TE Vwgh Erkenntnis 1992/3/25 91/02/0150

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Veröffentlicht am 25.03.1992
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

AVG §67a Abs1 Z2;
B-VG Art129a Abs1 Z2;
B-VG Art131a;
StVO 1960 §5 Abs1;
StVO 1960 §99 Abs1 litb;
StVO 1960 §99 Abs1 litc;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Baumann als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des D in M, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in M, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 18. September 1991, Zl. VwSen-400042/12/Gf/Kf, betreffend Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird, soweit sie die Blutabnahme betrifft, als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Auf Grund einer gemäß § 67c AVG erhobenen Beschwerde des nunmehrigen Beschwerdeführers stellte die belangte Behörde mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid die am 1. Juni 1991 verfügte Anordnung der Herausgabe des Führerscheins und des Zulassungscheines sowie die Anordnung einer Blutabnahme (durch Organe der Bezirkshauptmannschaft) als nicht rechtswidrig fest; die Beschwerde wurde insoweit gemäß § 67c Abs. 3 AVG als unbegründet abgewiesen. Hingegen sei die auf ein entsprechendes Begehren hin in der Folge unterlassene Zurückstellung des Führerscheins durch die Bezirkshauptmannschaft rechtswidrig gewesen; insoweit wurde der Beschwerde gemäß § 67c Abs. 3 AVG stattgegeben. Gemäß § 79a AVG wurde dem Beschwerdeführer Kostenersatz in der Höhe von S 12.516,20 zugesprochen; das Kostenmehrbegehren von S 37.991,20 wurde abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof - soweit sie die Blutabnahme betrifft; im übrigen wird die Beschwerde zur hg. Zl. 91/11/0153 behandelt - erwogen hat:

Gemäß § 67a Abs. 1 Z. 2 AVG entscheiden die unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein. Diese Zuständigkeit entspricht der zuvor gemäß § 131a B-VG dem Verwaltungsgerichtshof eingeräumt gewesenen Zuständigkeit. Nach der hiezu ergangenen Rechtsprechung muß es sich um die Ausübung UNMITTELBARER behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gegen eine bestimmte Person handeln, was nur vorliegt, wenn es keines dazwischengeschalteten weiteren Handelns mehr bedarf, um den behördlich gewollten Zustand herzustellen. Dementsprechend kann Gegenstand einer sogenannten Maßnahmenbeschwerde nicht sein, was im Verwaltungsverfahren ausgetragen werden kann. Vielmehr setzt das Vorliegen einer "faktischen Amtshandlung" die Anwendung von Zwang voraus (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 25. April 1991, Zl. 91/06/0052, und die darin zitierte Vorjudikatur).

Was nun die Anordnung einer Blutabnahme anlangt, so stellt die bloße Aufforderung, sich Blut abnehmen zu lassen, wie sie im Beschwerdefall stattgefunden hat, keine Anwendung unmittelbaren Zwanges dar, weil es dem Betroffenen freisteht, einer solchen Aufforderung unter der allfälligen Sanktion des § 99 Abs. 1 lit. c StVO keine Folge zu leisten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Jänner 1990, Zl. 89/03/0311). Die Blutabnahme würde dann nicht durch die Anwendung physischen Zwanges durchgesetzt werden. Vielmehr hätte die Auseinandersetzung über die - vom Beschwerdeführer nun bezweifelte - Rechtmäßigkeit der Aufforderung in einem allfälligen Verwaltungsstrafverfahren wegen Übertretung des § 99 Abs. 1 lit. c in Verbindung mit § 5 Abs. 6 StVO zu erfolgen.

Die belangte Behörde hat im Spruch des angefochtenen Bescheides zwar ausdrücklich nur die Anordnung der Blutabnahme angeführt, obwohl in der an sie gerichteten Beschwerde auch die Rechtmäßigkeit der Durchführung der Blutabnahme bekämpft worden war. Aus dem Zusammenhalt von Spruch und Begründung ergibt sich aber, daß die belangte Behörde der Beschwerde auch insoweit keine Folge gegeben hat.

Auch die Durchführung der Blutabnahme selbst stellte keinen Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt dar, weil sie mit Einverständnis des Beschwerdeführers erfolgte (vgl. den Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 3. Oktober 1977, Slg. Nr. 8138). Der Beschwerdeführer hat zwar behauptet, sich an den Vorgang nicht erinnern zu können, weil er das Bewußtsein verloren gehabt habe, jedoch hat die belangte Behörde dieser Darstellung keinen Glauben geschenkt. Der Beschwerdeführer bekämpft die diesbezügliche Beweiswürdigung, doch kann der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der ihm zustehenden eingeschränkten Prüfungsbefugnis (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) nicht finden, daß die Beweiswürdigung der belangten Behörde rechtswidrig wäre:

Die belangte Behörde konnte sich auf die Aussage des Zeugen Revierinspektor D. stützen, wonach er nach seinem Eintreffen im Krankenhaus den Arzt ersucht habe festzustellen, ob es möglich sei, beim Beschwerdeführer eine Blutabnahme vorzunehmen. Der Arzt habe ihm bestätigt, daß der Beschwerdeführer voll ansprechbar sei. Er habe daraufhin den Beschwerdeführer gefragt, ob er mit der Blutabnahme einverstanden sei. Als der Beschwerdeführer dies bejaht habe, habe er ihn ersucht, dies mit seiner Unterschrift zu beurkunden. Der Beschwerdeführer habe nicht bloß "ja" gesagt, sondern definitiv ausgeführt, daß er mit der Blutabnahme einverstanden sei. Außerdem habe er sich aus der Liegeposition selbst aufgerichtet und auf seinem Knie unterschrieben.

Im Hinblick auf diese Aussage und die vorliegende schriftliche Zustimmungserklärung des Beschwerdeführers war es nicht unschlüssig, wenn die belangte Behörde davon ausgegangen ist, daß der Beschwerdeführer nicht bewußtlos war, sondern daß ihm vielmehr der Vorgang im großen und ganzen bewußt war. Irgendwelcher weiterer amtswegiger Beweisaufnahmen bedurfte es hiezu nicht.

Zusammenfassend ergibt sich somit, daß es im Zusammenhang mit der Blutabnahme zur Anwendung behördlichen Zwanges nicht gekommen ist, weshalb die gemäß § 67c AVG erhobene Beschwerde von der belangten Behörde insoweit zurückzuweisen gewesen wäre. Dadurch, daß die belangte Behörde statt dessen mit Abweisung vorgegangen ist, ist der Beschwerdeführer in seinen Rechten nicht verletzt worden.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich demnach im hier behandelten Umfang als unbegründet, weshalb sie insoweit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Eine Kostenentscheidung hatte nicht zu erfolgen, da noch nicht feststeht, welcher Erfolg der Beschwerde, soweit sie zur hg. Zl. 91/11/0153 behandelt wird, beschieden ist.

Schlagworte

Feststellung der Alkoholbeeinträchtigung Blutabnahme Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Angelegenheiten in welchen die Anrufung des VwGH ausgeschlossen ist Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Faktische Amtshandlungen siehe Art 129a Abs1 Z2 ( früher Art 131a B-VG)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1991020150.X00

Im RIS seit

05.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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