TE AsylGH Erkenntnis 2008/11/13 A11 252293-0/2008

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Veröffentlicht am 13.11.2008
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Spruch

A11 252.293-0/2008/6E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Huber als Vorsitzenden und den Richter Mag. Benda als Beisitzer über die Beschwerde des N.C., 00.0.1986 geb., StA von Nigeria, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 27.7.2004, Zahl: 04 01.057-BAL, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 5.11.2008 in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

1.)

 

Die Beschwerde wird gemäß § 7 AsylG 1997 abgewiesen.

 

2.)

 

Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 1997 idF BGBl. I Nr. 101/2003 iVm § 50 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), wird festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung von N.C. nach Nigeria zulässig ist.

 

3.)

 

Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 1997 1997 idF BGBl. I Nr. 101/2003 wird N.C. aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nigeria ausgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Der Asylwerber ist Staatsangehöriger von Nigeria und am 20.1.2004 ins Bundesgebiet eingereist. Am selben Tag hat er einen Asylantrag gestellt und wurde hieraufhin am 3.2.2004 und am 25.5.2004 vom Bundesasylamt niederschriftlich einvernommen. Sein damaliges Vorbringen wurde im Bescheid des Bundesasylamtes vom 27.7.2004, Zahl: 04 01.057-BAL, im Wesentlichen wiedergegeben, sodass der diesbezügliche Teil des erstinstanzlichen Bescheides auch zum Inhalt des gegenständlichen Bescheides erhoben wird.

 

Im Wesentlichen zusammengefasst behauptete der Asylwerber im Rahmen seiner Einvernahmen vor dem Bundesasylamt, dass sein Vater einem Geheimkult angehört habe und von den Mitgliedern des Geheimkultes getötet worden sei. Sein Vater habe den Mitgliedern des Kultes versprochen, seinen erstgeborenen Sohn in diese Gesellschaft zu initiieren und hätten ihn die Kultmitglieder daher aufgefordert, der Gesellschaft beizutreten. Da er dies verweigert hätte, fürchte er nun, von den Mitgliedern des Kultes ebenfalls getötet zu werden.

 

Das Bundesasylamt hat den Antrag des Asylwerbers mit Bescheid vom 27.7.2004, Zahl: 04 01.057-BAL, abgewiesen und unter einem festgestellt, dass seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Nigeria zulässig ist. Weiters wurde der Asylwerber aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen.

 

Gegen diesen Bescheid hat der Asylwerber fristgerecht Beschwerde (vormals Berufung genannt) erhoben.

 

In der Folge wurde am 5.11.2008 vor dem Asylgerichtshof eine öffentliche mündliche Verhandlung gem. § 67 d AVG durchgeführt, in welcher die erkennenden Richter zur Überzeugung gelangten, dass die Angaben des Asylwerbers zur behaupteten Bedrohungssituation nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmen, wobei sich die Unglaubwürdigkeit aus folgenden Erwägungen ergibt:

 

Da im gegenständlichen Verfahren die Aussage des Antragstellers die zentrale Erkenntnisquelle darstellt, müssen die Angaben des Antragstellers bei einer Gesamtbetrachtung auf ihre Glaubwürdigkeit überprüft werden.

 

