TE UVS Steiermark 1997/05/27 30.16-31/97

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Veröffentlicht am 27.05.1997
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Karl-Heinz Liebenwein über die Berufung des Herrn Peter M, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Heinz P, J, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Liezen, Politische Expositur Gröbming, vom 24.1.1997, GZ.: 15.1 1995/4118, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird der Berufung zu Punkt 1) und 3) Folge gegeben, der Bescheid zu diesen Punkten aufgehoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

Hingegen wird die Berufung zu Punkt 2) als unbegründet abgewiesen. Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens einen Betrag von S 600,-- binnen vier Wochen ab Zustellung dieses Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu bezahlen.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der belangten Behörde wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe am 9.10.1995 um

14.10 Uhr in Judenburg, Paradeisgasse Nr. 11, als Lenker des Fahrzeuges mit dem Kennzeichen GB 4LSA (Pkw)

1) zu einem vor ihm fahrenden Fahrzeug nicht einen solchen Abstand eingehalten, daß ein rechtzeitiges Anhalten möglich gewesen wäre. Er sei am Pkw Kz. JU 6TTC, auf die rechte hintere rechte Seite aufgefahren, wobei an diesem Fahrzeug ein Sachschaden (hintere Stoßstange, Kofferraum und rechtes Rücklicht wurden beschädigt) entstanden sei. Obwohl sein Verhalten am Unfallort in ursächlichem Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall mit Sachschaden gestanden sei, habe er

2) nicht ohne unnötigen Aufschub die nächste Gendarmeriedienststelle verständigt, obwohl er seinen Namen und Anschrift nicht nachgewiesen habe.

3) Er habe sich als Lenker seines Kraftfahrzeuges so weit und so lange von seinem Kraftfahrzeug entfernt, daß er es nicht mehr überwachen konnte, ohne dafür zu sorgen, daß das Fahrzeug von Unbefugten nur durch Überwindung eines beträchtlichen Hindernisses in Betrieb genommen werden kann. Sein Fahrzeug sei nachweislich von 15.00 Uhr bis 15.45 Uhr in Wasendorf in der Karl-August-Straße gestanden. Das Fahrzeug sei unversperrt und der Zündschlüssel angesteckt gewesen.

Er habe dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

zu 1) § 18 Abs 1 StVO

zu 2) § 4 Abs 5 StVO

zu 3) § 102/6 KFG 1967.

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurden über ihn Geldstrafen zu Punkt 1) in der Höhe von S 3.000,-- (im Falle deren Uneinbringlichkeit 4 Tage und 12 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) auf der Rechtsgrundlage des § 99 Abs 3 lit a StVO, zu Punkt 2) in der Höhe von S 3.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 4 Tagen und 12 Stunden) auf der Rechtsgrundlage des § 99 Abs 3 b StVO und zu Punkt 3) in der Höhe von S 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 36 Stunden) auf der Rechtsgrundlage des § 134/1 KFG 1967 verhängt. Ferner wurden gemäß § 64 VStG S 700,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vorgeschrieben.

Begründet wurde diese Entscheidung im wesentlichen mit der Wiedergabe von "Aussagen" und "Stellungnahmen", die darüber hinaus teilweise auch in der Möglichkeitsform wiedergegeben wurden. Im Rahmen der freien Beweiswürdigung wurde den Angaben des Anzeigers sowie von Zeugen Glauben geschenkt und die drei angeführten Verstöße als erwiesen angenommen.

