TE Vwgh Erkenntnis 2001/8/24 2000/02/0098

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Veröffentlicht am 24.08.2001
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
19/05 Menschenrechte;
40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

AVG §45 Abs2;
AVG §52;
B-VG Art89 Abs1;
MRK Art6 Abs3 litb;
StVO 1960 §5 Abs1;
StVO 1960 §5 Abs2;
StVO 1960 §99 Abs1 lita;
VStG §51g Abs2;
VStG §51g Abs4;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Zeller, über die Beschwerde des AK in Wien, vertreten durch Siemer-Siegl-Füreder & Partner, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Dominikanerbastei 10, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 16. Februar 1999, Zl. UVS- 03/P/14/04261/97, betreffend dessen Punkt 1) (Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Punkt 1) des im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheides vom 16. Februar 1999 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 13. September 1997 um 1.51 Uhr an einem näher bezeichneten Ort (Anhalteort) einen dem Kennzeichen nach näher bestimmten PKW gelenkt, obwohl er sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe. Er habe dadurch § 5 Abs. 1 StVO verletzt. Es wurde gemäß § 99 Abs. 1 lit. a StVO eine Geldstrafe in der Höhe von S 20.000,-- (im Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafe von 18 Tagen) verhängt.

Die belangte Behörde kam - zusammengefasst - zum Ergebnis, die Behauptung des Beschwerdeführers, er habe weniger als 15 Minuten vor Ableistung der Atemluftalkoholuntersuchung mit einer alkoholhaltigen Lösung den Mund wegen einer Infektion der Schleimhäute gespült, weshalb die Messergebnisse Mundrestalkohol enthalten hätten und daher nicht verwertbar seien, sei nicht glaubwürdig. Dies stützte die belangte Behörde auf die Ergebnisse eines umfangreichen Ermittlungsverfahrens, in dessen Verlauf eine mehrfach erstreckte mündliche Verhandlung durchgeführt und zwei Sachverständigengutachten eingeholt worden waren.

Die belangte Behörde würdigte die aufgenommenen Beweise folgendermaßen:

"Gegen die Version des Berufungswerbers spricht bereits, dass er erst im Verwaltungsstrafverfahren und nicht sofort bei der Amtshandlung die Beamten darauf hinwies, unmittelbar vor Fahrtantritt eine solche Mundspülung vorgenommen zu haben. Dass er anlässlich der Atemluftuntersuchung zum Alkoholgenuss befragt wurde, ließ er unbestritten.

Nicht nachvollziehbar erscheint dem unabhängigen Verwaltungssenat, dass der Berufungswerber, obwohl er an diesem Tag unter einer hartnäckigen großflächigen Entzündung des Mund-Rachenraumes litt, nur einmal und zwar just vor Fahrtantritt, diese Behandlungsmethode anwandte.

Der Beschuldigte gab zwar eine schlüssige Erklärung ab, was ihn bewogen habe das Fahrzeug um 02.00 Uhr in Betrieb zu nehmen, er ließ jedoch völlig offen, weshalb er das Fahrzeug - worin er immerhin wertvolle Gegenstände aufbewahrt habe - während der vorangegangenen Nachtstunden (22.30 Uhr bis 02.00 Uhr) auf der öffentlichen Straße abgestellt habe, obgleich ihm ein (sicherer) gemieteter Parkplatz zur Verfügung gestanden sei.

Abgesehen davon, dass die von ihm nominierten Zeugen die Einnahme der Mundspülung nicht aus eigener Wahrnehmung bestätigen konnten, hinterließen sie beim erkennenden unabhängigen Verwaltungssenat insgesamt den Eindruck, dass ihre Angaben nicht ausschließlich auf tatsächlich Wahrgenommenem beruhten, sondern dass sie bestrebt waren, für den Berufungswerber entlastende Angaben zu machen. So gaben beide Zeugen einen erheblich längeren Zeitraum für das Beisammensein in der Wohnung des Beschuldigten (während dessen der Beschuldigte nichts Alkoholisches getrunken haben soll) an, als der Berufungswerber in seiner ersten Stellungnahme angeführt hatte. Wenig überzeugend erscheint es auch, dass sich beide an ein unwesentliches Ereignis wie das Ausspucken auf der Straße nach mehr als einem Jahr erinnern wollen.

