RS UVS Oberösterreich 1999/03/11 VwSen-400530/4/Wei/Bk

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 11.03.1999
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Rechtssatz

Mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung kann gemäß § 72 Abs1 FrG 1997 der unabhängige Verwaltungssenat von dem angerufen werden, der gemäß § 63 festgenommen worden ist oder unter Berufung auf das Fremdengesetz angehalten wird oder wurde. Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden (vgl § 73 Abs4 FrG 1997). Der Bf wird im Auftrag der belangten Behörde in der Justizanstalt R in Schubhaft angehalten. Seine Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit der Anhaltung ist zulässig und auch begründet.

Gemäß § 61 Abs1 FrG 1997 können Fremde festgenommen und in Schubhaft angehalten werden, sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft nur verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen. Die Schubhaft ist nach § 61 Abs2 FrG 1997 grundsätzlich mit Bescheid gemäß § 57 AVG im Mandatsverfahren anzuordnen.

Der Umstand der Verhängung der Schubhaft, die mit Bescheid der belangten Behörde vom 8.1.1999 nach Rückstellung des Bf durch die deutsche Polizei zur Sicherung des fremdenrechtlichen Verfahrens und weiterer Maßnahmen angeordnet wurde, kann im Hinblick auf das bereits ergangene h. Vorerkenntnis vom 3.2.1999 nicht mehr Gegenstand dieses Schubhaftbeschwerdeverfahrens sein. In der Beschwerde, die freilich keine exakte Antragstellung enthält, wird die Schubhaft aber dem Grunde nach ohnehin nicht bekämpft. Im Zeitpunkt der Schubhaftverhängung konnte die belangte Behörde im Hinblick auf das fremdenrechtswidrige Verhalten des Bf und seine persönlichen Verhältnisse noch davon ausgehen, daß fremdenrechtliche Maßnahmen gegen den Bf möglich sein werden, die dieser auf freiem Fuß vereiteln oder zumindest erschweren werde. Die belangte Behörde hat entgegen der dem Bf bei der fremdenrechtlichen Ersteinvernahme bekanntgegebenen Absicht kein Aufenthaltsverbot, sondern einen Ausweisungsbescheid im Grunde des § 33 Abs2 Z4 und Z6 FrG 1997 erlassen. Die belangte Behörde hat im bisherigen Verwaltungsverfahren keine Ermittlungen mit Blickrichtung auf ein Aufenthaltsverbot vorgenommen. Als Grund für ein Aufenthaltsverbot wäre beim gegebenen Sachverhalt nur der § 36 Abs1 Z7 FrG 1997 in Betracht gekommen. Die nach § 36 Abs1 FrG 1997 auf Grund bestimmter Tatsachen erforderliche Gefährdung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit oder anderer öffentlicher Interessen iSd Art8 Abs2 EMRK durch den - wenn auch zunächst rechtswidrigen - Aufenthalt des Bf, so daß sogar ein Aufenthaltsverbot notwendig wäre, erscheint dem Oö. Verwaltungssenat aber sehr zweifelhaft. Die belangte Behörde hat daher wohl aus ähnlichen Überlegungen nur eine Ausweisung ausgesprochen. An den Aufenthaltsverbotsgrund des fehlenden Nachweises der Mittel zum Unterhalt, ist auch spätestens seit der umfassenden Verpflichtungserklärung des Österreichers S, gegen dessen Bonität keine aktenkundigen Umstände sprechen, nicht mehr zu denken.

Nach § 69 Abs1 FrG 1997 ist die Behörde verpflichtet, darauf hinzuwirken, daß die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Gemäß § 69 Abs2 legcit darf die Schubhaft nur so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist, oder das Ziel nicht mehr erreicht werden kann. Sie darf außer in den Fällen des Abs4 insgesamt nicht länger als zwei Monate dauern. Seit der vorangegangenen abweisenden Entscheidung des Oö. Verwaltungssenates vom 3.2.1999 haben sich Änderungen des maßgeblichen Sachverhalts ergeben, die auf Grund der seit 1998 geltenden neuen Rechtslage nach dem AsylG 1997 und nach dem FrG 1997 entscheidungswesentlich erscheinen. Die belangte Behörde hat die im folgenden näher dargestellte Rechtslage nicht beachtet.