Der Berufungswerber hat fristgerecht gegen die angeführte Entscheidung Berufung erhoben und in dieser im wesentlichen zu Punkt 1) ausgeführt, daß es sich um keinen Auffahrunfall gehandelt habe, weshalb ein Verstoß nach § 18 Abs 1 StVO gar nicht möglich sei. Zu Punkt 2) wurde vorgebracht, daß die Unfallbeteiligten ihre Identität nachgewiesen hätten und es zu einer Einigung bezüglich des Schadens nur deshalb nicht gekommen wäre, da der Berufungswerber nicht bereit war, einen höheren Schadensbetrag als ursprünglich angeboten zu bezahlen. Schließlich wäre zu Punkt 3) unter Hinweis auf das bisher erstattete Vorbringen darauf hinzuweisen, daß sich das Fahrzeug des Berufungswerbers auf einem Betriebsgelände befunden habe, weshalb die belangte Behörde zu einem völlig anderen Sachverhalt hätte gelangen müssen. Aufgrund des erstatteten Berufungsvorbringens fand am 7. Mai 1997 am Sitz der Bezirkshauptmannschaft Judenburg eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung statt, in deren Rahmen neben dem ausgewiesenen Vertreter des Berufungswerbers, der selbst aus nicht eruierbaren Gründen zur Verhandlung nicht erschienen ist, vor allem die Zeugen Hubert B, Maria K, BI. Manfred B und RI. Rudolf P gehört wurden.

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat erwogen:

Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht dem Beschuldigten stets das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat. Somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung. Da im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine S 10.000,-- übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war gemäß § 51 c VStG die Zuständigkeit des Einzelmitgliedes gegeben.

Gemäß § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht wegen Unzulässigkeit oder Verspätung zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, ihre Anschauung sowohl hinsichtlich des Spruches als auch hinsichtlich der Begründung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

Aufgrund der Aktenlage, vor allem aber aufgrund der Ergebnisse der öffentlichen, mündlichen Verhandlung, gewonnen aus der Befragung des Vertreters des Berufungswerbers und der Vernehmung der Zeugen, wird nachstehender Sachverhalt der Entscheidung zugrundegelegt:

Der Berufungswerber befuhr zu der eingangs der Begründung näher angeführten Zeit mit seinem Pkw die Paradeisgasse in Judenburg in östlicher Richtung, während der Zeuge B mit seinem Pkw in die entgegengesetzte Richtung fuhr. Als der Zeuge auf Höhe des Hauses Paradeisgasse Nr. 11 (Geschäft K) nach links zu diesem Haus zufahren wollte, kam es aus für das gegenständliche Verfahren nicht relevanten Gründen zu einer Kollission mit dem Fahrzeug des Berufungswerbers, wobei beide Fahrzeuge beschädigt wurden. Der Berufungswerber wollte nach einer Diskussion mit dem Unfallbeteiligten B, daß dieser Sachschadenunfall ohne Befassung der Versicherungen erledigt werden möge, nicht, daß die Gendarmerie verständigt wird. Als sich zeigte, daß sich die beiden Unfallbeteiligten nicht einigen konnten, ersuchte der Zeuge B Frau K, daß diese die Gendarmerie verständigen möge, was der Berufungswerber zum Anlaß nahm, auf die genannte dahingehend einzuwirken, daß diese keinesfalls die Gendarmerie verständige. Der Berufungswerber gab diesbezüglich vor der Gendarmerie an, daß er infolge der Konsumation von zwei kleinen Bier die Beiziehung der Exekutive nicht wolle, da für ihn im Dienst 0,0 Promille gelten würden. In weiterer Folge begaben sich sowohl der Berufungswerber als auch der Zeuge B zu der rund einen Kilometer vom Unfallsort entfernten Werkstätte G, wobei dem Zeugen zu diesem Zeitpunkt weder Name noch Anschrift des Berufungswerbers auch nur ansatzweise bekanntgegeben bzw. genannt wurden. Aus ebenfalls für das Verfahren irrelevanten Gründen ist es bei der genannten Werkstätte nach einer verbalen Auseinandersetzung der Unfallbeteiligten zu keiner Schätzung der Schäden am Fahrzeug des Zeugen B gekommen und hat sich der Berufungswerber in weiterer Folge ohne seine Identität preiszugeben mit unbekanntem Ziel von der Werkstätte entfernt.

