ermittlungen ausgedehnt werden.

 

F: Was passiert dann?

 

A: Dann werden Kommissionsmitglieder auf die Polizei Druck machen, damit die Räuber festgenommen werden. Die Polizisten in meinem Bezirk machen nichts und wollen auch nicht, dass die Räuber festgenommen werden.

 

F: Wollen die Polizisten aus der Hauptstadt das?

 

A: Ja, nur die Bezirkspolizei will das nicht.

 

F: Möchten Sie noch etwas hinzufügen?

 

A: Ich habe erzählt, was passiert ist. Es wäre mir recht, wenn Sie mir Arbeit geben könnten.

 

Mit Bescheid vom 08. August 2003, Zahl: 03 23.710-BAT, wurde unter Spruchteil I. der Asylantrag vom 06. August 2003 gemäß § 7 Asylgesetz abgewiesen und unter Spruchteil II. die Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Asylwerbers nach Georgien ausgesprochen.

 

In der Begründung des Bescheides wurde zunächst die Einvernahme zum Fluchtweg und anschließend die oben bereits vollinhaltlich wiedergegebene Einvernahme zu den Fluchtgründen wiedergegeben, sowie in der Folge Feststellungen zu Georgien getroffen und auch die Quellen hiefür angeführt.

 

Rechtlich begründend wurde anschließend festgehalten, dass die von dem Asylwerber geltend gemachten bzw. befürchteten Übergriffe durch Private seine Flüchtlingseigenschaft nicht begründen könnten, zumal es sich aus dem Vorbringen nicht ergäbe, dass die staatlichen Behörden grundsätzlich nicht in der Lage oder nicht gewillt gewesen wären, ihm Schutz vor Verfolgung zu gewähren. Im Gegenteil, er habe sogar erklärt, dass die Polizei in seiner Wohngegend Angst haben müsse, wenn bei den Zentralstellen in Tbilisi Anzeige erstattet würde. Somit sei eindeutig erkennbar, dass der Staat sehr wohl gegen mafiöse Strukturen vorgehe. Die von dem Asylwerber geltend gemachten bzw. befürchteten Übergriffe durch Private, stellten auch in seinem Heimatstaat strafbare Handlungen dar, die von den zuständigen Strafverfolgungsbehörden der Heimat bei Kenntnis verfolgt und geahndet würden. Es läge jedoch außerhalb der Möglichkeit eines Staates, jeden denkbaren Übergriff Dritter präventiv zu verhindern und könne von keinem Staat verlangt werden, dass er jeden Staatsbürger jederzeit umfassend schützt.

 

Zu Spruchteil II. wurde nach Darstellung der Rechtslage und Judikatur ausgeführt, dass es sich beim Vorbringen des Asylwerbers um Bedrohungen durch Privatpersonen handle, der Asylwerber jedoch nicht vorgebracht habe, dass der Staat diese Maßnahmen gebilligt habe, sodass von einer Bedrohungssituation im Sinne des § 57 Fremdengesetz nicht ausgegangen werden könne und sei daher spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

 

Gegen diesen Bescheid erhob der Asylwerber Berufung. Darin führte er zunächst aus, dass es in dem Bescheid so dargestellt werde, als ob er in Österreich sein Leben verbessern wolle, er habe jedoch begründete Ängste, warum er nicht in sein Heimatland zurückkehren wolle und habe er dies auf den Seiten 3-6 seines Interviews geschildert. Er halte den Bescheid basierend auf grundlosen Begründungen des § A (2), § 1 C und § 1 der Genfer Konvention von 1951 für nicht korrekt und bitte er um Überprüfung des angegebenen Bescheides in Übereinstimmung mit der Deklaration der Menschenrechte, verfasst von der UNO-Versammlung von 1948, § 14 Absatz 1, sowie bitte er um Unterstützung für seine schnellere Befreiung laut Dublin-Konvention von 1999, § 3, Absatz 1,3,4,5,6 und bitte er weiters um die Möglichkeit, ihm ein detailliertes Interview zu geben. Seiner Meinung nach befinde er sich gegen das Gesetz in Schubhaft und widerspreche das den internationalen Normen für Menschenrechte.

 

Am 09. Dezember 2004 langte eine Anzeige gegen den Berufungswerber wegen des Verdachtes des gewerbsmäßigen Diebstahls im Rahmen einer kriminellen Vereinigung, sowie Verdacht des Einbruchsdiebstahls im Rahmen einer kriminellen Vereinigung, sowie des Verdachtes des unbefugten Gebrauches von Kraftfahrzeugen durch den Berufungswerber bei der Berufungsbehörde ein.

 

Die Berufungsbehörde, der Unabhängige Bundesasylsenat, beraumte eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung für den 20. April 2006, zu der sich die Behörde erster Instanz entschuldigen ließ. Der Berufungswerber gab einleitend an, dass er sich Personaldokumente, zum Beispiel einen Führerschein, nach Österreich habe schicken lassen, diese seien ihm jedoch am Westbahnhof gestohlen worden und könne er deswegen keine Personaldokumente vorlegen. Er legte jedoch die Kopie des Kaufvertrages seines Geschäftes, dass er sein Geschäft am 00.00.2000 an einen gewissen H.G. um 10.000 US Dollar verkauft habe, vor. Weiters merkte der Berufungswerber an, dass er bei der Ersteinvernahme in russischer Sprache einvernommen worden sei und nicht sehr gut Russisch spreche.

 

Sodann führte er über Befragen durch den Verhandlungsleiter (unter Beiziehung einer Dolmetscherin für die georgische Sprache) folgendes aus:

 

VL: Welcher Volksgruppe und Religion gehören Sie an?

 

BW: Ich bin Georgier und christlich-orthodox.

 

VL: Wo sind Sie geboren?

 

BW: In C. in Kachetien, im Osten Georgiens.

 

VL: Wo haben Sie im Laufe Ihres Lebens gelebt?

 

BW: Immer in C..

 

VL: Welche schulische oder sonstige Ausbildung haben Sie erhalten?

 

BW: 10 Jahre Grundschule.

 

VL: Haben Sie sich in Georgien politisch betätigt?

 

BW: Ich habe die Invaliden und Pensionisten unterstützt.

 

BW legt Bestätigung der Liga der Invaliden Georgiens vor.

