TE AsylGH Erkenntnis 2008/12/18 A2 267049-0/2008

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Veröffentlicht am 18.12.2008
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Spruch

A2 267.049-0/2008/7E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Filzwieser als Vorsitzenden und den Richter Dr. Druckenthaner als Beisitzer im Beisein der Schriftführerin Csucker über die Beschwerde des K.M., geb. 00.00.1988, StA Gambia, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 19.12.2005, Zl. 04 25.512-BAW, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 11.12.2008 zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 7, 8 Abs. 1 und Abs. 2 AsylG 1997 idF BGBl. I Nr. 101/2003 als unbegründet abgewiesen.

Text

E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E

 

I. Verfahrensgang:

 

1. Der nunmehrige Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Gambia, reiste nach eigenen Angaben illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 20.12.2004 einen Asylantrag. Er wurde am 29.12.2004 (AS 15-23 BAA, Erstverfahren) und am 25.10.2005 (AS 71-75 BAA, Erstverfahren) in Gegenwart seines damaligen gesetzlichen Vertreters zu seinem Fluchtweg und seinen Fluchtgründen niederschriftlich befragt.

 

Sein damaliges Vorbringen in den einzelnen Einvernahmen wurde im nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesasylamtes vom 19.12.2005, Zl. 04 25.512-BAW, im Wesentlichen wiedergegeben, sodass der diesbezügliche Teil des erstinstanzlichen Bescheides auch zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses erhoben wird.

 

2. Das Bundesasylamt hat den Asylantrag mit angefochtenem Bescheid vom 19.12.2005, Zl. 04 25.512-BAW, abgewiesen und unter einem festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Asylwerbers nach Gambia zulässig sei. Gleichzeitig wurde der Asylwerber aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen.

 

Die Aussagen des Asylwerbers zu seinen Fluchtgründen wurden als vages, formularmäßig vorgetragenes und auf keinerlei Beweismittel gestütztes Gedankengebäude gewertet, welches augenscheinlich keine Basis in der erlebten Wirklichkeit seines Lebens gehabt hätte. Eine asylrelevante Verfolgungsgefahr sei dadurch nicht glaubhaft gemacht worden.

 

3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht am 23.12.2005 eingelangte Berufung (nunmehr als Beschwerde zu werten) des Beschwerdeführers.

 

4. Die Vorlage der nunmehrigen Beschwerde langte am 04.01.2006 beim seinerzeitigen UBAS ein.

 

5. Am 11.12.2008 führte der nunmehr zuständig gewordene Asylgerichtshof eine mündliche Verhandlung durch, welche folgenden Verlauf nahm (Beschwerdeführer=BF):

 

"(...)

 

VR befragt den BF, ob er die Dolmetscherin gut verstehe; dies wird bejaht. Die Verhandlung wird im allgemeinen Einverständnis in der Sprache Mandingo durchgeführt.

 

VR befragt die anwesende Partei, ob diese psychisch und physisch in der Lage ist, der heute stattfindenden mündlichen Verhandlung zu folgen bzw. ob irgendwelche Hindernisgründe vorliegen.

 

BF: Ich bin für die Verhandlung bereit.

 

Eröffnung des Beweisverfahrens

 

VR weist den BF auf die Bedeutung dieser Verhandlung hin und ersucht ihn, die Wahrheit anzugeben. Der BF wird aufgefordert nur wahrheitsgemäße Angaben zu machen und belehrt, dass unrichtige Angaben bei der Entscheidungsfindung im Rahmen der Beweiswürdigung zu berücksichtigen sind. Ebenso wird auf die Verpflichtung zur Mitwirkung an der Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes hingewiesen und dass auch mangelnde Mitwirkung bei der Entscheidungsfindung zu berücksichtigen ist.

 

Der BF wird gemäß § 51 AVG iVm § 49 AVG und im Sinne des § 13a AVG belehrt.

 

Da keine Einwendungen vorliegen, werden die für das Ermittlungsverfahren wesentlichen Aktenteile verlesen. Der VR erklärt diese Aktenteile zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung und zum Inhalt der hier zu Grunde liegenden Niederschrift.

 

Beginn der Befragung.

 

VR: Ist Ihre dem bisherigen Verfahren zugrunde gelegte Identität richtig? Auf § 119 Abs. 2 FPG wird hingewiesen.

 

BF: Meine bisherigen Angaben zur Identität sind richtig.

 

VR: Waren Ihre Aussagen im erstinstanzlichen Verfahren richtig und bleiben diese aufrecht?

 

BF: Die letzte Einvernahme vor dem BAA wurde in Englisch durchgeführt und habe ich nicht wirklich alles verstanden. Bei der ersten Einvernahme in Mandingo war alles die Wahrheit, was ich angegeben hatte. Bei der zweiten Einvernahme in Wien habe ich anfangs angegeben, nicht gut Englisch zu sprechen. Doch haben sie in Englisch weitergemacht und weiß ich nicht, ob alles protokolliert worden ist.

 

VR: Dem Protokoll der Einvernahme in Wien zu Folge hat Ihre Vertreterin erst am Ende dieser Befragung angegeben, dass Sie nicht genug Englisch sprechen!?

 

BF: Doch, ich habe schon vor der Einvernahme meine Vertreterin auf meine nicht hinreichenden Englischkenntnisse aufmerksam gemacht. Sie meinte zuerst, wir sollten es versuchen, doch hat sie bereits zu Beginn der Einvernahme auf meine mangelnden Englischkenntnisse hingewiesen. Sonst war in dieser Einvernahme alles in Ordnung, es gab nur das Problem mit der englischen Sprache.

 

VR: Können Sie sich an irgendeine bestimmte Aussage erinnern, die Sie wegen Sprachproblemen nicht richtig machen konnten?

 

BF: Sie fragten mich z.B. wann mein Vater gestorben sei und gab ich dieselbe Antwort wie in Traiskirchen. Doch fand ich später heraus, dass etwas anderen festgehalten worden ist. Auch fragte man mich, wie lange ich in der Koranschule gewesen sei. Wie in Traiskirchen erwiderte ich, sieben Jahre, doch wurde in Wien wiederum etwas anderes protokolliert.

 

VR: Waren Sie jemals in anderen europäischen Ländern außer in Österreich?

 

BF: Ich war noch in keinen anderen europäischen Ländern und habe Österreich seit meiner Ankunft Ende 2004 nicht verlassen.

 

VR: Wollen Sie neue Beweismittel vorlegen?

 

BF: Ich habe keine neuen Beweismittel.

 

VR: Haben Sie Kontakt zu jemandem in Gambia, insbesondere zu Familienangehörigen?

 

BF: Nein, ich habe keinen Kontakt zu Hause. Die einzige Person, die ich dort habe, ist meine Mutter, doch weiß ich nicht, wo sie sich genau aufhält. Ich habe seit meiner Ankunft in Österreich nichts von ihr gehört.

 

VR: Kennen Sie in Österreich jemanden aus Gambia, der Ihre Identität bestätigen könnte?

