TE UVS Steiermark 1996/12/13 30.4-163/96

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.12.1996
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Klaus Stühlinger über die Berufung des Herrn G. E., vertreten durch Rechtsanwälte Dr. E. B. und Dr. P. Z., M.-gasse 28, B. a. d. M., gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Mur vom 4.9.1996, GZ.:

15.1 1996/2748, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, der angefochtene Bescheid behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt.

Text

Auf Grundlage des der gemäß § 51 Abs 1 VStG sachlich und örtlich zuständigen Berufungsbehörde vorliegenden Verfahrensaktes der Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz in Verbindung mit durch die Berufungsbehörde ergänzend durchgeführten Erhebungen ergibt sich folgender Sachverhalt:

Mit dem im Spruch dieses Bescheides näher

bezeichneten Straferkenntnis vom 4.9.1996 waren über Herrn G. E. zwei Verwaltungsstrafen wegen Übertretung gewerberechtlicher Vorschriften verhängt worden.

Unter Punkt 1.) wurde über ihn auf Rechtsgrundlage des § 366 Abs 1 Z 1 GewO 1994 eine Geldstrafe von S 10.000,--, im Uneinbringlichkeitsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 5 Tagen, verhängt, da er als gewerberechtlicher Geschäftsführer der Firma E. T.

HandelsgesmbH mit Standort B. a. d. M., S. P.-weg 49, in der Zeit von 19.1.1996 bis mindestens 8.4.1996 auf dem Standort B. a. d. M., K.-gasse 8, das Handelsgewerbe - Zwischenlager von KFZ vor dem Verkauf nach der Löschungsverständigung GZ: 4.0

391/95 - weiterhin ausgeübt hätte.

Unter Punkt 2.) wurde über ihn auf Rechtsgrundlage der §§ 366 Abs 1 Z 1 iVm 368 Z 1 GewO 1994 eine Geldstrafe von S 5.000,--, im Uneinbringlichkeitsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Tagen, verhängt, da er auf dem Standort B. a. d. M., S. P.-weg 49, das Handelsgewerbe ohne Einschränkung - Abstellen von

PKW vor deren Verkauf - entgegen der im Gewerbebescheid vorgeschriebenen Einschränkung auf

den Bürobetrieb unbefugt ausgeübt hätte.

Diesem Straferkenntnis vorangegangen war ein Ladungsbescheid vom 6.5.1996 und eine Anzeige des Gewerbereferates vom April 1996, aus welcher sich vor allem hinsichtlich Punkt 2.) des bereits beschriebenen Straferkenntnisses keine Angaben hinsichtlich der Tatzeit entnehmen lassen.

Gegen das Straferkenntnis vom 4.9.1996 hat G. E.

fristgerecht das Rechtsmittel der Berufung eingebracht, in dieser sinngemäß den Sachverhalt bestritten und die rechtliche Beurteilung unter Anführung mehrere Verfahrensfehler in Zweifel gezogen sowie den Antrag gestellt, in Stattgebung der Berufung das Straferkenntnis zu beheben.

Von seiten der Berufungsbehörde wurde zunächst ergänzend erhoben, daß G. E. gewerberechtlicher Geschäftsführer jener Gewerbeberechtigungen ist bzw. war, die innerhalb des unter Punkt 1.) angeführten Tatzeitraumes bezüglich der E. T. HandelsgesmbH mit dem Sitz in B. bestanden haben.

Die Berufungsbehörde ist bei ihrer Entscheidung von

folgenden Überlegungen ausgegangen:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde,

sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht im Verwaltungsstrafverfahren den Parteien das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat; somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung.

Gemäß § 51e Abs 2 VStG kann eine Berufungsverhandlung unterbleiben, wenn in der Berufung nur eine unrichtige, rechtliche Beurteilung behauptet wird, oder wenn sich die Berufung gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid oder nur gegen die Höhe der Strafe richtet, oder wenn im bekämpften Bescheid eine S 3.000,-- nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, es sei denn, daß eine Partei die Durchführung einer Verhandlung ausdrücklich verlangt. Dies ist im konkreten Fall nicht geschehen; im übrigen ist die Durchführung einer Berufungsverhandlung aus folgenden Gründen nicht erforderlich:

Gemäß § 31 Abs 1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung im Sinne

des § 32 leg cit vorgenommen worden ist; die Verjährungsfrist bei einer Verwaltungsübertretung wie der verfahrensgegenständlichen beträgt sechs Monate, diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat.

Gemäß § 32 VStG ist Beschuldigter die im Verdacht einer Verwaltungsübertretung stehende Person von dem Zeitpunkt der ersten, von der Behörde gegen sie gerichteten Verfolgungshandlung bis zum Abschluß der Strafsache, Verfolgungshandlung ist jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigter gerichtete Amtshandlung.

Als verjährungsunterbrechende Verfolgungsschritte gelten

alle Handlungen der Behörde, die nach Art und Bedeutung die Absicht der Behörde zum Ausdruck

bringen, den gegen eine bestimmte Person wegen einer bestimmten Tat bestehenden Verdacht auf eine im Verwaltungsstrafgesetz vorgeschriebene Weise zu

prüfen, sohin den behördlichen Verfolgungswillen in Richtung einer bestimmten stafbaren Handlung zu verwirklichen (VwGH 12.5.1989, 87/17/0152). Eine Verfolgungshandlung muß, damit sie den Eintritt der Verfolgungsverjährung ausschließt, wegen eines bestimmten (strafbaren) Sachverhalts erfolgen. Dies erfordert unter anderem, daß sie sich auf alle, die Taten betreffenden Sachverhaltselemente zu beziehen hat.

