TE AsylGH Erkenntnis 2008/12/01 S13 402880-1/2008

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Veröffentlicht am 01.12.2008
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Spruch

S13 402.880-1/2008/2E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. Kirschbaum als Einzelrichterin über die Beschwerde desY. auch Y. alias Y. F., geb. festgestellte Volljährigkeit, StA. Syrien, p.A. European Homecare, Thalham 80, Hauptgebäude 1, 4880 Sankt Georgen, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 05.11.2008, FZ 08 09.205-EAST Ost zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 5, 10 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005, als unbegründet abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

Verwaltungsverfahren und Sachverhalt

 

Verfahren vor dem Bundesasylamt

 

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Syrien, reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein.

 

Am 29.09.2008 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf internationalen Schutz. Eine Eurodac-Abfrage (AS 3) ergab, dass der Beschwerdeführer am 19.08.2007 in Tschechien, am 13.12.2007 in Schweden und am 17.04.2008 in der Slowakei jeweils Asylanträge gestellt hat.

 

Am selben Tag wurde die Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes des Stadtpolizeikommandos Steyr in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch durchgeführt (AS 19).

 

Am 01.10.2008 richtete das Bundesasylamt an die zuständige Behörde in Tschechien ein Wiederaufnahmeersuchen gemäß Art. 16 Abs. 1 lit. e der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrages zuständig ist (in der Folge: Dublin II-VO) (AS 35).

 

Am 01.10.2008 wurde dem Beschwerdeführer bzw. dem Rechtsberater als seinem gesetzlichen Vertreter gemäß § 29 Abs. 3 AsylG mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 AsylG zurückzuweisen und, dass zu diesem Zwecke seit dem 01.10.2008 Konsultationen mit Tschechien gemäß der Dublin II-VO geführt werden (AS 49).

 

Mit Schreiben vom 06.10.2008 gaben die tschechischen Behörden bekannt, dass sie einer Übernahme des Beschwerdeführers nicht zustimmen (AS 97).

 

In der Folge richtete das Bundesasylamt am 06.10.2008 ein Wiederaufnahmeersuchen gemäß Art. 16 Abs. 1 lit. e Dublin II-VO an die zuständigen slowakischen Behörden (AS 103).

 

Dem Beschwerdeführer bzw. dem Rechtsberater als seinem gesetzlichen Vertreter wurden am 06.10.2008 gemäß § 29 Abs. 3 AsylG mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 AsylG zurückzuweisen und, dass zu diesem Zwecke seit dem 06.10.2008 Konsultationen mit der Slowakei gemäß der Dublin II-VO geführt werden (AS 119 und AS 133).

 

Mit Schreiben vom 20.10.2008, erklärte sich die Slowakei gemäß Art. 16 Abs. 1 lit. e Dublin II-VO zur Wiederaufnahme des Beschwerdeführers bereit (AS 139).

 

Am 31.10.2008 wurde der Beschwerdeführer vom Bundesasylamt EAST Ost nach erfolgter Rechtsberatung in Anwesenheit des Rechtsberaters sowie eines geeigneten Dolmetschers für die Sprache Arabisch einvernommen (AS 145).

 

Mit Bescheid vom 05.11.2008, FZ 08 09.205-EAST Ost, zugestellt am 10.11.2008, wies das Bundesasylamt den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz, ohne in die Sache einzutreten, gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurück (in der Folge: angefochtener Bescheid) (AS 163).

 

Im angefochtenen Bescheid weist das Bundesasylamt den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz mit der Begründung zurück, dass gemäß Art. 16 Abs. 1 lit. e der Dublin II-VO die Slowakei für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist (I.). Der Beschwerdeführer wird gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Slowakei ausgewiesen und demzufolge festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in die Slowakei gemäß § 10 Abs. 4 AsylG zulässig ist (II.).

 

Beschwerde (AS 215)

 

Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer am 19.11.2008 Beschwerde beim Bundesasylamt erhoben. Die Beschwerde langte am 25.11.2008 beim Asylgerichtshof ein.

