TE Vwgh Erkenntnis 2001/7/11 2000/03/0307

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Veröffentlicht am 11.07.2001
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Index

E000 EU- Recht allgemein;
E3R E07204030;
40/01 Verwaltungsverfahren;
50/03 Personenbeförderung Güterbeförderung;

Norm

31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich Art1 Abs1 lita;
31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich Art1 Abs1 litb;
31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich Art1 Abs1 litc;
EURallg;
GütbefG 1995 §23 Abs1 Z8 idF 1998/I/017;
VStG §5 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winter, über die Beschwerde des G in Deutschland, vertreten durch Dr. Hubertus Schumacher, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kaiserjägerstraße 18, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 27. Juni 2000, Zl. uvs-1999/3/065- 9, betreffend Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes 1995, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1 Der Beschwerdeführer wurde mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 14. September 1999 für schuldig erkannt, er habe als Lenker eines nach dem Kennzeichen bestimmten LKW-Zuges am 2. November 1998 in der Zeit von 20.15 Uhr bis 21.15 Uhr eine Transitfahrt durch das Gebiet der Republik Österreich auf der Strecke vom Kontrollposten Kufstein-Kiefersfelden über die Inntalautobahn A 12 und die Brennerautobahn A 13 bis zur Hauptmautstelle Schönberg, Autobahnkilometer 10,8, im Gemeindegebiet von Schönberg i.St durchgeführt, in der Absicht, die Fahrt über den Brennerpass nach Italien fortzusetzen, und dabei entgegen den Bestimmungen des Art. 1 Abs. 1 lit. b der Verordnung (EG) 3298/94 die auf Grund des § 8 Abs. 2 des Güterbeförderungsgesetzes 1995 - GütbefG sowie des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft über den Güterverkehr im Transit auf der Schiene und Straße, BGBl. 823/1992, vorgeschriebene Ökokarte mit der erforderlichen Anzahl von geklebten und entwerteten gültigen Ökopunkten oder ein im Kraftfahrzeug eingebautes elektronisches Gerät, das eine automatische Entwertung der Ökopunkte ermöglicht (Ecotag) nicht mitgeführt und auf Verlangen der Kontrollorgane des Landesgendarmeriekommandos für Tirol, Außenstelle Verkehrsabteilung Schönberg, am 2. November 1998 um 21.15 Uhr bei der Hauptmautstelle Schönberg, Autobahnkilometer 10,8, im Gemeindegebiet von Schönberg i. St nicht zur Prüfung vorgelegt. Durch das elektronische Abbuchungsgerät Ecotag sei keine Abbuchung von Öko-Punkten erfolgt, weil laut elektronischem Abbuchungssystem der Frächter bzw. das vom Beschwerdeführer gelenkte Kraftfahrzeug gesperrt gewesen sei. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 23 Abs. 1 Z. 7 GütbefG i.V.m. Art. 1 Z. 1 lit. b der Verordnung (EG) 3298/94 begangen, weshalb über ihn eine Geldstrafe von S 20.000,-- und eine Ersatzfreiheitsstrafe verhängt wurde.

1.2. Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 24 VStG mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass an Stelle der Worte "des LKW-Zuges" die Worte "des Sattelkraftfahrzeuges" zu treten hätten, der Spruch nach den Worten "in der Absicht die Fahrt über den Brennerpass nach Italien fortzusetzen" zu lauten habe wie folgt: "und dabei kein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular oder eine auf die konkrete Fahrt bezughabende österreichische Bestätigung der Entrichtung von Ökopunkten für die betreffende Fahrt (genannt Ökokarte) mitgeführt, wie dies anlässlich einer Kontrolle des Landesgendarmeriekommandos für Tirol, Außenstelle, Verkehrsabteilung Schönberg am 2. November 1998 um 21.15 Uhr bei der Hauptmautstelle Schönberg, Autobahnkilometer 10,8, im Gemeindegebiet von Schönberg im Stubai festgestellt wurde. Durch das elektronische Abbuchungsgerät Ecotag erfolgte keine Abbuchung von Ökopunkten, weil laut elektronischem Abbuchungssystem der Frächter bzw. das von ihm gelenkte Kraftfahrzeug gesperrt war."

