TE UVS Niederösterreich 1992/02/06 Senat-BN-91-009

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Veröffentlicht am 06.02.1992
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Spruch

I.

Der Berufung wird gem §66 Abs4 AVG, BGBl Nr 51/1991, dahingehend Folge gegeben, daß der erstinstanzliche Bescheid aufgehoben und gemäß §45 Abs1 Z1 VStG, BGBl Nr 52/1991, die Einstellung des Strafverfahrens verfügt wird.

 

II

Gem §74 Abs1 AVG wird der Antrag, die Behörde zur Tragung der Verfahrenskosten in Höhe von S 8.501,40 zu verpflichten, als unzulässig zurückgewiesen.

Text

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft xx vom 2. April 1991, Zl xx, wurde über Herrn A W eine Geldstrafe von S 60.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 14 Tage) verhängt und überdies die Verpflichtung zur Kostentragung in Höhe von S 6.000,-- ausgesprochen. Nach Ansicht der Strafbehörde erster Instanz habe er es als der nach §9 VStG Verantwortliche zu vertreten, daß die A W Gesellschaft mbH am 25. Februar 1991 auf den Parzellen Nr x, y und z (alle KG T) entgegen der mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft xx vom 17. März 1987, Zl xx, gemäß §31 WRG 1959 (richtig wohl §32 leg cit) erteilten Bewilligung eine Einwirkung auf Gewässer dadurch vorgenommen habe, daß sie im westlichen Bereich des Grundstückes Bauschuttmaterial auf einer Fläche von ca 800 - 1000 m2 und bis zu einer Tiefe von ca 2 m zur Ablagerung gebracht habe. Dagegen richtet sich die fristgerecht erhobene Berufung und wird vorgebracht, daß nicht einmal die minimalsten Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Verwaltungsstrafverfahren von der Behörde erfüllt worden wären. Insbesondere deswegen, da der angegebene Zeitpunkt jener Tag gewesen wäre, an dem der Sachverständige Feststellungen getroffen habe, es sich jedoch keinerlei Hinweise darauf finden, daß an diesem Tag tatsächlich Ablagerungen vorgenommen wurden. Auch die Beschreibung des Tatortes wäre mangelhaft und entspreche nicht der einhelligen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Außerdem verweist der Beschuldigte in seiner Berufung darauf, daß allfällig vorhandenes Material kein solches sei, das den Auflagen im Genehmigungsbescheid aus dem Jahre 1987 widerspreche. Darüberhinaus erscheint die Strafhöhe exorbitant hoch.

 

Aus diesen Gründen wurde die Behebung des angefochtenen Bescheides und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt, in eventu die Behebung und Zurückverweisung zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die Behörde erster Instanz, in eventu die verhängte Strafe erheblich herabzusetzen und überdies die Behörde zur Tragung der Verfahrenskosten zu verpflichten.

 

Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ als Berufungsbehörde wie folgt erwogen:

 

Unbestritten hat die Bezirkshauptmannschaft xx mit Bescheid vom 17. März 1987, Zl xx, der A W GesmbH gemäß §32 WRG 1959 die wasserrechtliche Bewilligung für die Durchführung einer Trockenbaggerung auf den Parzellen x, y und z (alle KG T) bis zu einer Höhe von 223,5 m über Adria erteilt (Spruchteil I) und überdies namens des Landeshauptmannes von NÖ die wasserrechtliche Bewilligung gemäß §32 leg cit zur Verfüllung der Böschungswände mit sanitär einwandfreiem Aushubmaterial (wobei die Höhe der rekultivierten Grubensohle bei einer Höhe von 225,3 m über Adria zu liegen hat) ausgesprochen (Spruchteil II).

 

Mit dem nunmehr angefochtenen Straferkenntnis wird dem Beschuldigten vorgeworfen, daß er nach §9 VStG dafür die Verantwortung trage, daß entgegen der gemäß §31 WRG 1959 (gemeint wohl §32 leg cit) erteilten Bewilligung für die Ablagerung von sanitär einwandfreiem Aushubmaterial eine Einwirkung auf Gewässer durch Ablagerung von Bauschuttmaterial vorgenommen wurde.

 

Hiezu ist zunächst folgendes festzustellen:

 

Nach Ansicht der Berufungsbehörde ist es für den konkreten Fall von erheblicher Bedeutung, ob die vorgeworfene Ablagerung von Bauschuttmaterial "entgegen einer bereits erteilten Bewilligung" oder "ohne der dafür erforderlichen Bewilligung" vorgenommen wurde. Im §137 WRG 1959 findet sich nämlich mehrmals die Formulierung "entgegen einer Bewilligung". Aus begrifflich-logischen Gründen muß davon ausgegangen werden, daß eine Bewilligung eine Ermächtigung und keine Verpflichtung bedeutet und somit grundsätzlich der Berechtigte selbst das ihm erteilte Recht auch nicht verletzen kann. Eine Verletzung erscheint lediglich dahingehend möglich, daß allfällig dem erteilten Recht beigegebene belastende Nebenbestimmungen (Auflagen) durch den Berechtigten nicht eingehalten werden und somit dieses Verhalten als "entgegen einer Bewilligung" zu qualifizieren ist. Diese belastenden Nebenbestimmungen müßten aber in einem untrennbaren Zusammenhang mit jenem Recht stehen, dem sie beigegeben sind.

