TE AsylGH Erkenntnis 2008/11/21 A3 224037-0/2008

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.11.2008
beobachten
merken
Spruch

A3 224.037-0/2008/17E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. Holzschuster als Vorsitzende und den Richter Mag. Lammer als Beisitzer im Beisein der Schriftführerin VB Lachmayer über die Beschwerde des J.K., geb. 00.00.1981, StA. Nigeria, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 04.09.2001, FZ. 01 13.903-BAE, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 08.10.2008 zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde von J.K. wird gemäß § 7 AsylG 1997 abgewiesen.

 

Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG i.d.F. BGBl. I 101/2003 i.V.m. § 50 des Fremdenpolizeigesetzes (FPG), BGBl. I 100/2005 wird festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung von J.K. nach Nigeria zulässig ist.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

Der nunmehrige Beschwerdeführer behauptet Staatsangehöriger von Nigeria und am 11.06.2001 illegal in das Bundesgebiet eingereist zu sein. Am 12.06.2001 hat dieser beim Bundesasylamt einen Asylantrag eingebracht und wurde er hierauf hin vom Bundesasylamt im Beisein eines geeigneten Dolmetschers für die englische Sprache niederschriftlich einvernommen. Im Wesentlichen brachte dieser vor, dass er eine Affäre mit der Ehegattin eines Soldaten gehabt habe. Er habe gerade Wachdienst gehabt und sie angesprochen. Sie haben anschließend Geschlechtsverkehr gehabt und habe sie dann Geld von ihm verlangt. Er habe aber nichts außer seinem Gewehr bei sich gehabt. Diese Frau habe ihn dann angezeigt. Sie habe den Vorfall seinem Bataillonkommandanten mitgeteilt und sei er beschuldigt worden sie vergewaltigt zu haben. Er habe dies bestritten und habe sie sich dann einer ärztlichen Untersuchung unterziehen müssen. Der Arzt habe aber bei ihr keine Spermaspuren festgestellt. Er sei dann vom Militärdienst entlassen worden und sei sehr unglücklich gewesen. In seinem Zorn habe er das Haus des Offiziers angezündet, der seine Entlassung ausgesprochen habe. Auch habe er sein Fahrzeug angezündet. Er habe auch die Frau schwer verletzt, mit der er diese kurze Affäre gehabt habe. Seither werde er von der nigerianischen Armee gesucht. Das Haus des Offiziers habe er im März 1999 angezündet. Er habe das Haus des Offiziers lediglich anzünden wollen, habe aber dann festgestellt, dass man es nicht anzünden könne, weil es aus Blech und somit nicht brennbar gewesen sei. Das Auto habe er nicht angezündet. Sein Heimatland habe er wegen der Affäre mit dieser Frau verlassen. Von 1999 bis August 2000 sei er in Lagos gewesen. Wegen der Probleme während des Militärdienstes sei er nach Lagos gefahren. Dann sei er mit einem Sattelschlepper nach Cotonou, Republik Benin, gefahren und schließlich mit einem Schiff und dann mit einem LKW in Österreich am 11.06.2001 eingereist.

 