 

BW: Einmal kam zu mir ein gewisser K.S.. Er war der Bezirksvorsitzende der Auferstehungspartei. Er versuchte von mir zu erreichen, dass ich die Pensionisten und Invaliden für seine Partei gewinne und er versprach, die Unterstützung für diese Bevölkerungsgruppen, wenn seine Partei dadurch stärker würde. Ich versprach ihm, Pensionisten und Invaliden von dieser Partei zu überzeugen.

 

VL: Welche berufliche Betätigung haben Sie von wann bis wann ausgeübt?

 

BW: Ich habe Verschiedenes gemacht. Ich habe auf Baustellen gearbeitet, ich habe eine eigene Landwirtschaft gehabt und dann habe ich ein Geschäft aufgemacht. Im Jahre 1999 eröffnete ich ein Lebensmittelgeschäft. Ich habe seit einer Kopfverletzung Probleme mit dem Erinnerungsvermögen.

 

VL: Können Sie dieses Geschäft näher beschreiben, welches Sie hatten?

 

BW: Meine Frau und ich haben dieses Geschäft geführt. Wir hatten keine weiteren Angestellten. Das Geschäft bestand aus 2 Räumen, etwa so groß wie der Verhandlungssaal. Wir haben hauptsächlich Lebensmittel verkauft.

 

VL: Hatten Sie in Georgien Probleme mit Behörden, z.B. Polizei?

 

BW: Einmal wurde mein Geschäft ausgeraubt. Meine Frau ging zur Polizei, um eine Anzeige zu erstatten. Die Polizei unternahm gar nichts. Etwa 3 Monate danach - meine ganze Familie war zu Hause - plötzlich öffnete sich die Tür und es kamen 4 maskierte und bewaffnete Personen herein. Sie haben von mir USD 20.000 verlangt. Ich sagte, dass ich nicht so viel Geld hätte. Ich sagte, da ist mein Geschäft und ihr könnt mitnehmen, was ihr wollt, aber ich habe kein Geld. Sie haben meine Hände gefesselt. Meine Frau und meine Kinder saßen daneben. Sie haben meine Augen verbunden und haben mir angedroht, sie würden mir alle Finger abschneiden, wenn ich ihnen kein Geld gebe. Sie haben mir die Spitze des kleinen Fingers an der rechten Hand mit einem Messer abgeschnitten. Dann haben sie mir die Hände wieder auseinandergebunden und ich habe sehr stark geblutet. Ein Anderer ist mit einem großen Messer auf mich zugegangen und hat mich mit dem Messer zweimal am Kopf verletzt. Ich hatte 2 große Wunden. Dann bin ich zu Boden gefallen und die Kinder haben geweint. Meine Frau hat versucht, sie zu beruhigen. Dann hat einer der Kriminellen mich am Ohr gezogen. Mein Ohr war halb angeschnitten. Dann schnappten sie meinen Sohn I.. Ich war voller Blut, aber ich hörte es noch. Dann haben sie mich mit dem Messer in den Rücken gestoßen und ich fiel nochmals zu Boden. Dann sagten sie, gehen wir, denn jetzt wird er sowieso nicht mehr lang leben. Als der letzte wegging, schnappte ich mit letzter Kraft seine Maske und riss sie ihm herunter. Er war ein gewisser G., der bei der Polizei in G. gearbeitet hat. Ich erkannte ihn nicht sofort. Meine Nachbarn leisteten Erste Hilfe. Die Nachbarn haben mir abgeraten, ins Spital zu gehen.

 

Ich habe K.S. von diesem Vorfall erzählt und beschrieb ihm den einen Kriminellen. Er hat ihn dann auf Grund meiner Beschreibung erkannt. S. hat mir auch abgeraten, zur Polizei zu gehen, weil das alles nichts bringen würde. Er versprach mir, für den Fall des Wahlsieges seiner Partei,mit diesen Leuten abzurechnen. Dann fuhren wir mit S. Auto zur Polizeistation G. und dort erkannte ich diesen Mann wieder.

 

VL: Wann war dieser Vorfall?

 

BW: Im Jahre 2002. Innerhalb von 3 Monaten wurde mein Geschäft ausgeraubt und ich verletzt. Ich glaube es war September. Ich kann mich nicht mehr so genau erinnern.

 

VL: Wie lange waren Sie nach diesem Vorfall noch in Georgien?

 

BW: Danach verkaufte ich mein Haus und mein Geschäft. Mein Bruder, der bei uns gelebt hat, ging von uns weg. Ich erzählte den Invaliden, dass ich sie nicht weiter unterstützen kann und ging zu S. nach G.. Mit allem was ich konnte, habe ich dann diese Auferstehungspartei unterstützt. Ich war noch bis Juli 2003 in Georgien.

 

VL: Wie haben Sie die Auferstehungspartei unterstützt?

 

BW: Ich fuhr mit meinem Auto zu den Invaliden und überzeugte jeden einzelnen, dass sie diese Partei unterstützen sollten. Sie gaben tatsächlich die Stimmen der Auferstehungspartei.

 

VL: Waren damals Wahlen?

 

BW: Ja, 2003 waren Wahlen. Ich fuhr selbst mit K.S. zu Aslan Abaschidze nach B.. Wir trafen uns in einem Restaurant, es war auch ein Prister dabei, namens P.G., der Aslan Abaschidze sehr nahe stand.

 

VL: Was hat sich bei diesem Treffen mit Abaschidze weiter ergeben?

 

BW: Ich habe mich hauptsächlich mit dem Pater unterhalten.

 

VL: Was waren das für Wahlen im Jahre 2003?

 

BW: Es waren Wahlen der Auferstehungspartei. Ich habe nur die Invaliden gebeten, die Auferstehungspartei zu wählen.

 

VL: Wann fanden diese Wahlen genau statt?

 

BW: Als wir zurückfuhren, fragte ich S., wie es mit mir weitergehen soll, da ich alles verkauft hatte. Er versicherte mir, dass alles wieder gut werden würde. Er konnte mir auf meine Frage, was im Falle einer schlechter Wahlergebnisses der Auferstehungspartei geschehen würde, nichts antworten.

 

VL: Wie sind die Wahlen für die Auferstehungspartei ausgegangen?