Eine Verfolgungshandlung unterbricht somit nur dann die Verjährung, wenn sie sich auf alle der Bestrafung zugrundeliegenden Sachverhaltselemente bezogen hat (VwGH 19.9.1984, Slg 11525A, vgl. auch VwGH 22.12.1992, Zl. 91/04/0199).

Gemäß § 44a Z 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und die Identität der Tat (z. B. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was das erstgenannte Erfordernis anlangt, sind entsprechende, das heißt, in Beziehung zur vorgeworfenen Straftat stehende, wörtliche Ausführungen erforderlich.

Gemäß § 366 Abs 1 Z 1 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die gemäß dem Einleitungssatz dieser gesetzlichen Bestimmung mit Geldstrafe bis zu S 50.000,-- zu bestrafen ist, wer ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.

Der Tatbestand der unbefugten Gewerbeausübung setzt das Fehlen jeglicher Befugnis zur Gewerbeausübung voraus und wird durch die bloße Nichtbeachtung der Vorschriften über andere, die Gewerbeausübung

regelnden Bestimmungen, beispielsweise über den Betrieb an einem anderen Standort, nicht erfüllt (vgl. VwGH 19.9.1990, 89/03/0168).

Für den Umfang einer Gewerbeberechtigung ist gemäß § 29 GewO 1994 der Wortlaut des Gewerbescheines maßgebend, im Verwaltungsstrafverfahren wegen des Verdachtes der Überschreitung des Berechtigungsumfanges sind somit diesbezügliche Tatbestandsfeststellungen erforderlich (VwGH 5.6.1984, 84/04/0030, Slg. 11459).

Im konkreten Fall finden sich weder in den dem nunmehr angefochtenen Straferkenntnis vorangegangenen Verfolgungshandlungen noch in diesem hinsichtlich Punkt

2.) Feststellungen, aus welchen ein präzise umschriebener Tatzeitraum ableitbar wäre, allein aus diesem Grund erweist sich unter Hinweis auf die diesbezügliche Judikatur (vgl. VwGH 16.5.1979, 1725/77) durch das Fehlen der Tatzeit die dem Berufungswerber unter Punkt 2.) vorgeworfene Verwaltungsübertretung nicht als solche, die zur Grundlage eines Verwaltungsverfahrens hätte führen können, da hinsichtlich der Tatzeit keine, die Verfolgungsverjährung unterbrechende Verfolgungshandlung gesetzt worden ist; es erübrigt sich daher diesbezüglich ein näheres Eingehen auf das Vorbringen in der Berufung sowie darauf, daß nur entweder die Übertretung des § 366 Abs 1 Z 1 oder jene des § 368 Z 14 GewO 1994 zur Grundlage des Schuldspruches in ein und derselben Sache werden könnte.

Ähnliches gilt auch für die dem nunmehrigen Berufungswerber unter Punkt 1.) vorgeworfene Verwaltungsübertretung der unbefugten

Gewerbeausübung in der Zeit von 19.1. bis 8.4.1996, wonach er das Handelsgewerbe durch ein Zwischenlagern von KFZ vor dem Verkauf unbefugt

ausgeübt hätte.

Gewerbsmäßigkeit im Sinne des § 1 Abs 2 GewO 1994

liegt dann vor, wenn eine Tätigkeit selbständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welche Zwecke dieser bestimmt ist; hiebei macht es keinen Unterschied, ob der durch die Tätigkeit beabsichtigte Ertrag oder sonstige wirtschaftliche Vorteil im Zusammenhang mit einer in den Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes fallenden Tätigkeit oder im Zusammenhang mit einer nicht diesem Bundesgesetz unterliegenden Tätigkeit erzielt werden soll.

Unter dem Begriff des Handels im Sinne der GewO ist die auf den Warenaustausch zwischen den einzelnen Wirtschaftsmitgliedern gerichtete, gewerbsmäßig ausgeübte Tätigkeit zu verstehen, wobei bereits beim Erwerb der Ware der Zweck, diese an andere Wirtschaftsmitglieder weiterzugeben, zugrundeliegen muß (VwGH 15.9.1987, 86/04/0035).

Im konkreten Fall fehlt hinsichtlich Spruchpunkt 1.) der im Spruchteil nach § 44 a Z 1 VStG eine entsprechende Charakterisierung des dem nunmehrigen

Berufungswerber vorgeworfenen Tatverhaltens, die Umschreibung "Zwischenlager von KFZ vor dem Verkauf" kann nicht als Aussage dahingehend interpretiert werden, ob der Berufungswerber die angebotenen bzw. zu verkaufenden Waren zu dem Zweck erworben hätte,

diese an andere Wirtschaftsmitglieder weiterzugeben. Es ist somit rechtlich nicht möglich, allein aus dieser bereits genannten Umschreibung die Feststellung zu treffen, das Handelsgewerbe sei in gewerberechtlicher Hinsicht unbefugt ausgeübt worden (vgl. VwGH 5.11.1991, 91/04/0154).

Es ist somit festzustellen, daß auch diesbezüglich innerhalb der Frist des § 31 Abs 1 VStG von keiner, die Verfolgungsverjährung unterbrechenden Verfolgungshandlung, die zur Grundlage eines Verwaltungsstrafverfahrens hätte führen können, ausgegangen werden kann, sodaß (vgl. VwGH 25.2.1992, 91/04/0277) auch für die Berufungsbehörde keine Möglichkeit mehr besteht, diese Verfahrensmängel eventuell in Vollziehung der Bestimmungen des § 66 Abs 4 AVG nachzuholen bzw. zu sanieren, weshalb im Sinne der angeführten gesetzlichen Bestimmungen

spruchgemäß zu entscheiden war.

Schlagworte
Handelsgewerbe Handel Verkauf Erwerb Tatbestandsmerkmal
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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