TE UVS Wien 1996/11/25 07/03/161/95

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Veröffentlicht am 25.11.1996
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch das Mitglied Dr Wilfert über die Berufung des Herrn Udo S, vertreten durch RA, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 17. Bezirk, vom 31.1.1995, Zahl MBA 17 - S 8196/94, entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung insoweit Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe von S 5.000,-- auf S 2.000,--, die für den Fall der Uneinbringlichkeit verhängte Ersatzfreiheitsstrafe von 5 Tagen auf 2 Tage herabgesetzt wird. Im übrigen wird das Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß die verletzte Verwaltungsvorschrift § 86 Abs 1 AAV iVm § § 31 Abs 3 lit b ASchG, die Strafsanktionsnorm § 31 Abs 3 ASchG lautet, sowie daß der Berufungswerber die verfahrensgegenständliche Verwaltungsübertretung als handelsrechtlicher Geschäftsführer der B-Vertriebs GmbH zu verantworten hat.

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG verringert sich der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens auf S 200,--, das sind 10 % der verhängten Geldstrafe.

Gemäß § 65 VStG hat der Berufungswerber keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.

Text

Begründung:

1. Das angefochtene Straferkenntnis hat folgenden Spruch:

"Sie haben es als Geschäftsführer und somit zur Vertretung nach außen Berufener (§ 9 Abs 1 VStG) der B-Vertriebs GmbH zu verantworten, daß durch diese Gesellschaft in der Betriebsanlage in Wien, R-platz, am 08.11.1994 nicht jedem Arbeitnehmer, sondern den 15 Arbeitnehmern nur 4 Garderobekästen zur Verfügung gestellt wurde.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 86 Abs 1 der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung (AAV), BGBl Nr: 218/83 idgF iVm § 31 Abs 2 lit p des Arbeitnehmerschutzgesetzes, BGBl Nr 234/1972 idgF

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von Schilling 5.000,--. Falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 5 Tagen gemäß § 31 Abs 2 lit p Arbeitnehmerschutzgesetz, BGBl Nr 234/1972 idgF

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

500,-- Schilling als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, ds 10 % der Strafe.

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher 5.500,-- Schilling. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 54 d VStG)."

Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die Berufung vom 22.2.1995, in welcher der Berufungswerber die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Straferkenntnisses in Folge der Anwendung einer unrichtigen Strafsanktionsnorm geltend macht.

Mit Schriftsatz vom 28.9.1995 erstattete das Arbeitsinspektorat für den 3. Aufsichtsbezirk als Partei eine Stellungnahme und führte aus, daß bezüglich der Strafhöhe der geringere Strafrahmen berücksichtigt werden sollte.

2. Die Berufung ist begründet.

Gemäß § 86 Abs 1 AAV ist jedem Arbeitnehmer zur Aufbewahrung und zur Sicherung gegen Wegnahme seiner Straßen-, Arbeits- und Schutzkleidung ein ausreichend großer, luftiger und versperrbarer Kasten zur Verfügung zu stellen, in dem die Kleidung gegen Einwirkungen, wie Nässe, Staub, Rauch, Dämpfe oder Gerüche, geschützt ist.

Gemäß § 31 Abs 3 lit b ASchG begehen Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte, die keine geeigneten Einrichtungen zur Aufbewahrung und zur Sicherung vor Wegnahme der Straßen-, Arbeits- und Schutzkleidung sowie der vom Arbeitnehmer für die Verrichtung der Arbeitsleistung mitgebrachten Gegenstände und jener Sachen, die vom Arbeitnehmer nach Verkehrsauffassung und Berufsüblichkeit zur Arbeitsstätte mitgenommen werden, zur Verfügung stellen, eine Verwaltungsübertretung und sind, sofern die Tat nicht nach anderen Gesetzen strenger zu bestrafen ist, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu S 20.000,-- zu bestrafen.

Aufgrund der Feststellungen der Arbeitsinspektorates für den 3. Aufsichtsbezirk in der unbedenklichen Strafanzeige vom 22. November 1994 ist der von der erstinstanzlichen Behörde dem Straferkenntnis zu Grunde gelegte Sachverhalt als erwiesen anzusehen und wird vom Berufungswerber auch nicht bestritten. Der Berufungswerber bringt jedoch vor, eine Übertretung des § 86 Abs 1 AAV sei richtigerweise dem § 31 Abs 3 lit b ASchG zu subsumieren, da § 86 Abs 1 AAV als Konkretisierung der "geeigneten Einrichtungen zur Aufbewahrung und zur Sicherung vor Wegnahme der Straßen-, Arbeits- und Schutzkleidung" § 14 Abs 4 ASchG zu bewerten sei (mit Hinweis auf VwGH vom 27.9.1988, 88/08/0113). Demzufolge hätte die Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz bei der rechtlichen Beurteilung § 31 Abs 3 lit b ASchG anwenden und bei der Strafbemessung zu Grunde legen müssen, der eine viel niedrigere Strafobergrenze aufweist. Unter Berücksichtigung dieser Obergrenze, der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit des Berufungswerbers, sowie seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse hätte die Verwaltungsbehörde erster Instanz zu einer weitaus niedrigeren Strafbemessung kommen müssen. Mit diesem Vorbringen ist der Berufungswerber im Recht (vgl zuletzt: VwGH v 23.2.1996, 95/02/0060). Aus diesem Grund war unter Anwendung des bis zu S 20.000,-- reichenden gesetzlichen Strafrahmens des § 31 Abs 3 ASchG die Strafe spruchgemäß herabzusetzen.

Die nunmehr verhängte Geldstrafe liegt im alleruntersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens und scheint auch unter Berücksichtigung der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit des Berufungswerbers selbst bei Annahme ungünstiger Einkommens- und Vermögensverhältnisse tat- und schuldangemessen. Eine weitere Herabsetzung der Strafe kam nicht in Betracht, da weitere Milderungsgründe nicht hervorgekommen sind. Die verfahrensgegenständliche Verwaltungsübertretung schädigt in nicht unerheblichem Maß das gesetzlich geschützte Interesse an einer menschengerechten Gestaltung von Arbeitsplätzen. Dazu gehört es nämlich auch, daß jedem Arbeitnehmer der gesetzlich vorgeschriebene versperrbare Kasten zur Verfügung gestellt wird. Der Umstand, daß, wie der Berufungswerber im erstinstanzlichen Verfahren in seiner Stellungnahme vom 20.1.1995 vorgebracht hat, seine Mitarbeiter keinen Wert auf zusätzliche Garderobekästen legen würden, vermag ihn nicht zu entlasten, da die zwingenden Bestimmungen des Arbeitnehmerschutzes nicht der Disposition der Arbeitnehmer unterliegen (zB VwGH v 4.2.1993, 92/18/0427). Das Verschulden kann nicht als geringfügig angesehen werden, da weder hervorgekommen ist, noch auf Grund der Tatumstände anzunehmen war, daß die Einhaltung der Vorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe oder daß die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3. Da in der Berufung nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wurde, konnte gemäß § 51e Abs 2 VStG die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung unterbleiben.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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