 

In der Beschwerdeschrift hat der Beschwerdeführer im Wesentlichen vorgebracht, dass aufgrund eines slowakischen Visums für die Prüfung seines Asylantrages die Slowakei zuständig sei. Dort sei sein Asylverfahren negativ entschieden worden, und es drohe ihm die Abschiebung nach Syrien. Ferner ist in der Beschwerde das slowakische Asylverfahren als mangelhaft bezeichnet worden und die Befürchtung geäußert worden, die Slowakei vertrete rechtliche Sonderpositionen in Hinblick auf die Gewährung von Asyl oder subsidiären Schutz. Sohin würde im Fall seiner Ausweisung in die Slowakei ein "real risk" der Verletzung seiner Grundrechte bestehen.

 

Beweismittel

 

Als Beweismittel hat der Asylgerichtshof die verschiedenen Vorbringen des Beschwerdeführers und weitere Beweismittel verwendet.

 

Parteivorbringen des Beschwerdeführers

 

1. In der Erstbefragung hat der Beschwerdeführer im Wesentlichen Folgendes angegeben:

 

Der Beschwerdeführer hat angegeben, er sei am 00. 00.1992 geboren.

 

Sein Heimatland habe er verlassen, da sein Vater und sein Onkel einen Menschen getötet hätten. Bei einer Rückkehr fürchte er, dass die Angehörigen des Getöteten ihn aus Rache ebenfalls töten.

 

Er sei vor ca. einem Monat legal aus seinem Heimatland ausgereist und über die Türkei schlepperunterstützt mit PKW und LKW bis Österreich gefahren. Über die Reiseroute könne er nichts sagen, da er die meiste Zeit auf der Ladefläche des LKWs versteckt gewesen sei. Er habe in keinem anderen Land um Asyl angesucht und auch von keinem anderen Land ein Visum erhalten.

 

Auf Vorhalt des Eurodac-Treffers zu Schweden hat der Beschwerdeführer angegeben, er habe sich drei bis vier Monate in Norkhoping aufgehalten und sei im April 2008 ausgereist. Nachdem sein Asylantrag in Schweden abgelehnt worden sei, sei er in die Slowakei und von dort aus mittels Flugzeug nach Syrien abgeschoben worden. Auf Vorhalt, es sei nicht richtig, dass er nur in Schweden einen Asylantrag gestellt habe, gab er an, er bleibe trotz Vorhalt bei seinen Angaben. Auf die Frage, ob er auch in der Slowakei einen Asylantrag gestellt habe, hat er mit "Ja" geantwortet. Er sei mit dem Flugzeug von Schweden in die Slowakei gekommen, wo sein Asylantrag abgelehnt worden sei und von dort zurück nach Syrien geschickt worden. Auf die Frage, ob er auch in einem anderen europäischen Land um Asyl angesucht habe, hat er angegeben, nur in Schweden und der Slowakei. Auf Vorhalt des Eurodoac-Treffers hat er zugegeben, auch in Tschechien einen Asylantrag gestellt zu haben, er sei jedoch der Meinung, dass Tschechien und die Slowakei ein Staat seien.

 

Zu seinem gesundheitlichen Zustand hat er ausgesagt, dass er keine Beschwerden oder Krankheiten habe, die ihn an der Einvernahme hindern würden.

 

Familienangehörige in Österreich oder einem EU-Staat habe er nicht.

 

2. In der Einvernahme am 31.10.2008 hat der Beschwerdeführer sein Vorbringen wie folgt ergänzt bzw. geändert:

 

Der Beschwerdeführer hat wiederholt. er sei am 00. 00.1992 geboren. Auf Vorhalt, er habe im Zuge der Asylantragstellung in Tschechien und auch in der Slowakei angegeben, er sei am 00. 00.1988 geboren, brachte er vor, er habe sich mit gefälschten Dokumenten ausgewiesen. Beweise dafür habe er keine.

