RS UVS Oberösterreich 1996/12/11 VwSen-420114/31/Schi/Km

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Veröffentlicht am 11.12.1996
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Rechtssatz

Gemäß Art.129a Abs.1 Z2 B-VG iVm § 67a Abs.1 Z2 AVG erkennen die unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten durch Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt worden zu sein, ausgenommen in Finanzstrafsachen des Bundes.

Die behauptete Rechtsverletzung muß zumindest möglich sein. Sie kann sich im Hinblick auf die Vermeidung von Rechtsschutzlücken nicht nur auf die Verletzung einfachgesetzlicher Rechte, sondern auch auf die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte beziehen (vgl näher Mayer, in Walter (Hrsg), Verfassungsänderungen 1988 (1989), 99; Walter/Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts, 5. A (1991), Rz 548/21; dieselben, Grundriß des österreichischen Bundesverfassungsrechts, 7. A (1992), Rz 927/12). Der unabhängige Verwaltungssenat hat eine umfassende Kompetenz zur Überprüfung des angefochtenen Verwaltungsakts. Er ist nicht an die vom Beschwerdeführer angegebenen Gründe gebunden (vgl Walter/Mayer, Verwaltungverfahrensrecht, 5. A, Rz 548/22 und 548/24). Die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt setzt nach der Judikatur der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts die unmittelbare Anwendung physischen Zwanges oder die Erteilung eines Befehles mit unverzüglichem Befolgungsanspruch voraus (vgl VwGH 14.12.1993, 93/05/0191; VfSlg 11935/1988; VfSlg 10319/1985; VfSlg 9931/1984 und 9813/1983). Die bloße Untätigkeit einer Behörde erfüllt diesen Begriff nicht (vgl VfSlg 9813/1983; VfSlg 9931/1984; VfSlg 10319/1985; VfSlg 11935/1988). Für die Ausübung von Zwangsgewalt ist ein positives Tun begriffsnotwendig (vgl VwGH 25.4.1991, 91/06/0052; VwSlg 9461 A/1977; VfSlg 6993/1973; VfSlg 4696/1964). Dieses kann auch in einem schlüssigen Tun iSd § 863 ABGB bestehen (vgl Oberndorfer, Die österreichische Verwaltungsgerichtsbarkeit (1983), 74).

Auch Zwangsmaßnahmen sind kein tauglicher Beschwerdegegenstand, wenn sie im Verwaltungsverfahren bekämpft werden können (vgl VwGH 25.4.1991, 91/06/0052; VwSlg 9.461 A/1977 und VwSlg 9.439 A/1977). Die Maßnahmenbeschwerde ist nämlich bloß ein subsidiärer Rechtsbehelf, mit dem Rechtsschutzlücken geschlossen werden (vgl Oberndorfer, Die österreichische Verwaltungsgerichtsbarkeit (1983), 74). Der Begriff der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt hat durch die B-VG-Novelle 1988, die gemäß Art.129a Abs.1 Z2 B-VG die unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern für zuständig erklärt hat, keine Änderung erfahren (vgl etwa VfGH 28.2.1994, B 1281/93-9; VwGH 14.4.1993, 93/18/0108). Aus dem in der Verhandlung von der Bf vorgelegten Beschluß über die Scheidung im Einvernehmen vom 11.6.1996, GZ:, BG P, geht in Verbindung mit dem Vergleich bzw. der Vereinbarung im Sinn des § 55a Ehegesetz, GZ:, Punkt 14 hervor, daß dieser Vergleich, in dem unter Punkt 9 der Auszug der Bf bis längstens 31.7.1996 festgelegt worden war, der sachwalterschaftsbehördlichen Genehmigung bedarf. Da diese am 31.7.1996 noch nicht vorlag, sondern erst nachträglich erfolgte (die Genehmigung wurde am 1.8.1996 zugestellt), ist der Beschluß erst danach in Rechtskraft erwachsen; weiters ist die Bf infolge ihrer psychischen Krankheit nicht geschäftsfähig, weshalb ihr vom Gericht eine Sachwalterin bestellt wurde.