Der Zeuge B, der sich zuvor bereits das Kennzeichen des Fahrzeugs des Berufungswerbers notiert hatte, gab dieses sodann telefonisch dem Gendarmerieposten Judenburg bekannt und wurde der Zulassungsbesitzer, der mit dem nunmehrigen Berufungswerber ident ist, durch die Gendarmerie ermittelt. Da dem Zeugen B (Meldungsleger) das Kennzeichen in Erinnerung war, da er dieses in Zusammenhang mit einem Auto wiederholt gesehen hatte, welches bei Aufgrabungsarbeiten der Post abgestellt war, erfolgten in dieser Hinsicht die entsprechenden Nachforschungen bzw. Erhebungen, die schlußendlich dazu führten, daß die beiden Zeugen B und P das Fahrzeug des Berufungswerbers auf einem gepachteten Wiesengrundstück vorfanden, welches an die Karl-August-Straße in Wasendorf angrenzte. Das Fahrzeug stand im Abstand von wenigen Metern von einem Baucontainer entfernt auf der erwähnten Wiese, ca. 20 bis 25 m von der Gemeindestraße entfernt und war, wie auch der Container unversperrt, der Schlüssel steckte im Zündschloß. Da die beiden Zeugen am 9.8.1995 keinen Kontakt mehr mit dem Berufungswerber herstellen konnten, hinterließen sie bei einem seiner Kollegen eine Nachricht, daß sie das Auto versperrt, den Schlüssel mitgenommen haben und daß sich der Zulassungsbesitzer bei der Gendarmerie ehestmöglich melden möge. Der Berufungswerber meldete sich am darauffolgenden Tag schließlich beim Gendarmerieposten Judenburg.

Diese Feststellungen stützen sich auf die großteils schlüssigen und in sich widerspruchsfreien Aussagen der Zeugen, denen zugutezuhalten ist, daß zwischen dem Zeitpunkt ihrer Einvernahme vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark, gerechnet vom Tatzeitpunkt weg, mehr als eineinhalb Jahre verstrichen sind, weshalb es ihnen auch nicht mehr möglich war, jedes Detail der seinerzeitigen Vorfälle und Beobachtungen umfassend wiederzugeben. Alle Zeugen machten einen durchwegs glaubwürdigen Eindruck und waren offensichtlich bemüht, die an sie gestellten Fragen umfassend zu beantworten.

Hingegen erschöpfte sich die Verantwortung des Berufungswerbers vor allem zu Punkt 2) darin, daß er dem Zeugen B seine Identität ohnedies nachgewiesen habe, wäre dieser doch mit ihm unmittelbar nach dem Unfall zur Werkstätte der Firma G gefahren. Es habe aber auch eine zivilrechtliche Einigung der beiden Fahrzeuglenker gegeben, sodaß ein Identitätsnachweis gar nicht notwendig gewesen wäre. Da er mit dem Zeugen B bis zur erwähnten Firma in Kontakt geblieben sei, könne der Tatort der ihm diesbezüglich vorgeworfenen Verwaltungsübertretung keinesfalls die Paradeisgasse Nr. 11 sein. Diese Rechtfertigungen stellen nach Ansicht der erkennenden Behörde aus nachstehenden Gründen eine reine Schutzbehauptung dar und waren nicht geeignet hinsichtlich Punkt 2) eine andere Entscheidung herbeizuführen.

In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen:

Zu Punkt 1):

Aus dem gesamten Ermittlungsverfahren ergibt sich zweifelsfrei, daß die beiden Unfallbeteiligten in keiner Phase des Unfallgeschehens jemals hintereinander gefahren sind, weshalb es auch nicht nachvollziehbar ist, wie die belangte Behörde zur Auffassung gelangen konnte, daß der Berufungswerber eine Verwaltungsübertretung gemäß § 18 Abs 1 StVO zu verantworten hätte. Besonders bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, daß dieses Verfahrensergebnis nicht erst im Zuge der Berufungsverhandlung vom 7.5.1997 zutage getreten ist, sondern bereits aus der diesem Verfahren zugrundeliegenden Anzeige des Gendarmeriepostens Judenburg vom 15.10.1995, insbesonders aber auch den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens der Behörde I. Instanz deutlich zu entnehmen ist. Vor allem geht aus den erwähnten Feststellungen klar hervor, daß die beiden Unfallbeteiligten in verschiedenen Fahrtrichtungen unterwegs waren.