Mit Schreiben, eingelangt beim Bundesasylamt am 29.06.2001, brachte der Beschwerdeführer vor, dass seine Aussagen vor dem Bundesasylamt vom 12.06.2001 nicht der Wahrheit entsprechen würden. Diese Geschichte sei ihm von einem Schlepper geraten worden. Seine Personaldaten und seine Herkunft seien richtig. Er sei im Jahre 1998 zum Militärdienst in einer Kaserne in Kaduna verpflichtet gewesen. Dabei habe er eine Frau kennen gelernt, die ihm sehr gut gefallen habe. Sie haben dann Geschlechtsverkehr miteinander gehabt und habe sie dann Geld von ihm verlangt, was ihn in seiner Ehre gekränkt habe. Er habe kein Geld bei sich gehabt. Es habe sich ein Streit entwickelt und plötzlich habe sie begonnen laut zu schreien und behauptet, er habe sie vergewaltigt. Aufgrund dieser Anschuldigungen sei sie von einem Militärarzt unersucht worden und habe dieser keine Spermaspuren feststellen können. Er sei darüber sehr überrascht gewesen und habe die Gelegenheit dazu genutzt, um zu behaupten, dass es zu keinem Geschlechtsverkehr gekommen sei. Dennoch sei es zu einem Verfahren vor dem Militärgericht gekommen. Er sei verurteilt worden und unehrenhaft aus dem Militärdienst entlassen worden. Als er die Frau einige Tage später getroffen habe, habe er sich zur Rede gestellt und im Zuge der Auseinandersetzung auch geschlagen. Einige Tage später sei das Haus des Offiziers, sein Name sei Major E., der seine Verurteilung betrieben habe, in Flammen aufgegangen. Er habe damit nichts zu tun gehabt, es sei ihm aber klar, dass er der Tat verdächtigt werden würde, weil man ihm Rachegelüste unterstellt hätte. Er sei daher nach Lagos geflüchtet, habe dort bei einem Freund in einem Friseurgeschäft gearbeitet. Er habe geglaubt, er sei in Sicherheit, jedoch haben Freunde ihm erzählt, dass der Militärgeheimdienst nach ihm suche. Diese Männer haben mit einem Foto von ihm bei ehemaligen Kameraden und Freunden nach ihm gefragt. Im Rahmen der am 16.08.2001 erfolgten niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt wiederholte er im Wesentlichen seine bereits gemachten Angaben und erklärte er, dass eine Woche nach seiner Entlassung das Haus des Kommandanten abgebrannt sei und er in der Folge automatisch als Täter verdächtigt worden sei.

 

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 04.09.2001, FZ. 01 13.903-BAE, wurde der Asylantrag gemäß § 7 AsylG 1997 abgewiesen und die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Nigeria gemäß § 8 AsylG für zulässig erklärt.

 

Mit der fristgerecht eingebrachten Berufung (nunmehr Beschwerde) wird dargelegt, dass aus der Begründung der belangten Behörde nicht hervorgehe, was die Ergebnisse des Ermittlungsverfahren seien und inwieweit diese unbekannt bleibenden Ermittlungsergebnisse dem Vorbringen des Beschwerdeführers widersprechen. Die Argumente der belangten Behörde seien zur Beweiswürdigung nicht nachvollziehbar, da sie unter Heranziehung allgemeiner Feststellungen auf Grund dem Akt nicht entnehmbarer Ermittlungsergebnisse getroffen worden seien. Der Verwaltungsgerichtshof habe bereits wiederholt ausgesprochen, dass die Behörden im Rahmen ihrer Ermittlungspflicht allenfalls vorhandene Zweifel über den Inhalt und die Bedeutung des Vorbringens des Asylwerbers durch entsprechende Erhebungen, insbesondere ergänzende Befragung zu beseitigen haben. Die Behörde habe bei Vorliegen entsprechender Hinweise in geeigneter Weise auf eine Konkretisierung der Angaben des Asylwerbers zu dringen. Eine gewissenhafte Erforschung der tatsächlichen Umstände sei erforderlich. Hätte die Behörde das ihr zustehende Parteiengehör eingeräumt, hätte sie seine Angaben ergänzt. Er hätte nähere Details zu seinen Fluchtgründen angeben können. Hätte die belangte Behörde ihm in den relegierten Punkten Parteiengehör gewährt, hätte er seine Angaben wie oben dargelegt ergänzen können, alle Beweismittel vorlegen können, bzw. die Beweismittel bezeichnen können. Sie wäre damit zu einem anderen, seinem Antrag stattgebenden Bescheid, gelangt. Er habe in der Einvernahme ausführlich dargelegt, dass er bereits Verfolgung ausgesetzt gewesen sei und dass ihm Verfolgung drohe. Die Behörde verkenne, dass es sich bei der drohenden Verfolgung um den Staat zurechenbare Verfolgung im Sinne der Konvention handle. Er habe vor dem Bundesasylamt ausführlich dargelegt, dass er seitens des nigerianischen Militärs Verfolgung ausgesetzt sei. Die Behörde habe tatsachenseitig keinerlei Umstände aufzuzeigen vermocht, dass die nigerianischen Sicherheitsbehörden in der Lage und Willens seien, ihn wirksam vor Übergriffen von Militärangehörigen zu schützen. Die politische Lage in Nigeria, die willkürliche Vorgangsweise gegen politisch Oppositioneller jedes Lagers und die Verstrickung der Exponenten der Sicherheitskräfte mit den Militärs und Milizen müssten der belangten Behörde bekannt sein. Im Fall einer Rückkehr liefe er jedenfalls Gefahr unmenschlicher Behandlung oder Strafe unterworfen zu werden. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde sei er daher in seiner Heimat sehr wohl in Gefahr, asylrelevanter Verfolgung ausgesetzt zu sein. Seine Abschiebung in seine Heimat sei daher gemäß Artikel 3 EMRK sowie gemäß Artikel 33 GFK, gleichlautend wie § 57 FRG, unzulässig.