 

Auf Vorhalt des Bundesasylamtes, er gelte als volljährig, weil sich aus den Konsultationen zwischen Tschechien und der Slowakei im Zuge der Antragstellung in Tschechien ergeben habe, dass er zuvor in die Slowakei mit einem gültigen Reisepass oder Visum eingereist sei und sich die Slowakei nicht für zuständig erklärt hätte, wenn er mit einem gefälschten Reisepass oder einem gefälschten Visum eingereist wäre, hat der Beschwerdeführer angegeben, alle Dokumente, die er in der Slowakei vorgelegt habe, seien gefälscht gewesen. Auf Wiederholung des obigen Vorhalts mit dem Zusatz, es gebe keine Mitteilung der slowakischen Behörden, dass die Echtheit des Reisepasses oder des Visums in Zweifel gezogen worden seien, hat der Beschwerdeführer wiederholt, der Reisepass und das Visum seien gefälscht gewesen.

 

Auf weiteren Vorhalt des Bundesasylamtes, er habe bei der Erstbefragung angegeben, dass er von der Slowakei in sein Heimatland abgeschoben worden sei, die slowakischen Behörden jedoch mitgeteilt hätten, er habe sich der Abschiebung nach Syrien entzogen, hat der Beschwerdeführer angegeben, in der Slowakei habe man ihm gesagt, dass sein Antrag abgelehnt worden sei und er nach Syrien abgeschoben werde.

 

Einer Ausweisung aus Österreich in die Slowakei stehe entgegen, dass er dorthin nicht zurückwolle. Sein Asylverfahren in der Slowakei sei negativ entschieden worden.

 

Der Beschwerdeführer hat erneut bestätigt, dass er in Österreich bzw. in der EU keine Verwandten habe und auch mit niemandem in Familien- oder familienähnlicher Lebensgemeinschaft lebe.

 

Weitere Beweismittel

 

1. Laut Eurodac-Abfrage hatte der Beschwerdeführer am 19.08.2007 in Tschechien, am 13.12.2007 in Schweden und am 17.04.2008 in der Slowakei jeweils Anträge auf internationalen Schutz gestellt (AS 3).

 

2. Aus dem Schreiben der tschechischen Behörden vom 06.10.2008 ist zu entnehmen, dass sich im Zuge der Asylantragstellung in Tschechien ergeben habe, dass der Beschwerdeführer über ein slowakisches Visum verfügt und die Slowakei aus diesem Grund einer Übernahme des Beschwerdeführers aus Tschechien am 26.09.2007 zugestimmt habe. Die Überstellung habe jedoch nicht durchgeführt werden können, da der Beschwerdeführer flüchtig gewesen sei. Darüber seien die slowakischen Behörden am 01.10.2007 informiert worden und sei diesen mitgeteilt worden, dass sich sohin gemäß Art. 19 Abs. 4 Dublin II-VO die Überstellungsfrist auf 18 Monate verlängert habe. Sohin sei nach Ansicht der tschechischen Behörden ist die Slowakei nach wie vor der zuständige Mitgliedstaat (AS 97).

 

3. Die slowakischen Behörden haben auf das Ersuchen des Bundesasylamtes auf Wiederaufnahme ihre Zustimmung "gemäß Art. 16 Abs. 1 lit. e" Dublin II-VO erklärt (AS 139).

 

Sachverhalt nach Beweiswürdigung

 

Nach Würdigung des Beschwerdeführervorbringens und der sonstigen Beweismittel stellt sich dem Asylgerichtshof folgender Sachverhalt dar:

 

1. Der Beschwerdeführer ist volljährig.

 

Dies ergibt sich sowohl aus dem Schreiben der tschechischen als auch aus dem der slowakischen Behörde. Gegenüber beiden Behörden hat der Beschwerdeführer sein Geburtsdatum mit 00. 00.1988 angegeben.