Der unabhängige Verwaltungssenat folgt den Ausführungen des medizinischen Sachverständigen, wonach es sich bei der vom Berufungswerber geschilderten Behandlungsmethode von hartnäckigen großflächigen Entzündungen des Mund- und Rachenraumes um eine ungewöhnliche Behandlung handelt. Gefolgt wird insbesondere auch der eindeutigen Aussage dieses Sachverständigen, dass durch die Mundspülung mit einer 70 %igen alkoholischen Lösung die vom Berufungswerber erzielten Messergebnisse nicht hervorgerufen werden können.

Darüber hinaus geht aus dem besonders ausführlichen, klaren und schlüssigen Gutachten des technischen Sachverständigen eindeutig hervor, dass die vom Berufungswerber angegebene Alkoholeinnahme zu der angeführten Zeit deshalb nicht der Wahrheit entsprechen kann, weil in einem solchen Fall die beiden Messwerte, die vier Minuten auseinander gelegen seien, weit mehr differieren hätten müssen.

Dadurch wurden die Angaben zur Alkoholeinnahme und zur zeitlichen Abfolge eindeutig widerlegt."

Damit sei von einem gültigen Messergebnis (die niedrigere der beiden Messungen ergab um 2.01 Uhr 0,49 mg/l Atemluftalkoholgehalt) auszugehen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Das umfangreiche und weitwendige Beschwerdevorbringen wird in der Folge zwecks besserer Übersichtlichkeit vom Verwaltungsgerichtshof nach dem Sinnzusammenhang gegliedert.

I. Verfahrensrechtliche Einwendungen:

1. Der Beschwerdeführer wendet Unzuständigkeit der belangten Behörde "mangels (ortsüblicher) Kundmachung" der Geschäftsverteilung 1997, Fassung 1. November 1997, ein. Er bringt vor, nach der Beweislage sei klar, "dass kein Aushang der genannten Geschäftsverteilung beim UVS Wien erfolgte". Dies sei im Verhandlungsprotokoll vom 3. November 1998 auch festgehalten worden. Der Beschwerdeführer leitet daraus ab, dass "kein Aushang und Auflage der Geschäftsverteilung erfolgt ist".

Damit zieht der Beschwerdeführer allerdings einen unzulässigen Schluss. Denn es ist zwar richtig, dass die Geschäftsverteilung nicht ausgehängt wurde, sondern die Kundmachung in der gleichen Weise erfolgt ist, wie die zuvor in Geltung gestandene Geschäftsverteilung in dem den Beschwerdeführer betreffenden Verfahren, das mit dem hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1997, Zl. 97/02/0498, abgeschlossen worden war. Auch im gegenständlichen Fall war die Geschäftsverteilung in der Protokoll- und Einlaufstelle des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien zur allgemeinen Einsicht aufgelegt worden, worauf durch Anschlag im Amtsgebäude hingewiesen worden war (vgl. das Schreiben der Präsidentin des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 7. Oktober 1999 an den Verfassungsgerichtshof). Dass diese Art der Kundmachung im gegenständlichen Fall nicht vorgelegen wäre, so insbesondere, dass der im Amtsgebäude angeschlagene Hinweis auf die Auflage zur Einsicht im gegenständlichen Fall nicht vorhanden gewesen sei, wird selbst vom Beschwerdeführer nicht konkret behauptet. Er leitet lediglich aus der unbestrittenen Tatsache, dass die Geschäftsverteilung selbst nicht ausgehängt worden sei, auch ab, es sei keine Auflage derselben erfolgt.

Damit entspricht die Kundmachung der Geschäftsverteilung der belangten Behörde aber exakt jener, welche mit dem genannten hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1997 als ausreichend erachtet wurde.

2. Behauptete Verletzung des Rechtes auf ein Verfahren vor einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhendem Gericht im Sinne des Art. 6 EMRK, Befangenheit der Senatsmitglieder.

Unter dieser Überschrift behauptet der Beschwerdeführer unter Berufung auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 2. Oktober 1997, B 2434/95-13, die Verfassungswidrigkeit der Geschäftsverteilung der belangten Behörde. Diesbezüglich genügt es einerseits auf den Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 29. Februar 2000, B 1283/99-8, hinzuweisen, mit dem die Behandlung der gegenständlichen Beschwerde abgelehnt und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten wurde.