 

BW: Ich habe nicht mehr so lange gewartet, sondern bin ausgereist. Nachdem mir N.G., jener Polizist der bei dem Überfall auf mich dabei war, gedroht hatte, es würde für mich noch schlimmer werden, wenn ich nicht mit der Auferstehungspartei und K.S. den Kontakt abbrechen. Mit letztem Geld habe ich meine Familie in die Türkei geschickt. Nach 7 Tagen bin ich dann selbst auch ausgereist. Wir haben in der Türkei aus den Augen verloren. Vor 2 Jahren traf ich einen Georgier am Westbahnhof, der mir erzählte, dass eine Frau mit 2 Kindern aus Ungarn abgeschoben worden ist. Nach der Beschreibung hätte das meine Frau sein können. Nach der Auskunft von C.G., der mein Geschäft gekauft hat, befindet sich meine Familie in Russland. Er bat mich auch, nicht mehr anzurufen.

 

VL: Warum haben Sie das Vorbringen betreffend der Unterstützung der Invaliden und auch anschließend der Auferstehungspartei nicht bereits bei der Erstinstanz erstattet?

 

BW: Ich habe das bereits vorgebracht und mit meinem Russisch zu erzählen versucht, aber ich glaube es wurde nicht alles aufgeschrieben.

 

VL: Hätten Sie nicht in einen anderen Teil Georgiens, gefahrlos Aufenthalt nehmen können?

 

BW: Der Chef der Polizei G., war ein mächtiger Mann.

 

VL: Vorhalt: Bei der Erstinstanz haben Sie angegeben, dass nach dem Vorfall, bei dem Sie verletzt wurden, Ihre Frau mit einer Wasserflasche, auf der die Fingerabdrücke eines Verbrechers waren, zur Polizei gegangen ist. Heute sagen Sie, dass Ihnen abgeraten wurde zur Polizei zu gehen und Sie deswegen keine Anzeige gemacht haben. Was stimmt jetzt?

 

BW: Ja, das stimmt, meine Frau ging zur Polizei. Ich habe aber nichts zur Anzeige gebracht, aber auch der Besuch meiner Frau brachte nichts. Sie gaben ihr die Wasserflasche zurück.

 

VL: Was würde mit Ihnen geschehen, wenn Sie nach Georgien wieder zurückkehren müssten?

 

BW: Erst einmal weiß N.G., dass ich ihn erkannt habe. Sie würden alles unternehmen um mich fertig zu machen, auch die anderen 3 Verbrecher.

 

VL: Vorhalt: Bei der Erstinstanz haben Sie aber nichts davon erwähnt, dass Sie einem der Verbrecher die Maske herunter gerissen haben und ihn erkannt haben. Warum?

 

BW: Ich habe alles gesagt, aber anscheinend haben sie es nicht aufgeschrieben.

 

BW verweist auf georgische Zeitungen, in denen über Entführungsfälle berichtet wird.

 

BW: Wenn nicht S. und die Auferstehungspartei an mich herangetreten wären, hätte ich mein Geschäft gehabt und in Ruhe gelebt.

 

VL: Vorhalt: Aslan Abaschidze ist in der Zwischenzeit als Gouverneur von Adscharien abgedankt und nach Russland ausgereist, seine Auferstehungspartei spielt im politischen Leben in Georgien keine Rolle mehr. Warum sollten Sie wegen ihrer seinerzeitigen Unterstützung der Auferstehungspartei heute noch Schwierigkeiten in Georgien befürchten müssen?

 

BW: Die Behörden in Österreich können mit der Liga der Invaliden in G. Kontakt aufnehmen und mein Vorbringen überprüfen.

 

VL: Haben Sie Ihre Berufung, die hauptsächlich aus Rechtsausführungen besteht, selbst geschrieben?

 

BW: Nein, ich habe das einem älteren Russen gezeigt und der hat es für mich geschrieben.

 

VL: Warum erfolgten in Österreich Anzeigen wegen Verdacht des Diebstahles im Rahmen einer kriminellen Vereinigung gegen Sie?

 

BW: Ich habe einmal geholfen, einen Freund sein Auto zu reparieren. Man hat in diesem Auto ein Paket gefunden, das in Verdacht stand, gestohlen zu sein. Es hat sich aber herausgestellt, dass es nicht gestohlen war und wir wurden am nächsten Tag gleich wieder frei gelassen. Warum sollte ich in Österreich etwas stehlen, ich bekomme Sozialhilfe.

 

Am Schluss der Verhandlung hielt der Verhandlungsleiter den Parteien des Verfahrens gemäß § 45 Absatz 3 AVG folgende länderkundlichen Dokumente vor und räumte eine Frist zur Abgabe einer Stellungnahme von vier Wochen ein.

 

Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien des Deutschen Auswärtigen Amtes vom 20. Mai 2005

 

Country Reports on Human Rights Practices 2005 des US Department of State

 

Länderkundliches Gutachten des Oleg TETRUASCHWILI vom 04. November 2005 und vom 16. Februar 2006 (auszugsweise)

 

Auskunft des Deutschen Auswärtigen Amtes für das Verwaltungsgericht Sigmaringen vom 06. Dezember 2004

 

Meldung der Deutschen Welle vom 06. Mai 2004 "Abaschidzes Union der demokratischen Wiedergeburt wird aufgelöst"

 

Am Schluss der Verhandlung führte der Berufungswerber noch aus, dass er der Republik Österreich sehr dankbar sei, sich hier aufhalten zu dürfen und um Asyl bat.

 

Weder von Seiten der Behörde erster Instanz, noch von Seiten des Berufungswerbers ist irgendeine Äußerung zu den vorgehaltenen Dokumenten eingelangt.

 

Mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenats vom 10.08.2006, Zl 241.408/0-VIII/22/03, wurde die Berufung vom 02.09.2003 gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 08.08.2003, Zahl: 03 23.710-BAT, gemäß §§ 7, 8 Asylgesetz abgewiesen. Begründend führte das erkennende Senatsmitglied aus, dass der Antragssteller wohl zu dem auf ihn verübten Überfall konkrete Schilderungen habe machen können, jedoch lediglich sehr vage Angaben zu seinem angeblichen Treffen und seiner Unterstützung von Aslan ABASCHIDSE gemacht habe. Überdies habe sich der Antragsteller hinsichtlich der Anzeigeerstattung bei der Polizei und hinsichtlich des Herunterreißens seiner Maske durch einen Verbrecher widersprochen. Das Vorbringen der Asylwerber habe den Gouverneur Adschariens unterstützt sei auch wenig plausibel, da der Antragsteller keine Beziehungen zu Adscharien habe. Schließlich habe der Antragsteller sein Vorbringen von Übergriffen von Kriminellen auf die Unterstützung von Invaliden und schließlich der Auferstehungspartei gesteigert. Rechtlich begründend wurde sodann ausgeführt, dass es angesichts der völligen Unglaubwürdigkeit des Vorbringens keiner weiteren Erwägungen zur Frage der Asylgewährung bedürfe. Der Vollständigkeit halber wurde noch ausgeführt, dass selbst bei Glaubwürdigkeit des Vorbringens daraus keine Asylgewährung folgen könnte, zumal seit der Ausreise von Aslan ABASCHIDSE die Auferstehungspartei keine politische Größe mehr darstelle und daher keine Verfolgungsgefahr mehr erkennbar sei. Nach Darlegung der bezughabenden Rechtslage und Judikatur wurde zu Spruchpunkt II ausgeführt, dass schon seinem erstinstanzlichen Vorbringen zu entnehmen gewesen sei, dass der georgische Staat aktiv und erfolgreich gegen mafiöse Strukturen vorgehe. Seit der Rosenrevolution gehe die Polizei verstärkt gegen korrupte Beamte und Kriminelle vor, sodass kein real risk einer Verletzung der Artikel 2 und 3 MRK im Falle der Rückkehr erkennbar sei.