 

Am 28. März 2003 langte ein Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis beim Unabhängigen Bundesasylsenat ein. Darin wurde mitgeteilt, dass der Beschwerdeführer seine Personalien im Rahmen einer fremdenpolizeilichen Einvernahme am 27.03.2003 geändert habe. Sein Name laute nunmehr K.J., geb. 00.00.1981, in P., Staatsangehöriger von Sierra Leone. Seine bisherigen Ausführungen im Asylverfahren über Nigeria würden nicht den Tatsachen entsprechen.

 

Über diese Berufung (nunmehr Beschwerde) hat der Asylgerichtshof ein ergänzendes Ermittlungsverfahren im Rahmen einer mündlichen Verhandlung durchgeführt. Im Zuge dieser Verhandlung wurde Beweis erhoben durch ergänzende Parteieneinvernehmung des Beschwerdeführers sowie durch Erörterung folgender Berichte:

 

ein vom Beschwerdeführer beschriebenes Blatt Papier (Beilage A);

 

Bericht des Auswärtigen Amtes Berlin über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria, 06. November 2007 (Beilage B);

 

Bericht des US Department of State vom 11. März 2008, Nigeria (Beilage C);

 

ACCORD - Länderbericht vom August 2004, Nigeria (Beilage D);

 

Bericht des Home Office, Nigeria, Jänner 2007 (Beilage E);

 

Landkarte von Nigeria (Beilage F).

 

Auf Grundlage der Ersteinvernahme und der ergänzenden Parteieinvernahme im Rahmen der stattgefundenen öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Asylgerichtshof wird folgender Sachverhalt festgestellt und der Entscheidung zu Grunde gelegt:

 

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Nigeria und lautet sein Name J.K.. Die von ihm behaupteten Fluchtgründe werden der Entscheidung mangels Glaubwürdigkeit nicht zu Grunde gelegt. Der Reiseweg des Beschwerdeführers (Zeitpunkt und Art der Reise von Nigeria nach Österreich) kann nicht festgestellt werden.

 

Zur allgemeinen politischen Situation in Nigeria werden folgende Feststellungen getroffen:

 

Die Situation in Nigeria ist grundsätzlich ruhig, die Staatsgewalt (Polizei und Justiz) funktionsfähig. Anzumerken ist jedoch, dass die nigerianische Bundespolizei in personeller Hinsicht im Vergleich zu westlichen Staaten relativ schlecht ausgestattet und verschiedentlich auch mangelhaft ausgebildet ist, weshalb in einzelnen Bundesstaaten so genannte Bürgerwehren polizeiliche Aufgaben übernommen haben. In einzelnen Landesteilen Nigerias (insbesondere in den nördlichen Bundesstaaten Kano und Kaduna) kommt es wiederholt zu religiös motivierten Auseinandersetzungen zwischen Christen und Moslems. Weiters kommt es im Niger-Delta verschiedentlich zu Auseinandersetzungen zwischen den verfeindeten Volksgruppen Ijaw und Itsekiri. In bestimmten Fällen wurde das Militär zur Niederschlagung von Unruhen eingesetzt. Abgesehen von diesen lokal begrenzten Auseinandersetzungen ist die Situation in Nigeria jedoch ruhig. Im Rahmen der im April 2007 stattgefundenen Wahlen kam es zu gewalttätigen Ausschreitungen in einigen Gliedstaaten, denen Menschen zum Opfer gefallen sind. Die nigerianische Bevölkerung leidet großteils unter Verarmung, doch ist die Basisversorgung der Bevölkerung mit Grundnahrungsmitteln zumindest im städtischen Bereich grundsätzlich gewährleistet. In den Großstädten ist eine ausreichende medizinische Versorgungslage gegeben. Es gibt sowohl staatliche als auch zahlreiche privat betriebene Krankenhäuser.