 

Im Gegensatz dazu bedeutet "ohne Bewilligung", daß jemand einen bewilligungspflichtigen Tatbestand ohne die dafür erforderliche behördliche Bewilligung gesetzt hat.

 

Wendet man diese Gesichtspunkte auf den konkreten Fall an, so gelangt der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ zu folgendem Ergebnis:

 

Von der Bezirkshauptmannschaft xx wurde der A W GesmbH die wasserrechtliche Bewilligung für die Verfüllung der Böschungswände mit einem bestimmten Material (nämlich mit sanitär einwandfreiem Aushubmaterial) erteilt. Laut Bericht des Gewässeraufsichtsorganes vom 26. Februar 1991 wäre auch Bauschuttmaterial zur Ablagerung gelangt, dies wird jedoch vom Beschuldigten sowohl in seiner Stellungnahme vom 13. März 1991 im Rahmen des Verfahrens erster Instanz als auch in der Berufung bestritten.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ vertritt bei gegenständlichem Fall die Ansicht, daß eine Prüfung dahingehend, ob tatsächlich Bauschuttmaterial zur Ablagerung gelangte, unerheblich ist. Für den Fall, daß kein Bauschutt, sondern nur konsensgemäßes Material zur Anschüttung verwendet worden wäre, hätte der Beschuldigte die im zur Last gelegte Tat nicht begangen und wäre daher das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Strafverfahren einzustellen. Im Falle jedoch, daß der Beschuldigte sehr wohl Bauschutt und somit nicht konsensgemäßes Material zur Ablagerung gebracht hätte, wäre dies als Ablagerung von Abfällen im Sinne des §31b WRG 1959 ohne der hiefür erforderlichen wasserrechtlichen Bewilligung zu qualifizieren und nicht - wie bereits ausgeführt - als ein Verhalten entgegen einer erteilten Bewilligung.

 

§31b Abs1 WRG 1959 normiert zwei bewilligungspflichtige Tatbestände, nämlich die Ablagerung von Abfällen (ausgenommen solche, bei deren ungeschützter Lagerung eine Verunreinigung der Gewässer einschließlich des Grundwassers nicht zu besorgen ist) sowie die Errichtung und der Betrieb der hiezu dienenden Anlagen. In Ergänzung dazu normiert §137 WRG 1959 jedoch, daß nicht generell jede Mißachtung dieser beiden bewilligungspflichtigen Tatbestände strafbar ist, sondern gemäß §137 Abs3 litf leg cit die konsenslose Errichtung oder Betreibung der für die Ablagerung von Abfällen dienenden Anlagen und gemäß §137 Abs5 litc die konsenslose Ablagerung von Abfällen, soferne damit eine Verunreinigung des Grundwassers bewirkt wird. Demgemäß stellt die bloße Ablagerung von Abfällen, solange dadurch keine Verunreinigung des Grundwassers bewirkt wird, keine Verwaltungsübertretung nach dem Wasserrechtsgesetz 1959 dar.

 

Zusammenfassend kann daher davon ausgegangen werden, daß selbst bei Ablagerung von Bauschutt eine Bestrafung gestützt auf das WRG 1959 unzulässig ist, weil Voraussetzung für die Strafbarkeit eine Verunreinigung des Grundwassers wäre (Erfolgsdelikt) und aus der gesamten Aktenlage kein wie immer gearteter Hinweis auf den Eintritt einer derartigen Verunreinigung vorhanden ist. Ebenso findet sich im Verwaltungsstrafakt kein Hinweis darauf, daß durch die konsenslose Errichtung oder Betrieb einer für die Ablagerung von Abfällen dienenden Anlage (zB Dichtungen, Sickerwassererfassung usw) ein strafbares Verhalten gesetzt worden wäre.

 

Inwieweit jedoch das konsenslose Ablagern von Abfällen, soferne damit eine Grundwasserverunreinigung nicht bewirkt wird, nach anderen gesetzlichen Bestimmungen strafbar ist, kann im Rahmen des gegenständlichen Verfahrens nicht geprüft werden.

 

Aufgrund der genannten Umstände war daher das angefochtene Straferkenntnis jedenfalls zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß §45 Abs1 Z1 VStG einzustellen.

 

Der Antrag auf Zuerkennung der Verfahrenskosten war zurückzuweisen, weil gemäß §74 Abs1 AVG iVm §24 VStG jeder Beteiligte die ihm im Verwaltungsverfahren erwachsenden Kosten selbst zu bestreiten hat.

 

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß §51e Abs1 VStG abgesehen werden, da bereits aus der Aktenlage die Notwendigkeit der Bescheibehebung zu ersehen war.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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