TE UVS Niederösterreich 1994/04/06 Senat-GF-93-429

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Veröffentlicht am 06.04.1994
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Spruch

Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl Nr 51, keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid vollinhaltlich bestätigt.

 

Der Berufungswerber hat gemäß §64 Abs1 und 2 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl Nr 52, S 400,-- als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens binnen 2 Wochen zu zahlen.

 

Innerhalb gleicher Frist sind der Strafbetrag und die Kosten des Verfahrens erster Instanz zu bezahlen (§59 Abs2 AVG).

Text

Die Bezirkshauptmannschaft xx hat gegen den Berufungswerber das Straferkenntnis vom 9. Februar 1993, Zl 3-****-92, erlassen. Darin wurde ihm zur Last gelegt, daß er am 3. Juni 1992 um 19,35 Uhr im Ortsgebiet von K********* auf der B * nächst Strkm **.***, Richtung K*********, als Lenker des Kombi W ***.***

1.

im Ortsgebiet schneller als die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h gefahren ist und

2.

dieses Fahrzeug gelenkt und somit in Betrieb genommen hat, obwohl ihm bekannt war, daß das von ihm gelenkte Kraftfahrzeug nicht den kraftfahrrechtlichen Vorschriften entspricht (der Tachometer funktionierte nicht).

 

Aus diesem Grund hat die Behörde I Instanz folgende Verwaltungsstrafen verhängt:

 

zu 1. gemäß §20 Abs2 iVm §99 Abs3 lita StVO 1960

      S 1.500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 72 Stunden) und

zu 2. gemäß §102 Abs1 iVm §24 Abs1 und §134 Abs1 KFG 1967

      S   500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 30 Stunden).

 

Der Beschuldigte hat gegen dieses Straferkenntnis fristgerecht berufen.

 

Er macht geltend, es sei unbestritten, daß bei dem gegenständlichen Fahrzeug der Tachometer nicht funktioniert habe und daß die Geschwindigkeitsübertretung auf der Fahrt in die Reparaturwerkstätte erfolgte, wo das Tachometergebrechen repariert worden sei. Unter diesen Umständen sei davon auszugehen, daß ein Verschulden an der Geschwindigkeitsüberschreitung im Sinne des §5 Abs1 letzter Satz VStG nicht vorliege. Der Tatbestand nach §102 KFG sei ebenfalls nicht erfüllt, da die in dieser Bestimmung vorgesehene Überprüfung stattgefunden habe und ihm bewußt gewesen sei, daß der Tachometer nicht funktioniert habe (der Anzeiger sei steckengeblieben). Aus dem Gesetz könne jedoch ein Betriebsverbot im Falle des Nichtfunktionierens eines zwar vorgeschriebenen, für die Betriebssicherheit aber nicht unmittelbar erforderlichen Teiles der Ausrüstung eines KFZ nicht abgeleitet werden. Es sei nicht zumutbar, bei geringfügigen Gebrechen, auch wenn diese vorgeschriebene Ausrüstungsteile eines KFZ betreffen, dieses in eine Werkstätte abschleppen oder sonst transportieren zu lassen. Weiters werde darauf verwiesen, daß in der Begründung des angefochtenen Bescheides für die angebliche Übertretung nach §102 KFG keine Begründung gegeben sei; eine solche wäre insbesondere im Hinblick auf den besonderen Umstand erforderlich gewesen, daß sich das Fahrzeug auf der Fahrt in die Reparaturwerkstätte befand.

 

Er beantrage daher, der Berufung Folge zu geben und den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufzuheben und das Verfahren einzustellen,

in eventu, der Behörde I Instanz neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufzutragen.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat erwogen:

 

Der Berufungswerber bestreitet nicht, daß er zum angebenen Tatzeitpunkt mit überhöhter Geschwindigkeit im Ortsgebiet gefahren ist und daß bei dieser Fahrt der Tachometer seines PKWs defekt war, wobei ihm das Vorhandensein dieses Defekts bei Fahrtantritt bekannt war. Er macht jedoch geltend, die Geschwindigkeitsüberschreitung sei lediglich auf den Defekt des Tachometers zurückzuführen, weshalb ihm kein schuldhaftes Verhalten angelastet werden könne; was den Tachometer betreffe, so habe er sich bereits auf dem Weg in die Werkstätte befunden, um diesen reparieren zu lassen.