 

Diese Feststellungen gründen sich auf folgende Beweiswürdigung:

 

Zu der Negativfeststellung hinsichtlich der vom Beschwerdeführer vorgebrachten Fluchtgründe:

 

Der Asylgerichtshof gelangt auf Grundlage der ergänzenden Ermittlungen zum Ergebnis, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers zu den Fluchtgründen nicht glaubhaft ist.

 

Bereits das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seiner Familie weist Ungereimtheiten und Widersprüche auf. So gab er unterschiedliche Vornamen seines Vaters an. Bei der Datenaufnahme vor dem Bundesasylamt erklärte er nämlich, dass der Name seines Vaters J. laute (siehe Seite 41 des erstinstanzlichen Aktes). Im Rahmen der Verhandlung vor dem Asylgerichtshof teilte er jedoch mit, dass sein Vater M. heiße (siehe Seite 2 des Verhandlungsprotokolls OZ 15Z). Darüber hinaus teilte er vor der erstinstanzlichen Behörde mit, dass er drei Schwestern namens R., M. und C. habe (siehe Seite 41 des erstinstanzlichen Aktes). Im Gegensatz dazu erklärte er vor dem Asylgerichtshof, dass seine beiden Schwestern J. und E. heißen. Die Namen seiner Brüder lauten D. und F. (siehe Seite 2 des Verhandlungsprotokolls OZ 15Z). Darüber hinaus ist auf die widersprüchlichen Angaben des Beschwerdeführers im Zusammenhang mit seiner Wohnadresse zu verweisen. So gab er vor dem Bundesasylamt an, in der Stadt K. gelebt zu haben (siehe Seiten 43 und auch 49 des erstinstanzlichen Aktes). Vor dem Asylgerichtshof erklärte er jedoch nicht in der Stadt K. gelebt zu haben (siehe Seite 3 des Verhandlungsprotokolls OZ 15Z). Der Asylgerichtshof ist der Ansicht, dass es dem Beschwerdeführer trotz der geringen Schulausbildung möglich sein müsste, gleich bleibenden Aussagen über seine Wohnadresse und gleich bleibenden Aussagen über den Namen seines Vaters sowie über die Anzahl bzw. die Namen seiner Geschwister zu machen, weshalb diese divergierenden Ausführungen die Unglaubwürdigkeit des Beschwerdeführers bekräftigen. Divergierend sind auch die Angaben über die Todesursache seiner Familienmitglieder. Seinen Angaben vor dem Bundesasylamt zufolge seien R. und M. im Jahr 1996 bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen. Seine Schwester C. sei im Jahr 1999 vergiftet worden (siehe Seite 41 des erstinstanzlichen Aktes). Im Rahmen der Verhandlung erklärte er aber dazu abweichend, dass seine Familie vor drei Jahren bei einem Busunglück umgekommen sei und er nunmehr keine Verwandten in Nigeria mehr habe (siehe Seiten 2 und 3 des Verhandlungsprotokolls OZ 15Z). Auch diese widersprüchlichen Angaben deuten darauf hin, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers nicht den Tatsachen entsprechen kann.

 

Weiters gab er an, eine Affäre mit der Ehegattin eines Soldaten gehabt zu haben. Es sei schließlich zum Geschlechtsverkehr gekommen und habe die Frau von ihm Geld verlangt. Er habe aber nichts außer seinem Gewehr bei sich gehabt und habe ihn die Frau angezeigt. Sie habe diesen Vorfall einem Bataillonkommandanten mitgeteilt. Er sei beschuldigt worden, die Frau vergewaltigt zu haben. Er habe dies bestritten. Er sei dann trotzdem vor dem Militärgericht vorgeführt worden und vom Militärdienst entlassen worden. In seinem Zorn habe er das Haus des Offiziers angezündet, da er seine Entlassung ausgesprochen habe. Etwas später erklärte er, dass er lediglich das Haus habe anzünden wollen. Dann habe er aber festgestellt, dass man es nicht anzünden könne, weil es aus Blech und somit nicht brennbar sei (siehe Seite 7 des erstinstanzlichen Aktes). Mit Schreiben, eingelangt beim Bundesasylamt Außenstelle Wien am 29. Juni 2001 änderte der Beschwerdeführer seine Aussagen jedoch dahingehend ab, dass das Haus des Offiziers der seine Verurteilung betrieben habe, in Flammen aufgegangen sei. Er habe damit nichts zu tun gehabt, es sei ihm aber klar, dass er der Tat verdächtigt werde, weil man ihm Rachegelüste unterstellt habe (siehe Seite 27 des erstinstanzlichen Aktes). Warum er erst mit diesem Schreiben die wahre Geschichte erzählen könne, hat der Beschwerdeführer aber nicht plausibel erklären können.