Zunächst ist konkret in Bezug auf die vom Asylwerber vorgetragene Bedrohungssituation zu sagen, dass eine sehr große Zahl von afrikanischen Asylwerbern vor den österreichischen Behörden eine ähnlich gelagerte, stereotype Geschichte - nämlich, dass sie seitens privater Sektenmitglieder mit dem Tode bedroht worden seien, wobei sie im gesamten Staatsgebiet des Heimatstaates von diesen Sektenmitgliedern aufgefunden werden würden und sie sich auch nicht an die Polizeibehörden wenden könnten, da diese ebenfalls Sektenmitglieder seien - zu Protokoll gibt, wobei sich in nahezu allen Fällen die behauptete Geschichte als nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmend herausstellt, da sich Asylwerber regelmäßig in Widersprüche verwickeln, die allein den Schluss zulassen, dass es sich bei der vorgetragenen Bedrohungssituation lediglich um eine eingelernte Geschichte handelt. Es ist amtsbekannt, dass Schlepperorganisationen neben dem Transfer vom Heimatland in das gewünschte Gastland den Asylwerbern auch eine Fluchtgeschichte vermitteln, die diese dann vor den Asylbehörden im Gastland zu Protokoll geben sollen, um nach Möglichkeit ein dortiges Aufenthaltsrecht zu erlangen. Da sich die vor den Asylbehörden konkret vorgetragenen Geschichten über lebensbedrohende Sekten und heidnischem Zauber regelmäßig als völlig haltlos herausstellen, da Asylwerber oftmals einfach nicht in der Lage sind, die eingelernte Geschichte in sich stimmiger Weise vorzutragen ohne hiebei in massive und die Glaubwürdigkeit der Geschichte in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise erschütternde Widersprüche zu geraten, ist nach menschlichem Ermessen davon auszugehen, dass es sich bei derlei Geschichten über Bedrohungen durch diverse Kulte um "Schleppergeschichten" handelt. Würde man diese Zusammenhänge in Abrede stellen, so hieße dies die Augen vor der Realität zu verschließen!

 

Vor diesem Hintergrund erscheint es angezeigt, Vorbringen, die gerade eine solche "Sektengeschichte" zum Inhalt haben, kritisch zu betrachten und nicht naiv von vornherein auf die Richtigkeit solcher Angaben zu vertrauen, wobei jedoch völlig klar ist, dass nicht gesagt werden kann, dass eine solche Geschichte immer und jedenfalls falsch ist. Finden sich im Vorbringen eines Asylwerbers eklatante Widersprüche, die allein den Schluss zulassen, dass es sich um eine eingelernte Geschichte handelt, so ist der mangelnde Wahrheitsgehalt des Vorbringens einfach und deutlich erwiesen. In Anbetracht obiger Erwägungen lässt jedoch das bloße Fehlen von derartig eklatanten Widersprüchlichkeiten im Vorbringen eines

 

Asylwerbers noch nicht den Schluss zu, dass seine Angaben zur Bedrohungssituation tatsächlich mit der Wirklichkeit übereinstimmen. Vielmehr muss das Vorbringen bei einer Detail- und Gesamtbetrachtung stimmig erscheinen und müssen die dargelegten Handlungsabläufe einen nachvollziehbaren Sinn ergeben.

 

Generell ist zur Glaubwürdigkeit eines Vorbringens zu sagen, dass eine Aussage grundsätzlich dann als glaubhaft zu qualifizieren ist, wenn das Vorbringen des Asylwerbers hinreichend substantiiert ist; er sohin in der Lage ist, konkrete und detaillierte Angaben über von ihm relevierte Umstände bzw. seine Erlebnisse zu machen. Weiters muss das Vorbringen plausibel sein, d.h. mit überprüfbaren Tatsachen oder der allgemeinen Lebenserfahrung entspringenden Erkenntnissen übereinstimmen.

 

Hingegen scheinen erhebliche Zweifel am Wahrheitsgehalt einer Aussage angezeigt, wenn der Asylwerber den seiner Meinung nach seinen Antrag stützenden Sachverhalt bloß vage schildert oder sich auf Gemeinplätze beschränkt. Weiteres Erfordernis für den Wahrheitsgehalt einer Aussage ist, dass die Angaben in sich schlüssig sind; so darf sich der Antragsteller nicht in wesentlichen Passagen seiner Aussage widersprechen.

 

Diesen Anforderungen werden die Angaben des Asylwerbers nicht gerecht.