Andererseits ist der Beschwerdeführer daran zu erinnern, dass der Verwaltungsgerichtshof die Bedenken des Beschwerdeführers gegen die vor der im gegenständlichen Fall anzuwendenden Geschäftsverteilung in Geltung gestandene Geschäftsverteilung der belangten Behörde im bereits zitierten Erkenntnis vom 19. Dezember 1997 als "geradezu mutwillig" erachtet hat. Im gegenständlichen Fall stützt der Beschwerdeführer seine Spekulation, dass eine Nahebeziehung der Senatsmitglieder zur ersten Instanz "bestehen könnte", auf die Verweigerung der Antwort der Senatsmitglieder auf die vom Beschwerdeführer im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 3. November 1998 gestellte Frage "ob ein Naheverhältnis der Senatsmitglieder zu der erstinstanzlichen Behörde (der Bundespolizeidirektion Wien) bestanden habe, bestehen würde oder in Zukunft bestehen könnte".

Dass zu einer derartigen Frage "jede Aussage" verweigert wurde, erweist sich im Hinblick auf § 51g Abs. 2 VStG als berechtigt, weil das dort geregelte Fragerecht der Parteien einerseits nur gegenüber Personen besteht, die vernommen werden, andererseits eine derartige Frage nicht der Aufklärung des Sachverhalts diente und überdies keine konkreten Anhaltspunkte für eine Befangenheit der Senatsmitglieder im relevierten Sinn bestand.

Damit ist das diesbezügliche Vorbringen des Beschwerdeführers auch im gegenständlichen Fall als geradezu mutwillig anzusehen, wobei bemerkt wird, dass dem Verwaltungsgerichtshof hinsichtlich der in Rede stehenden Organwalter bekannt ist, dass diese vor ihrer derzeitigen Tätigkeit nicht bei der Bundespolizeidirektion Wien Dienst versahen.

3. Der Beschwerdeführer behauptet, es sei ihm ein wesentliches Beweismittel nicht rechtzeitig bekanntgegeben und damit gegen das "Überraschungsverbot" verstoßen worden, er leitet daraus den Eintritt der Verjährung gemäß § 51 Abs. 7 VStG und die Unzuständigkeit der belangten Behörde ab. Das Gutachten des Sachverständigen Dipl. Ing. St. sei dem Beschwerdeführer am 12. Februar 1999 zugestellt worden, er habe um Verschiebung der für 16. Februar 1999 anberaumten Verhandlung zwecks "Gegengutachtensäußerung eines Privatsachverständigen" ersucht.

Wie die belangte Behörde in der Gegenschrift - durch den Akteninhalt bestätigt - hiezu ausführt, handelte es sich beim Verhandlungstermin 16. Februar 1999 um den dritten Teil der mehrfach erstreckten Verhandlung, deren erster Teil bereits am 3. November 1998 abgehandelt wurde. Auf Grund der Bedenken des Beschwerdeführers gegen das Gutachten des Sachverständigen Dr. F. in der mündlichen Verhandlung vom 15. Dezember 1998 stellte er den Antrag, den von ihm behaupteten Vorgang der Mundspülung in einer mündlichen Verhandlung zu demonstrieren und sodann einen "bei der Behörde in Verwendung stehenden Alkomaten" heranzuziehen, um die Ausführungen des Sachverständigen Dr. F., der die vom Beschwerdeführer behauptete Vorgangsweise als unrealistisch bewertet hatte und von einer korrekten Atemluftalkoholuntersuchung ausgegangen war, zu widerlegen. Zu diesem Zweck wurde die Verhandlung auf den 19. Jänner 1999 vertagt.