 

Auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Asylgerichtshof machte der Beschwerdeführer widersprüchliche Angaben. So erklärte er, Soldat von 1997 bis 1999 oder 2000 gewesen zu sein (siehe Seite 3 des Verhandlungsprotokolls OZ 15Z). Etwas später erklärte er im Jahr 1998 aus der Armee entlassen worden zu sein (siehe Seite 4 des Verhandlungsprotokolls OZ 15Z). Auf diesen Widerspruch aufmerksam gemacht, erklärte der Beschwerdeführer lediglich, es sei schon so lange her, man dürfe keine genauen Datumsangaben von ihm erwarten. In diesem Zusammenhang ist noch anzumerken, dass der Beschwerdeführer im Rahmen seiner zweiten Einvernahme vor dem Bundesasylamt erklärte, 1999 aus dem Militär entlassen worden zu sein (siehe Seiten 49 und 53 des erstinstanzlichen Aktes). Auch diese widersprüchlichen Angaben untermauern die Unglaubwürdigkeit des Beschwerdeführers.

 

Weiters ist hervorzuheben, dass der Beschwerdeführer im Rahmen der Verhandlung unbestimmte Angaben gemacht hat. So konnte er nicht angeben, wann das Haus des Offiziers niedergebrannt worden sei (siehe Seite 4 des Verhandlungsprotokolls OZ 15Z). Völlig unverständlich ist es weiters, warum der Beschwerdeführer nicht den Namen der Frau, mit der er die Beziehung gehabt haben soll, angeben konnte (siehe Seite 4 des Verhandlungsprotokolls OZ 15Z). Weiters war er nicht imstande mitzuteilen, wie lange er sich in Cotonou aufgehalten habe (siehe Seite 5 des Verhandlungsprotokolls OZ 15Z). Auch erklärte er, dass er Freunde habe, die beim Military Intelligence arbeiten würden und er durch diese erfahren habe, dass ein Haftbefehl gegen ihn ausgestellt worden sei. Dem Beschwerdeführer war es jedoch nicht möglich alle seine Freunde namentlich zu nennen. Auch wann diese Freunde ihm mitgeteilt haben, dass ein Haftbefehl gegen ihn ausgestellt worden sei, war der Beschwerdeführer nicht imstande zu erklären (siehe Seite 5 des Verhandlungsprotokolls OZ 15Z).

 

Zusammenfassend ist somit aus den Aussagen des Beschwerdeführers, die widersprüchlich und unbestimmt sind, der Schluss zu ziehen, dass er die von ihm geschilderten Ereignisse tatsächlich nicht erlebt hat und er insgesamt unrichtige Angaben zu seiner Bedrohungssituation gemacht hat.

 

Der Asylgerichtshof geht davon aus, dass der Name des Beschwerdeführers J.K. lautet und er Staatsangehöriger von Nigeria ist. Dies im Hinblick darauf, dass der Beschwerdeführer bei der Stellung seines Asylantrages angab aus Nigeria zu stammen und er ferner in der Verhandlung vor dem Asylgerichtshof bei der Datenaufnahme bestätigte, dass sein Name J.K. lautet und er Staatsangehöriger von Nigeria ist. Der Asylgerichtshof hat den Eindruck gewonnen, dass der Beschwerdeführer seine Personalien im Rahmen seiner fremdenpolizeilichen Einvernahme in der Justizanstalt Ried am 27.03.2003 nur deshalb geändert hat, um fremdenpolizeiliche Maßnahmen zu verhindern bzw. zu verzögern.