Weiters wurde der Spruch insoweit richtig gestellt, als dem Beschwerdeführer eine Übertretung nach § 23 Abs. 1 Z. 8 GütbefG idF BGBl. Nr. 17/1998 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 lit. a und lit. b der Verordnung EG Nr. 3298/94 i.d.F. der Verordnung EG Nr. 1524/96 zur Last gelegt wurde. In der Begründung führte die belangte Behörde insbesondere Folgendes aus: Im Sinn des § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG hätte der Beschwerdeführer glaubhaft zu machen gehabt, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden treffe. Der Beschwerdeführer habe in der Berufung ausgeführt, dass er zum Zeitpunkt der Überschreitung der Grenze in das österreichische Staatsgebiet kein Fax zur Verfügung gehabt habe und dass nur dem Arbeitgeber eine Abfrage des Ökopunktestandes möglich wäre. Eine Nachfrage beim Bundesamt für Güterverkehr in Deutschland wäre für den Lenker nicht möglich und auch nicht zumutbar. Es würden zwischen dem Arbeitgeber und Arbeitnehmer konkrete Treue- und Fürsorgepflichten bestehen, sodass der Beschwerdeführer auf eine Auskunft seines Arbeitsgebers hätte vertrauen dürfen und ihn deswegen kein Verschulden treffen würde, weswegen in seinem Fall auch die Anwendung des § 21 VStG begründet wäre. Im LKW wäre ein Ecotag eingebaut gewesen, und der Beschwerdeführer hätte davon ausgehen können, dass eine ordnungsgemäße Abbuchung erfolgen würde. Bezüglich des verspäteten Ausfüllens der Ökokarte würde ebenfalls kein Verstoß gegen die Bestimmung der Verordnung EG 3298/94 vorliegen. Im Übrigen wäre im Beschwerdefall auch § 20 VStG anzuwenden, da nicht nur die Unbescholtenheit des Beschwerdeführers als Milderungsgrund zu beachten wäre. Die Strafe wäre zu hoch bemessen, da sie zweieinhalb Monatsgehälter des Beschwerdeführers betragen würde. Im Beschwerdefall habe eine aufrechte Sperre des gegenständlichen Sattelkraftfahrzeuges, "Zulassungsbesitzer F GesmbH", vom 19. Oktober 1998 bis 4. November 1998 bestanden. Die Transitfahrt sei am 2. November 1998 durchgeführt worden. Eine Verständigung des Unternehmers von dieser Sperre sei erfolgt. Der Beschwerdeführer habe auf der in Rede stehenden Fahrt auch eine Ökokarte mit entsprechenden Ökopunkten "mitbekommen". Er wäre daher zum Ausfüllen der gegenständlichen Ökokarte und zum Entwerten der Punkte verpflichtet gewesen. Gerade das Mitführen der Ökokarte mit Ökopunkten weise darauf hin, dass mit einer Sperre des Ecotag-Gerätes gerechnet worden sei, zumal die Fahrt zu Ende des Jahres erfolgt sei, zu einem Zeitpunkt, in dem die Ökopunkte bekanntermaßen knapp würden. Es wäre am Beschwerdeführer gelegen gewesen, sich bei der "Firma S" vor seinem Grenzübertritt nach Österreich Kenntnis davon zu verschaffen, ob tatsächlich Punkte vorhanden gewesen wären. Im Verfahren sei u.a. eine Auskunft der Firma S eingeholt worden, "wonach es z.B. im Büro Kiefersfelden möglich ist, für den Lenker zu erfahren, ob Punkte für den Frächter bzw. das gegenständliche Fahrzeug aufscheinen oder nicht". In seinen Ausführungen habe der Beschwerdeführer das Fehlen eines Verschuldens nicht aufzuzeigen vermocht, weshalb er die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung in objektiver und subjektiver Hinsicht zu verantworten habe.

Angesichts der gesetzlich vorgesehenen Mindeststrafe von

S 20.000,-- sei eine Strafherabsetzung nicht in Betracht gekommen und es seien die Voraussetzungen für die Anwendung des außerordentlichen Strafmilderungsrechtes nicht vorgelegen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