Da sich durch diese Demonstration des Beschwerdeführers die Möglichkeit oder Unmöglichkeit seiner Behauptung hätte belegen lassen sollen, bestand für die belangte Behörde zunächst keine Veranlassung, einen weiteren Sachverständigen beizuziehen. Der Beschwerdeführer entschuldigte sich jedoch für den Verhandlungstermin 19. Jänner 1999, die hierauf von der belangten Behörde abberaumt und für 16. Februar 1999 festgesetzt wurde. Angesichts des nahenden Ablaufs der Frist des § 51 Abs. 7 VStG sowie des Umstandes, dass - worauf die belangte Behörde zu Recht hinweist - die in der Vertagungsbitte des Beschwerdeführers vom 18. Jänner 1999 enthaltenen Ausführungen seine persönliche Mitwirkung innerhalb offener Frist überhaupt fraglich erscheinen ließen, stellte sich die Frage der Beiziehung eines weiteren Sachverständigen erst nach dem Einlangen des Schreibens vom 18. Jänner 1999. Es soll hier nicht erörtert werde, ob beim bereits vorliegenden Ermittlungsergebnis überhaupt noch die Beiziehung eines weiteren Sachverständigen notwendig gewesen wäre. Es erweist sich im Beschwerdefall nicht als rechtswidrig, dass die belangte Behörde dem Beschwerdeführer zu der schriftlichen Fassung des Sachverständigengutachtens Dipl. Ing. St. keine (weitere) mehr als zweiwöchige Vorbereitungsfrist eingeräumt hat, weil es dem Beschwerdeführer offengestanden wäre, durch persönliche Demonstration im Sinne seines Antrages vom 15. Dezember 1998 die Unrichtigkeit der im Gutachten enthaltenen Ausführungen in der Verhandlung vom 16. Februar 1999 darzutun. Unter diesen Umständen des konkreten Einzelfalles hätte sich der Beschwerdeführer daher in der Verhandlung vom 16. Februar 1999 - so er erschienen wäre - auch unter dem Blickwinkel der "Vorbereitungszeit" faktisch effizient verteidigen können (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. November 1998, Zl. 96/09/0366). Dass er bloß unter Hinweis auf die mangelnde Vorbereitungsfrist zu dieser Verhandlung nicht erschien, hinderte somit weder die Durchführung der Verhandlung noch die Fällung des Erkenntnisses (§ 51 f Abs. 2 VStG).

4. Der Beschwerdeführer bezweifelt des Weiteren die "Bescheidvoraussetzungen gemäß § 18 Abs. 4 AVG". Er führt hiezu aus, es sei "unklar", ob der Bescheid die Voraussetzungen des § 18 Abs. 4 AVG erfülle. Der Beschwerdeführer behauptet in diesem Zusammenhang, dass die ihm zugestellte Ausfertigung des Bescheides eine "DVR-Nummer" nicht aufweise. Entgegen dieser Behauptung findet sich jedoch - was der Beschwerdeführer offensichtlich übersehen hat - auf der mit dem Eingangsstempel der Rechtsanwälte Siemer-Siegl-Füreder & Partner versehenen Bescheidausfertigung, welche vom Beschwerdeführer der Beschwerde beigelegt wurde, bereits im Kopf die Anführung der "DVR-Nummer" (und zwar DVR 0641324). Weist die Ausfertigung des angefochtenen Bescheides eine DVR-Nummer auf, so ist daraus zu erkennen, dass die Ausfertigung des Bescheides mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellt wurde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 6. Oktober 1994, Zl. 92/18/0366).

Die Behauptung, in der dem Beschwerdeführer zugestellten Bescheidausfertigung sei nicht zwischen Einzelmitglieds- und Senatszuständigkeit unterschieden worden, ist angesichts des Inhaltes der vom Beschwerdeführer vorgelegten Bescheidausfertigung mutwillig. Durch die Gliederung des Bescheides in Punkt 1) und Punkt 2) und die dem entsprechende Zuordnung "ad 1)" und "ad 2)" vor den jeweiligen die Entscheidung genehmigenden Mitgliedern der belangten Behörde ist die vom Beschwerdeführer vermisste Unterscheidung von jedem verständigen Leser unmittelbar zu ersehen.

5. Der Beschwerdeführer bringt des Weiteren vor, dass auch "unklar" geblieben sei, ob der die Atemluftalkoholuntersuchung durchführende Sicherheitswachebeamte hiezu die rechtlichen Voraussetzungen erfüllt habe. Die vom Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang vorgebrachten Bedenken sind aber so unsubstantiiert, dass sie aus objektiver Sicht nicht geeignet sind, einen vernünftigen Zweifel an der Berechtigung des die Atemluftalkoholuntersuchung durchführenden Sicherheitswachebeamten zur Durchführung einer solchen Untersuchung zu erwecken.