 

BF: Ich habe Leute aus Gambia kennen gelernt, aber traf ich sie hier in Österreich zum ersten Mal.

 

VR: Gibt es etwas Neues über Ihre Bedrohungssituation in Gambia?

 

BF: Nein, ich habe von meinen Problemen nichts Neues gehört, da ich ja keinen Kontakt nach Hause habe.

 

VR: Haben Sie zu Hause immer mit Ihren Eltern zusammen gelebt, waren Sie immer mit Ihren Eltern zusammen?

 

BF: Ich habe immer, bis es zu diesen Problemen kam, im Haus mit meinen Eltern gelebt. Das Haus gehörte meinem Vater. Es war ein richtiges großes Haus, keine Hütte.

 

VR: Was genau wissen Sie über die Tätigkeit Ihres Vaters für die Regierung?

 

BF: Mein Vater war Chef einer Fabrik. Diese Fabrik gehörte der Regierungspartei, der APRC. Er war auch politisch in der APRC tätig.

 

VR: Beschreiben Sie bitte diese politische Tätigkeit so genau wie Sie können!?

 

BF: Nein, er war einfach bei der Partei dabei und eben Chef dieser Fabrik. Manchmal hat mein Vater auch bei Versammlungen die Arbeit der Regierungspartei gelobt. Diese Versammlungen waren in der Fabrik, aber auch außerhalb.

 

Bei dieser Gelegenheit möchte ich zu Protokoll geben, dass ich vor dem BAA nicht so genau befragt worden bin, wie heute.

 

VR: Hatte Ihr Vater etwas mit Baba Jobe zu tun?

 

BF: Nein, das weiß ich nicht. Ich habe niemals Baba Jobe und meinen Vater gesehen und weiß ich nichts über ihn.

 

VR: Wie haben nun die Probleme Ihres Vaters begonnen?

 

BF: Es lief alles normal, bis zum Tod meines Vaters. Er starb an einer Krankheit. Es kamen dann Leute von der Regierung und sagten meiner Mutter, mein Vater schulde ihnen Geld. Sie verlangten das Auto und das Haus. Meine Mutter erwiderte, sie wisse nichts von Schulden ihres Mannes. Ich wurde zornig und zündete das Auto an, damit es nicht mitgenommen werden konnte.

 

VR: Welche Leute kamen da genau zu Ihnen?

 

BF: Es waren Zivilpersonen, sie kamen insgesamt drei Mal. Ihre Identität war mir unbekannt.

 

VR: Wie kam es genau dazu, dass Sie das Auto anzündeten?

 

BF: Das dritte Mal hatten sie angekündigt, dass sie beim nächsten Mal alles mitnehmen würden. Bevor sie das vierte Mal kamen, habe ich das Auto angezündet. Es handelte sich um einen weißen Landrover mit Vierradantrieb. Ich habe viel Kerosin genommen und das Auto dann in Brand gesteckt. Das war in der Garage unseres Hauses.

 

VR: Haben Sie sich damit nicht selbst in Gefahr begeben?

 

BF: Ja, es war gefährlich. Aber ich dachte sie würden uns wegen der angeblich hohen Summe, die wir ihnen schulden sollten, ohnehin alles wegnehmen.

 

VR: Wie ging es mit dem Feuer weiter?

 

BF: Als ich sah, dass er groß wurde, rannte ich sofort weg. Nachbarn kamen herbei. Ich sah nicht, wie es dann mit dem Feuer weiter ging, denn ich wurde sofort von ihnen draußen auf der Straße festgenommen.

 

VR: Wie konnte man Sie so schnell festnehmen?

 

BF: Tatsächlich haben mich die Nachbarn festgehalten, bis die Polizei kam, die mich dann mitnahm.

 

VR: Wo war Ihre Mutter zu dieser Zeit?

 

BF: Sie war im Haus. Sie war nicht einverstanden mit meiner Handlung und hat geweint. Doch ging es nicht anders.

 

VR: Haben Sie damit nicht Ihre Mutter in Gefahr gebracht?

 

BF: Darüber habe ich nicht nachgedacht; ich war wütend und habe so gehandelt.

 

VR: Wurden Sie sofort ins Gefängnis gebracht?

 

BF: Ich wurde über drei verschiedene Polizeistationen nach M. gebracht, wo ich nach drei Tagen ankam und drei Monate festgehalten wurde.

 

VR: Zu welcher Tageszeit haben Sie das Auto in Brand gesetzt?

 

BF: Ich glaube, das war gegen 17.00 Uhr.

 

VR: Wissen Sie welches Monat oder Jahr das war?

 

BF: Ich weiß nur mehr, dass es 2004 war. Näheres kann ich nicht angeben.

 

VR: Was ist in M. passiert? Bitte machen Sie genaue Angaben.

 

BF: Die Haftbedingungen waren sehr schlecht. Sie schlugen mich nicht, aber wurde ich körperlich sehr schlecht behandelt. Ich musste am Boden schlafen, es gab Moskitos und Läuse. Ich kann gar nicht alles sagen, was mir angetan wurde.

 

VR: Wurden Sie einvernommen, hat man Ihnen etwa angekündigt, dass Sie vor Gericht gestellt würden?

 

BF: Nach drei Monaten haben sie mich rausgelassen und mir ein Papier in die Hand gegeben, wonach ich eine Gerichtsverhandlung hätte. Vor dem Termin bin ich aus Gambia weg. Genauer gesagt war es so: Als ich im Gefängnis war, haben sie mir nahezu jeden zweiten Tag jemanden geschickt, um mich zu befragen, und mir vorzuhalten, dass ich nicht alleine gehandelt habe. Nach einem Monat haben sie mich in ein Gericht in S. gebracht und zwar in den "K. Court". Dort war es so ähnlich wie hier, waren aber mehr Leute anwesend. Der Richter hat mich zu drei Monaten verurteilt, ich sollte aber noch eine Verhandlung haben.

 

VR: Bei der erwähnten Gerichtsverhandlung, wurden Sie vom Richter zu den Geschehnissen befragt?

 

BF: Der Richter hat mich befragt. Doch meinte er, er würde mir nicht glauben, dass ich alleine gehandelt hätte. Deswegen hat er mich dann zu drei Monaten verurteilt. Er meine, dann würde man mich freilassen, doch würde man später ohnehin herausfinden, wer mir geholfen hätte. Sie dachten, wenn sie mich freiließen, würde ich mich mit den anderen Mittätern treffen und sollte eine zweite Verhandlung stattfinden.

 

VR: Wie war der Richter gekleidet?

 

BF: Der Richter hatte einen schwarzen Umhang mit weißen Einlagen und er hatte eine weiße Kopfbedeckung.

 

Auf Nachfrage: Ich hatte keinen Verteidiger. Es waren nur Mitarbeiter meines Vaters als meine Vertrauenspersonen anwesend, die mir helfen wollten. Meine Mutter war auch anwesend.