Ein wesentliches Kriterium dafür, daß eine Freiheitsentziehung vorliegt, ist, daß diese gegen den Willen des Betroffenen erfolgt; damit ist gemeint, daß ein freiwilliges Verhalten des Betroffenen nicht als Freiheitsbeschränkung zu deuten ist. Erst wenn die Person gegen ihren Willen in der Bewegungsfreiheit eingeschränkt wird, liegt eine Freiheitsentziehung vor.

Es ist im Hinblick auf das Vorbringen der Bf, wonach sie wegen ihrer Geschäftsunfähigkeit keine gültige Zustimmung geben hätte können, zumal auch mangels Verständigung ihrer Sachwalterin keine sachwalterschaftsmäßige "Genehmigung" erfolgt sei, darauf kurz einzugehen.

Zunächst ist festzuhalten, daß die Bf mit diesem Einwand grundlegend die Abgrenzung zwischen Privatrecht und öffentlichem Recht verkennt. Diese Unterscheidung geht bereits auf das römische Recht zurück, wonach das öffentliche Recht die Angelegenheiten des Staates, das private Recht die des einzelnen betrifft (vgl. dazu Ulpian, inst. D. 1,1,1,2 = Institutiones Justiniani, 1,1,4:

publicum ius est quod ad statum rei Romanae spectat, privatum quod ad singulorum utilitatem).

Auch vom ABGB wurde diese Unterscheidung übernommen (vgl. § 1: "Der Inbegriff der Gesetze, wodurch die Privatrechte und Pflichten der Einwohner des Staates unter sich bestimmt werden, macht das bürgerliche Recht in denselben aus").

Dagegen handelt es sich bei einem Bescheid um einen einseitigen, hoheitlichen, außenwirksamen, individuellen, der Rechtskraft fähigen bzw. rechtsgestaltende Funktion zukommenden Verwaltungsakt; dies gilt im wesentlichen auch für den verfahrensfreien Verwaltungsakt (vgl. dazu im einzelnen Adamovich-Funk, Allgemeines Verwaltungsrecht, Kap. 20).

Daraus erhellt, daß es für die Rechtmäßigkeit einer Zwangsmaßnahme niemals auf die sachwalterschaftliche "Genehmigung" der Maßnahme ankommen kann, weil sich die Bestellung eines Sachwalters gemäß § 273 ABGB nur auf die privatrechtliche Seite beziehen kann, d.h. daß der bestellte Sachwalter nur den Mangel der Geschäftsfähigkeit "heilen" soll; dem entspricht es auch, daß die Deliktsfähigkeit von Personen unter Sachwalterschaft nach allgemeinen Grundsätzen und ohne rechtliche Bindung an die Sachwalterbestellung zu beurteilen ist (vgl. Pichler in Rummel, Kommentar zum ABGB, Rz 1a zu § 273a). Bei der Anwendung von physischem Zwang ist klar, daß keine Freiwilligkeit vorliegt. Aber auch schon die Androhung von physischem Zwang genügt, um die Freiwilligkeit auszuschließen; bloße Einladungen werden hingegen nicht als Androhung von Zwang gewertet (VfSlg. 9114/1981, VfSlg. 11.809/1988).

Es ist daher zunächst zu klären, ob die gegenständlichen Handlungen überhaupt als Freiheitsentziehung bzw. sonstige Zwangsmaßnahmen zu qualifizieren sind.

Die Freiheitsentziehung iSd PersFrSchG und der MRK umfaßt sowohl die Verhaftung (Festnahme) als auch die Anhaltung; die Verhaftung (Festnahme) ist ein einmaliges Ereignis, sohin der Eintritt einer Freiheitsbeschränkung, der vom Willensakt eines Organs getragen wird. Dagegen stellt die Anhaltung die Fortdauer, die Aufrechterhaltung des einmal eingetretenen Zustands der Festgenommenheit dar; auch dieses Verhalten eines Organs (Menschen) muß von dessen Willen getragen sein.