 

Hinsichtlich des Reiseweges von Nigeria nach Österreich war eine Negativfeststellung zu treffen, weil die diesbezüglichen Angaben des Beschwerdeführers unbestimmt und nicht objektivierbar sind.

 

Die Feststellungen zur allgemeinen Situation in Nigeria ergeben sich aus den in der Verhandlung erörterten Beilagen B bis E. Insbesondere ist auf die Abschnitte I. sowie II.3.1. der Beilage B, sowie auf die Beilage E zu verweisen, woraus sich ergibt, dass derzeit in keinem Teil von Nigeria eine Bürgerkriegssituation herrscht. Vielmehr kommt es lediglich zu vereinzelten lokal begrenzten gewalttätigen Auseinandersetzungen (in der Regel zwischen der Mehrheitsbevölkerung und ethnischen oder religiösen Minderheiten). Die Feststellung betreffend Grundversorgung mit Nahrungsmitteln gründet sich auf den Abschnitt IV.1 der Beilage B.

 

Rechtlich folgt aus dem festgestellten Sachverhalt:

 

1. Gemäß § 75 Abs. 1 AsylG 2005 war dieses Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 (AsylG) zu Ende zu führen. Gemäß § 75 Abs. 7 AsylG 2005 hat über die Berufung, die gemäß § 23 AsylGHG nunmehr als Beschwerde zu gelten hat, der Asylgerichtshof zu entscheiden; da keine der in § 61 Abs. 3 AsylG angeführten Ausnahmen vorliegt, hat der Asylgerichtshof in einem Senat von zwei Richtern zu entscheiden.

 

Gemäß § 7 AsylG hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Art. 1, Abschnitt A, Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) droht und keiner der in Art. 1, Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

 

Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes 1997 ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffs ist die "begründete Furcht vor Verfolgung". Die begründete Furcht vor Verfolgung liegt dann vor, wenn objektiverweise eine Person in der individuellen Situation des Asylwerbers Grund hat, eine Verfolgung zu fürchten. Verlangt wird eine "Verfolgungsgefahr", wobei unter Verfolgung ein Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen ist, welche geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorherigen Aufenthalts zu begründen. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorherigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit im Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr. Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen muss. Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen stellen im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende pro futuro zu erwartende Verfolgungsgefahr dar.

 

Im gegenständlichen Fall sind nach Ansicht des Asylgerichtshofes die dargestellten Voraussetzungen, nämlich eine "begründete Furcht vor Verfolgung" im Sinne von Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK nicht gegeben. Dies im Hinblick darauf, dass der Beschwerdeführer die von ihm behaupteten Fluchtgründe nicht glaubhaft machen konnte.

 

Der Berufung (nunmehr Beschwerde) war demnach hinsichtlich der Abweisung des Asylantrages nicht Folge zu geben.

 

2. Zum Ausspruch über die Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers ist wie folgt auszuführen:

 

Gemäß Art. 5 § 1 des Fremdenrechtspakets BGBl. I 100/2005 ist das FrG mit Ablauf des 31.12.2005 außer Kraft getreten; am 1.1.2006 ist gemäß § 126 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (Art. 3 BG BGBl. I 100/2005; in der Folge: FPG) das FPG in Kraft getreten. Gemäß § 124 Abs. 2 FPG treten, soweit in anderen Bundesgesetzen auf Bestimmungen des FrG verwiesen wird, an deren Stelle die entsprechenden Bestimmungen des FPG. Demnach ist die Verweisung des § 8 Abs. 1 AsylG auf § 57 FrG nunmehr auf die "entsprechende Bestimmung" des FPG zu beziehen, das ist § 50 FPG. Anzumerken ist, dass sich die Regelungsgehalte beider Vorschriften (§ 57 FrG und § 50 FPG) nicht in einer Weise unterscheiden, die für den vorliegenden Fall von Bedeutung wäre. Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, die sich - unmittelbar oder mittelbar - auf § 57 FrG bezieht, lässt sich insoweit auch auf § 50 FPG übertragen.

 

Die Zurückweisung, die Hinderung an der Einreise, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat ist unzulässig, wenn dadurch Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre (§ 8 Abs. 1 AsylG iVm § 50 Abs. 1 FPG) bzw. dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der GFK iVm § 50 Abs. 2 FPG und § 8 Abs. 1 AsylG), es sei denn es bestehe eine inländische Fluchtalternative.