 

VR: Hat der Richter nur Sie einvernommen?

 

BF: Meine Mutter und die Kollegen meines Vaters wurden auch befragt, doch sagten sie, sie hätten nicht gewusst, dass ich das Auto anzünden wollte.

 

VR: Hat Ihre Mutter zu jener Zeit noch zu Hause gewohnt?

 

BF: Ich hab mit meiner Mutter damals nicht darüber gesprochen. Ich wollte bei dieser Gelegenheit noch erwähnen, dass meine Mutter vor dem Haus ein kleines Lebensmittelgeschäft betrieben hat und haben sie gedroht, auch dieses Geschäft wegzunehmen.

 

VR: Wie lange waren Sie nach der von Ihnen eben beschriebene Gerichtsverhandlung noch in M. inhaftiert?

 

BF: Das weiß ich nicht genau, insgesamt war ich dort drei Monate.

 

VR: Bitte schildern Sie noch einmal, wie Sie freigelassen wurden und unter welchen Umständen Sie die Ladung für die neuerliche Gerichtsverhandlung erhalten haben!?

 

BF: Als ich entlassen wurde, haben sie mir keine Ladung mitgegeben. Ich hatte nur die Entlassungspapiere. Ich begab mich nach Hause. Wenige Tage danach erhielt ich die erwähnte Gerichtsladung. Jemand brachte mir dann die Ladung. Ich gab sie jemanden zum anschauen, dieser sagte mir, in einem Monat gäbe es eine neuerliche Verhandlung.

 

VR: Wer brachte Ihnen die Ladung?

 

BF: Ein Unbekannter brachte mir die Ladung, vielleicht arbeitete er bei der Post, es war jedenfalls kein Polizist.

 

VR: Sie erwähnten, dass Sie vom Gefängnis nach Hause gingen. Was meinen Sie mit "nach Hause"?

 

BF: Ich begab mich nicht in unser Haus, sondern ins Haus der Familie meiner Mutter in D..

 

VR: Wer hielt sich zu diesem Zeitpunkt im Haus in D. auf?

 

BF: Dort hatten sich, wie in Gambia üblich, verschiedene Verwandte meiner Mutter (Tanten, Eltern) aufgehalten. Auf Nachfrage: Meine Mutter war aber zu jener Zeit im Haus in S.. Ich hatte Angst gehabt bei mir zu Hause in S. weiter zu wohnen, deshalb bin ich aus Sicherheitsgründen nach D..

 

VR: Warum haben Sie die Ladung jemand anderem gegeben? Haben Sie den Inhalt nicht verstanden?

 

BF: Ich war ja nur in der Koranschule und konnte Englisch nicht ausreichend lesen. Es war das Schreiben, wie mir der Mann, dem ich es zu lesen gab, sagte, eine Art Drohung. Ich hätte in einem Monat eine weitere Verhandlung. Wenn ich dort nicht die Wahrheit über meine angeblichen Komplizen angäbe, würde ich zu einer sehr langen Haftstrafe verurteilt werden.

 

VR: Was ist aus der Ladung geworden?

 

BF: Als ich vom Inhalt der Ladung erfuhr, war ich in Panik. Ich schmiss die Ladung weg. Von D. begab ich mich in den benachbarten Senegal und trat von dort die Flucht an.

 

VR: Warum haben Sie den Umstand, dass es schon eine Gerichtverhandlung gegeben hat, bei Ihrer Einvernahme in Mandingo nicht einmal mit einem Wort erwähnt?

 

BF: Das wurde ich nicht gefragt, ich wurde erst heute danach gefragt.

 

VR: In Traiskirchen haben Sie auch angegeben, die Gerichtsladung hätte Ihnen die Polizei gebracht. Wie erklärt sich das, da ja diese Einvernahme in Mandingo war?

 

BF: Das war wahrscheinlich ein Missverständnis. Ich habe nicht gesagt, dass es ein Polizist war. Ein solcher hätte ja eine Uniform gehabt.

 

VR: Die Erstbehörde hätte Ihnen vorgeworfen, sie hätten in Traiskirchen angegeben, keine Geschwister zu haben; in Wien, einen verstorbenen Bruder und eine Schwester. Wie erklärt sich das?

 

BF: Ich habe sehr wohl gesagt, dass ich einen Bruder namens L. und eine Schwester namens A. habe.

 

VR: Warum haben Sie das der Aktenlage nach in Traiskirchen nicht angegeben?

 

BF: Ich habe es sicher in Traiskirchen erwähnt. Tatsächlich war auch die Verständigung in Traiskirchen nicht optimal, da der Dolmetscher glaublich aus Mali stammte und das dort gesprochene Mandingo sich von Mandingo in Gambia unterscheidet. Auch die Referentin in Traiskirchen hat den Dolmetscher öfter gefragt, ob er mich verstehe.

 

Auf Nachfrage: Mein Bruder starb, als mein Vater noch am Leben war. Ich glaube mich erinnern zu können, dass er ein Problem mit dem Hals hatte. Meine Schwester lebte noch mit meiner Mutter, als ich Gambia verließ.

 

VR: Wie konnten Sie Ihre Flucht so rasch organisieren?

 

BF: Meine Großmutter hat mir Geld gegeben, womit ich ausgereist bin. Aber niemand wusste, dass ich vor hatte zu fliehen. Ich habe die Ausreise ganz alleine organisiert.

 

VR: Was befürchten Sie im Falle einer Rückkehr nach Gambia? Man könnte ja die Auffassung vertreten, dass nach so vielen Jahren kein Interesse mehr an Ihrem Fall besteht oder Sie vor Gericht freigesprochen würden!?

 

BF: Ich befürchte, lebenslänglich ins Gefängnis zu kommen und ich habe auch in Gambia niemanden.

 

VR: Können Sie Ihre Befürchtung wegen einer Brandstiftung, wegen der Sie schon drei Monate im Gefängnis waren, nun zu lebenslänglicher Haft verurteilt zu werden, näher begründen, da dies ohne weiteres schwer nachvollziehbar erscheint!? Gibt es Ihrer Meinung politische oder religiöse oder sonstige Hintergründe für ein derart übersteigertes Vorbringen gegen Sie?

 

BF: Sie glauben ja, dass mir jemand geholfen hat und ich den schütze. Deswegen gehen sie so gegen mich vor.

 

VR: Haben Sie eine Idee, warum man so überzeugt ist, das Sie die Brandstiftung nicht alleine gemacht haben?

 

BF: Sie haben geglaubt, ich sei zu klein und unbedarft für diese Tat. Sie dachten vielleicht, jemand hätte mir eingeredet, mein Vater schulde der Regierung gar nichts und würde daher das Eigentum grundlos weggenommen.

 

VR: Wie ist Ihr aktueller Gesundheitszustand? Waren Sie in Österreich wegen ernster Krankheiten in stationärer Krankenhausbehandlung?

 

BF: Nein, ich war nicht schwer krank.