Damit müssen jeweils zwei Elemente vorliegen, nämlich ein tatsächliches Verhalten und der Wille zur Freiheitsbeschränkung. Dieser Wille (durch den das bloße Verhalten erst zum normativen Akt, etwa zu einem Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wird) kann nun einerseits ausdrücklich erklärt werden, etwa dadurch, daß jemand durch ein Organ "für verhaftet erklärt" wird; andererseits ist ein Verhalten eines Organs auch dann eine Freiheitsentziehung, wenn das Organ den Willen nicht ausdrücklich erklärt, dieser aber aus dem Verhalten des Organs erschlossen werden kann (vgl. Klaus Zeleny, Zur Festnahme allgemein und von "Schwarzfahrern" im besonderen, ÖJZ 1995, S 560 ff, mwN). Dies geht auch aus der Rechtsprechung des VfGH (vgl. zB VfSlg. 8879/1980, 12.017/1989) hervor, der den Begriff der Verhaftung dahingehend umschreibt, daß eine solche dadurch gekennzeichnet ist, daß sie mit "physischen Mitteln in die Freiheit des einzelnen eingreift, indem persönliche Ortsveränderungen entweder überhaupt unterbunden oder auf bestimmte, nach allen Seiten hin begrenzte Örtlichkeiten oder Gebiete, die nicht verlassen werden dürfen, eingeschränkt werden; damit sind aber nicht nur solche Freiheitsbeschränkungen, die formell als "Verhaftung" verfügt werden, sondern überhaupt alle Amtshandlungen, die primär auf eine Beschränkung der Bewegungsfreiheit gerichtet sind, erfaßt (VfSlg. 2287/1952, 10.526/1985, 12.017/1989).

Im gegenständlichen Fall hat sich ergeben, daß eine formelle Verhaftung jedenfalls nicht erfolgt ist; ob die Verbringung der Bf im Gendarmeriefahrzeug von W nach P nun als Verhaftung mit nachfolgender "Anhaltung" (für die Dauer der Fahrt von W nach P) in diesem weiten Sinn angesehen werden kann ist - wie bereits oben angedeutet - noch vom Behördenwillen abhängig. Denn der VfGH zieht dies als weiteres Kriterium bei der Prüfung, ob eine Handlung eine Verhaftung darstellt, heran; wie der VfGH in Slg. 9917/1984 ausgeführt hat, setzt eine Verhaftung voraus, daß der Wille der Behörde primär auf eine solche Freiheitsbeschränkung gerichtet ist; es genügt nicht, wenn eine andere Maßnahme den Betroffenen dazu nötigt, längere Zeit bei der Behörde zu verweilen (vgl. zB VfSlg 1808/1949, 7219/1973, 8879/1980, 12.017/1989 usw). Das heißt aber, daß der Zweck der Handlung nicht nur auf (irgendeine) Beschränkung der Bewegungsfreiheit, sondern primär auf eine solche Freiheitsbeschränkung, also auf eine Verhaftung gerichtet ist, die ausschließlich zum Zweck der Beschränkung der Bewegungsfreiheit erfolgt, ohne daß damit ein anderer Zweck verfolgt wird. Denn wenn eine andere Absicht mit der Beschränkung der Bewegungsfreiheit verfolgt wird, dann zielt die Handlung eben auf einen anderen Zweck und stellt somit keine Verhaftung dar (vgl. zum Ganzen Zeleny, Festnahme, aaO; ebenso Davy, Persönliche Freiheit und verfassungsgerichtliche Kontrolle, ZfV 1992, 18).