Gemäß dem alternativ formulierten § 31 Abs1 FrG 1997 halten sich Fremde im Bundesgebiet rechtmäßig auf, wenn eine der vier Ziffern auf den Fremden zutrifft. Nach § 31 Abs1 Z4 halten sich Fremde rechtmäßig auf, solange ihnen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1997 zukommt. Da dem Bf mittlerweile eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 19 Abs2 AsylG 1997 erteilt worden ist, hält er sich inzwischen als ernst zu nehmender Asylwerber - ungeachtet der Mißachtung der Bestimmungen des 2. Hauptstückes des FrG 1997 - rechtmäßig im Bundesgebiet auf. Eine Ausweisung nach § 33 FrG 1997 war seit der vorläufigen asylrechtlichen Aufenthaltsberechtigung des Bf nicht mehr möglich.

Gemäß § 40 Abs3 FrG 1997 wird die Ausweisung gegenstandslos, wenn dem Betroffenen ein Aufenthaltstitel erteilt wurde. Darunter muß im Einklang mit der Bestimmung des § 31 Abs1 Z4 FrG 1997 auch ein asylrechtlicher Aufenthaltstitel subsumiert werden. Die gegen den Bf noch nicht durchgesetzte Ausweisung galt daher mit der Erteilung der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung durch das Bundesasylamt als aufgehoben und konnte demnach entgegen der Ansicht der belangten Behörde nicht mehr durchgesetzt werden. Die Grundlage für die Abschiebung entfiel schon mit der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung, weshalb die Schubhaft nicht mehr der Sicherung der Abschiebung dienen konnte. Die Schubhaft diente aber auch nicht mehr der Verfahrenssicherung, weil die belangte Behörde offenbar mangels ausreichender Gründe ohnehin nicht mehr beabsichtigte, die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes vorzubereiten, und weil andererseits eine Mitwirkung des Bf im Administrativverfahren gar nicht mehr notwendig war. Außerdem ist der Bf anwaltlich vertreten.

Im übrigen wäre ein Aufenthaltsverbot zumindest vorläufig nicht mehr möglich gewesen, weil gemäß § 38 Abs1 FrG 1997 ein Aufenthaltsverbot nicht erlassen werden darf, wenn eine Ausweisung gemäß § 34 Abs1 Z1 oder Z2 FrG 1997 wegen des maßgeblichen Sachverhaltes unzulässig wäre. Mit der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung erwarb der Bf im Hinblick auf den § 31 Abs1 Z4 FrG 1997 auch einen Aufenthaltstitel iSd § 34 FrG 1997 (Ausweisung Fremder mit Aufenthaltstitel), weshalb er nur mehr nach dieser Vorschrift hätte ausgewiesen werden können. § 34 Abs1 Z1 FrG 1997 stellt auf das nachträgliche Bekanntwerden oder Eintreten eines Versagungsgrundes (vgl §§ 10 und 12 FrG 1997) ab, was gegenständlich nicht der Fall ist. Der § 34 Abs1 Z2 FrG 1997 stellt auf einen nunmehr vorliegenden Versagungsgrund ab, der einem weiteren Aufenthaltstitel entgegenstünde. Der erkennende Verwaltungssenat kann auf Grund der vorliegenden Aktenlage jedenfalls keinen zwingenden Versagungsgrund nach § 10 oder § 12 FrG 1997 erkennen. Auch die ausreichenden Mittel zum Unterhalt hat der Bf mittlerweile durch Vorlage der umfassenden Verpflichtungserklärung des Österreichers S betreffend alle lebensnotwendigen Versorgungsleistungen des Bf bescheinigt.

Mit der Erteilung der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung durch die Asylbehörde war daher nach Ansicht des erkennenden Verwaltungssenates kein berechtigter Grund mehr vorhanden, den Bf weiterhin in Schubhaft anzuhalten. Die Befürchtung, daß er sich einem allfälligen weiteren fremdenrechtlichen Administrativverfahren, das - wie nach der Aktenlage festgestellt werden kann - ohnehin nicht durchgeführt wurde, entziehen und in der Anonymität untertauchen werde, war zumindest für die Dauer der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nicht mehr plausibel zu begründen. Außerdem standen - wie oben näher dargelegt - einem weiteren fremdenrechtlichen Verfahren zum Zwecke der Aufenthaltsbeendigung des Bf auch rechtliche Gründe entgegen.

