TE UVS Wien 1997/01/16 07/08/334/95

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Veröffentlicht am 16.01.1997
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch das Mitglied Dr Pipal über die Berufung des Herrn Johann K gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 22. Bezirk vom 4.11.1994, Zl MBA 22-S 10243/93, wegen Verwaltungsübertretungen gemäß 1) § 4 Abs 2 der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung (AAV), BGBl Nr 218/1983 idgF, 2) § 87 Abs 1 AAV iVm § 15 Abs 1 Arbeitnehmerschutzgesetz (ANSchG), BGBl Nr 234/1972 idgF, 3) § 85 Abs 1 AAV iVm § 14 Abs 3 ANSchG, 4) § 84 Abs 1 AAV iVm § 14 Abs 2 ANSchG, 5) § 83 Abs 1 AAV iVm § 14 Abs 1 ANSchG und 6) § 86 Abs 1 AAV iVm § 14 Abs 4 ANSchG jeweils iVm § 9 Abs 1 VStG entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung zu Punkt 2) bis 6) keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Abänderung bestätigt, daß in der Tatumschreibung statt "Trinkwasser" "alkoholfreies Getränk" steht.

Die verletzte Verwaltungsvorschrift lautet:

zu Punkt 2):

"§ 87 Abs 1 zweiter Satz und dritter Satz, erster Halbsatz und Abs 2 AAV, BGBl Nr 218/1983, iVm § 31 Abs 3 lit c ASchG, BGBl Nr 234/1972 idF BGBl Nr 650/1989"

zu Punkt 3):

"§ 85 Abs 1 AAV, BGBl Nr 218/1983, iVm § 31 Abs 2 lit h ASchG, BGBl Nr 234/1972 idF BGBl Nr 650/1989"

zu Punkt 4):

" § 84 Abs 1 AAV, BGBl Nr 218/1983, iVm § 31 Abs 2 lit h ASchG, BGBl Nr 234/1972 idF BGBl Nr 650/1989"

zu Punkt 5):

"§ 83 Abs 1 erster Satz AAV, BGBl Nr 218/1983, iVm § 31 Abs 3 lit b ASchG, BGBl Nr 234/1972 idF BGBl Nr 650/1989"

zu Punkt 6):

"§ 86 Abs 1 AAV, BGBl Nr 218/1983, iVm § 31 Abs 3 lit b ASchG, BGBl Nr 234/1972 idF BGBl Nr 650/1989"

Die Strafbestimmung lautet:

zu Punkt 2), 5) und 6):

"§ 31 Abs 3 ASchG, BGBl Nr 234/1972 idF BGBl Nr 650/1989"

zu Punkt 3) und 4):

"§ 31 Abs 2 ASchG, BGBl Nr 234/1972 idF BGBl Nr 650/1989" Hingegen wird der Berufung zu Punkt 1) Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Ziffer 3 VStG eingestellt.

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG wird daher zu Punkt 2) bis 6) ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von insgesamt S 2.000,-- vorgeschrieben, ds 20% der verhängten Strafe, während gemäß § 65 VStG zu Punkt 1) kein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt wird.

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beläuft sich daher auf S 13.000,--.

Die Zitierung des § 67 VStG entfällt.

Text

Begründung:

I. Der Berufung liegt folgendes Verfahren in der ersten Instanz zugrunde:

1. Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses lautet:

"Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der als Arbeitgeberin fungierenden Johann K GesmbH mit Sitz in Wien, W-Straße, zu verantworten, daß in deren Betriebsstätte in M, Parz Nr 421, 422, 423/1 und 423/2, am 27.10.1993

1) die Raumhöhe für den Bürocontainer nicht 2,60 m aufwies sondern lediglich 2,31 m;

2) für 4 Arbeitnehmer kein geeigneter und entsprechend eingerichteter Raum für den Aufenthalt während der Arbeitspausen zur Verfügung stand, obwohl die Arbeitnehmer längerdauernde Arbeiten im Freien sowie bei Nässe und Kälte ausführen müssen;

3)

den Arbeitnehmern kein Abort zur Verfügung stand;

4)

den Arbeitnehmern kein Waschplatz mit fließendem Wasser zur Verfügung stand;