 

Hiezu ist in rechtlicher Hinsicht folgendes auszuführen:

 

Was die Inbetriebnahme des Fahrzeuges trotz des Defekts des Tachometers betrifft, so darf nach der eindeutigen Diktion des §102 Abs1 erster Satz KFG 1967 ein KFZ-Lenker sein Fahrzeug erst in Betrieb nehmen, wenn er sich davon überzeugt hat, daß das Fahrzeug den in Betracht kommenden Vorschriften entspricht (wobei hinsichtlich der Bedeutung der Nichteinhaltung dieser Vorschriften für die Verkehrssicherheit keinerlei Differenzierung vorgenommen wird); zu diesen Vorschriften zählt zweifellos auch die Bestimmung des §24 Abs1 KFG 1967, der zufolge Kraftfahrzeuge mit einer Bauartgeschwindigkeit von mehr als 40 km/h mit einem geeigneten Geschwindigkeitsmesser ausgerüstet sein müssen. (Daß im Fall eines Defekts des Geschwindigkeitsmessers das Fahrzeug nicht in Betrieb genommen werden darf, ergibt sich auch aus §58 Abs2 StVO 1960, wonach der Lenker lediglich im Fall der unterwegs gemachten Feststellung, daß der Zustand des Fahrzeuges nicht den rechtlichen Vorschriften entspricht, die Fahrt bis zum nächsten Ort, wo der vorschriftswidrige Zustand behoben werden kann, fortsetzen darf; im vorliegenden Fall befand sich der Berufungswerber zwar auf dem Weg zur Werkstätte, der Defekt war jedoch bereits vor Fahrtantritt gegeben und dem Berufungswerber bekannt). Welche Bedeutung dem Funktionieren des Geschwindigkeitsmessers zukommt, ergibt sich bereits daraus, daß aufgrund des Ausfalls dieses Gerätes dem Beschuldigten offenbar nicht bewußt war, mit weit überhöhter Geschwindigkeit unterwegs zu sein, obwohl er die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um (unter Berücksichtigung der Meßtoleranz) 31 km/h und somit um mehr als 60 % überschritten hat.

 

Der Umstand, daß der Geschwindigkeitsmesser nicht funktioniert hat, ist auch in keiner Weise geeignet, als Schuldausschließungsgrund für die Geschwindigkeitsüberschreitung gewertet zu werden, da der Berufungswerber im Hinblick darauf, daß ihm der Defekt bekannt war, zu besonders vorsichtiger Fahrweise und Achtsamkeit hinsichtlich der Geschwindigkeit verpflichtet gewesen wäre und eine Überschreitung in einem derartigen Ausmaß nur bei gröbster Fahrlässigkeit (wenn nicht überhaupt bei Vorsatz) denkbar ist (sollte der Berufungswerber tatsächlich nicht imstande sein, die im gegebenen Fall höchstzulässige Geschwindigkeit von 50 km/h von der tatsächlich gefahrenen von 81 km/h zu unterscheiden, so muß ernsthaft an seiner Fahrtauglichkeit gezweifelt werden).

 

Der Berufungswerber hat somit nach Auffassung der Berufungsbedörde die ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen begangen.

 

Hinsichtlich der Strafhöhe wurde erwogen:

 

Der Schutzzweck der verletzten Gesetzesbestimmungen, nämlich der Schutz anderer Verkehrsteilnehmer, wurde durch das Verhalten des Beschuldigten erheblich beeinträchtigt; erfahrungsgemäß führt das Überschreiten der höchstzulässigen Geschwindigkeit im Ortsgebiet immer wieder zu schweren und schwersten Verkehrsunfällen. Trotz des Fehlens sonstiger nachteiliger Folgen kann daher der objektive Unrechtsgehalt der gesetzten Delikte nicht als unbedeutend angesehen werden. Im Hinblick auf die zumindest grob fahrlässige Begehung der Delikte ist auch das Ausmaß des Verschuldens nicht als unerheblich zu werten.

 

Mildernd ist hinsichtlich des Delikts 2, daß sich der Berufungswerber bereits auf dem Weg zur Reparatur des Defekts befunden hat; erschwerende Umstände liegen nicht vor.

 

Da der Berufungswerber trotz schriftlicher Aufforderung der Berufungsbehörde keine Angaben über seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse gemacht hat, wird entsprechend dem diesbezüglichen Vorhalt im Schreiben der Berufungsbehörde davon ausgegangen, daß er über ein monatliches Einkommen von S 25.000,-- netto verfügt und weder Vermögen noch Sorgepflichten hat.

 

Bei der Strafbemessung ist auch davon auszugehen, daß nicht nur der Beschuldigte selbst, sondern auch die Allgemeinheit von der Begehung weiterer gleichartiger Verwaltungsübertretungen abgehalten werden soll, sodaß eine generalpräventive Wirkung entsteht.

 

Unter Berücksichtigung all dieser Umstände gelangt die Berufungsbehörde zu der Auffassung, daß die von der Erstbehörde verhängten Strafen als schuld- und tatangemessen anzusehen sind. Hinsichtlich des Delikts 2 kam trotz des oben genannten Milderungsgrundes eine Herabsetzung der Strafe nicht in Betracht, da hiefür bereits von der Behörde I Instanz eine im untersten Bereich des Strafrahmens (dieser reicht bis zu S 30.000,--) angesiedelte Strafe verhängt wurde, wobei die Erstbehörde (im Gegensatz zur Berufungsbehörde) noch von unterdurchschnittlichen Einkommensverhältnissen des Berufungswerbers ausgegangen ist.

 

Von der Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß §51e Abs2 VStG abgesehen werden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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