Aus dieser Darstellung der Lehre sowie der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes geht eindeutig hervor, daß die von der Bf gerügte Verbringung ihrer Person von W nach P weder eine Verhaftung noch eine nachfolgende Anhaltung darstellt - wenn auch für die Bf infolge ihrer Mitfahrt im Gendarmeriefahrzeug von W nach P tatsächlich während dieser kurzen Zeit und Strecke eine Ortsveränderung unterbunden bzw. eingeschränkt war -, weil jedenfalls die zweite erforderliche Voraussetzung zur Verhaftung, nämlich der behördliche Wille zur Freiheitsbeschränkung vollkommen gefehlt hat. Dazu kommt, daß die Bf letztlich freiwillig mitgefahren ist, wobei sie zur Äußerung dieses freien Willens deshalb keiner sachwalterschaftlichen Zustimmung bedurfte, da es sich um keinerlei Rechtsgeschäft iS des ABGB handelte. Der als Zeuge vernommene Gendarmeriebeamte GI. G H gab an, sie hätten die Bf nach einem längeren (schwierigen) Gespräch lediglich überredet, das Haus F-straße zu verlassen und - nachdem die Bf insoweit eingewilligt hatte - ihr angeboten, sie mit dem Gendarmeriefahrzeug gewissermaßen als Serviceleistung zu ihrer Mutter nach P zu verbringen. Weiters hat der Zeuge glaubwürdig ausgeführt, daß für den Fall, daß die Bf - die übrigens in anderen Fällen aufgrund ihrer Krankheit große Aggressionszustände hatte - in diesem Fall ohne besondere Probleme zu machen, freiwillig mitgefahren ist. Es kann daher das diesbezügliche Verhalten der Gendarmeriebeamten nicht einmal als Amtshandlung im eigentlichen Sinn qualifiziert werden, schon gar nicht aber als Verhaftung und Anhaltung. Diese Angaben des Gendarmeriebeamten sind im übrigen auch im wesentlichen durch die Aussage des Zeugen Friedrich Schmid sowie durch die Angaben des Vertreters der Bf in der mündlichen Verhandlung erhärtet worden.

Weiters steht damit auch die Angabe des F B im Einklang, der glaubwürdig ausgeführt hat, daß er die Bf noch am gleichen Tag zurück nach Waizenkirchen gebracht habe, um weitere Sachen aus der bisherigen Ehewohnung in der F-straße zu holen.

Es kann auch keine Rede davon sein, daß die Gendarmeriebeamten die Bf gezwungen hätten, ihre persönlichen Fahrnisse mitzunehmen, zumal sie selbst beim Eintreffen der Gendarmerie offenbar gerade im Begriffe war, für ihren Auszug eine Schachtel einzuräumen; weiters hat F Sch bereits den ganzen Tag über Sachen der Bf nach P gefahren und schließlich hat die Bf am selben Tag zusammen mit F B - wie soeben erwähnt - weitere Sachen dort abgeholt. Die Gendarmeriebeamten haben daher auch keinen Zwang ausgeübt, die Ehewohnung zu verlassen.

Die behauptete zwangsweise Delogierung entbehrt daher jeglicher Grundlage. Hinsichtlich der behaupteten zwangsweisen Durchführung der Schlüsselabnahme wurde bereits oben erwähnt, daß dieser Beschwerdepunkt wegen Unhaltbarkeit noch in der Verhandlung zurückgezogen worden war.