5)

den Arbeitnehmern kein Trinkwasser zur Verfügung stand;

6)

nicht allen Arbeitnehmern ein ausreichend großer, luftiger und versperrbarer Kasten zur Aufbewahrung und zur Sicherung ihrer Kleidung gegen Wegnahme zur Verfügung stand, vielmehr stand für 5 Arbeitnehmer kein einziger Kasten zur Verfügung.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

ad 1) § 4 Abs 2 der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung (AAV), BGBl Nr 218/1983, idgF

ad 2) § 87 Abs 1 AAV in Verbindung mit § 15 Abs 1 Arbeitnehmerschutzgesetz (ANSchG), BGBl Nr 234/1972 idgF ad 3) § 85 Abs 1 AAV in Verbindung mit § 14 Abs 3 Arbeitnehmerschutzgesetz (ANSchG), BGBl Nr 234/1972 idgF ad 4) § 84 Abs 1 AAV in Verbindung mit § 14 Abs 2 Arbeitnehmerschutzgesetz (ANSchG), BGBl Nr 234/1972 idgF ad 5) § 83 Abs 1 AAV in Verbindung mit § 14 Abs 1 Arbeitnehmerschutzgesetz (ANSchG), BGBl Nr 234/1972 idgF ad 6) § 86 Abs 1 AAV in Verbindung mit § 14 Abs 4 Arbeitnehmerschutzgesetz (ANSchG), BGBl Nr 234/1972 idgF jeweils in Verbindung mit § 9 Abs 1 VStG

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen werden über Sie folgende

Strafen verhängt:

ad 1) Geldstrafe von Schilling S 3.000,--

falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 20

Stunden gemäß § 31 Abs 2 lit p ANSchG

ad 2) Geldstrafe von Schilling S 1.000,--

falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 17

Stunden gemäß § 31 Abs 3 lit c ANSchG

ad 3) Geldstrafe von Schilling S 3.000,--

falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 20

Stunden gemäß § 31 Abs 2 lit h ANSchG

ad 4) Geldstrafe von Schilling S 3.000,--

falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 20

Stunden gemäß § 31 Abs 2 lit h ANSchG

ad 5) Geldstrafe von Schilling S 1.000,--

falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 17

Stunden gemäß § 31 Abs 3 lit b ANSchG

ad 6) Geldstrafe von Schilling S 2.000,--

falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 34

Stunden gemäß § 31 Abs 3 lit b ANSchG

insgesamt somit S 13.000,--, Ersatzstrafe von 128 Std. Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

1.300,-- Schilling als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, ds 10% der Strafe (je ein Tag Arrest wird gleich 50 S gerechnet); Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher 14.300,-- Schilling. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 67 VStG)."

 2. Dieser Vorwurf ergab sich aus einer Anzeige des Arbeitsinspektorates für den 6. Aufsichtsbezirk vom 10.11.1993. Im Einspruch gegen eine entsprechende Strafverfügung wurde folgendes vorgebracht:

Zu Punkt 1):

Der Container sei bei der Firma C als Büro- und Mannschaftscontainer im guten Glauben gekauft worden.

Zu Punkt 2), 4) und 6):

Zur Errichtung einer Containerstadt müsse das optimale Wetter abgewartet werden; in der Zwischenzeit stehe dem Personal ein Mannschaftsraum in einer Luftlinienentfernung von 600 m zur Verfügung.

Zu Punkt 3):

Es bestehe mit der Firma R K seit jeher das Übereinkommen, daß das Personal der Firma K das WC in einer Luftlinienentfernung von ca 200 m mitbenützen dürfe.

Zu Punkt 5):

Im Kühlschrank des Büro- und Aufenthaltscontainers würden immer je fünf Flaschen Mineralwasser und in Plastikflaschen abgefülltes Leitungswasser bereitgehalten.

Der Beschuldigte sagte bei seiner Einvernahme am 29.3.1994 aus, er ziehe in Zweifel, ob die Arbeitnehmerschutzbestimmungen für eine Kiesgrube Anwendung fänden; weiters zögen sich alle Arbeitnehmer in der P-straße um.

 3. In der rechtzeitigen Berufung wurde ergänzend ausgeführt, im gegenständlichen Container befinde sich nur der Büroarbeitsplatz des Wiegemeisters; sonst befänden sich in der Kiesgrube keine Arbeitsplätze; der Arbeitsplatz sei nicht ständig eingerichtet, weil Herr Kr auch für den Deponiebetrieb zuständig sei und sehr viele Besprechungen in Wien, P-straße, abhalten müsse; zum Händewaschen stehe ein Brunnen mit Ablaßhahn in einer Entfernung von ca 50 m zur Verfügung.

 4. Das Arbeitsinspektorat gab eine Stellungnahme zu der Berufung ab.

II. Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat erwogen:

 1. Zuerst war zu Punkt 2) bis 6) die Schuldfrage zu überprüfen:

1.1. Der objektive Tatbestand war folgendermaßen zu beurteilen:

1.1.1. Die verletzte Verwaltungsvorschrift lautet:

Gemäß § 87 Abs 1 zweiter Satz und dritter Satz, erster Halbsatz AAV müssen in Betrieben, in denen regelmäßig mehr als 12 Arbeitnehmer tätig sind, für den Aufenthalt während der Arbeitspausen geeignete und entsprechend eingerichtete Räume zur Verfügung stehen, die leicht erreichbar sein müssen. Arbeitnehmern, die bei längerdauernden Arbeiten im Freien sowie in Räumen beschäftigt werden, die mit Rücksicht auf die Betriebsweise nicht beheizt werden, sind, unabhängig von der Zahl der Arbeitnehmer, bei Nässe oder Kälte Räume zum Aufenthalt während der Arbeitspausen zur Verfügung zu stellen.

Nach dem Absatz 2 dieses Paragraphen müssen Räume nach Absatz 1 so bemessen sein, daß auf jede darin befindliche Person ein Luftraum von mindestens 3,50 m3 und eine Bodenfläche von mindestens 1 m2 entfällt. Die lichte Höhe dieser Räume muß mindestens 2,50 m betragen.

Gemäß § 85 Abs 1 AAV müssen den Arbeitnehmern entsprechend ausgestattete Abortanlagen zur Verfügung stehen, die den diesbezüglichen sanitären Anforderungen entsprechen. Sie müssen möglichst so angelegt sein, daß sie ohne Gefahr einer Erkältung benützt werden können. Abortanlagen müssen sich in der Nähe von Arbeitsplätzen sowie von Räumen zum Aufenthalt während der Arbeitspausen und von Wasch-, Bade- und Umkleideräumen befinden. Nach § 84 Abs 1 AAV muß in jedem Betrieb Vorsorge getroffen sein, daß einwandfreies Waschwasser zur Verfügung steht, das in hygienischer Hinsicht den an Trinkwasser zu stellenden Forderungen möglichst nahe kommt. Für je fünf Arbeitnehmer, die gleichzeitig ihre Arbeit beenden, muß ein hygienisch unbedenklicher Waschplatz zur Verfügung stehen. Waschplätze müssen so eingerichtet sein, daß die Hände unter fließendem, nach Möglichkeit auch warmem, Wasser gewaschen werden können; für diese Zwecke können auch Vorratsbehälter entsprechender Größe verwendet werden. Gemäß § 83 Abs 1 erster Satz AAV ist den Arbeitnehmern ein den hygienischen Anforderungen entsprechendes sowie hinreichend kühles Trinkwasser oder ein anderes diesen Erfordernissen entsprechendes, gesundheitlich einwandfreies, alkoholfreies Getränk zur Verfügung zu stellen.

Nach § 86 Abs 1 AAV ist jedem Arbeitnehmer zur Aufbewahrung und zur Sicherung gegen Wegnahme seiner Straßen-, Arbeits- und Schutzkleidung ein ausreichend großer, luftiger und versperrbarer Kasten zur Verfügung zu stellen, in dem die Kleidung gegen Einwirkungen, wie Nässe, Staub, Rauch, Dämpfe oder Gerüche geschützt ist.

Gemäß § 31 Abs 2 lit h ASchG begehen Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte, die keine ausreichenden oder entsprechenden Waschgelegenheiten oder keine entsprechenden Aborte in ausreichender Zahl zur Verfügung stellen (§ 14), eine Verwaltungsübertretung und sind, sofern die Tat nicht nach anderen Gesetzen strenger zu bestrafen ist, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu S 50.000,-- zu bestrafen.

Nach dem Absatz 3 dieses Paragraphen begehen Arbeitgeber und deren

Bevollmächtigte, die ua ...

b) keine einwandfreien Getränke, keine ausreichenden Umkleideräume sowie keine geeigneten Einrichtungen zur Aufbewahrung und zur Sicherung von Wegnahme der Straßen-, Arbeits- und Schutzkleidung sowie der vom Arbeitnehmer für die Verrichtung der Arbeitsleistung mitgebrachten Gegenstände und jener Sachen, die vom Arbeitnehmer nach Verkehrsauffassung und Berufsüblichkeit zur Arbeitsstätte mitgenommen werden, zur Verfügung stellen (§ 14),

c) keine Vorsorge für entsprechende Aufenthaltsmöglichkeiten während der Arbeitspausen getroffen haben (§ 15 Abs 1),

...

eine Verwaltungsübertretung und sind, sofern die Tat nicht nach anderen Gesetzen strenger zu bestrafen ist, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu S 20.000,-- zu bestrafen.

1.1.2. Der Sachverhalt wurde auf folgende Weise festgestellt:

a) Das Ermittlungsverfahren brachte nachstehende Ergebnisse:

Über Anfrage des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien teilte die Berghauptmannschaft Wien mit Schreiben vom 22.7.1996 mit, daß der gegenständliche Betrieb zum Tatzeitpunkt nicht der Aufsicht dieser Behörde unterstand, sondern daß er erst mit Eingabe vom 4.5.1995 um die Erteilung einer Gewinnungsbewilligung ansuchte. Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien führte am 26.9.1996 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, zu welcher der Berufungswerber ohne ausreichende Entschuldigung weder selbst erschien noch einen Vertreter entsandte.

Herr Kr sagte als Zeuge folgendes aus:

"Ich kann mich nicht erinnern, bei der Kontrolle dabeigewesen zu sein. Der gegenständliche Container war damals mein Arbeitsplatz, es handelt sich um eine Brückenwaage. Genau genommen ist der Container ständig abwechselnd von mir und einem Kollegen besetzt gewesen, und zwar täglich. Es handelt sich um einen ganz normalen Baustellencontainer, dh ca 4 x 5 Meter groß und ca 2,50 Meter hoch.

Ich war damals quasi der Verantwortliche für die Kiesgrube. Es arbeiteten dort ca 5 - 6 Personen einschließich mir, und zwar 2 Arbeitnehmer bei der Kieswaschanlage und 2 - 3 Radladerfahrer. Der Zeuge legt einen Plan der Kiesgrube vor, welcher in Kopie zum Akt genommen wird, und gibt an, daß die Kiesgrube zu 99% zum Tatzeitpunkt genauso ausgesehen hat.

Es befanden sich auch damals mehrere weitere Baustellencontainer unmittelbar in der Kiesgrube, die genaue Anzahl weiß ich heute nicht mehr. Jedenfalls war ein alter Container ("Mannschaftswagen") vorhanden, in dem ein Tisch, zwei Sessel, eine Bank und ein normaler Ofen standen und ein weiterer Container, in  dem sich auch ein Schaltschrank befand, möglicherweise wurden diese aber vom Arbeitsinspektor nicht anerkannt. Ich kann im Augenblick nicht mit 100%iger Sicherheit sagen, ob ich zum Tatzeitpunkt bereits dort tätig war und ob damals schon der Mannschaftswagen vorhanden war, der meiner Meinung nach als Aufenthaltsraum ausreichend ist.

Ein Abort stand nicht zur Verfügung.

Es befand sich in der Kiesgrube ein Brunnen mit elektrischer Pumpe und Fließwasser, mit dem man sich durchaus die Hände waschen kann. Soweit ich mich erinnern kann, hat der Brunnen immer bestanden, allerdings bin ich mir im Hinblick auf das genaue Datum heute nicht mehr sicher.

Trinkwasser wurde in Form von Mineralwasser zur Verfügung gestellt, und zwar entweder im Mannschaftswagen oder im Wägecontainer. In letzterem war ein Kühlschrank. Möglicherweise war auch zum gegenständlichen Zeitpunkt der Vorrat gerade nicht nachgefüllt.

Kästen gab es nicht, allerdings befanden sich Häken zum Kleideraufhängen im Mannschaftswagen, wo sich die Arbeitnehmer umkleideten.

Über Vorhalt von Abl 14 ("In der Zwischenzeit... zur Verfügung"):

Damit ist vermutlich der "Mannschaftswagen" gemeint. Zu Abl 14, Punkt 3): Diese Abmachung gibt es offiziell, mehr kann ich dazu nicht sagen.

Zu Abl 24 Rückseite (betreffend Punkt 6): Es besteht tatsächlich die Möglichkeit, sich in der P-straße umzuziehen und einen Spind zu nehmen. Ob dies tatsächlich von den Arbeitnehmern gemacht wird, entzieht sich meiner Kenntnis. In der P-straße befindet sich das Hauptgebäude mit Verwaltungsräumlichkeiten, Küchen und Duschen. Zur Kiesgrube sind es von dort ca 16 Kilometer."

Bei der am 4.10.1996 fortgesetzten Verhandlung, an welcher der Berufungswerber ebenfalls ohne ausreichende Entschuldigung weder selbst noch durch einen Vertreter teilnahm, sagte das Kontrollorgan als Zeuge aus:

"Ich habe bei der gegenständlichen Kontrolle mit Herrn Thomas Kr gesprochen. Die Kontrolle wurde wegen einer Beschwerde eines Arbeitnehmers durchgeführt, weil es keine Sanitär- und Aufenthaltsmöglichkeiten gab. Ich habe mich beim Wiegemeister gemeldet und mit ihm die Betriebsanlage begangen.

Einen Aufenthaltsraum hat es nicht gegeben.

Über Vorhalt der Aussage des Zeugen Kr:

Es gab keinen Aufenthaltsraum, nur einen Container mit

Schaltkasten.

Auf die Frage, wo die Arbeitnehmer auf das Klo gehen, bekam ich von Hrn Kr die Auskunft, daß er das Auto mithat und irgendwo hinfahren muß.

Daß es einen Brunnen gegeben hätte, kann ich mich nicht erinnern. Es würde auch ein Auslaß im Freien nicht den sanitären Anforderungen entsprechen.

Ich glaube, daß ein Kühlschrank und eine Kaffeemaschine vorhanden waren. Wenn Mineralwasser vorhanden gewesen wäre, hätte ich diesen Punkt nicht angezeigt.

Der Kühlschrank befand sich im Wiegeraum."

b) Bei der Beweiswürdigung waren folgende Erwägungen maßgebend:

Der Beamte hinterließ bei seiner Einvernahme einen sachlichen und persönlich überzeugenden Eindruck, die Schilderung über seine Wahrnehmungen war klar und widerspruchsfrei, sodaß sie zusammen mit der Anzeige der Entscheidung zugrundegelegt wurde. Dabei war auch zu berücksichtigen, daß ein qualifiziertes staatliches Organ im allgemeinen in der Lage ist, derartige Vorgänge richtig wahrzunehmen und darüber zu berichten. Außerdem erfolgte die Aussage des Zeugen unter der Wahrheitspflicht nach § 289 StGB, und es gab auch keinen Anhaltspunkt dafür, daß er etwa den ihm offenbar unbekannten Berufungswerber hätte ungerechtfertigt belasten wollen. In der Anzeige sind wiederum die einzelnen Übertretungen aufgelistet, daß den Arbeitnehmern beispielsweise kein Abort und kein Waschplatz mit fließendem Wasser zur Verfügung stand. Der Zeuge Kr wirkte ebenfalls, soweit er sich noch an den Sachverhalt erinnern konnte, durchaus glaubwürdig. Das Vorbringen des Berufungswerbes bezog sich zum Teil offensichtlich auf einen späteren Zeitpunkt und war im übrigen als Schutzbehauptung zu betrachten. Beispielsweise zu den Abortanlagen wurde ein entsprechenden Vorbringen erstattet, jedoch nicht unter Beweis gestellt, während sich aus der Zeugenaussage des Kontrollorganes ergibt, ein Arbeitnehmer habe ihm die Auskunft erteilt, er müsse mit dem Auto wegfahren, um auf das Klosett zu gehen. Auch in den übrigen Punkten blieb die Rechtfertigung des Beschuldigten zu allgemein und unglaubwürdig, etwa daß "ein Brunnen mit Ablaßhahn" zur Verfügung stehe oder daß es im Hauptgebäude (in ca 16 km Entfernung) entsprechende Garderobekästen gebe und die Arbeitnehmer sich dort umziehen könnten.

Da also der Sachverhalt bereits ausreichend geklärt werden konnte, war eine weitere Beweisaufnahme nicht mehr notwendig.

c) Aufgrund dieser Überlegungen nimmt der Unabhängige Verwaltungssenat Wien den im Spruch angeführten Sachverhalt als erwiesen an.

1.1.3. Die Beurteilung der Rechtsfrage ergab, daß der als erwiesen angenommene Sachverhalt den objektiven Tatbestand der verletzten Verwaltungsvorschrift erfüllt.

Zu dem Einwand des Berufungswerbers, das Arbeitnehmerschutzrecht sei auf eine Kiesgrube nicht anwendbar, wird auf die zum Tatzeitpunkt geltende Bestimmung des § 1 Abs 3 lit b ASchG hingewiesen, wonach dieses Gesetz keine Anwendung auf die der bergbehördlichen Aufsicht unterstehenden Betriebe findet. Wie nun die Berghauptmannschaft Wien mit Schreiben vom 22.7.1996 mitteilte, unterstand der gegenständliche Betrieb zum Tatzeitpunkt nicht der Aufsicht dieser Behörde. Daher kommt die Ausnahmeregelung nicht zum Tragen. Die Verordnung der Bundesministerien für soziale Verwaltung und für Handel und Wiederaufbau vom 25.10.1955, BGBl Nr 253, über den Schutz der Dienstnehmer und der Nachbarschaft beim Betrieb von Steinbrüchen, Lehm-, Ton-, Sand- und Kiesgruben sowie bei Haldenabtragungen, in der Fassung nach dem Arbeitnehmerschutzgesetz, BGBl Nr 234/1972, demzufolge sie als Bundesgesetz in Geltung bleibt, sieht sogar in ihrem § 2 ausdrücklich vor, daß in den unter den Geltungsbereich dieser Verordnung fallenden Betrieben, sofern im nachstehenden nicht anderes bestimmt wird, auch die einschlägigen Bestimmungen der Allgemeinen Dienstnehmerschutzverordnung, BGBl Nr 265/1951, in der jeweils geltenden Fassung, gelten. Weiters trifft diese Verordnung, BGBl Nr 253/1955, keine im vorliegenden Fall anzuwendenden Sonderregelungen. Die AAV, welche an die Stelle der Allgemeinen Dienstnehmerschutzverordnung getreten ist, kommt also für den zu beurteilenden Sachverhalt zur Anwendung.

1.2. Das Verschulden war folgendermaßen zu beurteilen:

1.2.1. Nach § 5 Abs 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

1.2.2. Da die im vorliegenden Fall verletzte Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt und auch zu ihrem Tatbestand der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört, hätte also der Berufungswerber glaubhaft machen müssen, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Solche schuldbefreienden Umstände haben sich jedoch nicht ergeben.

Daher ist auch das Verschulden als erwiesen anzusehen.

2. Sodann war die verhängte Strafe zu überprüfen:

2.1. Die Strafbestimmung wurde bereits unter Punkt 1.1.1. wiedergegeben.

2.2. Über die Strafbemessung bestimmt § 19 VStG folgendes:

(1) Grundlage für die Bemessung der Strafe ist stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

(2) Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

2.3. Die Taten schädigten in nicht unerheblichem Ausmaß das Interesse an einer menschenwürdigen Gestaltung der Arbeitsverhältnisse dadurch, daß den Arbeitnehmern in der vorgeschriebenen Weise leicht erreichbare Aufenthaltsräume, Abortanlagen, Waschplätze mit fließendem Wasser, ein alkoholfreies Getränk und Garderobekästen zur Verfügung stehen.

Sonst zogen die Taten keine nachteiligen Folgen nach sich. Milderungs- und Erschwerungsgründe lagen nicht vor. Das Verschulden war angesichts der näheren Umstände der Tat jeweils nicht bloß geringfügig, weil auch nicht anzunehmen ist, daß womöglich die Übertretung aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können.

Weiters waren bei der Bemessung der Geldstrafen das nach Alter und Beruf als überdurchschnittlich eingeschätzte Einkommen und Vermögen sowie die Sorgepflicht für die Ehegattin zu berücksichtigen.

2.4. Bei diesen Strafbemessungsgründen und dem gesetzlichen Strafrahmen kam eine Herabsetzung der Strafe nicht in Betracht, weil eine geringere Strafe auch nicht geeignet wäre, den Berufungswerber und andere in Frage kommende Personen in Zukunft wirksam von der Begehung derartiger Verwaltungsübertretungen abzuhalten.

3. Zu Punkt 1) war das Vorliegen eines Verfolgungshindernisses zu prüfen:

Gemäß § 4 Abs 2 erster Halbsatz AAV dürfen, soferne nur Arbeiten mit geringer körperlicher Beanspruchung durchgeführt werden und Verunreinigungen oder Arbeitsbedingungen nach Abs 1 nicht vorliegen, ständige Arbeitsplätze in Räumen mit einer Bodenfläche von weniger als 100 m2 auch eingerichtet sein, wenn deren Höhe mindestens 2,60 m beträgt.

Gemäß § 44a Z 1 VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Der Verwaltungsgerichtshof hat erkannt, daß es nach dieser Bestimmung rechtlich geboten ist, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß

1.) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird,

2.) die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht.

Was den vorstehenden Punkt 1.) anlangt, sind entsprechende, dh in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende, wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch die bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können.

Was den vorstehenden Punkt 2.) anlangt, muß

a) im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, daß der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren (Wiederaufnahmeverfahren) auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und

b) der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (VwGH, verstärkter Senat, 13.6.1984, Slg 11466A).

Gemäß § 31 Abs 1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs 2) vorgenommen worden ist. Nach Abs 2 beträgt die Verjährungsfrist bei den Verwaltungsübertretungen der Gefährdung, Verkürzung oder Hinterziehung von Landes- und Gemeindeabgaben ein Jahr, bei allen anderen Verwaltungsübertretungen sechs Monate. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat. Ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt. Nach § 32 Abs 2 VStG ist Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung udgl), und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgesprochen hat, unterbricht eine Verfolgungshandlung nur dann die Verjährung, wenn sie sich auf alle der Bestrafung zugrundeliegenden Sachverhaltselemente bezogen hat (vgl ua das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 19.10.1978, SlgN F Nr 9664/A und das Erkenntnis vom 19.6.1990, Zl 89/04/0266). Dabei ist zur Beantwortung der Frage, ob Verjährung im Sinne des § 31 Abs 1 VStG eingetreten ist, von der als erwiesen angenommenen Tat im Sinne des § 44a Z1 VStG auszugehen (vgl hiezu ua das Erkenntnis vom 19.6.1990 Zl 89/04/0266) und das dem Beschuldigten zur Last gelegte Handeln unter Berücksichtigung sämtlicher gemäß § 44a Z 1 VStG in den Spruch des Straferkenntnisses aufzunehmenden Tatbestandselemente der verletzten Verwaltungsvorschrift gemäß § 44a Z 2 VStG näher zu konkretisieren und individualisieren (vgl VwGH 22.12.1992, Zl 91/04/0199).

Im vorliegenden Fall wurde dem Beschuldigten in keiner Verfolgungshandlung das Tatbestandselement vorgeworfen, daß ein ständiger Arbeitsplatz in dem Bürocontainer eingerichtet war. Daher war der Berufung Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verfahren nach § 45 Abs 1 VStG einzustellen.

4. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 64 bzw § 65 VStG.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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