 

Gegen diesen Bescheid erhob der Berufungswerber Beschwerde an den Verwaltungsgerichthof, welcher mit Beschluss vom 20.09.2006 aufschiebende Wirkung zuerkannte. Mit Beschluss vom 16.02.2007 wurde die Behandlung der Beschwerde jedoch gemäß § 33a VwGG abgelehnt.

 

Am 28.08.2008 stellte der Asylwerber einen weiteren, seinen zweiten und nunmehr verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Bei seiner am gleichen Tag durch die Polizeiinspektion Traiskirchen durchgeführten Ersteinvernahme gab er an, dass seine Fluchtgründe die gleichen wie beim ersten Antrag seien. Die Situation in Georgien sei nach wie vor unsicher und er sei gegen den jetzigen Präsidenten.

 

Am 03.09.2008 wurde er vom Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle Ost, im Beisein eines Dolmetschers für die georgische Sprache wie folgt einvernommen:

 

F: Hat sich an Ihren persönlichen Daten, im Besonderen am Namen oder am Geburtsdatum etwas geändert oder möchten sie dahingehend neue Angaben machen?

 

A: Nein.

 

F: Haben Sie seit der ersten Antragstellung Österreich verlassen?

 

A: Nein. Ich war 2003 bei der österreichisch-schweizerischen Grenze, wurde aber sofort wieder nach Österreich geschickt.

 

F: Womit haben Sie in Österreich bisher Ihren Lebensunterhalt verdient?

 

A: Ich hatte Sozialhilfe. Außerdem arbeitete ich als Hilfsarbeiter in Wien.

 

F: Stimmen Ihre Angaben bzgl. Ihres Fluchtweges, die Sie bei Ihrer ersten Asylantragstellung angaben?

 

A: Ja.

 

F: Stimmen Ihre Angaben bzgl. Ihres Fluchtgrundes, die Sie bei der ersten Asylantragstellung angaben?

 

A: Ich hatte damals einen Russisch-Dolmetscher, was die Kommunikation etwas schwierig machte. Aber die Gründe, welche ich damals angab, stimmen.

 

F: Warum stellen Sie erneut einen Asylantrag?

 

A: Ich habe mir hier nichts zu Schulden kommen lassen. 2007 wurde ich festgenommen, man hat mich beschuldigt, dass ich von einem Türken Geld erpresst hätte. Ein Jahr und ein Monat habe ich in Untersuchungshaft verbracht. Das Gericht hat mich dann frei gesprochen, weswegen ich jetzt entschädigt werde. Ein Chinese wollte sich in der Zelle aufhängen. Ich wollte ihn retten. Dabei wurde ich aber verletzt (Anm.: AW legt Befunde des AKH vor. Kopien werden zum Akt genommen.).

 

F: Haben Sie Kontakt zu Verwandten bzw. Bekannten in Georgien?

 

A: Nur mit einer Bekannten. Er heißt T.T..

 

F: Hat sich an Ihrer Situation in Ihrem Heimatland seit Ihrem Erstantrag etwas geändert?

 

A: Ich war bei der Partei "Wiedergeburt". Wir waren gegen Saakaschwili. Die georgische Polizei hat angefangen, mich zu verfolgen. Nachgefragt gebe ich an, dass sie 2002 damit anfingen. Sie haben von mir verlangt, aus der Partei auszutreten.

 

F: Warum gaben Sie diese Gründe nicht bei Ihrem Erstverfahren an?

 

A: Ich musste die Einvernahme auf Russisch halten. Ich kannte mich nicht aus, außerdem ging alles sehr schnell. Ich hatte Angst, alles zu sagen. Ich wusste damals noch nicht, dass Österreich ein stabiles Land ist.

 

F: Sie hätten im Berufungsverfahren die Möglichkeit gehabt, Ihr Vorbringen zu ergänzen?

 

A: Beim UBAS habe ich das gesagt und auch Dokumente vorgelegt.

 

F: Welche Probleme erwarten Sie im Falle Ihrer Rückkehr in Ihre Heimat?

 

A: 2007 wurde mein Buchhalter festgenommen. T. hat mir das geschrieben. Ich war im Gefängnis, als ich diesen Brief erhalten habe. Sie glauben immer noch, dass ich Gegner von Saakaschwili finanziere.

 

Vorhalt: Das von Ihnen dargebrachte Vorbringen ist nicht geeignet, einen neuen asylrelevanten Sachverhalt zu begründen, es ist beabsichtigt, Ihren Asylantrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung steht Ihnen nicht zu. Was möchten Sie dazu angeben?

 

A: Seit 2007 hatte ich keine Einvernahme mehr. 2007 habe ich aber den Brief bekommen, dass mein Buchhalter festgenommen wurde.

 

Am gleichen Tag wurde ihm gemäß § 29 AsylG mitgeteilt, dass beabsichtig sei seien Antrag wegen des Vorliegens einer entschiedenen Sache gemäß § 68 Abs 1 AVG zurückzuweisen.

 

Am 10.09.2008 wurde der Beschwerdeführer neuerlich vom Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle Ost, im Beisein eines Dolmetschers für die georgische Sprache wie folgt einvernommen:

 

F: Haben Sie in der EU bzw. in Österreich aufhältige Eltern oder Kinder (Blutverwandtschaft oder durch Adoption begründet) bzw. sonstige Verwandte?

 

A: Nein.