Selbst wenn man unrichtigerweise trotz vorläufiger Aufenthaltsberechtigung von der weiteren Durchsetzbarkeit des Ausweisungsbescheides vom 26.1.1999 ausgeht, stehen einer Abschiebung die in der Schubhaftbeschwerde mit Recht vorgetragenen Argumente entgegen. In den Herkunftsstaat Jugoslawien darf vor Entscheidung der Fremdenbehörde gemäß § 75 Abs1 FrG 1997 oder der Asylbehörde nach § 8 AsylG 1997 nicht abgeschoben werden (vgl § 75 Abs4 FrG 1997) und allfällige sichere Drittländer, über die der Bf eingeschleust wurde, stehen nicht fest. Die belangte Behörde ist derzeit überhaupt nicht und voraussichtlich auch in absehbarer Zeit nicht in der Lage zuverlässig festzustellen, über welches Nachbarland der Bf eingereist ist, geschweige denn genaue Angaben zum Ort des Grenzübertrittes zu machen, weshalb schon aus diesem tatsächlichen Grund eine Abschiebung nach Italien, Ungarn oder Slowenien nicht möglich erscheint. Die belangte Behörde konnte bisher nur Vermutungen aufstellen, die nicht erhärtet wurden. Die Beschwerde ist auch im Recht, wenn sie auf die durch Fristablauf alsbald eintretende rechtliche Unmöglichkeit verweist, den Bf nach Ungarn oder Slowenien abzuschieben. Sowohl das geltende Übernahmeabkommen mit der Republik Ungarn vom 9.10.1992 (vgl BGBl Nr. 315/1995) als auch das Übernahmeabkommen mit der Republik Slowenien vom 3.12.1992 (vgl BGBl Nr. 623/1993) sehen jeweils im Artikel 3 Absatz 2 eine Frist von 90 Tagen nach rechtswidriger Einreise des Drittausländers für den Übernahmsantrag einer Vertragspartei vor. Nach dem Übernahmeabkommen mit Italien vom 7.10.1997 (vgl BGBl III Nr. 160/1998) ist zwar keine Befristung der Antragstellung vorgesehen, es besteht allerdings nach Artikel 3 litf) dieses Abkommens bis zur rechtskräftigen Entscheidung in einem Asylverfahren keine Verpflichtung zur Übernahme von Drittstaatsangehörigen, wenn diese im ersuchenden Staat einen Asylantrag gestellt haben, für dessen Prüfung dieser zuständig ist. Dies ist gegenständlich der Fall, weshalb auch eine Abschiebung nach Italien zumindest vorläufig bis zum Abschluß des anhängigen Asylverfahrens ausscheidet. Der Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung in ein benachbartes Einreiseland stehen demnach faktische und rechtliche Erwägungen entgegen.

Wie die folgenden Ausführungen zeigen sollen, ergeben sich im Verhältnis FrG 1997 und AsylG 1997 gewisse Friktionen im Zusammenhang mit Refoulementprüfung und Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung:

Die belangte Behörde hat sich auf die Verlängerungsgründe nach § 69 Abs4 Z1 und Z3 FrG 1997 (vgl Niederschrift vom 05.03.1999) berufen, um die Dauer der Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung in das Herkunftsland über die Zweimonatsfrist hinaus zu rechtfertigen. Nach Ansicht des erkennenden Verwaltungssenates wäre nach dem FrG 1997 die Verlängerung nicht gerechtfertigt, zumal die belangte Behörde über den bereits am 13.1.1999 gestellten Antrag nach § 75 Abs1 iVm § 57 Abs1 und 2 FrG 1997 bis dato nicht entschieden hat und grundsätzlich darüber unverzüglich hätte entscheiden müssen. Für das Berufungsverfahren ist sogar gemäß § 75 Abs3 Satz 2 FrG 1997 vorgesehen, daß bei aufrechter Anhaltung binnen Wochenfrist zu entscheiden ist. Ein Zuwarten auf die Entscheidung der Asylbehörde - wie es die belangte Behörde offenbar praktiziert - ist gemäß § 75 Abs1 FrG 1997 nicht vorgesehen. Diese Verzögerung des Verfahrens nach § 75 FrG 1997 müßte der Fremdenbehörde angelastet werden. Außerdem ist anzumerken, daß bevor noch bescheidmäßig feststeht, ob die Abschiebung in den Herkunftsstaat unter den Gesichtspunkten des Refoulementverbotes nach § 57 Abs1 und 2 FrG 1997 überhaupt zulässig ist, bei vernünftiger Auslegung ein Heimreisezertifikat für diesen Staat nicht mit der Wirkung eingeholt werden kann, daß dadurch eine Verlängerung der Anhaltung in Schubhaft gemäß § 69 Abs4 Z3 FrG 1997 zulässig wäre.