 

VR: Haben Sie in Österreich enge Bezugspersonen (Familienangehörige, Ehefrau/Lebensgefährtin/Kinder/sonstige)?

 

BF: Ich habe hier verschiedene enge Freunde, wie z.B. die hier anwesende Vertrauensperson. Ich habe keine Lebensgefährtin und auch keine Kinder.

 

VR: Liegen sonstige Aspekte starker Integration vor (zB Deutschkenntnisse, Beschäftigungsverhältnis, Aktivitäten in Vereinen, Sport etc)?

 

BF: Ich habe schon Deutschkurse besucht und verstehe sie auch schon teilweise. Ich spiele Fußball und mache z.B. Ausflüge mit Freunden in den Zoo.

 

VP gibt informativ an, dass sich der BF mit seinen Mitteln sehr um Integration bemüht.

 

VR: Der Aktenlage nach waren Sie mehrfach in Justizhaft, in Zusammenhang mit den Mitteln des Suchtgiftgesetzes. Wollen Sie dazu Stellung nehmen?

 

BF: Diese Probleme sind jetzt vorbei.

 

Folgende Erkenntnisquellen werden der beschwerdeführenden Partei genannt und deren Inhalt erörtert:

 

*) USDOS Human Rights Report, Gambia, 11.03.2008

 

*) UK Home Office, BIA, COI Keya Documents 04.04.2008; OGN 29.08.2007

 

*) Gutachten Frau S., September 2008

 

*) BAA-Staatendokumentation, Oktober 2008 zu unbegleiteten minderjährige RückkererInnen

 

*) länderkundliche Unterlagen (als Hintergrundinformation, Bradt Travel Guide The Gambia)

 

Der VR bringt dem BF nachfolgende - vorläufige - Beurteilung der politischen und menschenrechtlichen Situation im Herkunftsstaat des BF unter Berücksichtigung des Vorbringens des BF auf Grund der dem Asylgerichtshof vorliegenden Informationsunterlagen (siehe oben) zur Kenntnis:

 

Die Menschenrechtslage in Gambia hat sich insbesondere im Zusammenhang mit einem Putschversuch 2006 verschlechtert. Politische Gegner (oder als solche geltende Personen wie manche Journalisten) des Präsidenten können in Einzelfällen Opfer von Misshandlungen durch Staatsorgane werden, beziehungsweise müssen mit Verfolgung rechnen. Von einer pauschalen existenzbedrohenden Verfolgung aller Oppositioneller kann aber nicht gesprochen werden. Religionsfreiheit ist im Allgemeinen gewährleistet. Meinungsfreiheit und politische Freiheiten (Mehrparteienstaat mit im Wesentlichen freie Wahlen) sind zwar gegeben, aber zum Teil in der Praxis eingeschränkt. Es existiert eine medizinische Grundversorgung, Probleme bestehen bei der Behandlung von AIDS oder anderer komplexer Krankheitsbilder.

 

VR fragt den BF um seine Stellungnahme zu dieser Beurteilung.

 

BF: Es stimmt, dass die Lage in Gambia nicht OK ist. Es ist dort nicht so, wie man hier denkt. Mir ist es in Gambia gut gegangen, bis zu diesem Problem im Zusammenhang mit meinem Vater. Deswegen musste ich Gambia verlassen. Ich hätte in Gambia vieles machen können, hatte aber die Möglichkeit nicht dazu.

 

Zur geographischen Situation von D. wird festgehalten, dass es sich in der "Upper River Division" in der Nähe von B. befindet.

 

VR: Ist es wirklich richtig, dass Sie mit niemanden in Gambia seit Ihrer Ankunft in Österreich Kontakt hatten? Betrachtet man etwa das amtswegig aufliegende Telefonbuch von Gambia, ergibt sich, dass sehr viele Personen dort über Telefonanschlüsse verfügen, sodass Kontakte relativ leicht hergestellt werden müssten!?

 

BF: Es stimmt schon, dass ich Nachforschungen angestellt habe. Ich kenne hier drei Leute, die oft nach Gambia fliegen. Ich habe ihnen gesagt, sie sollen meine Mutter suchen, doch haben sie sie nicht angetroffen. Mein Kontaktmann hat auch gesagt dass es weit ist von S. nach D. zu gehen und konnte ich dort niemanden kontaktieren.

 

VR: Haben Sie noch andere Schwierigkeiten in Gambia außer die heute geschilderten?

 

BF: Nein.

 

Keine Fragen des Herrn Beisitzers.

 

VR fragt den BF, ob er noch etwas Ergänzendes vorbringen will: Ich bin jetzt schon vier Jahre in Österreich, würde hier gerne zu Schule gehen, bzw. einer Beschäftigung nachgehen und wäre für jede Unterstützung dankbar.

 

VR fragt den BF, ob er die Dolmetscherin gut verstanden habe: Heute habe ich alles gut verstanden.

 

Weitere Beweisanträge: keine

 

Schluss des Beweisverfahrens.

 

(...)"

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

1. Gemäß § 75 Abs. 1 AsylG idF BGBL. I Nr. 100/2005 sind alle am 31.12.2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen; § 44 AsylG 1997 gilt.

 

Da der Beschwerdeführer seinen Asylantrag am 20.12.2004 gestellt hat, kommt im gegenständlichen Verfahren das Asylgesetz 1997 in der Fassung BGBL. I Nr. 101/2003 zur Anwendung.

 

Gemäß § 61 AsylG entscheidet der Asylgerichtshof über Rechtsmittel gegen Bescheide des Bundesasylamtes. Im gegenständlichen Zusammenhang besteht eine Senatszusändigkeit.

 

2. Festgestellt wird:

 

2.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

 

Der Beschwerdeführer führt den im Spruch genannten Namen und ist Staatsangehöriger von Gambia. Darüber hinaus kann seine Identität nicht festgestellt werden. Die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Fluchtgründe werden der Entscheidung mangels Glaubwürdigkeit nicht zugrunde gelegt.

 

Zum Herkunftsstaat Gambia:

 

Zur Lage in Gambia werden die in der mündlichen Verhandlung vor dem Asylgerichtshof vorgehaltenen entscheidungsrelevanten Feststellungen aus den in der mündlichen Verhandlung vorgehaltenen Quellen zum Bestandteil dieses Erkenntnisses erhoben.

 

3. Beweiswürdigung:

 

Der Asylgerichtshof hat durch Einsichtnahme in den vorliegenden Verwaltungsakt und die am 11.12.2008 durchgeführte mündliche Verhandlung Beweis erhoben.

 

3.1. Davon, dass der Beschwerdeführer aus Gambia stammt und der Volksgruppe der Mandingo angehört, war im Zweifel auszugehen; nähere Feststellungen zu seiner Identität konnten dagegen in Ermangelung jeglicher Dokumente und unter Beachtung dessen sonstiger Unglaubwürdigkeit nicht mehr erfolgen.