 

Darüber hinaus hat das Bundesasylamt zutreffend ausgeführt, dass die Slowakei der Übernahme des Beschwerdeführers nicht zugestimmt hätte, wenn dessen Visum für die Slowakei gefälscht gewesen wäre. Anhaltspunkte für eine derartige Fälschung der Dokumente sind jedoch im gesamten Verfahren nicht hervorgekommen, insbesondere nicht von den slowakischen Behörden mitgeteilt worden. Die gegenteilige Behauptung des Beschwerdeführers konnte durch nichts belegt werden und stellt damit lediglich eine Schutzbehauptung dar.

 

Nur ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer die Behauptung minderjährig zu sein in der Beschwerde nicht mehr aufrecht erhält und den diesbezüglichen Ausführungen im angefochtenen Bescheid nicht entgegengetreten ist. Zudem hat der Beschwerdeführer die Beschwerde selbst - und nicht durch einen gesetzlichen Vertreter - eingebracht bzw. unterzeichnet.

 

2. Der Beschwerdeführer ist mit einem Visum zunächst in die Slowakei und dann nach Tschechien eingereist, wo er seinen ersten Asylantrag stellte. Einer Rückführung in die Slowakei hat er sich durch Flucht nach Schweden entzogen, wo er einen erneuten Asylantrag stellte. Nach seiner Rückführung in die Slowakei hat er dort einen weiteren Asylantrag gestellt, der negativ beschieden wurde. Der Beschwerdeführer entzog sich daraufhin der Abschiebung nach Syrien durch Flucht nach Österreich, wo er den gegenständlichen Asylantrag stellte. Zwischen der Antragstellung in der Slowakei am 17.04.2008 und jener in Österreich am 29.09.2008 hat der Beschwerdeführer das Gebiet der Mitgliedstaaten nicht verlassen, insbesondere wurde er nicht von der Slowakei nach Syrien abgeschoben oder ist dorthin freiwillig ausgereist.

 

Die Einreise in die Slowakei mit gültigem Visum und die Aufenthalte/Asylanträge in Schweden und Tschechien ergeben sich, erstens, aus den Eurodac-Abfragen, zweitens, aus dem Schreiben der tschechischen Behörden vom 06.10.2008 sowie, drittens, aus jenem der slowakischen Behörden vom 20.10.2008.

 

Die Tatsache, dass der Beschwerdeführer vor der Einreise nach Österreich nicht - wie zunächst behauptet - vor der Einreise nach Österreich nach Syrien zurück gekehrt ist, ergibt sich aus dem eigenen Vorbringen des Beschwerdeführers, der seine Behauptung in der Erstbefragung, er sei von der Slowakei nach Syrien abgeschoben worden, im Rahmen der Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 31.10.2008 dahingehend relativiert hat, dass man ihm in der Slowakei lediglich gesagt habe, sein Antrag abgelehnt worden sei und dass er nach Syrien abgeschoben werde sollte. Eine tatsächliche Abschiebung hat der Beschwerdeführer dort nicht mehr behauptet. Weiters ist auszuführen, dass der Beschwerdeführer auch in der Beschwerde selbst nicht mehr behauptet hat, in Syrien gewesen bzw. nach Syrien abgeschoben worden zu sein.

 

3. Es besteht keine Gefahr, dass der Beschwerdeführer in der Slowakei einer Bedrohung oder Verfolgung ungeschützt ausgesetzt ist.

 

Hiezu ist zunächst auszuführen, dass der Beschwerdeführer selbst auf die mehrmaligen Fragen des Bundesasylamtes, was gegen eine Ausweisung bzw. eine Überstellung in die Slowakei sprechen würde, lediglich unsubstantiiert angegeben hat, er wolle nicht in die Slowakei. Zum erstmaligen Vorbringen in der Beschwerdeschrift, wonach die Asylverfahren in der Slowakei mangelhaften seien, ist anzuführen, dass dieses in keiner Weise einen Bezug zum Beschwerdeführer selbst aufzeigt, sondern lediglich allgemein gehalten ist und zudem den insoweit aus der Sicht des Asylgerichtshofes unbedenklichen Länderfeststellungen des Bundesasylamts widerspricht.