Da somit eine Verwaltungsübertretung gemäß § 18 Abs 1 StVO jedenfalls nicht vorlag, war diesbezüglich das Verwaltungsstrafverfahren nach Aufhebung von Punkt 1) des Spruchs gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG einzustellen, da der Berufungswerber die ihm diesbezüglich angelastete Verwaltungsübertretung nicht begangen hat.

Zu Punkt 2):

Zweck des § 4 Abs 5 StVO 1960 ist es, den am Unfall beteiligten Fahrzeuglenkern die Möglichkeit zu geben, ohne unnötigen Aufwand und Schwierigkeiten klarstellen zu können, mit wem man sich hinsichtlich der Schadensregelung in der Folge auseinanderzusetzen haben wird (VwGH 19.12.1975, 2085/74; 14.9.1983, ZVR 1984/264). Die Verständigungspflicht ist nur im Interesse der Geschädigten zur Ermöglichung der Durchsetzung allfälliger Schadenersatzansprüche festgelegt (VwGH 9.9.1968, Slg. 7319/A; 17.12.1982, ZVR 1984/60). Das Ermittlungsverfahren ergab diesbezüglich aus der Sicht der erkennenden Behörde, daß nach dem um 14.10 Uhr stattgefundenen Verkehrsunfall mit Sachschaden, mit dem der Berufungswerber im Sinne des § 4 Abs 1 StVO in ursächlichem Zusammenhang stand, weder eine Verständigung der nächsten Gendarmeriedienststelle erfolgte, noch die Unfallbeteiligten, (primär der Berufungswerber dem Zeugen B) einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben. Für die objektive Tatbestandserfüllung des § 4 Abs 5 StVO 1960 kann es ohne Belang bleiben, daß die Unfallbeteiligten zunächst offenbar eine Einigung hinsichtlich der Schadensbegleichung anstrebten, ohne eine Versicherung oder die Gendarmerie dabei miteinzubeziehen, wobei seitens des BW vor allem der Umstand wegen der Konsumation von zwei Bier, allenfalls Probleme mit seiner Dienststelle zu bekommen, im Mittelpunkt seiner diesbezüglichen Überlegungen standen.

Auch der Umstand, daß eine Schadensschätzung in einer Werkstätte beabsichtigt war, zu der es aus verfahrensrechtlich nicht relevanten Gründen in der Folge jedoch nicht kam, ändert nichts daran, daß der Berufungswerber in keiner Phase der Kontakte mit dem Zeugen B, so insbesonders auch nicht unmittelbar nach dem Unfall, diesem seine Identität nachgewiesen hat. Die ursprünglich - ohnedies nur seitens des Zeugen B - beabsichtigte Benachrichtigung der Gendarmerie Judenburg unterblieb, wie bereits erwähnt, auf ausdrückliches Drängen des Berufungswerbers.

Die Behauptungen des Berufungswerbers, daß es ohnedies zu einem Identitätsaustausch gekommen wäre, sind als reine Schutzbehauptungen zu qualifizieren, haben doch beide einvernommenen Gendarmeriebeamten als Zeugen angegeben, daß ihnen ausschließlich das behördliche Kennzeichen des Fahrzeugs des nunmehrigen Berufungswerbers bekannt war und sie deshalb eine Zulassungsanfrage durchführen mußten, die sich zweifelsfrei erübrigt hätte, wären dem Zeugen B, der als erster der Unfallbeteiligten mit der Gendarmerie in Konktakt getreten ist, die näheren Daten des Berufungswerbers bekannt gewesen. Unbeachtlich sind auch die Rechtfertigungsgründe, am verfahrensgegenständlichen Verkehrsunfall mit Sachschaden nicht schuld gewesen zu sein, können die Delikte des § 4 Abs 1 insbesonders aber auch des § 4 Abs 5 StVO durchaus von einer Person begangen werden, die am Zustandekommen des Unfalls selbst kein Verschulden trifft (VwGH 30.1.1978, 1997/76 ZVR 1979/36).