 

F: Leben Sie mit einer sonstigen Person in einer Familiengemeinschaft oder in einer familienähnlichen Lebensgemeinschaft? Falls dies der Fall ist, beschreiben Sie diese Gemeinschaft.

 

A: Nein.

 

F: Möchten Sie noch irgendwelche Befunde vorlegen?

 

A: Ich werde neue Befunde vorlegen.

 

Anm.: Der AW wird darauf hingewiesen, dass es sich bei gegenständlicher Einvernahme um die letzte vor Bescheiderstellung handelt. Ihm wird eine Frist bis zum 15.09.2008 einberäumt, in welcher er die Möglichkeit hat, etwaige neue Befunde vorzulegen.

 

V: Sie haben am 03.09.2008 eine Verfahrensanordnung des Bundesasylamtes gem. § 29/3/4 AsylG 2005 übernommen, in welcher Ihnen mitgeteilt wurde, dass beabsichtigt ist, Ihren Antrag auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache zurückzuweisen. Sie haben nunmehr Gelegenheit, zur geplanten Vorgehensweise des Bundesasylamtes Stellung zu nehmen. Wollen Sie diesbezüglich etwas angeben?

 

A: Wie ich bereits angegeben habe, wurde mein Hauptbuchhalter festgenommen, das hat mir T. geschrieben. Sie glauben bis jetzt, dass ich die Opposition immer noch finanziere.

 

F: Möchten Sie sonst noch etwas sagen?

 

A: Ich habe nichts mehr zu sagen. Wenn Sie aber diesen Brief brauchen, kann ich Ihnen diesen faxen.

 

Anm.: Der AW wird angewiesen, auch den Brief bis zum 15.09.2008 vorzulegen.

 

Am 15.09.2008 legte der Asylwerber einen in Georgisch verfassten Brief vor. Darin berichtet ein gewisser T., dass sich die Situation in Georgien für den Antragsteller weiter verschlechtert habe. L.G. würde nach wie vor Treffen in dem früheren Geschäft des Antragstellers veranstalten. G., dem der Antragssteller sein Geschäft um 10.000 US-Dollar verkauft hätte, habe deswegen Probleme mit der örtlichen Miliz und einem Stellvertreter des Innenministeriums, V.L., bekommen. V. wolle den Antragsteller festnehmen und habe die Familie U. wegen einer ähnlichen Sache töten lassen. Die Situation sei sehr angespannt. G. hätte bei der Polizei unter Folter gestanden, dass er das Haus und Geschäft um 90.000 US-Dollar gekauft hätte und dass die Differenz für die Unterstützung von L.G. aufgewendet worden sei. Auch die Buchhalterin M.T., die zugegeben habe, dass der Antragsteller die Opposition unterstütze, sei verhaftet worden und wegen Landesverrat verurteilt worden. Mitglieder der Invalidenliga, die den Antragsteller verteidigt habe, sei er teilweise verhaftet worden.

 

Der Beschwerdeführer legte auch einen Befund der Universitätsklinik für Unfallchirurgie von Ass. Prof. W.M. vor, welchen zu entnehmen ist, dass am 11.9.2008 eine Kontrolle stattgefunden habe. Diese habe ergeben, dass die Stellung der Wirbelsäule und die Lage der Implantate unverändert seien. Der Patient benötige weiterhin Behandlungen in Form von physikalischer Therapie und Wirbelsäulengymnastik. Eine weitere Röntgenkontrolle sollte in drei Monaten erfolgen. Sollte eine Operation in Zukunft notwendig sein, könne diese voraussichtlich nicht in Georgien durchgeführt werden. Auf Grund dieses Vermerks hielt das Bundesasylamt telefonische Rücksprache mit dem Arzt hinsichtlich der Behandlungsmöglichkeiten. Dieser gab bekannt, dass keine Operation geplant sei und dass er mangels lokalen Kenntnissen keine Aussage zu den Versorgungsmöglichkeiten in Georgien treffen könne.

 

Mit Bescheid vom 19.9.2008, Zahl 08 07.848 EAST-Ost, wies das Bundesasylamt den Antrag auf internationalen Schutz vom 28.08.2008 gemäß § 68 Absatz 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück und wies den Antragssteller gemäß § 10 Abs 1 Z 1 AsylG nach Georgien aus.

 

In der Begründung des Bescheides wurde der bisherige Verfahrensgang und die schon oben wiedergegebenen Einvernahmen dargestellt, Feststellungen zur Lage in Georgien getroffen und die Quellen hierfür angegeben. Beweiswürdigend hielt die erste Instanz fest, dass die Identität des Antragstellers nicht festgestellt werden haben können. Hinsichtlich des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers wurde nach ausführlicher Darlegung des Inhaltes der vorgelegten Befunde festgehalten, dass die letzte im AKH durchgeführte Kontrolle keine weiteren Auffälligkeiten ergeben habe. Eine Rücksprache mit dem Arzt habe des Weiteren ergeben, dass derzeit eine Operation nicht notwendig sei und er auch nicht erklären könne, wieso auf dem Befund vermerkt sei, dass eine Operation in Georgien wahrscheinlich nicht möglich sei. Aus den Länderfeststellungen sei auch ersichtlich, dass lebensnotwendige Operationen jedenfalls verfügbar seien und Notfallbehandlungen auch unabhängig von den finanziellen Ressourcen des Betroffenen gewährt werden würden. Ergänzend wurde an dieser Stelle auf die näher dargelegte Rechtssprechung des VfGH und EGMR zu Artikel 3 MRK verwiesen. Hinsichtlich seines Fluchtgrundes hätte sich keine Neuerung ergeben, zumal er sich zunächst auf das schon im Erstverfahren als unglaubwürdig beurteilte Vorbringen gestützt habe. Hinsichtlich des neuen Vorbringens im Jahr 2007 einen Brief von einem Freund erhalten zu haben, in welchem er über die Verhaftung seines Buchhalters informiert worden sei, sei zu bemerken, dass dieser Brief nicht geeignet sei ein unabhängiges Bescheinigungsmittel darzustellen. Würde man dem von einem Unbekannten verfassten Brief nunmehr Relevanz zusprechen, würde dies zu einer Verschiebung der Beweiswürdigungskompetenz weg von der Behörde hin zum Antragsteller führen. An der Unparteilichkeit und Existenz des Autors dieses Briefes würden erhebliche Zweifel bestehen.