Im übrigen ist hinsichtlich der Freiwilligkeit/Unfreiwilligkeit noch darauf hinzuweisen, daß eine bloße Einladung, etwas zu tun (etwa mitzukommen), nach VfSlg. 13.156/1992 dann vorliegt, wenn der Betroffene der Einladung nach eigenem Gutdünken auch nicht nachkommen konnte, ohne dabei Gefahr zu laufen, daß er deshalb unverzüglich (unmittelbar) physischem Zwang unterworfen werde; es handelt sich um ein schlichtes Ansinnen, das keinen individuell - normativen Inhalt aufweist. Dies ist auch dann gegeben, wenn keine konkret formulierte Androhung der sofortigen Festnahme erfolgt (VfSlg. 12.791/1991) oder wenn bloß ein geäußerter Wunsch vorliegt, der keinen sofortige Befolgung heischenden Befehl darstellt, bei dessen Nichtbefolgung der Betroffene mit der Ausübung von körperlichem Zwang zu rechnen gehabt hätte (VfSlg. 11.568/1987, 12.621/1991; vgl. auch Davy, Freiheit, ZfV 1992, 16). Dies trifft auch vollinhaltlich auf den vorliegenden Fall zu, da der Zeuge GI. G H (insbesondere über Befragen durch den Rechtsanwalt der Bf) glaubwürdig, schlüssig und widerspruchsfrei darlegen konnte, daß gegen die Bf im Falle ihrer Weigerung keinesfalls Zwang angewendet worden wäre, bzw. sie die Amtshandlung jedenfalls "abgebrochen" hätten.

Insofern die Bf - insbesondere in der Verhandlung - das Verhalten der Gendarmeriebeamten (als Organe der belangten Behörde) jedenfalls als Eingriff zu qualifizieren versucht, für den keinerlei Rechtsgrundlage vorhanden gewesen ist, so ist hier folgendes festzuhalten:

Zunächst ist wiederum darauf zu verweisen, daß - wie bereits oben ausgeführt - es sich hier um ein bloßes schlichtes Ansinnen handelte, das keinen individuell - normativen Inhalt aufwies; bei Nichtbefolgung hätte die Bf mit keinerlei Ausübung von (körperlichem) Zwang zu rechnen gehabt.

Möglicherweise hat die Bf aber mit diesem Vorbringen das Sicherheitspolizeigesetz vor Augen, wonach jedermann, der durch eine sicherheitspolizeiliche (Eingriffs)maßnahme betroffen ist, gemäß § 87 SPG Anspruch darauf hat, daß die Maßnahme nur in den Fällen, dh unter den Voraussetzungen und in der Art ausgeübt wird, die das Gesetz vorsieht. Ist das nicht der Fall, so wird der betreffende Eingriff - unabhängig von der Schwere und den Folgen des Fehlers - zu einer Verletzung von subjektiven Rechten des Betroffenen. Der Einzelne kann die Einhaltung aller objektiven Eingriffsvoraussetzungen (Aufgabenentsprechung, Einhaltung der Zuständigkeitsordnung, Beachtung der Verhältnismäßigkeit, Wahrung der besonderen Befugnisermächtigungen) als sein Recht verlangen, wo immer ein Eingriff ihm gegenüber gesetzt wird.

Die Möglichkeit des Rechtsschutzes besteht gegenüber jeglicher Art von Eingriff, egal, ob es sich dabei um einen Bescheid, um die Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt oder um sonstige Eingriffe handelt. Die Möglichkeit des Rechtsschutzes erstreckt sich insbesondere auch auf den informationellen Bereich (Verwenden von personenbezogenen Daten) und auch auf sonstige "schlichte" Eingriffshandlungen, wie zB auf eine Vorenthaltung von Rechten des Betroffenen bei der Ausübung von Befugnissen (§ 30) oder einer Verletzung von Richtlinien für das Einschreiten (§ 31). Der besondere Rechtsschutz des sechsten Teiles des SPG bezieht sich lediglich auf eingreifende Maßnahmen im Rahmen der Sicherheitsverwaltung. Auf Leistungen, die die Sicherheitsbehörden und ihre Organe, insbesondere im Rahmen der Ersten Allgemeinen Hilfeleistungspflicht (§ 19), zu erbringen haben, besteht kein subjektiver Anspruch (vgl. RV zum SPG, vor § 87, 148 Blg.NR 18.GP). Aus den wiedergegebenen Erläuterungen zur Regierungsvorlage des SPG geht klar hervor, daß das SPG keine "Popularklage" für jegliche sicherheitspolizeiliche Handlung eröffnet hat; insbesondere besteht auf Leistungen, die die Sicherheitsbehörden und ihre Organe zu erbringen haben, kein subjektiver Anspruch. Im vorliegenden Fall haben sowohl die belangte Behörde als auch der Zeuge Gr.Insp. Humer angegeben, daß das Einschreiten der Organe zunächst wegen des vorgelegenen Offizialdeliktes (§ 83 StGB) erfolgt ist, wegen der eskalierenden Situation aber das weitere Handeln als Streitschlichtung im Sinn des § 26 SPG anzusehen war; nur deshalb haben die Organe die Bf zum Verlassen der Wohnung überredet, zumal ansonsten Schlimmeres zu befürchten gewesen wäre (vgl. dazu auch die Ausführungen im Gutachten Dr. K).