II. Beschwerdevorbringen in der Sache selbst:

1. Unter dem Titel "Verstoß gegen § 4 Alkomatverordnung; verfassungskonforme Interpretation der Verordnungsbestimmung in Hinblick auf das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf persönliche Freiheit" behauptet der Beschwerdeführer "Unzulässigkeit des Ortes der durchgeführten Atemalkoholkontrolle - keine Atemalkoholkontrolle im Sinne § 5 StVO und keine Verwertbarkeit des Ergebnisses - Verstoß gegen § 5 Abs. 1 StVO setzt eine gültig zustandegekommene Atemalkoholkontrolle gemäß § 5 StVO voraus".

Die Atemluftkontrolle sei nicht am Ort der Anhaltung, sondern an einem anderen Ort erfolgt.

Abgesehen davon, dass die Verwertung des zustandegekommenen Messergebnisses zulässig wäre, wenn es entgegen der Anordnung des § 5 Abs. 2 StVO zustandegekommen sein sollte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. September 1996, Zl. 96/03/0168), ist das Vorbringen des Beschwerdeführers schon aus folgendem Grund verfehlt:

Der Beschwerdeführer wurde unbestrittenermaßen vor dem Haus Jahngasse 5 angehalten, die Atemluftalkoholkontrolle fand im Streifenwagen statt, welcher an der Kreuzung Jahngasse/Rampersdorfergasse 7 postiert war. Die Entfernung betrug laut Aussage des Zeugen RvI B. 20 m. Liegt der Anhalteort in derartiger Nähe jenes Ortes, wo sich der Alkomat befindet, mit dem die geforderte Untersuchung der Atemluft vorgenommen werden soll, so ist davon auszugehen, dass im Sinne des § 5 Abs. 2 erster Satz StVO eine jederzeit zulässige Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt "an Ort und Stelle" erfolgte: Dass nämlich der Alkomat "unmittelbar" zum Fahrzeug des Probanden gebracht werden oder sich dort befinden muss, wäre in vielen Fällen gar nicht durchführbar. Es ist dem Probanden daher zumutbar, sich zu einem in der Nähe befindlichen Alkomaten zu begeben und verletzt ihn dies in keinen Rechten (vgl. mit näheren Ausführungen zu diesem Thema das hg. Erkenntnis vom 30. März 2001, Zl. 2000/02/0177).

2. Insoweit sich der Beschwerdeführer gegen die von der belangten Behörde vorgenommene Beweiswürdigung wendet, ist ihm entgegenzuhalten, dass die Beweiswürdigung ein Denkprozess ist, der nur insofern einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof zugänglich ist, als es sich um die Schlüssigkeit dieses Denkvorganges handelt bzw. darum, ob die Beweisergebnisse, die in diesem Denkvorgang gewürdigt wurden, in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt worden sind. Die Schlüssigkeit der Erwägungen innerhalb der Beweiswürdigung unterliegt daher der Kontrollbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes, nicht aber deren konkrete Richtigkeit (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053). Die Beschwerdeausführungen lassen aber insbesondere Zweifel an der Schlüssigkeit der von der belangten Behörde dargelegten Erwägungen zur Beweiswürdigung nicht aufkommen. Denn der Beschwerdeführer hat zwischen dem Zeitpunkt seiner Anhaltung und der Durchführung der Atemalkoholuntersuchung keinen Hinweis daraufhin gemacht, dass er innerhalb der letzten 15 Minuten vor Durchführung der Atemalkoholuntersuchung eine Mundspülung mit einem alkoholhältigen Mundwasser vorgenommen habe. Schon daraus durfte die belangte Behörde auf die Unglaubwürdigkeit des im Verwaltungsstrafverfahren später erstatteten Vorbringens betreffend die Mundspülung schließen, weil es mit der Lebenserfahrung im Einklang steht, dass früheren Angaben ein höherer Grad an Wahrscheinlichkeit zukommt als späteren Ausführungen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 23. Februar 1995, Zl. 95/18/0049). Die belangte Behörde hat im Übrigen zwei Sachverständigengutachten eingeholt, aus denen sich in schlüssiger Weise sowohl aus medizinischer als auch aus technischer Sicht die Unglaubwürdigkeit der Behauptung einer innerhalb von weniger als 15 Minuten vor Durchführung der Atemalkoholuntersuchung vorgenommenen Mundspülung mit einem alkoholhältigen Mundwasser ergibt. Der Beschwerdeführer versucht zwar mit weitwendigen Ausführungen die Untauglichkeit bzw. Unschlüssigkeit der Sachverständigengutachten sowie die Befangenheit des Gutachters Dr. F. darzutun, diese Ausführungen sind aber schon deshalb nicht geeignet, die Schlüssigkeit der Sachverständigengutachten in Frage zu stellen, weil sie im Wesentlichen auf offenkundiger Unkenntnis des Beschwerdeführers als technischem Laien betreffend die Verwendung und Funktion von Atemalkoholmessgeräten beruhen. Hingegen handelt es sich bei beiden Sachverständigen (sowohl dem ärztlichen Sachverständigen Dr. F. mit Spezialkenntnissen auf dem Gebiet der Alkoholwertbestimmung als auch dem technischen Sachverständigen Dipl. Ing. St.) wegen ihrer Fachkenntnis um taugliche Sachverständige. Im gegenständlichen Fall wurden zudem insbesondere vom Gutachter Dipl. Ing. St. Vergleichsuntersuchungen zur Befundaufnahme durchgeführt, welche der Verwaltungsgerichtshof als ausreichend ansieht. Eine auf einem ausreichenden Befund beruhende schlüssige Begutachtung eines Falles durch einen Sachverständigen kann aber nur durch ein Gutachten eines anderen Sachverständigen in tauglicher Weise in Diskussion gezogen und allenfalls erschüttert werden. An sich schlüssigen Ausführungen des Sachverständigen kann jedenfalls nicht mit laienhaften Äußerungen in wirksamer Weise entgegnet werden (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 4. Oktober 1996, Zl. 96/02/0287). Außerdem stimmen die beiden Sachverständigengutachten in der entscheidenden Frage inhaltlich überein.