 

Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG iVm § 50 FPG ist die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung eines Fremden demnach unzulässig, wenn dieser dadurch der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen würde (§ 50 Abs. 1 FPG iVm Art. 3 EMRK), wenn sein Recht auf Leben verletzt würde (§ 50 Abs. 1 FPG iVm Art. 2 EMRK) oder ihm die Vollstreckung der Todesstrafe drohen würde (§ 50 Abs. 1 FPG idF BGBl. I 126/2002 iVm Art. 1 des 13. Zusatzprotokolls zur EMRK). Da sich § 50 Abs. 1 FPG inhaltlich weitestgehend mit § 57 Abs. 1 FrG deckt und die Neufassung im Wesentlichen nur der Verdeutlichung dienen soll, kann die bisherige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu § 57 Abs. 1 FrG weiterhin als Auslegungsbehelf herangezogen werden. Nach dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (VwGH 26.6.1997, Zl. 95/18/1293, VwGH 17.7.1997, Zl. 97/18/0336). Voraussetzung für das Vorliegen einer relevanten Bedrohung ist sohin auch in diesem Fall, dass eine von staatlichen Stellen zumindest gebilligte oder nicht effektiv verhinderbare Bedrohung der relevanten Rechtsgüter vorliegt oder dass im Heimatstaat des Asylwerbers keine ausreichend funktionierende Ordnungsmacht mehr vorhanden ist und damit zu rechnen wäre, dass jeder dorthin abgeschobene Fremde mit erheblicher Wahrscheinlichkeit der in § 50 Abs. 1 FPG umschriebenen Gefahr unmittelbar ausgesetzt wäre (vgl. VwGH 95/21/0294 vom 26.6.1997). Unter "außergewöhnlichen Umständen" (z.B. fehlende medizinische Behandlung bei lebensbedrohender Erkrankung) können auch von den Behörden des Herkunftsstaates nicht zu vertretende lebensbedrohende Ereignisse ein Abschiebungshindernis im Sinne von Art. 3 EMRK iVm § 50 Abs. 1 FPG darstellen (Urteil des EGMR in D vs. Vereinigtes Königreich vom 2.5.1997).

 

Auf Basis der Sachverhaltsfeststellungen liegt nach Ansicht des Asylgerichtshofes keine aktuelle Bedrohung im Sinne von § 8 Abs. 1 AsylG vor. Dies im Hinblick darauf, dass der Beschwerdeführer die seine Person betreffenden Fluchtgründe nicht glaubhaft machen konnte.

 

Es besteht auch kein Hinweis auf "außergewöhnliche Umstände" (lebensbedrohende Erkrankung oder dergleichen), die eine Abschiebung im Sinne von Art. 3 EMRK unzulässig machen könnten. Zu verweisen ist diesbezüglich auch auf die Feststellung, wonach in Nigeria keine Bürgerkriegssituation herrscht und die Staatsgewalt funktionsfähig ist. Insbesondere ist darauf zu verweisen, dass die religiös oder ethnisch bedingten Unruhen zeitlich und lokal auf einzelne Städte Nigerias begrenzt sind. Der Beschwerdeführer hat im Übrigen weder eine lebensbedrohende Erkrankung noch einen sonstigen auf seine Person bezogenen "außergewöhnlichen Umstand" behauptet, der ein Abschiebungshindernis im Sinne von Art. 3 EMRK darstellen könnte. Wie aus den Feststellungen hervorgeht, würden dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr keine "außergewöhnlichen Umstände" wie etwa Hungertod, unzureichende medizinische Versorgung, eine massive Beeinträchtigung der Gesundheit oder gar der Verlust des Lebens drohen.

 

Die Beschwerde erweist sich sohin auch hinsichtlich des Ausspruches über die Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Nigeria als nicht berechtigt.

 

Eine Ausweisung war nicht auszusprechen, weil die angefochtene Entscheidung im Hinblick auf die damalige Rechtslage noch keine solche enthielt und die Ausweisungsentscheidung nicht vom Asylgerichtshof als Überprüfungsinstanz nachgetragen werden kann.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Glaubwürdigkeit, non refoulement
Zuletzt aktualisiert am
26.01.2009
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten