TE Vwgh Erkenntnis 1992/2/25 91/04/0277

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Veröffentlicht am 25.02.1992
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1973 §1 Abs2 idF 1988/399;
GewO 1973 §1 Abs3;
GewO 1973 §366 Abs1 Z1 idF 1988/399;
GewO 1973 §5 Z1;
VStG §44a lita;
VStG §44a litb;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Griesmacher und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Paliege, über die Beschwerde der E in N, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in X, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 16. September 1991, Zl. VwSen-220035/3/Gf/Rl, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1973, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.540,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 16. September 1991 wurde über die Berufung der Beschwerdeführerin gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 9. August 1991 wie folgt erkannt:

"I. Der Berufung wird hinsichtlich des Strafausmaßes stattgegeben; im übrigen wird diese abgewiesen. Die Beschwerdeführerin ist daher schuldig, in der Zeit vom 12. Februar 1991 bis 12. April 1991 verschiedene Personen an mehreren Orten geschminkt und damit ein Anmeldungsgewerbe ausgeübt zu haben, ohne im Besitz der hiefür erforderlichen Gewerbeberechtigung zu sein; sie hat hiedurch die Verwaltungsübertretung des § 366 Abs. 1 Z. 1 i.V.m. § 5 Z. 1 GewO begangen und wird hiefür mit einer Geldstrafe von 2.500 S bestraft. Für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe wird eine Ersatzfreiheitsstrafe von 17 Stunden verhängt."

Zum Spruchinhalt wurde u.a. ausgeführt, sei das Vorliegen einer gewerbsmäßigen Tätigkeit - zu deren Annahme die belangte Behörde auf Grund ihrer diesbezüglichen Darlegungen in der Begründung des angefochtenen Bescheides gelangte - erwiesen und sei diese - wie hier - nicht einem konzessionierten Gewerbe zuzuordnen, dann begründe § 366 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973 schon allein deshalb die Strafbarkeit, wenn die erforderliche Gewerbeberechtigung nicht vorliege, ohne daß es darauf ankäme, ob es sich bei dieser Tätigkeit um ein gebundenes oder ein freies Gewerbe handle. Entscheidend sei nach dieser Strafbestimmung vielmehr nur, daß die Anmeldung der gewerblichen Tätigkeit in einem Verfahren nach § 339 und § 340 GewO 1973 unterblieben sei. Im ürigen sei es nicht Sache des Verwaltungsstrafverfahrens, sondern eben Gegenstand dieses in den zuletzt angesprochenen Vorschriften geregelten Anmeldungsverfahrens, festzustellen, ob es sich bei der vorliegenden Tätigkeit tatsächlich um eine zum gebundenen Gewerbe des Kosmetikers (Schönheitspflegers) gehörige oder doch um ein freies Gewerbe handle.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, der Beschwerde keine Folge zu geben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Ihrem Vorbringen zufolge erachtet sich die Beschwerdeführerin in dem Recht verletzt, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage nicht wegen der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung schuldig erkannt und hiefür bestraft zu werden. Sie bringt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften u.a. vor, das durchgeführte Beweisverfahren habe keineswegs ergeben, daß von ihr eine Tätigkeit im Sinne des § 1 GewO 1973 ausgeübt worden sei. Sie habe immer wieder dargelegt, daß sie die ihr strafrechtlich vorgeworfene Tätigkeit im Rahmen ihrer Ausbildung zur Visagistin (dekorative, maskenbildnerische Tätigkeit) notwendigerweise auch praktisch "anwenden" müsse. Aus diesen Gründen sei auch dargelegt worden, daß diese Tätigkeit weder in Erwerbsabsicht noch im Sinne des § 1 GewO 1973 regelmäßig durchgeführt worden sei. Sowohl die Behörde erster Instanz als auch die belangte Behörde hätten sich über dieses Vorbringen insofern hinweggesetzt, als der beschwerdegegenständliche Bescheid nunmehr eine auf Gewinnerzielung gerichtete Absicht unterstelle. Die einzige Begründung der belangten Behörde dafür sei, daß ihre Dispositionen bei "den Finanzbehörden" auf deren Gewinnerzielungsabsicht deuteten. Daraus könne aber - ohne nährere Nachprüfung - keineswegs auf eine Gewinnerzielungsabsicht geschlossen werden. Sie habe die steuerliche Anmeldung ihrer Tätigkeit bei der Finanzbehörde nur deshalb durchgeführt, um die mit ihrer Ausbildung verbundenen Kosten (und nicht die Gewinne) steuerlich geltend machen zu können. Dies darzulegen habe sie jedoch im Berufungsverfahren keine Möglichkeit mehr gehabt, und zwar deshalb, weil die belangte Behörde trotz des ausdrücklichen Antrages auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung es unterlassen habe, eine solche durchzuführen und die rechtsirrige Auffassung vertreten habe, daß "gemäß § 51e Abs. 2 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden" könne.