 

In der rechtlichen Begründung wurde nach ausführlicher Darlegung der bezughabenden Rechtslage und Rechtssprechung zu Spruchpunkt I. im Wesentlichen ausgeführt, dass der Asylwerber keine Änderung der maßgeblichen Sachlage, weder im Hinblick auf den Sachverhalt, noch in der Rechtslage, glaubhaft habe machen können. Zu Spruchpunkt II. wurde nach Darstellung der bezughabenden Rechtslage und Rechtsprechung bemerkt, dass der Antragsteller keine Familie in Österreich habe, jedoch ein Eingriff in das Privatleben bestehen würde, da er beabsichtigte sein weiteres Leben in Österreich zu verbringen. Aufgrund der relativ kurzen Aufenthaltsdauer, der Tatsache, dass sich der Asylwerber seines unsicheren Aufenthalts hätte bewusst sein müssen, seiner mehrfachen Verurteilungen und des Bestehens eines rechtskräftigen Aufenthaltsverbotes sei der Eingriff jedoch gerechtfertigt, sodass die Ausweisung zu verfügen gewesen sei.

 

Gegen diesen Bescheid erhob der Antragsteller, vertreten durch Mag. Judith RUDERTSTALLER, Asyl in Not, fristgerecht Beschwerde. Darin wurde zunächst das bisherige Vorbringen des Antragstellers, insbesondere hinsichtlich der Verhaftung seiner Buchhalterin und der Verwendung seines ehemaligen Geschäftslokals als Treffpunkt der Opposition, zusammengefasst. Diese Umstände hätten sich erst nach rechtskräftigem Abschluss seines ersten Asylverfahrens ergeben und würden seine Glaubwürdigkeit steigern. Die Behörde habe gegen ihre "erweiterte Ermittlungspflicht" verstoßen, zumal sie den vorgelegten Brief nicht für weitere Ermittlungen herangezogen habe. So hätte die Behörde amtswegig Unterlagen über die Verhaftung seiner Buchhalterin beschaffen müssen. Im Falle seiner Rückkehr drohe ihm die Verhaftung, was durch die Verhaftung seiner Buchhalterin verdeutlicht werde. Überdies stehe er in Wien in regelmäßigem Kontakt zu den Anführern der Opposition. So habe er im Frühjahr 2008 S.N. getroffen, der ihm mitgeteilt habe, dass sich die Situation in den letzten Jahren nicht gebessert habe und die meisten Unterstützer der Opposition verhaftet worden seien. Diese Tatsache sei jedenfalls als Nachfluchtgrund iSd § 3 Abs 2 AsylG zu berücksichtigen. Überdies habe er sich bei der Hilfeleistung zu einem Selbstmord in der Haft schwere Verletzungen zugezogen. Diese seien bis dato nicht völlig abgeheilt und er benötige jedenfalls weitere medizinische Behandlung. Zur Darlegung der mangelnden medizinischen Versorgung wurde auch auf einen auszugsweise zitierten Bericht verwiesen. Seine Ausweisung nach Georgien würde jedenfalls gegen Artikel 3 MRK verstoßen, da es keine ausreichenden Behandlungsmöglichkeiten in Georgien geben würde und er im Falle eines Bruchs eines Implantats mit einer Querschnittslähmung zu rechnen hätte. Schließlich wurde zur Ausweisung vorgebracht, dass er sich seit 2003 in Österreich aufhalte und hier integriert sei, sodass seine Ausweisung gegen

Artikel 8 MRK verstoßen würde.

 

Der gegenständliche Akt langte am 07.10.2008 beim Asylgerichtshof ein, was dem Bundesasylamt mittels Telefax mitgeteilt wurde.

 

Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

Gemäß § 61 AsylG entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes, soweit nicht etwas anders in § 61 Abs 3 AsylG vorgesehen ist. Gemäß § 61 Abs 3 Z 1 lit c und Z 2 AsylG entscheidet der Asylgerichtshof durch Einzelrichter über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs 1 AVG und über die mit dieser Entscheidung verbundene Ausweisung.

 

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, dann, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 und 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

 

Ist - wie im vorliegenden Fall - Sache im Sinn des § 66 AVG der Entscheidung der Rechtsmittelbehörde nur die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung, darf sie demnach nur über die Frage entscheiden, ob die Zurückweisung durch die Vorinstanz zu Recht erfolgt ist oder nicht und hat demnach entweder das Rechtsmittel abzuweisen oder den bekämpften Bescheid ersatzlos mit der Konsequenz zu beheben, dass die erstinstanzliche Behörde in Bindung an die Auffassung der Rechtsmittelbehörde den gestellten Antrag jedenfalls nicht neuerlich wegen entschiedener Sache zurückweisen darf. Es ist der Rechtsmittelbehörde aber verwehrt, über den Antrag selbst meritorisch zu entscheiden (VwSlG 2066A/1951; VwGH 17.12.1965, 929/65; VwGH 30.10.1991, 91/09/0069; VwGH 30.5.1995, 93/08/0207; Walter/Thienel Verwaltungsverfahren2, 1433). Die Prüfung der Zulässigkeit eines neuerlichen Antrages aufgrund geänderten Sachverhaltes darf ausschließlich anhand jener Gründe erfolgen, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens geltend gemacht worden sind. In der Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid können derartige Gründe nicht neu vorgebracht werden (vgl. VwGH 30.06.1992, Zl. 89/07/0200; 20.04.1995, Zl. 93/09/0341). Dies bezieht sich auf Sachverhaltsänderungen, welche in der Sphäre des Antragstellers gelegen sind. Allgemein bekannte Tatsachen sind dagegen jedenfalls auch von Amts wegen zu berücksichtigen (VwGH 29.06.2000, Zl. 99/01/0400; 07.06.2000, Zl. 99/01/0321).