Im Gegensatz zu § 75 Abs1 FrG 1997 sieht allerdings § 21 Abs3 AsylG 1997 zwingend die Entscheidung der Asylbehörde in der Frage des non-refoulement in den Herkunftsstaat (Legaldefinition im § 1 Z4 AsylG 1997: Staat, dessen Staatsangehörigkeit der Fremde besitzt oder des früheren gewöhnlichen Aufenthalts bei Staatenlosen) vor. Danach dürfen Fremde, deren Asylantrag rechtskräftig abgewiesen wurde, in den Herkunftsstaat nur zurückgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben werden, wenn die Asylbehörde rechtskräftig festgestellt hat, daß dies nach § 57 FrG 1997 zulässig ist. Die belangte Behörde hat ferner übersehen, daß ein Asylwerber gemäß § 21 Abs2 AsylG 1997 nicht in den Herkunftsstaat zurückgewiesen und überhaupt nicht zurückgeschoben oder abgeschoben werden darf. Auch die Übermittlung personenbezogener Daten eines Asylwerbers in den Herkunftsstaat ist nur eingeschränkt zulässig. Die für die Bewilligung zur Einreise notwendigen Daten dürfen erst nach - wenn auch nicht rechtskräftiger - Zurückweisung oder Abweisung des Asylantrages, nach positiver non-refoulement Prüfung und bei ungeklärter Identität übermittelt werden.

Diese asylrechtliche Regelung widerspricht dem § 75 FrG 1997, der die Fremdenbehörden nicht in der beschriebenen Weise beschränkt, sondern selbst zur Entscheidung in der Frage des Refoulementverbots beruft, wenn nicht bereits eine einschlägige Entscheidung der Asylbehörde vorliegt. Im Hinblick darauf, daß das AsylG 1997 mit BGBl I Nr. 76/1997 und das FrG 1997 mit BGBl Nr. 75/1997 kundgemacht wurden, wird man nach den allgemeinen Regeln anzunehmen haben, daß das AsylG 1997 als die lex posterior dem FrG 1997 als der lex prior materiell derogieren konnte und deshalb den Vorrang hat. Dieses Ergebnis steht allerdings im Spannungsverhältnis zum Schubhaftverlängerungsgrund des § 65 Abs4 Z1 FrG 1997, der wohl an eine rechtskräftige fremdenbehördliche Entscheidung über den Antrag gemäß § 75 FrG 1997 gebunden ist.

Im neuen Asylrecht findet sich auch dem Fremdenrecht vorgehende Rechtsgrundlagen, die eindeutig zugunsten des Bf sprechen und die Aufrechterhaltung seiner Anhaltung in Schubhaft trotz vorläufiger Aufenthaltsberechtigung jedenfalls rechtswidrig erscheinen lassen.

Gemäß § 21 Abs1 AsylG 1997 finden die §§ 33 Abs2, 36 Abs2 Z8, 55 und 61 bis 63 FrG 1997 nicht auf Asylwerber mit vorläufiger Aufenthaltsberechtigung Anwendung, sofern sie den Asylantrag außerhalb einer Vorführung persönlich beim Bundesasylamt eingebracht haben (Z1) oder anläßlich der Grenzkontrolle oder eines von ihnen sonst mit einer Sicherheitsbehörde oder einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes aufgenommenen Kontaktes (Z2) gestellt haben.

In der Regierungsvorlage (vgl näher Erl zur RV AsylG 1997, 686 BlgNR 20. GP, 25) wird zu § 21 AsylG 1997 festgestellt, daß die Anwendbarkeit fremdenrechtlicher Vorschriften auf Asylwerber nunmehr spezifischer geregelt werden soll. Während der Dauer des Asylverfahrens sollte nach dem in der Regierungsvorlage dokumentierten Willen des Gesetzgebers gegen Asylwerber mit vorläufiger Aufenthaltsberechtigung, die selbst die Initiative zur Einbringung des Asylantrages ergriffen haben, keine Ausweisung, kein Aufenthaltsverbot wegen Mittellosigkeit und auch keine Schubhaft verhängt werden können. In Schubhaft genommen oder belassen werden könnten demnach nur solche Asylwerber, die den Asylantrag erst nach einem fremdenrechtlichen Zugriff eingebracht haben.