 

Nach diesen Länderfeststellungen wird nämlich in der Slowakei ein den europarechtlichen Vorgaben entsprechendes Asylverfahren mit einer Berufungsmöglichkeit gegen negative Entscheidungen und einer gerichtlichen Überprüfbarkeit durchgeführt. Neben der Möglichkeit der Asylgewährung ist im slowakischen Asylverfahren der Schutz vor Refoulement vorgesehen. Asylwerber haben während der Verfahrensdauer Anspruch auf Unterkunft, Verpflegung, Hygieneprodukte, Taschengeld und die Möglichkeit des Besuches eines kostenlosen Slowakischkurses. Ferner werden auch die Kosten für notwendige medizinische Betreuungen übernommen. Dem Asylgerichtshof sind keine Änderungen dieser Bestimmungen bekannt und sind insbesondere keine Verstöße der slowakischen Behörden gegen diese sowie die europarechtlichen Bestimmungen bekannt.

 

4. Der Beschwerdeführer leidet nicht an einer Erkrankung, welche einer Überstellung in die Slowakei entgegenstehen könnte. Dies ergibt sich aus dem eigenen Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach er unter keinen gesundheitlichen Beschwerden leide.

 

5. Der Beschwerdeführer hat nach eigenen Angaben keine verwandtschaftlichen Beziehungen in Österreich oder im Bereich der Europäischen Union.

 

Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

Rechtlicher Rahmen

 

Gemäß § 73 Abs. 1 und § 75 des Bundesgesetzes über die Gewährung von Asyl, BGBl. I Nr. 100/2005 (in der Folge: AsylG) iVm § 1 AsylG ist das oben angeführte Gesetz auf Anträge auf internationalen Schutz anzuwenden, die ab dem 01.01.2006 gestellt wurden. Daraus folgt, dass für das gegenständliche Asylverfahren das AsylG 2005 anzuwenden ist.

 

Gemäß § 5 Abs. 1 AsylG Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat auf Grund der Dublin II-VO zur Prüfung des Antrages zuständig ist. Mit dem Zurückweisungsbescheid hat die Behörde auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist.

 

Gemäß § 5 Abs. 3 AsylG, ist, sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder bei der Behörde offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Mitgliedstaat der Dublin II-VO Schutz vor Verfolgung findet. Diesem Grundsatz entspricht auch die durch das AsylG 2005 eingeführte gesetzliche Klarstellung des § 5 Abs 3 AsylG, die Elemente einer Beweislastumkehr enthält. Dabei ist mitzubeachten, dass Asylwerber in ihrer besonderen Situation häufig keine Möglichkeit haben, Beweismittel vorzulegen (wobei dem durch das Institut des Rechtsberaters begegnet werden kann) (VwGH, 23.01.2007, Zl. 2006/01/0949).

 

Nach Art. 3 Abs. 1 Dublin II-VO wird ein Asylantrag, den ein Drittstaatsangehöriger an der Grenze oder im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates stellt, von jenem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III (Artikeln 6 bis 13 Dublin II-VO) zuständig ist, wobei die dort geregelten Zuständigkeitskriterien nach Art. 5 Abs. 1 Dublin II-VO "in der in diesem Kapitel genannten Reihenfolge" Anwendung finden.

 

Nach Art. 9 Abs. 2 Dublin II-VO ist jener Mitgliedstaat, in den ein Asylwerber mit einem gültigen Visum einreist, für die Prüfung des Asylantrags zuständig.

 

Gemäß Art. 16 Abs. 1 lit e Dublin II-VO ist der Mitgliedstaat, der nach der Dublin II-VO zur Prüfung des Asylantrages zuständig ist, gehalten, einen Drittstaatsangehörigen, dessen Antrag er abgelehnt hat und der sich unerlaubt im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält, nach Maßgabe des Artikels 20 wieder aufzunehmen.

