TE AsylGH Erkenntnis 2008/10/29 S5 313820-1/2008

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Veröffentlicht am 29.10.2008
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Spruch

S5 313.820-1/2008/25E

 

Erkenntnis

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Benda als Einzelrichter über die Beschwerde des S.A., geb.00.00.2007, StA. der Ukraine, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 18.07.2007, Zahl: 07 05.474-EAST-West, zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 5 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 1 abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Der am 00.00.2007 im österreichischen Bundesgebiet geborene nunmehrige Beschwerdeführer beantragte - gesetzlich vertreten durch seinen Vater S.G., 00.00.1981 geb., StA der Ukraine - am 18.07.2007 die Asylgewährung. Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme der Mutter des Antragstellers S.M., 00.00.1981 geb., StA der Ukraine verwies diese in Hinblick auf das angestrengte Verfahren auf ihre eigenen Antragsgründe.

 

Infolge des Voraufenthaltes der Eltern in der Bundesrepublik Deutschland ersuchte Österreich mit E-mail vom 25.06.2007 die Bundesrepublik Deutschland um Übernahme des Asylwerbers gemäß Art 4(3) der Dublin II Verordnung (EG ) Nr. 343 /2003.

 

Mit Fax vom 06.07.2007 erklärte sich die Bundesrepublik Deutschland bereit, den Asylwerber gemäß Art. 4 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates (Dublin II) zu übernehmen.

 

Der Antrag auf internationalen Schutz wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 18.07.2007, Zahl: 07 05.474-EAST West, gem. § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurückgewiesen, sowie festgestellt, dass für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz gemäß Art. 4 Abs. 3 der Dublin Verordnung Deutschland zuständig ist. Die Durchführung der Ausweisung wurde gemäß § 10 Abs. 2 AsylG bis zum 14.09.2007 aufgeschoben.

 

Der Aufschub der Durchführung der Ausweisung basierte auf derselbigen Zuerkennung eines Durchführungsaufschubes an die leiblichen Eltern des Beschwerdeführers.

 

Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben. Mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylamtes vom 09.07.2007 - als vormals zuständiger Rechtsmittelinstanz nach dem AsylG 2005 - wurde die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 18.07.20076, Zahl 07 05.474-EAST West gemäß §§ 5 und 10 AsylG abgewiesen.

 

Der letztgenannte Bescheid wurde mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 29.11.2007, B1649/07-7, wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung aufgehoben. Hiebei wurde darauf verwiesen, dass der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 01.10.2007, G 179, 180/07 die Wortfolge "gleichzeitig mit der Ausweisung auszusprechen, dass" sowie das Wort "ist" am Satzende in § 10 Abs. 3 AsylG (Art. 2 des Fremdenrechtspaketes 2005, BGBl. I Nr. 100/2005) als verfassungswidrig aufgehoben hat. Die belangte Behörde wandte bei Erlassung des zitierten Bescheides die als verfassungswidrig aufgehobene Gesetzesbestimmung an, indem sie die Berufung gegen einen befristet gewährten Durchführungsaufschub, der mit einem (bis zur Entscheidung mit aufschiebender Wirkung) Antrag nicht verlängert werden konnte, abwies.

 

Die Asylanträge des Vaters und der Mutter des nunmehrigen Beschwerdeführers wurden mit Bescheiden des Bundesasylamtes, Zahlen 07 03.827-EAST West, 07 03.823-EAST West jeweils vom 18.07.2007 ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs.1 AsylG als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass für die Prüfung ihrer Anträge auf internationalen Schutz "gemäß § Art. 16 Abs.1 lit. e der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates Deutschland zuständig" sei, gleichzeitig wurden die Eltern des Bf gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Deutschland ausgewiesen und ausgesprochen, dass demzufolge ihre Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Deutschland gemäß § 10 Abs. 4 AsylG zulässig sei, wobei die Durchführung der Ausweisungen gemäß § 10 Abs.3 AsylG bis zum 14.09.2007 aufgeschoben wurde. Mit Bescheiden des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 09.08.2007 wurden die erhobenen Beschwerden gemäß §§ 5 und 10 AsylG mit der Maßgabe abgewiesen, das Satz 2 des Spruchpunktes I zu lauten hat:

 

"Für die Prüfung des Asylantrages auf internationalen Schutz ist gemäß Art. 10 Abs. 1 lit. e des Dubliner Übereinkommens (BGBl. III Nr. 165/1997; D.Ü.) Deutschland zuständig."