Der Beschwerde kommt aus folgenden Erwägungen im Ergebnis Berechtigung zu:

Gemäß § 366 Abs. 1 GewO 1973 begeht eine Verwaltungsübertretung - die mit Geldstrafe bis zu S 50.000,-- zu bestrafen ist - wer Z. 1 ein Anmeldungsgewerbe (§ 5 Z. 1) ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 44a lit. a und b VStG muß der Spruch eines Straferkenntnisses so gefaßt sein, daß die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat unter die verletzte Verwaltungsvorschrift eindeutig und vollständig erfolgt, also aus der Tathandlung sogleich auf das Vorliegen der bestimmten Verwaltungsübertretung geschlossen werden kann. Der Beschuldigte hat ein subjektives Recht, daß ihm einerseits die als erwiesen angenommene Tat, andererseits die verletzte Verwaltungsvorschrift richtig und vollständig vorgehalten wird (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 8. Mai 1987, Slg. N.F. Nr. 12.466/A, und die dort zitierte weitere hg. Rechtsprechung).

Gemäß § 1 Abs. 2 GewO 1973 wird eine Tätigkeit dann gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welche Zwecke dieser bestimmt ist. Nach Abs. 3 liegt Selbständigkeit im Sinne dieses Bundesgesetzes vor, wenn die Tätigkeit auf eigene Rechnung und Gefahr ausgeübt wird.

Ausgehend davon unterließ es die belangte Behörde die von ihr als einem "Anmeldungsgewerbe" unterliegend gewertete Tätigkeit der Beschwerdeführerin im Spruch unter Beachtung der hiefür maßgeblichen Tatbestandsmerkmale näher zu beschreiben, da der spruchgemäße Vorwurf der bezeichneten Tätigkeit allein noch nicht die Erfüllung der angeführten Tatbestandsmerkmale einer gewerblichen Tätigkeit im Sinne des § 366 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973 indiziert.

Des weiteren unterließ es die belangte Behörde - wie insbesondere aus der Begründung des angefochtenen Bescheides hervorgeht - in Verkennung der dargestellten Rechtslage auch, im Spruch des Straferkenntnisses jenes Gewerbe, dessen Ausübung der Beschwerdeführerin angelastet wird, durch wörtliche Anführung im Sinn des vorher dargestellten, sich aus § 44a lit. a VStG 1950 ergebenden Konkretisierungsgebotes zu bezeichnen (vgl. hiezu u.a. das hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 1991, Zl. 90/04/0126).

Schon in Hinsicht darauf belastete die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, was gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG zu seiner Aufhebung zu führen hatte. Es war daher ein Eingehen auf das weitere Beschwerdevorbringen entbehrlich.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991; die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft den geltend gemachten Stempelgebührenaufwand für eine nicht erforderliche weitere Beschwerdeausfertigung sowie nicht erforderliche Beilagen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1991040277.X00

Im RIS seit

25.02.1992

Zuletzt aktualisiert am

05.11.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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