 

3.2. Die Angaben zu den Fluchtgründen sind für den Asylgerichtshof nicht glaubwürdig.

 

3.2.1. Die Aussage des Asylwerbers stellt im Asylverfahren zweifellos das Kernstück dar. Hierbei ist es nach Ansicht des VwGH Sache des Asylwerbers, entsprechende, seinen Antrag untermauernde Tatsachenbehauptungen aufzustellen und diese glaubhaft zu machen.

 

Die zur Entscheidung befugte Instanz kann einen Sachverhalt grundsätzlich nur dann als glaubwürdig anerkennen, wenn der Asylwerber während des Verfahrens vor den verschiedenen Instanzen im Wesentlichen gleich bleibende Angaben macht, wenn diese Angaben wahrscheinlich und damit einleuchtend erscheinen und wenn erst sehr spät gemachte Angaben nicht den Schluss aufdrängten, dass sie nur der Asylerlangung dienen sollten, der Wirklichkeit aber nicht entsprechen. Als glaubwürdig könnten Fluchtgründe im Allgemeinen nicht angesehen werden, wenn der Asylwerber die nach seiner Meinung einen Asyltatbestand begründenden Tatsachen im Laufe des Verfahrens unterschiedlich oder sogar widersprüchlich darstellt, wenn seine Angaben mit den der Erfahrung entsprechenden Geschehnisabläufen nicht vereinbar und daher unwahrscheinlich erscheinen oder wenn er maßgebliche Tatsachen erst sehr spät im Laufe des Asylverfahrens vorbringt (VwGH 06.03.1996, Zl. 95/20/0650).

 

3.2.2. Der Asylgerichtshof geht aufgrund des Eindrucks in der mündlichen Verhandlung und aufgrund einer Gesamtschau des Akteninhaltes davon aus, dass der vom Beschwerdeführer angegebene Fluchtgrund nicht den Tatsachen entspricht; dies aus folgenden näheren Erwägungen: Der Beschwerdeführer stellte zentrale Angaben seines Fluchtvorbringens im Zuge des Asylverfahrens unplausibel und widersprüchlich dar. Der Beschwerdeführer machte zunächst widersprüchliche Angaben zu seinen Verwandten. Während er in seiner niederschriftlichen Einvernahme am 29.12.2004 (AS 15 BAA, Erstverfahren) noch angegeben hatte, keine Geschwister zu haben, gab er in seiner niederschriftlichen Einvernahme am 25.10.2005 (AS 71 BAA, Erstverfahren) an, einen Bruder und eine Schwester zu haben, wobei der Bruder drei Jahre vor seiner Einvernahme gestorben sei; im Laufe dieser Einvernahme ergeben sich wieder Zweifel, wann genau sein Bruder gestorben sei. Zu diesem in der mündlichen Verhandlung durch den vorsitzenden Richter speziell erörterten Widerspruch, gab der Beschwerdeführer an, sehr wohl Geschwister erwähnt zu haben. Auf den weiteren Vorhalt, dass der Aktenlage diesbezüglich keine Angaben ersichtlich seien, machte dieser nun Verständigungsprobleme geltend, da ein erstinstanzlicher Dolmetscher aus Mali gewesen sei und das in Mali gesprochene Mandingo sich von dem in Gambia gesprochenem Mandingo unterscheide, ohne dies aber näher auszuführen, beziehungsweise konkrete Beispiele für darauf zurückführende Verständigungsprobleme und Auswirkungen derselben bei der Protokollierung der Niederschrift nennen zu können.. Zu Beginn der mündlichen Verhandlung hatte der Beschwerdeführer auf die Frage des vorsitzenden Richters, ob seine Aussagen im erstinstanzlichen Verfahren richtig seien und aufrecht bleiben, im Übrigen aber noch undifferenziert ausgeführt, seine Angaben in der ersten Einvernahme in Mandingo entsprächen der Wahrheit. Erstmals im Zuge der mündlichen Verhandlung sprach der Beschwerdeführer auch von seinen Großeltern mütterlicherseits, bei welchen er sich nach seiner Entlassung aufgehalten haben soll. Die Behauptung des Beschwerdeführers, dass er im erstinstanzlichen Verfahren dahingehend nicht genauer befragt worden sei, vermochte auch seinem diesbezüglich neu erstattetem Vorbringen keine Plausibilität zu verleihen, da die Großmutter seinem Vorbringen nach eine wichtige Rolle in seiner Darstellung der Fluchtgründe einnimmt. So gab er in der mündlichen Verhandlung an, das Geld für seine Ausreise habe er von seiner Großmutter bekommen (S 7 der Verhandlungsschrift). Hingegen hatte er in seiner niederschriftlichen Einvernahme am 29.12.2004 (AS 19 BAA, Erstverfahren) noch ausgeführt, er habe seine Ausreise selbst organisiert, das Geld habe er von seinem Vater (welcher doch nach späteren Vorbringen erstorben war!) bekommen.

 

Der Beschwerdeführer war ferner nicht in der Lage, konkrete Angaben zu der politischen Tätigkeit seines Vaters zu machen. Während der Beschwerdeführer vor der Erstbehörde primär von der angeblichen politischen Tätigkeit seines Vaters berichtete - dieser sei Mitglied der Regierungspartei gewesen und habe mit der Regierung gearbeitet - relativierte er diese in der mündlichen Verhandlung sukzessiv. Auf die Frage des vorsitzenden Richters, was der Beschwerdeführer über die Tätigkeit seines Vaters für die Regierung wisse, ging er zunächst auf dessen nicht wirtschaftliche Tätigkeit ein; er sei Chef einer Fabrik gewesen. Politisch sei er für die Regierungspartei auch tätig gewesen. Auf die Frage, wie die konkrete politische Tätigkeit gewesen sei, vermeinte der Beschwerdeführer nur noch vage, dass sein Vater einfach bei der Partei und eben der Chef der Fabrik gewesen sei. Manchmal habe sein Vater bei Versammlungen die Arbeit der Regierungspartei gelobt. Diese Versammlungen hätten sowohl in als auch außerhalb der Fabrik stattgefunden. Mit diesen Ausführungen vermochte der Beschwerdeführer jedoch nicht darzutun, wie es nun zu der von der Regierung vorgeworfenen Unterschlagung bzw. der Schuld seines Vaters gekommen sei. Überhaupt konnte aus diesen Ausführungen die behauptete Zusammenarbeit des Vaters mit der Regierung kaum plausibel gemacht werden, womit sich der Schluss aufdrängt, dass es sich beim Vorbringen des Beschwerdeführers um ein erdachtes Konstrukt handelt. Wenn der Beschwerdeführer tatsächlich sein ganzes Leben mit seinem Vater zusammengelebt hat, wären jedenfalls genauere Informationen über diesen durch ihn zu erwarten gewesen.