2.1. Gemäß § 23 Abs. 1 Z. 8 des Güterbeförderungsgesetzes 1995 idF. BGBl. Nr. 17/1998 (in der Folge GütbefG 1995) begeht eine Verwaltungsübertretung, wer unmittelbar anwendbare Vorschriften der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße verletzt, sofern dies nicht nach anderen Vorschriften zu bestrafen ist. Als solche Vorschriften der Europäischen Union kommen im Beschwerdefall die Regelungen in dem den EU-Beitrittsakten beigefügten Protokoll Nr. 9 über den Straßen- und Schienenverkehr sowie den kombinierten Verkehr in Österreich, BGBl. Nr. 45/1995 - mit dem die wesentlichen Regelungen des Transitabkommens, BGBl. Nr. 823/1992 übernommen wurde, das primärrechtlichen Rang hat und entsprechend dem Art. 2 der EU-Beitrittsakte für Österreich und die anderen neuen Mitgliedstaaten das am 31. Dezember 1994 vorhandene Primärrecht modifiziert (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Mai 1997, Zl. 96/03/0385) - und weiters die Verordnung (EG) Nr. 3298/94 der Kommission vom 21. Dezember 1994, in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1524/96 der Kommission vom 30. Juli 1996, in Betracht.

Gemäß Art. 1 Abs. 1 dieser Verordnung hat der Fahrer eines Lastkraftwagens im Hoheitsgebiet Österreichs "die nachstehend angeführten Unterlagen mitzuführen und diese auf Verlangen den Aufsichtsbehörden zur Prüfung vorzulegen, entweder:

a) ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular oder eine österreichische Bestätigung der Entrichtung von Ökopunkten für die betreffende Fahrt; ein Muster dieser als "Ökokarte" bezeichneten Bestätigung ist in Anhang A enthalten; oder

b) ein im Kraftfahrzeug eingebautes elektronisches Gerät, das eine automatische Entwertung der Ökopunkte ermöglicht und als "Umweltdatenträger" ("Ecotag") bezeichnet wird; oder

c) die in Artikel 13 aufgeführten geeigneten Unterlagen zum Nachweis darüber, dass es sich um eine Fahrt gemäß Anhang C handelt, für die keine Ökopunkte benötigt werden; oder

d) geeignete Unterlagen, aus denen hervorgeht, dass es sich nicht um eine Transitfahrt handelt und, und wenn das Fahrzeug mit einem Umweltdatenträger ausgestattet ist, dass dieser für diesen Zweck eingestellt ist. ...".

Die am 11. April 2000 in Kraft getretene Verordnung (EG) Nr. 609/2000 der Kommission, ABl. Nr. L 073 vom 22. März 2000, S. 9, die (u.a.) sowohl eine Ergänzung des Art. 1 als auch eine Änderung des Art. 2 leg. cit. vorsieht, ist im Grunde des § 1 Abs. 2 VStG auf den Beschwerdefall jedenfalls nicht anzuwenden, erfolgte doch die Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten schon am 14. September 1999. 2.2. Der Beschwerdeführer vermag mit seinem Vorbringen, wonach eine elektronische Sperre des grundsätzlich geeigneten Gerätes dem Tatbestand des Art. 1 Abs. 1 lit. b der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 idF der Verordnung (EG) Nr. 1524/96 nicht unterliegt, da das Ecotag-Gerät nur "grundsätzlich eine Abbuchung von Ökopunkten aus dem elektronischen Gerät ermöglichen" muss, nicht durchzudringen. Aus dem Wortlaut dieser Bestimmung ("ein im Kraftfahrzeug eingebautes elektronisches Gerät, das eine automatische Entwertung der Ökopunkte ermöglicht und als 'Umweltdatenträger' ('Ecotag') bezeichnet wird") geht eindeutig hervor, dass die Entwertung der Ökopunkte - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - nicht grundsätzlich, sondern (im Fall einer Verpflichtung zur Entwertung) tatsächlich möglich sein muss, was bei Vorliegen einer Sperre nicht der Fall ist.

2.3. Die Beschwerde rügt, dass die belangte Behörde bei ihrer Entscheidung entsprechend dem gemäß § 25 VStG in Verwaltungsstrafsachen geltenden Grundsatz der Amtswegigkeit und damit dem Grundsatz der materiellen Wahrheit auch auf die Ergebnisse aus dem parallel laufenden Verwaltungsstrafverfahren gegen den Beschwerdeführer, welches mit Berufungserkenntnis der belangten Behörde vom 19. April 2000 eingestellt worden sei, Bedacht hätte nehmen müssen. In diesem Verfahren habe sich auf Grund einer schriftlichen Auskunft des Bundesamtes für Güterverkehr in München vom 28. Dezember 1999 gezeigt, dass der Arbeitgeber des Beschwerdeführers, die F GmbH, im Jänner 1998 noch genügend Ökopunkte zur Verfügung gehabt habe und dass dem Frächter am 4. November 1998 128 Ökopunkte im elektronischen System hinterlegt worden seien. Die belangte Behörde übersehe, dass nach den Beweisergebnissen "des Parallelverfahrens der "Firma S" noch derart viele Punkte" zur Verfügung gestanden hätten, dass keine Rede davon habe sein können, dass die Ökopunkte bekanntermaßen knapp gewesen wären.