 

So fällt auf, dass der Asylwerber vor beiden Instanzen zwar eine im Grundgerüst ähnliche Rahmengeschichte zu Protokoll gab, sich jedoch hinsichtlich nachgefragter Details in Zusammenhang mit den behaupteten Fluchtgründen in massive Widersprüche verstrickte:

 

Der Eindruck der Unglaubwürdigkeit seiner Angaben entsteht zunächst bereits dadurch, dass der Asylwerber noch in der Ersteinvernahme vor dem Bundesasylamt behauptet hatte, den Namen der Geheimgesellschaft nicht zu kennen und dies damit begründet hatte, dass ihn dies "nicht interessiert" hätte, da er nicht in die Gesellschaft initiiert werden hätte wollen (vgl. Aktenseite 14), in der darauffolgenden Einvernahme aber plötzlich (!) in der Lage schien, den Namen des Kultes ("Olumba-Olumba") anzugeben (Aktenseite 22). Vor dem Hintergrund, dass der Asylwerber bei dieser folgenden Einvernahme den Namen des Geheimkultes offensichtlich ohne zu zögern nennen konnte, ist nicht nachvollziehbar, dass er noch in der Ersteinvernahme erklärt hatte, nicht über den Namen des Kultes Bescheid zu wissen, sodass bereits hierdurch der massive Eindruck entsteht, dass es sich beim gesamten Vorbringen um eine erfundene Rahmengeschichte handelt, deren Wahrheitsgehalt der Asylwerber durch eine nachträgliche Anreicherung mit Details vorzutäuschen versuchte.

 

Überhaupt ist an dieser Stelle anzumerken, dass seine ursprüngliche Behauptung, wonach ihn dies (der Name des Geheimbundes) "nicht interessiert" hätte, ausgehend davon, dass seine Bedrohung durch jene Sektenmitglieder für den Asylwerber behauptetermaßen letztlich auslösend für das Verlassen seines Heimatlandes gewesen sein soll, objektiv keinesfalls nachvollziehbar ist und nur ein weiteres Indiz für die Unglaubwürdigkeit der angeführten Fluchtgeschichte darstellt.

 

Als weiterer Widerspruch in den Angaben des Asylwerbers ist anzuführen, dass dieser erstinstanzlich auf die Aufforderung, anzugeben, wie viele Anhänger der Kult gehabt hätte, behauptet hatte, zwar nicht die genaue Mitgliederzahl zu kennen, aus seiner Verwandtschaft jedoch insgesamt fünf Männer dem Kult angehört hätten und seit dem Tod seines Vaters nunmehr vier Personen aus seinem Verwandtenkreis zu den Mitgliedern des Geheimbundes zählen würden (Aktenseite 23). In völligem Gegensatz hierzu gab der Asylwerber im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Asylgerichtshof auf die Frage, ob außer seinem Vater noch jemand (- die Rede war von seiner Verwandtschaft) bei der Gesellschaft gewesen sei, wörtlich an: "Kann sein, das weiß ich nicht." (Verhandlungsprotokoll vom 5.11.2008, Seite 4). Es ist nach menschlichem Ermessen nicht vorstellbar, dass der Asylwerber, so er tatsächlich darüber informiert gewesen wäre, dass mehrere Personen aus seiner Verwandtschaft besagtem Geheimbund angehört hätten, diesen Umstand schlicht vergessen sollte, sodass auch hierdurch der Eindruck der Unglaubwürdigkeit des gesamten Vorbringens verstärkt wird. Soweit der Asylwerber seine diesbezüglich unterschiedlichen Angaben vor dem Asylgerichtshof zu rechtfertigen versuchte, indem er angab, dass er damals gemeint habe, dass 5 Personen aus dem Dorf Mitglieder des Geheimbundes gewesen wären, erscheint dies als bloße Ausrede: So ergibt sich nämlich einerseits aus der im Einvernahmeprotokoll ersichtlichen Art der Fragestellung, dass der Asylwerber in der Ersteinvernahme lediglich aufgefordert war, anzugeben, wieviele Mitglieder der Geheimbund insgesamt hatte, er sohin den Zusatz "aus meiner Verwandtschaft" aus eigenem - dh. ohne die Aufforderung, anzugeben, wie viele Personen explizit aus seinem Verwandtenkreis dem Bund angehören würden - angeführt hatte und ist zudem auszuschließen, dass bei der Protokollierung praktisch ein ganzer Textblock "dazuerfunden" worden wäre. Eine fehlerhaft erfolgte Übersetzung ist im konkreten Fall schon deshalb auszuschließen, da der Asylwerber die Richtigkeit der erfolgten Übersetzung durch seine eigene Unterschrift bestätigt hatte (Aktenseite 26).