 

Zu der vom Beschwerdeführer behaupteten Brandstiftung ist anzumerken, dass diese unplausibel erscheint, da es auch einem 16-jährigen klar sein musste, dass der Anzünden des Fahrzeuges innerhalb einer Garage nicht ungefährlich ist, zumal das Feuer schnell außer Kontrolle geraten und auf das Haus übergreifen könnte, wodurch er aber seine eigene Mutter in Lebensgefahr gebracht hätte, was wiederum schwer vorstellbar erscheint.

 

Zu dem fluchtursächlichen Ereignis selbst ist zu erwähnen, dass der Asylgerichtshof mangels eines übereinstimmenden und nachvollziehbaren Vorbringens des Beschwerdeführers dazu ebenso nicht von dessen Wahrheitsgehalt ausgehen konnte. So hatte der Beschwerdeführer in seiner niederschriftlichen Einvernahme am 29.12.2004 angegeben, er sei wegen Brandstiftung am beschlagnahmten Auto seines Vaters für drei Monate inhaftiert gewesen. Einer Gerichtsverhandlung, welche einen Monat nach seiner Entlassung hätte stattfinden sollen, habe er sich durch Flucht entziehen könne. Der Beschwerdeführer brachte nun erstmalig in der mündlichen Verhandlung vor, dass er über drei verschiedene Polizeistationen (!) erst nach drei Tagen in M. (Gefängnis) angekommen sei. Während seiner Haft sei er alle zwei Tage verhört worden, da man ihm vorgeworfen habe, den Brandanschlag mit Komplizen verübt zu haben. Bereits nach einem Monat habe er in S. vor dem "K. Court" eine Gerichtsverhandlung gehabt. Der Richter hätte ihn zu einer dreimonatigen Haftstrafe verurteilt, eine weitere Verhandlung sei - trotz der Verurteilung - vorgesehen gewesen. Der Richter habe ihm keinen Glauben geschenkt, da seiner Meinung nach der Beschwerdeführer auf Grund seines geringen Alters nicht alleine gehandelt hätte. Auf den Vorhalt des vorsitzenden Richters, des erkennenden Gerichtshofes, weshalb der Beschwerdeführer den Umstand, dass es bereits eine Gerichtsverhandlung in Gambia gegeben hätte, auch bei seiner Einvernahme vor dem Bundesasylamt in Mandingo nicht einmal mit einem Wort erwähnt hätte, vermochte seine Ausführung, er sei danach vor dem Bundesasylamt nicht gefragt worden, nicht überzeugen, da es sich hierbei um einen zentralen Punkt der behaupteten Fluchtgründe handelt und es daher jedenfalls zu erwarten gewesen wäre, dass dieses der Beschwerdeführer selbst berichtet.

 

In seiner niederschriftlichen Einvernahme am 29.12.2004 hatte der Beschwerdeführer weiters ausgeführt, die Ladung habe ihm die Polizei übergeben, worin ihm eine mögliche lebenslange Haftstrafe angedroht worden sei. Widersprüchlich dazu erwähnte er in der mündlichen Verhandlung zunächst bloß, ihm sei die Gerichtsladung zur (zweiten) Verhandlung nach seiner Entlassung ausgehändigt worden. Im Verlauf der mündlichen Verhandlung vor dem Asylgerichtshof verstrickte sich der Beschwerdeführer diesbezüglich in weitere Widersprüche. Zum Zeitpunkt seiner Entlassung sei ihm keine Ladung ausgefolgt worden, sondern wenige Tage danach sei diese ihm von einem Unbekannten gebracht worden. Dieses neue Vorbringen erweist sich auch deshalb als fragwürdig, da der Beschwerdeführer im Zuge der mündlichen Verhandlung auch erklärte, er sei nicht zu seiner Mutter nach Hause gegangen, sondern aus Sicherheitsgründen zu seinen Großeltern. Demnach ist aber schwer erklärbar, wie ihm die Ladung zugestellt werden konnte, wenn er sich bei seinen Großeltern versteckt hielt.

 

Nach Auffassung des Asylgerichtshofes lässt sich die Vielfalt und Intensität der aufgezählten Widersprüche im erstinstanzlichen Verfahren nicht durch Verständigungsprobleme erklären. Im Laufe der mündlichen Verhandlung behauptete der Beschwerdeführer erstmals, auch in der ersten Einvernahme vor dem Bundesasylamt habe es Sprachprobleme gegeben, da der Dolmetscher aus Mali gewesen sei, das dort gesprochene Mandingo sich von dem in Gambia jedoch unterscheide. Hingegen gab er andernorts in der mündlichen Verhandlung an, dass seine Angaben in seiner ersten Einvernahme, nämlich am 29.12.2004, der Wahrheit entsprechen. Der Beschwerdeführer hat zudem in seiner ersten niederschriftlichen Einvernahme am 29.12.2004 keine Verständigungsprobleme behauptet und ein diesbezüglicher Hinweis ist aus dem Protokoll nicht zu entnehmen. Insbesondere ist anzumerken, dass der Beschwerdeführer im Zuge dieser Einvernahme ausdrücklich gefragt wurde, ob er den Dolmetscher einwandfrei verstanden habe, worauf dieser mit "Ja, einwandfrei. Mir wurde diese Einvernahme rückübersetzt und ich habe nichts mehr hinzuzufügen." geantwortet hat (AS 21 BAA, Erstverfahren).

 

Bei der zweiten Einvernahme am 25.10.2005 vor der belangen Behörde habe der Beschwerdeführer gleich zu Beginn der niederschriftlichen Einvernahme angegeben, nicht gut Englisch zu sprechen, jedoch sei dies ignoriert worden. Auf den Vorhalt des vorsitzenden Richters, dass seine damalige Vertreterin seine mangelnden Englischkenntnisse erst zum Schluss der Einvernahme gerügt habe, entgegnete dieser, er habe seine Vertreterin darauf aufmerksam gemacht und diese habe es gerügt. Entgegen diesen Ausführungen ergibt sich aus dem Protokoll der Einvernahme kein Hinweis darauf, dass tatsächlich Verständigungsprobleme gleich zu Beginn der niederschriftlichen Einvernahme gerügt worden sind. Der Beschwerdeführer war sogar in seiner zweiten niederschriftlichen Einvernahme zum Teil in der Lage konkretere Angaben zu tätigen, als dies noch in seiner ersten niederschriftlichen Einvernahme der Fall war. Bei den Widersprüchen handelt es sich auch nicht um Nebenumstände oder Detailfragen, sondern um zentrale Teile des Vorbringens des Beschwerdeführers. In der Beschwerdeschrift wird auf ein solches Verständigungsproblem auch kein Bezug genommen, womit sich die Ansicht des Asylgerichtshofs erhärtet, dass die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Verständigungsprobleme als Schutzbehauptungen zu werten sind. Zudem änderte sich an der Beurteilung der Widersprüchlichkeit nichts Wesentliches, würde man die vor dem Bundesasylamt getätigten Angaben in der englischen Sprache überhaupt als Beurteilungsgrundlage für die Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers ausnehmen.