Dieses Vorbringen ist schon deshalb nicht zielführend, weil (unbestritten) im Zeitraum von 19. Oktober 1998 bis 4. November 1998 - somit auch zum Tatzeitpunkt am 2. November 1998 - eine "Ökopunktesperre" vorlag, von welcher der Unternehmer, der Arbeitgeber des Beschwerdeführers nach Ausweis der Verwaltungsakten am 21. Oktober 1998 verständigt worden ist. Die aus dem "Parallelverfahren" allenfalls zu gewinnende Erkenntnis, dass der besagte Frächter "1998 noch genügend Ökopunkte" zur Verfügung gehabt habe bzw. dass auch am 4. November 1998 128 Ökopunkte hinterlegt worden seien, vermag am Umstand, dass am 2. November 1998 keine Ökopunkte im elektronischen System hinterlegt gewesen seien, weshalb eine Sperre vorgelegen habe, nichts zu ändern. Da bei der Betretung am 2. November vom Beschwerdeführer auch keine entsprechend ausgefüllte Ökopunktekarte mitgeführt wurde, ging die belangte Behörde zu Recht von einer Übertretung nach § 23 Abs. 1 Z. 1 GütbefG 1995 iVm Art. 1 Abs. 1 lit.a und lit. b der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 idF der Verordnung (EG) Nr. 1524/96 aus.

2.4.1. Des Weiteren bringt der Beschwerdeführer mit Blick auf die mangelnde Vorwerfbarkeit der Tat - wie schon in seiner Stellungnahme gegenüber der Erstbehörde vom 20. Mai 1999 und in seiner Berufung vom 30. September 1999 - vor, dass er sich bei seinem Arbeitgeber, der F GmbH, telefonisch erkundigt habe, ob noch genügend Ökopunkte für die gegenständliche Fahrt vorhanden gewesen seien, was bejaht worden sei. Die belangte Behörde habe in keiner Weise ausgeführt, warum die Einholung dieser Auskunft beim Arbeitgeber nicht ausreichend gewesen sein sollte, um ein Verschulden des Beschwerdeführers zu verhindern, weiters habe sie auch nicht zu erkennen gegeben, warum sie diesem Vorbringen keinen Glauben geschenkt hätte. Es gebe im Übrigen (nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens) auch keine Möglichkeit für einen LKW-Fahrer, den genauen Ökopunktestand abzufragen, sondern es sei lediglich feststellbar, ob überhaupt Punkte im elektronischen System vorhanden sind. Daraus könnten jedoch keine verlässlichen Schlüsse über die Zulässigkeit der Fahrt im Sinne des Ökopunktesystems gewonnen werden. Der jeweilige LKW-Fahrer sei daher darauf angewiesen, die erforderliche Auskunft bei seinem Arbeitgeber einzuholen. Für den Beschwerdeführer seien auch keine objektiven Anhaltspunkte dafür vorhanden gewesen, warum die Ökopunkte seines Arbeitgebers knapp gewesen sein sollten, zumal die eindeutigen Beweisergebnisse des vorliegenden Verwaltungsstrafverfahrens gezeigt hätten, dass der Arbeitgeber des Beschwerdeführers "nie irgendwelche Probleme mit Ökopunkten" gehabt habe und darüber hinaus auch im Jahr 1998 "noch grundsätzlich ein ausreichendes Kontingent zur Verfügung" gehabt habe. Im Unterlassen der Nachfrage bei der "Firma S" vor dem Grenzübertritt nach Österreich könne somit dem Beschwerdeführer keinesfalls ein Verschulden vorgeworfen werden.