3. Insofern der Beschwerdeführer die Ungültigkeit des Messergebnisses behauptet, weil es durch Mundrestalkohol auf Grund der von ihm behaupteten Mundspülung verfälscht worden sei, so ist ihm zwar zunächst dahingehend Recht zu geben, dass nach der hg. Rechtsprechung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Jänner 2000, Zl. 99/03/0318, mwN) für das Zustandekommen eines gültigen, nicht verfälschten Messergebnisses die diesbezügliche Einhaltung der Betriebsanleitung des Messgerätes erforderlich ist. Dies bedeutet, dass der Proband während des Zeitraumes von 15 Minuten vor Beginn der ersten Messung die in der Zulassung durch das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen und in der Betriebsanleitung angeführten Handlungen, die zu einer Verfälschung des Messergebnisses führen könnten, unterlässt.

Die belangte Behörde ist aber in der - wie oben dargelegt - nicht als unschlüssig zu erkennenden Beweiswürdigung zur Sachverhaltsfeststellung gelangt, dass der Beschwerdeführer während des oben genannten Zeitraumes verfälschenden Faktoren nicht ausgesetzt gewesen sei, sodass die diesbezügliche Rüge in der Beschwerde ihrer sachverhaltsmäßigen Grundlage entbehrt.

4. Letztendlich ist auch das Vorbringen des Beschwerdeführers zur Bezweiflung einer rechtsgültigen Eichung und Kontrolle sowohl des zur Atemalkoholuntersuchung am 13. September 1997 als auch des von den Sachverständigen zu Vergleichstests herangezogenen Gerätes angesichts der Beweismittel im Verwaltungsakt (vgl. z.B. das Überprüfungsprotokoll, Siemens, vom 21. Oktober 1997, in dem die letzte Wartung des gegenständlichen Gerätes, mit dem die Atemalkoholuntersuchung am 3. September 1997 durchgeführt worden war, vom 15. Mai 1997 aufscheint) zu unbestimmt, als dass objektiv Zweifel an einer rechtsgültigen Eichung und Kontrolle der Geräte erweckt würden.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 24. August 2001

Schlagworte

Verordnungen Verhältnis Verordnung - Bescheid VwRallg4Alkotest Zeitpunkt OrtFeststellung der Alkoholbeeinträchtigung AlkomatBeweiswürdigung Wertung der Beweismittel

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:2000020098.X00

Im RIS seit

30.10.2001

Zuletzt aktualisiert am

25.06.2013
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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