 

Unplausibel und daher unglaubwürdig ist weiters die Behauptung des Beschwerdeführers überhaupt keinen Kontakt mehr nach Gambia bzw. zu seiner Familie zu haben, da anzunehmen wäre, dass zumindest jemand von seinen Verwandten - Mutter, Großeltern, Onkeln und Tanten - zu ihm Kontakt hält, welche ja vor seiner Ausreise sich sehr um ihn gekümmert hatten.

 

3.2.2.1. Insgesamt erachtete der Asylgerichtshof aus all dem das Fluchtvorbringen als nicht glaubwürdig - dies wie dargestellt in wiederholter und qualifizierter Art. Zusammengefasst hat das erkennende Gericht somit aufgrund der oben dargestellten Ausführungen den Eindruck gewonnen, dass es sich bei der vom Beschwerdeführer vorgebrachten Verfolgungsbehauptung um ein unrichtiges Asylvorbringen handelt und dieser die geschilderten Geschehnisse nicht selbst erlebt hat. Der Asylgerichtshof kommt diesbezüglich im Ergebnis zur selben Einschätzung wie das Bundesasylamt.

 

3.3. Festzuhalten ist jedenfalls ferner, dass selbst bei Zutreffen der Angaben des Beschwerdeführers, wonach er auf Grund der Brandstiftung bereits eine 3-monatige Haftstrafe verbüßt hatte, es unwahrscheinlich erschiene, dass der Beschwerdeführer auch nach Jahren noch einmal in einer derart übersteigender Form zur Rechenschaft gezogen werden würde, zumal bereits eine Verurteilung erfolgt ist und er aus der 3-monatigen Haft entlassen worden war. Ferner ergibt sich aus den herangezogenen Berichten auch kein Hinweis auf die verbreitete Anwendung der Sippenhaftung in Gambia (siehe Gutachten zur aktuellen Lage in Gambia von Frau S., die für den Asylgerichtshof aus September 2008, Seite 2, wonach nur bei politisch besonders exponierten Personen im Einzelfall die Gefahr der Sippenhaftung bestehen könne). Schließlich hat der Beschwerdeführer eine eigene politische Aktivität verneint.

 

3.4. Im Zusammenhang mit dem Umstand, dass es sich beim Beschwerdeführer um einen jungen Erwachsenen (nunmehr im Alter von 20 Jahren) handelt, ist der Vollständigkeit halber darauf hinzuweisen, dass selbst bei unmündigen Minderjährigen aus Gambia von einer Rückführung seitens anderer Staaten der EU nicht mehr generell Abstand genommen wird, so etwa auch die aktuelle Vorgangsweise der britischen Behörden. Übereinstimmend dazu geht aus der in der Beschwerdeverhandlung erörterten Auskunft der Staatendokumentation des BAA zur Lage unbegleiteter minderjähriger RückehrerInnen in Gambia vom Oktober 2008 hervor, dass unterstützende stattliche Betreuungsstellen bzw. Institutionen für unbegleitete Minderjährige bestehen sowie keine Fälle bekannt sind, in denen solche jungen Menschen im Allgemeinen existenzbedrohend gefährdet wären (Auskunft der ÖB Dakar vom 01.10.2008). Damit wird nicht geleugnet, dass im Gefolge der schlechten Wirtschaftslage die Situation für einzelne Rückkehrer sehr schwierig sein kann, eine generelle Unzumutbarkeit ist aber aufgrund dieser Erkenntnislage zu verneinen. Beim Beschwerdeführer handelt es sich nun zum Entscheidungszeitpunkt nicht mehr um einen Minderjährigen, sondern um einen jungen Erwachsenen ohne besondere Vulnerabilitätsaspekte; wofür auch die seinen Angaben nach weitgehend selbstständige Organisation seines Weges von Gambia nach Europa spricht. Darüber hinaus verfügt der Beschwerdeführer über soziale Bezugspunkte in Gambia. Seine Mutter mit seinen Schwestern sowie sein Onkel leben seinen Angaben nach noch in Gambia. Es sind somit insgesamt keine sonstigen Umstände ersichtlich, die dafür sprechen, dass ihm im Falle seiner Rückkehr nach Gambia eine aussichtslose Situation drohen würde.

 

4. Rechtliche Würdigung

 

4.1. Spruchpunkt I (des Bescheides des BAA)

 

Flüchtling i.S.d. Asylgesetzes ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffs ist die "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung".

 

Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. zB. VwGH vom 22.12.1999, Zl. 99/01/0334; VwGH vom 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; VwGH vom 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht. (VwGH vom 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; VwGH vom 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011).

 

Für eine "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung" ist es nicht erforderlich, dass bereits Verfolgungshandlungen gesetzt worden sind; sie ist vielmehr bereits dann anzunehmen, wenn solche Handlungen zu befürchten sind (VwGH vom 26.02.1997, Zl. 95/01/0454, VwGH vom 09.04.1997, Zl. 95/01/055), denn die Verfolgungsgefahr - Bezugspunkt der Furcht vor Verfolgung - bezieht sich nicht auf vergangene Ereignisse (vgl. VwGH 18.04.1996, Zl. 95/20/0239; VwGH vom 16.02.2000, Zl. 99/01/0397), sondern erfordert eine Prognose. Verfolgungshandlungen die in der Vergangenheit gesetzt worden sind, können im Rahmen dieser Prognose ein wesentliches Indiz für eine Verfolgungsgefahr sein (vgl. VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0318).

 

Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH E vom 09.09.1993, Zl. 93/01/0284; VwGH E vom 15.03.2001, Zl. 99/20/0128); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein (VwGH vom 16.06.1994, Zl. 94/19/0183, VwGH E vom 18.02.1999, Zl. 98/20/0468).

 

Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlings-konvention genannten Gründen zu befürchten habe (VwGH vom 19.10.2000, Zl. 98/20/0233).

 

Im gegenständlichen Fall sind nach Ansicht des Asylgerichtshofes die dargestellten Voraussetzungen, nämlich eine aktuelle Verfolgungsgefahr aus einem in der GFK angeführten Grund, nicht gegeben.

 

Erachtet nämlich die zur Entscheidung über einen Asylantrag zuständige Instanz - wie im gegenständlichen Fall - im Rahmen der Beweiswürdigung die Angaben des Asylwerbers grundsätzlich als unwahr, dann können die von ihm behaupteten Fluchtgründe nicht als Feststellung der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden und es ist auch deren Eignung zur Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung nicht näher zu beurteilen (VwGH 09.05.1996, Zl.95/20/0380).

 

4.2. Spruchpunkt II (des Bescheides des BAA)

 

Ist ein Asylantrag abzuweisen, so hat die zur Entscheidung berufene Instanz gemäß § 8 AsylG 1997 von Amts wegen bescheidmäßig festzustellen, ob die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist und diese Entscheidung mit der Abweisung des Asylantrags zu verbinden. Die Prüfung ist - im Falle der Abweisung des Asylantrags - von Amts wegen vorzunehmen.