 

Gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO kann jeder Mitgliedstaat einen Asylantrag prüfen, auch wenn er nach den Kriterien der Art. 6 bis 13 Dublin II-VO nicht zuständig ist.

 

Gemäß § 10 AsylG ist ein Bescheid über einen Asylantrag mit einer Ausweisung in einen bestimmten Staat zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückgewiesen (Absatz 1 Ziffer 1) wird und keiner der in § 10 Absatz 2 und Absatz 3 AsylG festgelegten Gründe für die Unzulässigkeit der Ausweisung des vorliegt.

 

Gemäß § 10 Absatz 4 AsylG gilt eine Ausweisung wegen Zurückweisung des Antrags auf internationalen Schutz als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Asylwerbers.

 

Zulässigkeit der Beschwerde und Verfahren vor dem Asylgerichtshof

 

Die Beschwerde ist fristgerecht beim Asylgerichtshof eingebracht worden, und es bestehen keine Bedenken gegen ihre Zulässigkeit. Da der Beschwerdeführer - wie oben I.4. zu 1. festgestellt - volljährig ist, bedurfte es für eine rechtswirksame Beschwerde nicht der Unterschrift eines gesetzlichen Stellvertreters.

 

Gemäß § 41 Abs. 7 AsylG idF BGBl. I Nr. 2008/4 konnte im Verfahren vor dem Asylgerichtshof von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

Aufgrund Entscheidung innerhalb der gesetzlichen Frist erübrigt sich ein gesonderter Ausspruch über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.

 

Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung

 

Die angefochtene Entscheidung ist rechtmäßig, da das Bundesasylamt keine Verfahrensfehler begangen hat sowie zu Recht festgestellt hat, dass Österreich für die Prüfung des Asylantrags des Beschwerdeführers nicht zuständig ist und zu Recht die Ausweisung in die Slowakei verfügt hat.

 

Ordnungsgemäßes Verfahren vor dem Bundesasylamt

 

Der Asylgerichtshof stellt zunächst fest, dass das Verwaltungsverfahren rechtmäßig durchgeführt wurde.

 

Dem Beschwerdeführer wurde insbesondere durch die Erstbefragung und die Einvernahme mit vorhergehender Rechtsberatung - alle jeweils unter Zuhilfenahme geeigneter Dolmetscher - ausreichend rechtliches Gehör gewährt, insbesondere wurde ihm - solange das Bundesasylamt von seiner Minderjährigkeit ausging bzw. noch keine ausreichenden Beweise für die Annahme der Volljährigkeit hatte -, ein Rechtsberater als gesetzlicher Vertreter zur Verfügung gestellt. Ferner wurde ihm vor der Einvernahme und innerhalb von 20 Tagen ab Einbringen seines Antrags schriftlich mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, seinen Asylantrag wegen Zuständigkeit eines anderen Staates der Dublin II-VO zurückzuweisen (§§ 28, 29 AsylG).

 

Unzuständigkeit Österreichs

 

Der Asylgerichtshof stellt fest, dass das Bundesasylamt keine Beurteilungsfehler begangen hat als es feststellte, dass für die Prüfung des Asylantrags des Beschwerdeführers ausschließlich die Slowakei zuständig ist.

 

Zur Zuständigkeit der Slowakei

 

Was zunächst die Feststellung der Zuständigkeit der Slowakei betrifft, so hat das Bundesasylamt diese Zuständigkeit im angefochtenen Bescheid zwar unrichtigerweise auf Art. 16 Abs. 1 lit. e Dublin II-VO gestützt. Die Zuständigkeit der Slowakei ist im Ergebnis jedoch richtig und ergibt sich aus Art. 9 Abs. 2 Dublin II-VO, da der Beschwerdeführer - wie oben unter I.4. zu 2. festgestellt - dort zunächst mit einem gültigen Visum eingereist ist und später dort einen Asylantrag gestellt hat, welcher abgelehnt wurde.