Daß weder eine Zwangsmaßnahme noch ein sonstiger Eingriff vorlag, wurde schon mehrfach ausgeführt; da weiters auf sicherheitspolizeiliche Leistungen, wie im gegenständlichen Fall auf die Streitschlichtung, nicht einmal ein subjektiver Anspruch besteht, so kann umgekehrt, bei Erbringung einer derartigen Leistung, argumentum e contrario schon überhaupt kein "Rechtsschutz" bzw. keine Beschwerdemöglichkeit gegen die Durchführung einer sicherheitspolizeilichen Leistung (Streitschlichtung) eingeräumt sein.

Sollte daher die Bf ihr Vorbringen in dem angeführten Sinne verstanden haben, ist auch dieses zurückzuweisen.

Der Vollständigkeit halber ist noch auf folgendes hinzuweisen:

Weder aus der Beschwerde noch aus den vorgelegten Akten sowie aus dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung konnte eine unverhältnismäßige oder inhumane oder erniedrigende Behandlung der Bf erkannt werden; auch ergaben sich nirgends Anhaltspunkte, daß eine Verletzung von Richtlinien für das Einschreiten stattgefunden hätte.

Insoweit die Bf letztlich (im Schlußwort) vermeint, daß - nach zugestandenem Nichtvorliegen von objektiven Erniedrigungen bzw. unmenschlichen Behandlungen usw. die Bf die gesamte Amtshandlung aber aufgrund ihrer Krankheit subjektiv als erniedrigend bzw. unwürdig erlebt hat, ist darauf hinzuweisen, daß es nach den oben angeführten Rechtsnormen nur auf eine objektiv erniedrigende (unmenschliche, inhumane usw) Behandlung ankommt; Maßstab hiefür ist das Empfinden eines gesunden Durchschnittsmenschen. Keinesfalls kann es auf ein subjektives Empfinden ankommen und schon überhaupt nicht auf ein Erleben einer Person, die infolge ihrer objektiv nachgewiesenen Geisteskrankheit (vgl. wieder Gutachten von Dr. K), in dessen Wahn sie sich eine eigene Realität geschaffen hat und von der sie sich bedroht, geschädigt oder verfolgt fühlt, ankommen kann. Was die Bf letztlich mit der Verletzung ihres Rechtes auf ein faires Verfahren vor einem Tribunal gemäß Art.6 EMRK meint, konnte nicht weiter objektiviert werden. Denn einerseits gibt es bei (tatsächlicher) Setzung von Maßnahmen unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt schon ex definitione kein Verfahren (vgl. dazu grundlegend: Funk, Der verfahrensfreie Verwaltungsakt), andererseits hat das nachfolgende Beschwerdeverfahren ohnehin vor einem Tribunal iS d. MRK, nämlich dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes OÖ, stattgefunden.

Aus all diesen Gründen war daher die gegenständliche Beschwerde zurückzuweisen, weil es an einem tauglichen Anfechtungsgegenstand fehlte.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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