 

Dem Bundesasylamt ist dahingehend zuzustimmen, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat keiner realen Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes bestehen würde (§ 50 FPG).

 

Eine positive Feststellung nach dieser Bestimmung erfordert das Vorliegen einer konkreten, den Beschwerdeführer betreffenden, aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder (infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt) von diesen nicht abwendbaren Gefährdung bzw. Bedrohung. Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher ohne Hinzutreten besonderer Umstände, welche ihnen noch einen aktuellen Stellenwert geben, nicht geeignet, die begehrte Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen (vgl. VwGH 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011; VwGH 14.10.1998, Zl. 98/01/0122). Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen im Allgemeinen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 08.06.2000, Zl. 2000/20/0141). Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher nicht geeignet, die Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen, wenn nicht besondere Umstände hinzutreten, die ihnen einen aktuellen Stellenwert geben (vgl. VwGH 14.10.1998, Zl. 98/01/0122, VwGH 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011). Die Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen (z.B. VwGH 26.06.1997, Zl. 95/21/0294, VwGH 25.01.2001, Zl. 2000/20/0438, VwGH 30.05.2001, Zl. 97/21/0560). Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird - auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören -, der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 MRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen (VwGH 08.06.2000, Zl. 99/20/0203). Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 MRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 57 FrG (§ 50 FPG) als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (VwGH 27.02.2001, Zl. 98/21/0427, VwGH 20.06.2002, Zl. 2002/18/0028). Im Übrigen ist auch zu beachten, dass mit konkreten, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerten Angaben das Bestehen einer aktuellen Gefährdung bzw. Bedrohung im hier relevanten Sinne glaubhaft zu machen ist (vgl. VwGH 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011).

 

4.2.1. Bei der Entscheidungsfindung ist insgesamt die Rechtsprechung des EGMR zur Auslegung der EMRK, auch unter dem Aspekt eines durch die EMRK zu garantierenden einheitlichen europäischen Rechtsschutzsystems als relevanter Vergleichsmaßstab zu beachten. Dabei kann bei der Prüfung von außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegender Gegebenheiten nur dann in der Außerlandesschaffung des Antragsstellers eine Verletzung des Art. 3 EMRK liegen, wenn außergewöhnliche, exzeptionelle Umstände, glaubhaft gemacht sind (vgl EGMR, Urteil vom 06.02.2001, Beschwerde Nr. 44599/98, Bensaid v United Kingdom und Henao v. The Netherlands, Unzulässigkeitsentscheidung vom 24.06.2003, Beschwerde Nr. 13669/03).

 

4.2.2. Wie bereits oben unter II.3. ausgeführt, gelang es dem Beschwerdeführer nicht, eine Verfolgung im Sinne der GFK darzutun, daher bleibt zu prüfen, ob es im vorliegenden Fall begründete Anhaltspunkte dafür gibt, der Beschwerdeführer liefe Gefahr, in Gambia, einer Bedrohung im Sinne des § 50 Abs. 1 FPG unterworfen zu werden.

 

4.2.3. Unter Berücksichtigung der Ergebnisse des Beweisverfahrens kann nicht angenommen werden, dass der Beschwerdeführer, ein Angehöriger einer in Gambia weit verbreiteten Volksgruppe - im Falle seiner Rückkehr in sein Herkunftsland einer existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein könnte, sodass die Abschiebung eine Verletzung des Art. 3 EMRK bedeuten würde. Die Deckung der existentiellen Grundbedürfnisse kann aus den Feststellungen als gesichert angenommen werden. Als jungem, im Wesentlichen gesundem Mann im 20. Lebensjahr kann auch die grundsätzliche Teilnahmemöglichkeit am Erwerbsleben vorausgesetzt werden. Es besteht auch den eigenen Angaben des Beschwerdeführers nach ein familiäres Bezugsnetz (Mutter, Schwestern und Großeltern, Tanten und Onkeln) in Gambia; vgl. schon die Ausführungen oben unter 3.4.

 

Der Beschwerdeführer hat schließlich auch weder eine lebensbedrohende Erkrankung (siehe Seite 7 der Verhandlungsschrift vom 11.12.2008) noch einen sonstigen auf seine Person bezogenen "außergewöhnlichen Umstand" behauptet oder bescheinigt, der ein Abschiebungshindernis im Sinne von Art. 3 EMRK iVm § 8 Abs. 1 AsylG darstellen könnte.

 

Davon, dass praktisch jedem, der nach Gambia abgeschoben wird, Gefahr für Leib und Leben in einem Maße drohen, dass die Abschiebung im Lichte des Art. 3 EMRK unzulässig erschiene, kann nicht die Rede sein und wurde dies im Beschwerdeverfahren auch nicht behauptet.

 

Somit war die Beschwerde gegen Spruchpunkt II des Bescheides des Bundesasylamtes abzuweisen.

 

4.3 Spruchpunkt III (des Bescheides des BAA)

 

Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 1997 ist die Entscheidung, mit der ein Asylantrag abgewiesen und festgestellt wird, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist, mit einer Ausweisung zu verbinden. Wie bei fremdenpolizeilichen Ausweisungen ist die asylrechtliche Ausweisung jedoch nicht obligatorisch mit der Abweisung des Antrags und der Nicht-Zuerkennung des subsidiären Schutzes zu verbinden. Diese ist zu unterlassen, wenn sie eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würde.

 

Bei einer Ausweisungsentscheidung nach § 8 Abs 2 AsylG ist auch auf Art. 8 EMRK Bedacht zu nehmen (VfGH vom 15.10.2004, Zl. G 237/03, VfGH vom 17.03.2005, Zl. G 78/04 u.a.). Gemäß Artikel 8 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung uns seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

4.3.1. Zu den in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) zu Art. 8 EMRK entwickelten Grundsätzen zählt unter anderem auch, dass das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Achtung des Familienlebens, das Vorhandensein einer "Familie" voraussetzt.

 

Das Recht auf Achtung des Familienlebens im Sinne der zitierten Bestimmung schützt das Zusammenleben der Familie. Es umfasst jedenfalls alle durch Blutsverwandtschaft, Eheschließung oder Adoption verbundene Familienmitglieder, die effektiv zusammen leben. Der Begriff des Familienlebens ist nicht auf Familien beschränkt, die sich auf eine Heirat gründen, sondern schließt auch andere de facto Beziehungen ein; maßgebend ist beispielsweise das Zusammenleben eines Paares, die Dauer der Beziehung, die Demonstration der Verbundenheit durch gemeinsame Kinder oder auf andere Weise (EGMR Marcks, EGMR 23.04.1997, 10 ua); zu den Kriterien der Abwägung siehe nun näher VwGH 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479.

 

Da den Angaben des Beschwerdeführers nach keine Angehörigen der Kernfamilie (im Sinne der Begrifflichkeiten des österreichischen Asylgesetzes) des Beschwerdeführers in Österreich leben, liegt diesbezüglich kein Familienleben vor.

 

4.3.2. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt den Normen, die die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regeln, aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Artikel 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (

Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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