Auf Seite 25 der Regierungsvorlage, im 2. Absatz "Zu § 21:" heißt es: "Das Verbot, Asylwerber in den Herkunftsstaat und Asylwerber mit vorläufiger Aufenthaltsberechtigung abzuschieben, zurückzuschieben oder zurückzuweisen, korrespondiert mit Abschnitt II Z2 der Entschließung des Rates der Europäischen Union über die Mindestgarantien für Asylverfahren vom 20.6.1995. Danach wird, um den Grundsatz der Nicht-Zurückweisung wirksam zu garantieren, keine Entfernungsmaßnahme durchgeführt, solange die Entscheidung über den Asylantrag noch aussteht." Wie nach der Aktenlage erwiesen ist, hat der Bf bereits am 15.12.1998 beim Bundesasylamt Außenstelle Tr aus eigener Initiative einen Asylantrag gestellt, worauf er auch ins Flüchtlingslager aufgenommen wurde. Da er in der Folge das Lager wieder verließ und im Asylverfahren nicht mitwirkte, wurde dieses vorläufig eingestellt, jedoch in der Folge gemäß § 30 Abs2 AsylG 1997 über Antrag des Bf formlos fortgesetzt. Der Bf hatte bekanntlich anläßlich seiner fremdenbehördlichen Einvernahme vom 13.1.1999 den Asylantrag wiederholt bzw sich auf seinen am 15.12.1998 bereits gestellten Asylantrag berufen. Nach der asylbehördlichen Ersteinvernahme am 10.2.1999 erteilte ihm das Bundesasylamt gemäß § 19 Abs2 AsylG 1997 eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung bis 10.5.1999, was im Akt durch ein Telefax des Bundesasylamtes, Außenstelle L, vom gleichen Tage und überdies durch den am 11.2.1999 eingebrachten Antrag des Rechtsvertreters des Bf auf umgehende Entlassung aus der Schubhaft dokumentiert wird. Damit waren die Voraussetzungen des § 21 Abs1 AsylG 1997 in der Variante der Ziffer 1 erfüllt, da der Bf nunmehr Asylwerber mit vorläufiger Aufenthaltsberechtigung war, der den Asylantrag bereits am 15.12.1998 außerhalb einer Vorführung persönlich beim Bundesasylamt eingebracht hatte. Da der § 21 Abs1 AsylG 1997 als lex posterior das Verhältnis zum FrG 1997 verbindlich regeln konnte, waren auf den Bf bei der gegebenen Sachlage jedenfalls auch die Vorschriften der §§ 61 bis 63 FrG 1997 über den Entzug der persönlichen Freiheit und über die Zurückschiebung nach § 55 FrG 1997 nicht mehr anwendbar. Schon aus diesem Grund war daher die weitere Anhaltung des Bf in Schubhaft durch die belangte Behörde seit dem 11. Februar 1999 für rechtswidrig zu erklären. Daß auch die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen nicht vorliegen, bedarf nach den obigen Ausführungen keiner weiteren Begründung.

Bei diesem Ergebnis war der Bund gemäß § 79a AVG iVm § 73 Abs2 FrG 1997 als der Rechtsträger, für den die belangte Behörde funktionell eingeschritten ist, zum Ersatz der notwendigen Aufwendungen für den dem Bf als obsiegender Partei zustehenden Schriftsatzaufwand zu verpflichten. Nach der geltenden Aufwandsersatzverordnung UVS des Bundeskanzlers (BGBl Nr. 855/1995) beträgt der Pauschalbetrag für den Schriftsatzaufwand S 8.400,--. Unter Berücksichtigung der entrichteten Eingabengebühr von S 180,-- waren dem Bf insgesamt Aufwendungen von S 8.580,-- zuzuerkennen.

Eine Leistungsfrist sieht der § 79a AVG 1991 idF BGBl Nr. 471/1995 nicht vor. Der erkennende Verwaltungssenat nimmt insofern eine echte Lücke an, zumal nicht angenommen werden kann, der Gesetzgeber hätte in Abweichung von der Regelung des § 59 Abs4 VwGG 1985 die sofortige Vollstreckbarkeit des zugesprochenen Aufwandersatzes für den Fall des Fehlens einer Leistungsfrist (vgl dazu die Nachw aus der Judikatur bei Angst/Jakusch/Pimmer, MGA EO,

12. A , E 107 und E 114 zu § 7 EO) vorsehen wollen. In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (vgl Erl RV 130 BlgNR 19. GP, 14 f) wird ausdrücklich davon gesprochen, daß die Regelung im wesentlichen den Kostentragungsbestimmungen im VwGG 1985 angeglichen worden sei. Demnach ist nach wie vor (vgl schon bisher stRsp seit VwGH 23.9.1991, 91/19/0162) von einer analogen Anwendbarkeit der Kostenbestimmungen des VwGG 1985 auszugehen, soweit der Verfahrensgesetzgeber eine Regelung vergessen hat. Deshalb war analog dem § 59 Abs4 VwGG 1985 eine Leistungsfrist von zwei Wochen festzusetzen.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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