RS UVS Oberösterreich 1997/03/07 VwSen-420122/24/Wei/Bk

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Veröffentlicht am 07.03.1997
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Rechtssatz

Zunächst ist den Bf entgegenzuhalten, daß bei dem festgestellten und auch in den Eingaben der Bf andeutungsweise vorgebrachten Sachverhalt schon der Begriff der unmittelbaren Befehls- und Zwangsgewalt nicht erfüllt ist. Die Versiegelung des Einfahrtstores durch Anbringen einer Plombe am Schloß wurde schon im Hinblick auf die Abwesenheit der Bf nicht durch Einsatz von Befehls- und Zwangsgewalt vorgenommen. Bei dieser Amtshandlung wurde weder Zwangsgewalt angewendet noch implizierte die angeordnete Versiegelung einen unverzüglichen Befolgungsanspruch bei sonstiger unmittelbarer Anwendung von physischem Zwang. Auch wenn ein Informationsblatt über die strafrechtlichen Folgen eines Siegelbruches angebracht war, vermag dieser Umstand an der obigen Einschätzung nichts zu ändern. Denn auch die für den Fall des Zuwiderhandelns drohende Strafbarkeit ändert nichts an der fehlenden physischen Zwangsgewalt. Die Frage der Rechtmäßigkeit der Versiegelung könnte als Vorfrage im Strafverfahren ausgetragen werden. Dementsprechend wurde in der Judikatur die strafbewehrte Aufforderung zum Alkotest oder zur Blutabnahme nicht als zulässiger Gegenstand einer Maßnahmenbeschwerde angesehen (vgl ua VwSlg 13100 A/1990; VwGH 25.3.1992, 91/02/0150; VwGH 19.1.1994, 93/03/0251; VwGH 22.4.1994, 94/02/0020).

 

Im übrigen ist die Maßnahmenbeschwerde nur ein subsidiärer Rechtsbehelf, der von vornherein nicht in Betracht kommt, wenn die Angelegenheit im Verwaltungsverfahren ausgetragen werden kann. Das Anliegen der Bf, die Frage der Rechtmäßigkeit der Schließung der Betriebsanlage auf der Liegenschaft O 20 in T, ist im gewerberechtlichen Verwaltungsverfahren gemäß § 360 GewO 1994 auszutragen. In diesem Verfahren hat die Bfin auch bislang alle Rechtsmittel ausgeschöpft. Nunmehr hat der Verwaltungsgerichtshof über die eingebrachte Beschwerde gegen den abweisenden Berufungsbescheid des Landeshauptmannes zu entscheiden. Wenn der Bf seine Betroffenheit als Miteigentümer des Betriebsareals und "Privatmann" einwendet, ist ihm entgegenzuhalten, daß nach der Aktenlage die gesamte Liegenschaft der Gewerbeausübung diente, weshalb von der belangten Behörde bei der angeordneten Schließung ein privater Gebrauch nicht in Betracht zu ziehen war. Soweit sich der Bf als übergangene Partei fühlen sollte, stünde es ihm frei, die Zustellung des Schließungsbescheides zu begehren und dagegen Berufung einzubringen. Er hätte aber auch bereits ab seiner Kenntnis vom Schließungsbescheid im eigenen Namen Berufung einbringen können (vgl dazu mwN Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. A (1996), 222, Anm 6 zu § 37 AVG). Auch für die von den Bf angestrebte Aufhebung des Schließungsbescheides aufgrund geänderter Verhältnisse ist im § 360 Abs 6 GewO 1994 ein gewerberechtliches Verwaltungsverfahren vorgesehen.

Die Versiegelung (Wiederversiegelung) oder Verplombung des Einfahrtstores aufgrund eines rechtswirksam erlassenen Schließungsbescheides, der gemäß § 360 Abs.5 GewO 1994 ohne Rücksicht auf die Einbringung eines Rechtsmittels sofort vollstreckbar ist, kann nicht als eine vom gewerbebehördlichen Schließungsverfahren losgelöste eigenständige Maßnahme angesehen werden, die Gegenstand einer Maßnahmenbeschwerde sein könnte. Die Zwangs- und Sicherungsmaßnahmen nach dem § 360 GewO 1994 stellen sich als Sondermaßnahmen dar. § 360 GewO 1994 ist lex specialis zum VVG, das demnach zur Realisierung nicht anzuwenden ist (vgl Kinscher/Sedlak, Kommentar zur GewO, 6. A (1996), 838, Anm 1 zu § 360). Bei der Versiegelung handelt es sich lediglich um eine tatsächliche Umsetzung des erlassenen Schließungsbescheides. Nach ständiger Judikatur der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts sind Vollstreckungs- maßnahmen tatsächlicher Art, die keiner Vollstreckungsverfügung bedürfen und bloß der Vollstreckung vorangegangener Bescheide dienen, nicht als Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anzusehen (vgl ua VfGH 1.10.1994, B 75/94; VfSlg 12368/1990; VfSlg 11880/1988; VfSlg 11333/1987; VfSlg 11171/1986; VwSlg 11468/1984).

Da die eingebrachte Beschwerde gemäß Art.129a Abs.1 Z2 B-VG iVm § 67a Abs.1 Z2 AVG keinen tauglichen Beschwerdegegenstand enthält, war sie gemäß § 67c Abs4 AVG als unzulässig zurückzuweisen.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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