2.4.2. Dieses Vorbringen ist im Ergebnis zielführend. Für die Verwirklichung der vorliegenden Übertretung ist (im angefochtenen Bescheid zutreffend festgehalten) nicht vorsätzliches Verhalten erforderlich, vielmehr reicht hiezu gemäß § 5 Abs. 1 VStG bereits Fahrlässigkeit aus. Fahrlässigkeit ist gemäß § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn - wie im vorliegenden Fall - zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 13. Dezember 2000, Zl. 2000/03/0262, festgehalten, aus Art. 1 Abs. 1 lit. b der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 der Kommission idF der Verordnung (EG) Nr. 1524/96 der Kommission ergebe sich, dass das Fahren eines Lastkraftwagens der darin statuierten Verpflichtung nur dann entspricht, wenn das mitgeführte Gerät "eine automatische Entwertung der Ökopunkte ermöglicht". Weiters hat der Gerichtshof in diesem Erkenntnis die Auffassung vertreten, dass sich der Lenker eines Kraftfahrwagens hiezu bei einer Transitfahrt vor der Einreise in das Hoheitsgebiet Österreichs im Fall der Benutzung eines Umweltdatenträgers (auf geeignete Weise) davon zu überzeugen hat, dass mit diesem eine automatische Abbuchung von Ökopunkten auch möglich ist. Unterlässt er dies, fällt ihm eine als Verschulden zu qualifizierende Sorgfaltsverletzung zur Last, zumal er eine Transitfahrt, wenn sich ein Umweltdatenträger vor der Einreise nicht als funktionstüchtig erweist, nur bei Erfüllung der Verpflichtungen gemäß Art. 1 Abs. 1 lit. a oder lit. c leg. cit. durchführen darf. Dass dem Beschwerdeführer eine solche Sorgfaltsverletzung zur Last liegt, kann nicht angenommen werden, falls es zutrifft, dass dem Beschwerdeführer die Möglichkeit fehlte, unmittelbar vor der Einreise in das Bundesgebiet selbst den Ökopunktestand des in dem von ihm gelenkten Kraftfahrzeug eingebauten Ecotag abzufragen, ihm vor Durchführung der Transitfahrt von seinem Arbeitgeber das Vorhandensein einer ausreichenden Zahl von Ökopunkten (bezüglich den betreffenden Ecotag) bestätigt wurde, und er keinen Grund hatte, an der Richtigkeit dieser Auskunft zu zweifeln. Die belangte Behörde, die offenbar nicht von einer unmittelbaren Abfragemöglichkeit des Beschwerdeführers betreffend den Ökopunktestand ausgegangen ist, hat nicht dargetan, warum der Beschwerdeführer sein Auskunftsersuchen nicht an seinen Arbeitgeber, auf den das vom Beschwerdeführer gelenkten Sattelkraftfahrzeug zugelassen war und der - wie sich aus dem Spruch des angefochtenen Bescheides ergibt -

als Frächter fungierte, sondern an eine andere Stelle zu richten gehabt hätte, und warum er dieser Auskunft seines Arbeitgebers keinen Glauben hätte schenken dürfen. Angesichts der Position des Unternehmens F GmbH als Arbeitgeber, Zulassungsbesitzer und Frächter ist der Vorwurf der belangten Behörde, der Beschwerdeführer hätte sich bei der "Firma S" vor seinem Grenzübertritt nach Österreich Kenntnis davon zu verschaffen gehabt, ob "tatsächlich Punkte vorhanden waren", nicht nachvollziehbar. Die belangte Behörde legt insbesondere nicht dar, woraus sie eine derartige Verpflichtung des Beschwerdeführers ableitet. Die belangte Behörde hat daher, insoweit sie nähere Feststellungen über die behauptete Bestätigung des Vorhandenseins von Ökopunkten seitens des Arbeitgebers des Beschwerdeführers unterlassen hat und dennoch zu dem Ergebnis gekommen ist, dass der Beschwerdeführer eine Sorgfaltsverletzung der besagten Art gesetzt habe, ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet.

2.5. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

2.6. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die beschwerdeführende Partei begehrte Schriftsatzaufwand in der Höhe von S 12.000,-- sowie die Gebühr gemäß § 24 Abs. 3 (ausdrücklich) in der Höhe von S 2.500,--, weshalb ihr bei der insgesamt begehrten Summe von S 14.500,-- offensichtlich ein Rechenfehler unterlief und somit kein Minderbegehren vorliegt.

Wien, am 11. Juli 2001

Schlagworte

Gemeinschaftsrecht Verordnung Strafverfahren EURallg5/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:2000030307.X00

Im RIS seit

27.09.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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