 

Die Behandlung der Beschwerden gegen die rechtskräftig ergangenen negativen Entscheidungen der obgenannten Eltern des nunmehrigen Beschwerdeführers wurde mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 29.11.2007, B 1655-1659/07-19 abgelehnt.

 

Der Berufungswerber ist der Sohn der Asylwerber S.M., 00.00.1981, geb., S.G., 00.00.1981 geb. Die Eltern des Berufungswerbers haben in der Bundesrepublik Deutschland Asylanträge gestellt wobei deren Asylverfahren mit Negativentscheidungen endeten. Den Eltern des Antragsstellers wurde vormals als Aufenthaltstitel in der Bundesrepublik Deutschland eine sogenannte Duldung bis 22.08.2007 erteilt. Des Weiteren wird festgestellt, dass die Bundesrepublik Deutschland sich in casu rechtsgültig bereit erklärt, hat den Beschwerdeführer gemäß Art. 4 Abs. 3 der Dublin VO zu übernehmen.

 

Festgestellt wird, dass der seitens Österreichs verfügte Aufschub der Durchführung der genannten Ausweisungen mit 14.09.2007 jedenfalls endete.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

Mit 1.7.2008 ist das Asylgerichtshofgesetz (AsylGHG) in Kraft getreten.

 

§ 61 AsylG 2005 lautet wie folgt:

 

(1) Der Asylgerichtshof entscheidet in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 vorgesehen ist, durch Einzelrichter über

 

Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und

 

Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes.

 

(2) Beschwerden gemäß Abs. 1 Z 2 sind beim Asylgerichtshof einzubringen. Im Fall der Verletzung der Entscheidungspflicht geht die Entscheidung auf den Asylgerichtshof über. Die Beschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden des Bundesasylamtes zurückzuführen ist.

 

(3) Der Asylgerichtshof entscheidet durch Einzelrichter über Beschwerden gegen

 

1. zurückweisende Bescheide

 

a) wegen Drittstaatssicherheit gemäß § 4;

 

b) wegen Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß § 5

 

c) wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG, und

 

2. die mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung

 

(4) Über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde entscheidet der für die Behandlung der Beschwerde zuständige Einzelrichter oder Senatsvorsitzende.

 

Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG ist, wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in

 

Rechtliche Beurteilung:

 

Die Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18.2.2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrages zuständig ist (Dublin II-Verordnung), ist als negative Prozessvoraussetzung hinsichtlich des Asylverfahrens in Österreich konstruiert. Gegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens ist somit die Frage der Zurückweisung des Asylantrages wegen Zuständigkeit eines anderen Staates.

 

Dublin II ersetzt das Dubliner Übereinkommen (Art. 24 Abs. 1 Dublin II-Verordnung) und ist gem. Art. 29 auf Asylanträge anwendbar, die ab 1.9.2003 gestellt werden und gilt - ungeachtet des Zeitpunkts der Stellung des Antrags - ab diesem Zeitpunkt für alle Gesuche um Aufnahme oder Wiederaufnahme von Asylwerbern.

 

Unter Mitgliedsstaaten sind in diesem Zusammenhang auch Norwegen und Island umfasst. Das diesbezüglich vorliegende Übereinkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Republik Island und dem Königreich Norwegen über die Kriterien und Regelungen zur Bestimmung des zuständigen Staates für die Prüfung eines in einem Mitgliedsstaat oder in Island oder Norwegen gestellten Asylantrags verweist inhaltlich auf das Dubliner Übereinkommen, sodass die vom Dubliner Übereinkommen vorgesehene Zuständigkeitsverteilung auch für Norwegen und Island Geltung hat (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. L 093 vom 3.4.2001, S. 40-47).