 

Letzteres Argument ist dem Asylwerber ebenso in Bezug auf die über beide Instanzen hinweg erfolgten unterschiedlichen Angaben hinsichtlich des Sterbedatums seines Vaters (20.6.2003, vgl. Aktenseite 11 u. 24 vs. 28.6.2003, vgl. Verhandlungsprotokoll vom 5.11.2008, Seite 4) entgegenzuhalten. In diesem Zusammenhang ist weiters zu betonen, dass sich das von ihm vor dem Bundesasylamt angeführte Sterbedatum des Vaters (00.00.2003) in mehreren erstinstanzlichen Einvernahmeprotokollen findet, sodass der Umstand, dass der Asylwerber vor dem Asylgerichtshof 2 Mal den 00.00. genannt hat (Verhandlungsprotokoll vom 5.11.2008, Seiten 4,5,), erneut den Eindruck erweckt, dass dieser lediglich eine schlecht eingelernte Rahmengeschichte zu Protokoll gab, deren Details er mangels entsprechender Vorbereitung nicht stimmig zu reproduzieren vermochte, letztlich nicht erschüttern konnte. Seine diesbezügliche Rechtfertigung, dass er auch in der Berufungsverhandlung stets den 00.00.2003 als Sterbedatum angegeben habe, erscheint als bloße Ausrede, da der 00.00. - wie gesagt - an 2 Stellen des Protokolls aufscheint und nicht nur der Dolmetscher das vom Asylwerber genannte Datum mit "00.00." übersetzt hat, sondern auch der vorsitzende Richter aus eigenem wahrgenommen hat, dass der Asylwerber den 00.00. genannt hat, sodass ein (wiederholtes) Missverständnis auszuschließen ist.

 

Völlig lebensfremd muten schließlich auch die im Rahmen der Ersteinvernahme erstatteten Angaben des Asylwerbers in Zusammenhang mit dem Hintergrund des Todes seines Vaters an, da jener wörtlich erklärt hatte: "Er wurde von diesen Mitgliedern getötet. Er hätte sein Versprechen nicht erfüllt. Mehr weiß ich darüber nicht, denn es geht mich auch nichts an und ich will auch nicht mehr wissen."

(Aktenseite 14). Diese Angaben des Asylwerbers lassen letztlich nur den Schluss zu, dass dieser nicht einmal versucht hat, die näheren Umstände des Todes seines Vaters zu klären (!), was vor dem Hintergrund, dass der Asylwerber zudem behauptet, von den Sektierern selbst mit der eigenen Ermordung bedroht worden zu sein, umso weniger nachvollziehbar erscheint. Anzumerken ist in diesem Zusammenhang, dass der Asylwerber bereits in der zweiten Einvernahme vor dem Bundesasylamt (vgl. Aktenseite 24) und in der Folge auch im Rahmen der Verhandlung vor dem Asylgerichtshof plötzlich sehr wohl in der Lage schien, die genauen Umstände und Hintergründe des Todes seines Vaters eingehender zu erklären, sodass dieses "Nachschieben" von Details zur ins Treffen geführten Fluchtgeschichte letztlich wiederum nur den Eindruck vermittelt, dass der Asylwerber erst später erkannt hat, dass seine (erfundenen) Angaben nicht glaubwürdig erscheinen, wenn er hierzu nicht konkretere Details angibt.