 

Diese Zuständigkeit ist auch nicht gemäß Art. 16 Abs. 3 Dublin II-VO erloschen, da der Beschwerdeführer - wie oben unter I.4. zu 2. festgestellt - vor der Einreise nach Österreich das Staatsgebiet der Mitgliedstaaten der Dublin II-VO nicht verlassen hat.

 

Zur Zuständigkeit Österreichs durch Selbsteintritt

 

Es besteht keine Pflicht Österreichs, vom Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO Gebrauch zu machen. Im vorliegenden Fall besteht nämlich kein Grund anzunehmen, dass die Nichtzulassung zum Asylverfahren in Österreich und eine Weiterführung des Verfahrens in der Slowakei im konkreten Fall einen Verstoß der österreichischen Behörde gegen die Rechte des Beschwerdeführers aus Art. 3 oder Art. 8 EMRK darstellt.

 

Nach der Judikatur ist dieses Selbsteintrittsrecht zwingend anzuwenden, wenn ein Asylbewerber mit dem Vollzug der Ausweisung in den an sich zuständigen Mitgliedstaat der Gefahr der Folter oder unmenschlichen Behandlung (Art. 3 EMRK) oder der Verletzung des Rechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Art. 8 EMRK) ausgesetzt wäre (VfGH vom 08.03.2001, G 117/00 u.a.; VfGH vom 11.06.2001, B 1541/00; VfGH vom 15.10.2004, G 237/03 u.a.; VfGH vom 17.06.2005, B 336/05).

 

Was zunächst die vom Beschwerdeführer befürchtete Gefahr der der Verletzung von Art. 3 EMRK wegen des Vertretens rechtlicher Sonderpositionen in Hinblick auf die Gewährung von Asyl oder subsidiären Schutz in der Slowakei betrifft, erinnert der Asylgerichtshof an die Judikatur, wonach, wenn keine Gruppenverfolgung oder sonstige amtswegig zu berücksichtigende notorische Umstände grober Menschenrechtsverletzungen in Mitgliedstaaten der EU in Bezug auf Art. 3 EMRK vorliegen (VwGH 27.09.2005, Zl. 2005/01/0313), es zur Glaubhaftmachung der genannten Bedrohung oder Gefährdung konkreter, auf den betreffenden Fremden bezogener, Umstände bedarf, die gerade in seinem Fall eine solche Bedrohung oder Gefährdung im Fall seiner Abschiebung als wahrscheinlich erscheinen lassen (VwGH vom 26.11.1999, Zl. 96/21/0499, VwGH vom 09.05.2003, Zl. 98/18/0317; vgl. auch VwGH vom 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059): "Davon abgesehen liegt es aber beim Asylwerber, besondere Gründe, die für die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, vorzubringen und glaubhaft zu machen. Dazu wird es erforderlich sein, dass der Asylwerber ein ausreichend konkretes Vorbringen erstattet, warum die Verbringung in den zuständigen Mitgliedstaat gerade für ihn die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes, insbesondere einer Verletzung von Art 3 EMRK, nach sich ziehen könnte, und er die Asylbehörden davon überzeugt, dass der behauptete Sachverhalt (zumindest) wahrscheinlich ist." (VwGH vom 23.01.2007, Zl. 2006/01/0949).

 

In diesem Zusammenhang ist lediglich der Vollständigkeit halber noch anzuführen, dass von Seiten der Slowakei keine systemwidrigen Verletzungen der Verpflichtungen aus der Dublin II-VO bekannt sind. Auch geringe Asylanerkennungsquoten im Zielstaat sind für sich genommen keine ausreichende Grundlage dafür, dass die österreichischen Asylbehörden vom Selbsteintrittsrecht Gebrauch machen müssten (vgl. u.a. VwGH vom 31.05.2008, Zl. 2005/20/0095).