 

Es ist im gegenständlichen Fall ein Anwendungsfall der Dublin II-Verordnung gegeben.

 

Gemäß § 73 Abs. 1 AsylG tritt das AsylG 2005, BGBl I 100/2005 mit 1.1.2006 in Kraft. Das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl (AsylG 1997), BGBl. I Nr. 76/1997 mit Ausnahme des § 42 Abs. 1 mit Ablauf des 31.12.2005 außer Kraft (§ 73 Abs. 2 AsylG). Da gegenständlicher Antrag am 2.4.2008 gestellt wurde, ist das Asylgesetz 2005 (AsylG) anzuwenden.

 

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG ist "Familienangehöriger" i.S.d. AsylG u. a. der Elternteil eines minderjährigen Kindes, der Ehegatte oder das zum Zeitpunkt der Antragstellung unverheiratete minderjährige Kind eines Asylwerbers. Gemäß § 34 Abs. 1 Z 3 AsylG gilt der Antrag des Familienangehörigen (das Gesetz verweist auf § 2 Z 22 - gemeint ist § 2 Abs. 1 Z 22 - AsylG) eines Asylwerbers auf internationalen Schutz als "Antrag auf Gewährung desselben Schutzes". Die Behörde hat gem. § 34 Abs. 4 AsylG Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind "unter einem" zu führen, und es erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur - insoweit vergleichbaren - Vorgängerbestimmung (§ 10 Abs. 5 AsylG 1997) bedeutet dies auch, dass dann, wenn das Verfahren auch nur eines Familienangehörigen zuzulassen ist, dies auch für die Verfahren aller anderen gilt (VwGH v. 18.10.2005, Zl. 2005/01/0402).

 

Gemäß § 5 Abs. 1 AsylG ist ein nicht gem. § 4 AsylG erledigter Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-V zur Prüfung des Antrages zuständig ist. Mit dem Zurückweisungsbescheid hat die Behörde auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist.

 

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG ist diese Entscheidung mit einer Ausweisung zu verbinden; die Ausweisung gilt gem. § 10 Abs. 4 AsylG stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat.

 

Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG ist eine Ausweisung unzulässig, wenn sie Art. 8 EMRK verletzen würde oder wenn dem Fremden ein nicht auf das AsylG gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt. Würde ihre Durchführung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen und nicht von Dauer sind, Art. 3 EMRK verletzen, so ist gem. § 10 Abs. 3 AsylG gleichzeitig mit der Ausweisung auszusprechen, dass die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben ist.

 

Die vormals den Eltern zugestandenen Aufschübe der Durchsetzung der Ausweisungen sind mit 22.08.2007 ausgelaufen. Die Ausweisungen sind sohin vollstreckbar.

 

Aus Art. 4 Abs 4 Dublin VO ergibt sich, dass jener Staat, der für das Verfahren eines Elternteils eines nach der Ankunft desselben im Mitgliedstaat in diesem geborenen Kindes - wie der Antragsteller, welcher am 00.00.2007 in Österreich geboren wurde - zuständig ist, auch für den Antragsteller selbst zuständig wird.

 

Die Bundesrepublik Deutschland, welche für die Verfahren der Eltern zuständig war, ist somit auch für die Abführung des Verfahrens des Beschwerdeführers zuständig.

 

Schließlich ergeben sich auch aus dem Asylverfahren der Eltern keine Umstände, die einer Abweisung der Beschwerde entgegenstehen könnten. Auf die entsprechenden Bescheide in deren Vefahren wird hiermit ausdrücklich verwiesen. Das Bundesasylamt ist somit zutreffend davon ausgegangen, dass für die Prüfung des vorliegenden Asylantrags die Bundesrepublik Deutschland zuständig ist.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Ausweisung, Familienverfahren
Zuletzt aktualisiert am
23.01.2009
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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