 

Als weiteres Indiz für die Unlaubwürdigkeit der präsentierten Fluchtgeschichte ist schließlich anzuführen, dass der Asylwerber erstinstanzlich sogar an mehreren Stellen angeführt hatte, dass die Mitglieder des Geheimkultes versucht hätten, ihn zu töten (Aktenseite 13 u. 24), wohingegen er vor dem Asylgerichtshof behauptete, lediglich verbal bedroht worden zu sein (Verhandlungsprotokoll vom 5.11.2008, Seite 6), da sich solche gravierenden Widersprüche letztendlich nur damit erklären lassen, dass der Asylwerber keine selbst erlebten Umstände zu Protokoll gegeben hat.

 

Vollends klar wird der Umstand, dass es sich bei dem gesamten Vorbringen des Asylwerbers um ein frei erfundenes Konstrukt handelt, schließlich dadurch, dass er sich auch in zeitlicher Hinsicht in massive Widersprüche verwickelte: So hatte der Asylwerber erstinstanzlich angegeben, sich - nachdem er sein Dorf infolge der Ereignisse in Zusammenhang mit dem Tod seines Vaters im Juni 2003 verlassen hatte - vor seiner endgültigen Ausreise aus Nigeria noch 3 bis 4 Monate in Lagos aufgehalten zu haben (Aktenseite 24), während er vor dem Asylgerichtshof erklärte, er wäre noch 5 oder 6 Monate, jedenfalls bis zum Ende des Jahres (2003, Anm.) im Heimatdorf geblieben, bevor er nach Lagos geflüchtet sei (Verhandlungsprotokoll vom 5.11.2008, Seite 5). Ausgehend davon, dass der Asylwerber bereits im Jänner 2004 im Bundesgebiet eingereist ist, wird nun klar, dass oben wiedergegebene Angaben nicht miteinander zu vereinbaren sind, sondern sich vielmehr gegenseitig ausschließen.

 

Bei einer Abwägung der Gründe, die für die vorgebrachte Bedrohungssituation sprechen - dies ist allein die Behauptung des Asylwerbers, dass er wahrheitsgemäße Angaben erstattet hat - und jener Gründe, die gegen die Glaubwürdigkeit der Behauptungen sprechen, überwiegen die zuletzt Genannten bei weitem, sodass es dem Asylwerber insgesamt betrachtet nicht gelungen ist, sein Vorbringen glaubhaft zu machen und konnte die von ihm ins Treffen geführte Bedrohungssituation für seine Person daher nicht als maßgeblicher Sachverhalt festgestellt werden.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

Mit 1.7.2008 ist das Asylgerichtshofgesetz (AsylGHG) in Kraft getreten.

 

Gemäß § 23 AsylGHG sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Mit 1.1.2006 ist das Asylgesetz 2005 (AsylG) in Kraft getreten.

 

§ 61 AsylG 2005 lautet wie folgt:

 

(1) Der Asylgerichtshof entscheidet in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 vorgesehen ist, durch Einzelrichter über

 

Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und

 

Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes.

 

(2) Beschwerden gemäß Abs. 1 Z 2 sind beim Asylgerichtshof einzubringen. Im Fall der Verletzung der Entscheidungspflicht geht die Entscheidung auf den Asylgerichtshof über. Die Beschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden des Bundesasylamtes zurückzuführen ist.

 

(3) Der Asylgerichtshof entscheidet durch Einzelrichter über Beschwerden gegen

 

1. zurückweisende Bescheide

 

a) wegen Drittstaatssicherheit gemäß § 4;

 

b) wegen Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß § 5

 

c) wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG, und

 

2. die mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung

 

(4) Über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde entscheidet der für die Behandlung der Beschwerde zuständige Einzelrichter oder Senatsvorsitzende.

 

Gem. § 75 Abs. 1, erster Satz, AsylG 2005 (Übergangsbestimmung) sind alle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen.

 

Gemäß § 44 Abs. 3 AsylG 1997 sind die §§ 8, 15, 23 Abs. 3, 5 und 6, 36, 40 und 40a in der Fassung BGBl. I Nr. 101/2003 auf Verfahren zur Entscheidung über Asylanträge und Asylerstreckungsanträge, die bis zum 30.4.2004 gestellt wurden, anzuwenden.

 

Dies gilt jedenfalls für Verfahren, hinsichtlich derer - wie in casu - bereits das Bundesasylamt die novellierte Fassung des Asylgesetzes (BGBl. I Nr. 101/2003) angewendet hat.

 

Gem. § 124 Abs. 2 des ebenfalls mit 1.1.2006 in Kraft getretenen Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) treten, soweit in anderen Bundesgesetzen auf Bestimmungen des Fremdengesetzes 1997 verwiesen wird, an deren Stelle die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes.

 

Ad 1.)

 

Gemäß § 7 Asylgesetz 1997 hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Artikel 1, Abschnitt A, Ziffer 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) droht und keiner der in Artikel 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

 

Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes 1997 ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffs ist die "begründete Furcht vor Verfolgung". Die begründete Furcht vor Verfolgung liegt dann vor, wenn objektiverweise eine Person in der individuellen Situation des Asylwerbers Grund hat, eine Verfolgung zu fürchten. Verlangt wird eine "Verfolgungsgefahr", wobei unter Verfolgung ein Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen ist, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorherigen Aufenthalts zu begründen. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorherigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr. Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen muss.

 

Rechtlich folgt aus dem Umstand, dass dem gesamten Vorbringen des Asylwerbers die Glaubwürdigkeit zu versagen war, dass seine Flüchtlingseigenschaft nicht festgestellt und ihm kein Asyl gewährt werden konnte.

 

Ad 2.)

 

Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 1997 idF BGBl. I Nr. 101/2003 hat die Behörde, im Falle einer Abweisung eines Asylantrages, von Amts wegen bescheidmäßig festzustellen, ob eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist.

 

§ 8 AsylG 1997 verweist durch die Übergangsbestimmung des § 124 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) auf § 50 FPG.

 

Gemäß § 50 Abs. 1 FPG ist die Zurückweisung, die Hinderung an der Einreise, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958 oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre.

 

Gemäß Abs. 2 leg.cit. ist die Zurückweisung oder Zurückschiebung Fremder in einen Staat oder die Hinderung an der Einreise aus einem Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, idF des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974) es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).

 

Gemäß § 50 Abs. 3 FPG dürfen Fremde, die sich auf eine der in Abs. 1 oder Abs. 2 genannten Gefahren berufen, erst zurückgewiesen oder zurückgeschoben werden, nachdem sie Gelegenheit hatten entgegenstehende Gründe darzulegen. Die Fremdenpolizeibehörde ist in diesen Fällen vor der Zurückweisung vom Sachverhalt in Kenntnis zu setzen und hat dann über die Zurückweisung zu entscheiden.

 

Der Prüfungsrahmen des § 50 Abs. 1 FPG wurde durch § 8 AsylG auf den Herkunftsstaat des Fremden beschränkt.

 

Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 50 Abs. 2 FPG wurde bereits unter Spruchpunkt I geprüft und verneint.

 

Der Asylgerichtshof hat somit zu klären, ob im Falle der Verbringung des Asylwerbers in sein Heimatland Art. 2 EMRK (Recht auf Leben), Art. 3 EMRK (Verbot der Folter) oder das Protokoll Nr. 6 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtssprechung erkannt, dass der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen Bedrohung der relevanten Rechtsgüter, hinsichtlich derer der Staat nicht willens oder nicht in der Lage ist, Schutz zu bieten, glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (für viele:

VwGH 26.6.1997, 95/18/1291; 17.7.1997, 97/18/0336).

 

Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind, und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.9.1993, 93/18/0214).

 

Die Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen (VwGH 23.6.1994, 94/18/0295) und muss die drohende Maßnahme von einer bestimmten Intensität sein, ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Art. 3 MRK zu gelangen.

 

Hinsichtlich der Glaubhaftmachung des Vorliegens einer drohenden Gefahr im Sinne des § 50 Abs. 1 FPG ist es erforderlich, dass der Fremde, die für diese ihm drohende Behandlung oder Verfolgung sprechenden Gründe, konkret und in sich stimmig schildert (VwGH 26.6.1997, 95/21/0294), und dass diese Gründe objektivierbar sind (VwGH 5.4.1995, 93/18/0289).

 

Eine solche Glaubhaftmachung ist dem Asylwerber nicht gelungen. Diesbezüglich wird auf obige Beweiswürdigung verwiesen.

 

Es sind weiters keine Umstände amtsbekannt, dass in Nigeria landesweit eine solche extreme Gefährdungslage bestünde, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne des Art. 3 EMRK ausgesetzt wäre und besteht in Nigeria kein solcher internationaler oder innerstaatlicher Konflikt, dass für eine Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt verbunden wäre. Beim Asylwerber handelt es sich um einen volljährigen, jungen Mann, sodass insgesamt betrachtet nicht zu befürchten ist, dass dieser nicht in der Lage wäre, im Falle seiner Rückkehr nach Nigeria für seinen notwendigsten Lebensunterhalt zu sorgen.

 

Ad 3.)

 

Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 1997 idF BGBL. I Nr. 101/2003 hat die Behörde den Bescheid mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Asylantrag abgewiesen ist und die Überprüfung gem. § 8 Abs. 1 AsylG ergeben hat, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Herkunftsstaat zulässig ist.

 

Das Asylverfahren ist, wie sich aus den vorangehenden Entscheidungsteilen ergibt, für den Antragsteller negativ entschieden worden; seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Herkunftsstaat ist zulässig, sodass - falls damit kein unzulässiger Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Asylwerbers - im vorliegenden Erkenntnis seine Ausweisung auszusprechen ist.

 

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in Ausübung dieses Rechts ist gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

Zu den in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (IGMR) zu Art. 8 EMRK entwickelten Grundsätzen zählt unter anderem auch, dass das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Achtung des Familienlebens, das Vorhandensein einer "Familie" voraussetzt.

 

Der Asylwerber verfügt in Österreich - nach eigenen Angaben - über keine familiären Anknüpfungspunkte. Soweit der Asylwerber angibt, in Österreich eine Freundin zu haben, mit der er allerdings nicht zusammenlebe (Verhandlungsprotokoll vom 5.11.2008, Seite 7), ist diese Beziehung schon mangels eines tatsächlichen Zusammenlebens nicht geeignet, vom Schutzbereich des Art. 8 EMRK umfasst zu sein. Die Ausweisung des Asylwerbers stellt daher keinen Eingriff in sein Recht auf Familienleben iSd Art. 8 EMRK dar. Der sich seit bereits nahezu 5 Jahren im Bundesgebiet befindliche Asylwerber war letztlich lediglich aufgrund einer ungerechtfertigten Asylantragstellung zum vorläufigen Aufenthalt berechtigt, sodass das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens im Vergleich zum privaten Interesse am Verbleib des Asylwerbers im Bundesgebiet überwiegt, sodass in casu kein im Sinne des Art 8 EMRK schützenswertes Privatleben vorliegt.

 

Sohin war spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Ausweisung, Glaubwürdigkeit, non refoulement
Zuletzt aktualisiert am
11.02.2009
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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