 

Was eine Verletzung von Art. 3 EMRK bei einer Überstellung in die Slowakei betrifft, so ist zunächst festzustellen, dass sich aus dem oben unter I.4. zu 3. festgestellten Sachverhalt ergibt, dass im konkreten Fall keine stichhaltigen Gründe vorliegen, anzunehmen, der Beschwerdeführer liefe konkret Gefahr, einer unmenschlichen Behandlung dadurch unterworfen zu sein, dass er in der Slowakei einer Verfolgung ausgesetzt sei.

 

Was weiters eine mögliche Verletzung von Art. 3 EMRK wegen einer Überstellung trotz schlechten Gesundheitszustands betrifft, erinnert der Asylgerichtshof daran, dass nach der ständigen Rechtsprechung des EGMR zu Art. 3 EMRK die Überstellung eines Asylwerbers nicht zulässig ist, wenn im Zielland wegen fehlender Behandlung schwerer Krankheiten eine existenzbedrohende Situation vorliegen würde. Aus den diesbezüglichen Entscheidungen ergibt sich, dass bei Vorliegen von Erkrankungen im Allgemeinen nur solche relevant sind, die bekanntermaßen zu einem lebensbedrohlichen Zustand führen und grundsätzlich keine Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat bestehen (siehe dazu nunmehr auch VfGH vom 06.03.2008, B 2400/07-9).

 

Im vorliegenden Fall ergibt sich aus dem oben unter I.4. zu 4. festgestellten Sachverhalt, dass der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers einer Überstellung in die Slowakei nicht entgegensteht.

 

Was schließlich eine mögliche Verletzung von Art. 8 EMRK wegen Eingriffs in das Familienleben des Beschwerdeführers betrifft, erinnert der Asylgerichtshof an die Judikatur von EGMR bzw. EKMR, die zum Vorliegen des durch Art. 8 EMRK gewährleisteten Schutzes ein "effektiven Familienleben" verlangen, das sich in der Führung eines gemeinsamen Haushalts, dem Vorliegen eines Abhängigkeitsverhältnisses oder eines speziell engen, tatsächlich gelebten, Bandes zu äußern hat (vgl. das Urteil Marckx [Ziffer 45] sowie Beschwerde Nr. 1240/86, V. Vereinigtes Königreich, DR 55, Seite 234). Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK umfasst zwar nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten, sondern auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse gemeinsame Intensität erreichen.

 

Im vorliegenden Fall ergibt sich aus dem oben unter I.4. zu 5. festgestellten Sachverhalt, dass der Beschwerdeführer keine verwandtschaftlichen Beziehungen in Österreich hat, so dass im Fall der Ausweisung des Beschwerdeführers in die Slowakei kein Eingriff in das durch Art. 8 EMRK geschützte Familienleben vorliegt.

 

Es liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Rückführung in die Slowakei einen Eingriff in das durch Art. 8 EMRK geschützte Privatleben darstellen würde.

 

Rechtmäßigkeit der Ausweisung

 

Was die Rechtmäßigkeit der Ausweisung in die Slowakei betrifft, so ergibt sich diese zunächst unmittelbar aus § 10 Absatz 1 Z. 1 AsylG, da der Antrag auf internationalen Schutz - wie oben unter 3.2. dargelegt - vom Bundesasylamt zu Recht zurück gewiesen wurde.

 

Es ergeben sich auch weder aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers noch aus sonstigen Anhaltspunkten Gründe dafür anzunehmen, dass die sofortige Ausweisung wegen Verstoßes gegen § 10 Abs. 2 AsylG iVm.

Artikel 3 EMRK oder gegen § 10 Abs. 3 iVm. Artikel 8 EMRK unzulässig wäre. Insoweit verweist der Asylgerichtshof auf die oben unter

3.2.2. gemachten Ausführungen.

 

Da die Ausweisung in die Slowakei rechtmäßig ist, hat das Bundesasylamt auch zu Recht festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung zulässig ist. Dies ergibt sich unmittelbar aus § 10 Abs 4 AsylG.

Schlagworte
Ausweisung, real risk, Rechtsschutzstandard
Zuletzt aktualisiert am
31.12.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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