 

Die Rechtskraft eines ergangenen Bescheides steht der meritorischen Entscheidung über einen neuerlichen Antrag nur dann nicht entgegen und berechtigt daher die Behörde nur dann nicht zur Zurückweisung des Antrages, wenn in dem für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt eine Änderung eingetreten ist. Dabei kann nur eine solche Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung berechtigen und verpflichten, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (vgl. VwGH 24.03.1993, Zl 92/12/0149; 10.06.1998, Zl 96/20/0266). Die objektive (sachliche) Grenze der Wirkung der Rechtskraft wird durch die "entschiedene Sache", das heißt durch die Identität der Verwaltungssache, über die mit einem formell rechtskräftigen Bescheid abgesprochen wurde, mit der im neuen Antrag intendierten, bestimmt. Die durch den Bescheid entschiedene Sache (i.S.d. § 8 AVG) wird konstituiert durch die Relation bestimmter Fakten (die den Sachverhalt bilden) zu bestimmten Rechtsnormen (die den Tatbestand umschreiben) [vgl. Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, (1998), Anm 12 zu § 68 AVG]. Die Identität der Sache liegt dann vor, wenn einerseits weder in der für den Vorbescheid maßgeblichen Rechtslage noch in den für die Beurteilung des Parteibegehrens im Vorbescheid als maßgebend erachteten tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist und sich andererseits das neue Parteibegehren im Wesentlichen (von Nebenumständen, die für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerheblich sind, abgesehen) mit dem früheren deckt (vgl. VwGH 10.06.1998, Zl. 96/20/0266; 21.09.2000, Zl. 98/20/0564). Eine Modifizierung des Vorbringens, die nur für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerhebliche Nebenumstände betrifft, kann an der Identität der Sache nichts ändern.

 

Darüber hinaus muss die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den die oben erwähnte positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann (VwGH vom 21.10.1999, ZI 98/20/0467).

 

Eine neue Sachentscheidung ist nicht nur bei identem Begehren aufgrund des selben Sachverhaltes, sondern, wie sich aus § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG ergibt, auch im Falle des selben Begehrens aufgrund von Tatsachen und Beweismitteln, die schon vor Abschluss des rechtskräftig gewordenen Verfahrens bestanden haben, ausgeschlossen (VwGH vom 16.01.1990, Zl 89/08/0163; VwGH vom 30.09.1994, Zl 94/08/0183; Walter-Thienel a.a.O.). Wie sich aus § 69 Abs. 1 Z. 1 AVG und der dazu ergangenen Judikatur ergibt, setzt eine nachträgliche Änderung des Sachverhaltes, der unter Umständen das Vorliegen einer entschiedenen Sache hindert, voraus, dass es sich um erst nach Abschluss des seinerzeitigen Verfahrens neu entstandene Tatsachen und Beweismittel handelt (VwSlg 15.445A/1928, VwGH vom 18.12.1996, Zl 95/20/0672; Walter-Thienel Verwaltungsverfahren², 1492 mit weiteren Hinweisen) und nicht um Tatsachen, die erst nach Abschluss des Verfahrens hervorgekommen sind.

 

Im Sinne der Rechtsprechung des VwGH war zunächst von Amts wegen zu prüfen, ob der Bescheid, welcher die entschiedene Sache begründen soll, ordnungsgemäß zugestellt wurde, da ohne eine solche der Bescheid nicht in Rechtskraft erwachsen kann und diese eine Vorrausetzung der entschiedenen Sache darstellt (VwGH 28.02.2008, 2005/01/0473-6). Der Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenats vom 10.08.2006, 241.408/0-VIII/22/03, wurde dem Antragsteller am 22.08.2006 durch Hinterlegung zugestellt. Der Bescheid erwuchs damit in Rechtskraft. Die Behandlung der vom Antragsteller in Folge erhobenen Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wurde in der Folge abgelehnt.

 

Der Asylwerber begehrt - wie das Bundesasylamt richtig erkannt hat - in casu die Auseinandersetzung mit seinen bereits im ersten - und rechtskräftig beendeten - Asylverfahren vorhandenen Ausreisegründen. Durch den Grundsatz "ne bis in idem" soll jedoch gerade eine solche nochmalige Auseinandersetzung mit einer bereits entschiedenen Sache, abgesehen von den Fällen der §§ 68 Abs. 2 bis 4, 69 und 71 AVG, nicht erfolgen.

 

Trotz Belehrung über die Rechtslage in der erstinstanzlichen Einvernahme konnte der Berufungswerber nur teilweise einen neuen Sachverhalt ins Treffen führen. Hinsichtlich des nunmehr neuen Vorbringens, dass er seine Verhaftung auf Grund seiner Unterstützung der Opposition fürchte, ist dem Bundesasylamt zuzustimmen, dass das Vorbringen nicht glaubwürdig war. Wie schon die Behörde ausgeführt hat, konnte der Beschwerdeführer seine weitere Verfolgung durch die staatlichen Organe in Georgien durch die Vorlage eines Briefes nicht glaubhaft machen, zumal der Ursprung des Briefes vollkommen unklar ist. Dass dieser Brief unzureichend ist, gesteht die Rechtsvertreterin des Antragstellers sogar in der Beschwerde selbst ein. Dabei war auch zu berücksichtigen, dass dieses neue Vorbringen lediglich eine Aktualisierung des schon im ersten Verfahren als unglaubwürdig beurteilten Vorbringens darstellt. Es ist somit kein glaubwürdiger Kern erkennbar, der eine neuerliche Prüfung des Vorbringens erfordern würde. Zu der erstmalig in der Beschwerde erfolgten Ausführung, dass er nunmehr mit Anführern der Opposition in Kontakt stehe, muss bemerkt werden, dass dieses Vorbringen verspätet erstattet wurde, da der da Asylgerichtshof bei seiner Entscheidung nur das Vorbringens vor der ersten Instanz beurteilen darf (vgl VwGH 30.06.1992, Zl. 89/07/0200; 20.04.1995, Zl. 93/09/0341).

 

Hinsichtlich der in der Beschwerde behaupteten drohenden Verletzung von Artikel 3 MRK ist zunächst zu bemerken, dass nach der Judikatur des EGMR stets ein reales Risiko des drohenden Eingriffs erforderlich ist. Aus der jüngeren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte, in der der Gerichtshof seine im Fall D begründete Linie aufrecht erhalten hat, dabei aber freilich wiederholt zu erkennen gegeben hat, dass es die konkret vorliegenden außergewöhnlichen Umstände waren, die ihn im Fall D. v. The United Kingdom zum Ergebnis einer Verletzung von Art. 3 MRK haben kommen lassen, ergeben sich folgende Rechtssprechungslinien:

 

Der Umstand, dass die medizinischen Behandlungsmöglichkeiten im Zielland schlechter sind als im Aufenthaltsland, und allfälligerweise "erhebliche Kosten" verursachen, ist nicht ausschlaggebend. In der Entscheidung Hukic gg. Schweden, 27.09.2005, Rs 17416/05 wurde die Abschiebung des am Down-Syndrom leidenden Beschwerdeführers nach Bosnien-Herzegowina für zulässig erklärt und wurde ausgeführt, dass die Möglichkeit der medizinischen Versorgung in Bosnien-Herzegowina gegeben sei. Dass die Behandlung in Bosnien-Herzegowina nicht den gleichen Standard wie in Schweden aufweise und unter Umständen auch kostenintensiver sei, sei nicht relevant. Notwendige Behandlungsmöglichkeiten wären gegeben und dies sei jedenfalls ausreichend. Im Übrigen hielt der Gerichtshof fest, dass ungeachtet der Ernsthaftigkeit eines Down-Syndroms, diese Erkrankung nicht mit den letzten Stadien einer tödlich verlaufenden Krankheit zu vergleichen sei.

 

In der Beschwerdesache Amegnigan gg. Niederlande, 25.11.2004, Rs 25629/04, stellte der EGMR fest, dass in Togo eine grundsätzliche adäquate Behandlung der noch nicht ausgebrochenen AIDS-Erkrankung gegeben ist und erklärte die Abschiebung des Beschwerdeführers für zulässig.

 

In der Entscheidung Ramadan & Ahjredini gg. Niederlande vom 10.11.2005, Rs 35989/03 wurde die Abschiebung der Beschwerdeführer nach Mazedonien für zulässig erklärt, da Psychotherapie eine gängige Behandlungsform in Mazedonien ist und auch verschiedene therapeutische Medizin verfügbar ist, auch wenn sie nicht dem Standard in den Niederlanden entsprechen möge.

 

In der Beschwerdesache Ndangoya gg. Schweden, 22.06.2004, Rs 17868/03, sprach der EGMR aus, dass in Tansania Behandlungsmöglichkeiten auch unter erheblichen Kosten für die in 1-2 Jahren ausbrechende AIDS-Erkrankung des Beschwerdeführers gegeben seien; es lagen auch familiäre Bezüge vor, weshalb die Abschiebung für zulässig erklärt wurde.

 

Dass sich der Gesundheitszustand durch die Abschiebung verschlechtert ("mentaler Stress" ist nicht entscheidend), ist vom Antragsteller konkret nachzuweisen, bloße Spekulationen über die Möglichkeit sind nicht ausreichend. In der Beschwerdesache Ovdienko gg. Finland vom 31.05.2005, Nr. 1383/04, wurde die Abschiebung des Beschwerdeführers, der seit 2002 in psychiatrischer Behandlung war und der selbstmordgefährdet ist, für zulässig erklärt; mentaler Stress durch eine Abschiebungsdrohung in die Ukraine ist kein ausreichendes "real risk".

 

Was den vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entschiedenen Fall eines Aids-Kranken im fortgeschrittenen Krankheitsstadium, dessen Abschiebung auf eine kleine Karibikinsel als "unmenschliche Behandlung" iSd Art. 3 EMRK angesehen wurde betrifft (Fall D), so bestehen doch beträchtliche Unterschiede zu dem vorliegenden Fall:

 

Wie das Bundesasylamt schon dargelegt hat, ist ein solches Risiko den vom Beschwerdeführer vorgelegten Befunden nicht zu entnehmen. Im Gegenteil, nach dem aktuellsten Befund bedarf der Antragsteller zwar weiterhin einer physikalischen Therapie und Wirbelsäulengymnastik, von der Notwendigkeit einer Operation sei jedoch nicht auszugehen. Dies wurde vom behandelnden Arzt auch auf Nachfrage des Bundesasylamtes bestätigt.

 

Die Situation des Beschwerdeführers, der derzeit keiner Operation bedarf, ist daher in keiner Weise mit dem vom Europäischen Gerichtshof entschiedenen Fall eines AIDS-Erkrankten im letzten Stadium (der Berufungswerber ist nicht HIV-positiv!) vergleichbar und bestehen auch hinsichtlich der Behandlungsmöglichkeiten in Georgien doch erhebliche Unterscheide zu einer kleinen Karibik-Insel. Die in dem erwähnten Fall bestehenden außergewöhnlichen Umstände liegen im gegenständlichen Fall somit nicht vor.

 

Da sohin nicht ersichtlich ist, dass ein neuer asyl- oder refoulementrelevanter Sachverhalt bzw. eine neue Rechtslage vorliegt, hat das Bundesasylamt den neuerlichen Asylantrag zu Recht wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.

 

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird.

 

Bei der Setzung einer solchen Aufenthalts beendenden Maßnahme kann ein Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienleben vorliegen (Art. 8 Abs. 1 EMRK). In seinem Erkenntnis vom 29. September 2007, Zahl B 1150/07-9, führte der Verfassungsgerichtshof aus, dass das öffentliche Interesse an einer Ausweisung höher wiege, als das Interesse eines Fremden an der Fortsetzung seines Privatlebens, wenn dieses sich bloß auf die lange Aufenthaltsdauer, verursacht durch rechtswidrigen Aufenthalt bzw. aussichtslose Anträge, stütze. Eine Verletzung von Art 8 MRK sei nicht denkbar, wenn die belangte Behörde das Interesse an einer geregelten Einreise und der Befolgung österreichischer Gesetze höher bewerte, als den langjährigen tatsächlichen Aufenthalt im Inland.

 

Das Asylverfahren ist, wie sich aus dem vorangehenden Entscheidungsteil ergibt, wegen entschiedener Sache zurückgewiesen worden. Es liegt kein sonstiger Aufenthaltstitel vor woraus sich der rechtswidrige Aufenthalt des Antragstellers ergibt. Zur Beendigung dieses rechtswidrigen Aufenthaltes ist daher grundsätzlich eine Ausweisung geboten. Ein Familienleben in welches durch die Ausweisung eingegriffen werden würde, wurde vom Beschwerdeführer nicht behauptet, noch ist ein solches erkennbar. Angesichts des nunmehr fünfjährigen Aufenthalts des Antragstellers in Österreich ist jedoch ein Eingriff in sein Privatleben zu prüfen. Erstmals in der Beschwerde führte dieser aus in Österreich gut integriert zu sein, einen großen Freundeskreis zu besitzen und ein wenig Deutsch erlernt zu haben. Angesichts des während der gesamten Dauer bloß durch einen Asylantrag legitimierten Aufenthalts und der nunmehrigen Stellung eines zweiten Antrags ist jedoch im Sinne der Rechtssprechung des EGMR und des VfGH nicht von einem Überwiegen der privaten Interessen des Antragstellers auszugehen, sodass die Ausweisung gerechtfertigt ist.

 

Au

Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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