Im übrigen umfaßt der im § 4 Abs 1 StVO genannte Personenkreis alle jene Personen, deren Verhalten örtlich und zeitlich unmittelbare Bedingung (conditio sine qua non) für das Entstehen des Verkehrsunfall ist, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob ihr Tun oder Unterlassen rechtswidrig und schuldhaft ist (VwGH 24.3.1971, 1108/70, ZVR 1971/238).

Es steht aufgrund der durchgeführten Erhebungen fest, daß es seitens des Berufungswerbers zu keinem Identitätsnachweis dem unfallbeteiligten Zeugen B gegenüber gekommen ist, wobei es im gegenständlichen Fall unerheblich ist, ob dieser - aus welchen Gründen immer - nicht vorgenommen wurde, hätte doch in diesem Fall seitens des Berufungswerbers zumindest eine Verständigung der nächsten Gendarmeriedienststelle ohne unnötigen Aufschub erfolgen müssen, da § 4 Abs 5 StVO keine alternative Verpflichtung der Meldepflicht oder des Identitätsnachweises enthält (vgl. VwGH 10.11.1982, 82/03/0220, ZVR 1984/63).

Schließlich muß zur abschießenden Rechtfertigung des Berufungswerbers, wonach offensichtlich eine zivilrechtliche Einigung der beiden Fahrzeugeigentümer bestanden hätte (gemeint ist offenbar eine solche bezüglich der Schadensabwicklung) und daher ein Identitätsnachweis nicht notwendig gewesen wäre, festgehalten werden, daß zwar unbestrittenermaßen Gespräche zwischen den beiden Unfallbeteiligten stattfanden, doch vor allem aus der Zeugenaussage B erhellt, daß es niemals zu einer Einigung derart gekommen ist, die quasi einen Identitätsnachweis entbehrlich gemacht hätte.

Da somit sämtliche subjektiven und objektiven Tatbestandsvoraussetzungen zur Erfüllung einer Verwaltungsübertretung gemäß § 4 Abs 5 StVO vorlagen, hat der Berufungswerber die ihm zu Punkt 2) angelastete Verwaltungsübertretung zu verantworten und erfolgte daher auch die Bestrafung seitens der belangten Behörde in diesem Punkt zu Recht.

Zu Punkt 3):

Die Bestimmung des § 102 Abs 6 KFG 1967 lautet:

Entfernt sich der Lenker so weit oder so lange vom seinem Kraftfahrzeug, daß er es nicht mehr überwachen kann, so hat er den Fahrzeugmotor, sofern mit diesem nicht auch andere Maschinen betrieben werden, abzustellen und dafür zu sorgen, daß das Fahrzeug von Unbefugten nur durch Überwindung eines beträchtlichen Hindernisses in Betrieb genommen werden kann."

Das Ermittlungsverfahren ergab, wobei insbesonders auf die beiden Zeugenaussagen der Gendarmeriebeamten B und P hingewiesen wird, daß auf einem im Detail nicht näher zu bezeichnenden Bereich entlang der Karl-August-Straße in Wasendorf auf einem für die Dauer von Grabungsarbeiten gepachteteten Wiesengrundstück ein Baucontainer abgestellt war, der ca. 20 bis 25 m von der Gemeindestraße entfernt war. Im Bereich von ca. einer Autolänge von diesem Container entfernt stand auch das unversperrte Fahrzeug des Berufungswerbers.

Die erkennende Behörde verweist in diesem Zusammenhang zunächst auf den Umstand, daß die Bestimmungen des KFG 1967 i.d.g.F., sofern nicht ausdrückliche Ausnahmen bestehen, was im konkreten Fall nicht gegeben ist, u.a. auf Kraftfahrzeuge anzuwenden sind, die auf Straßen mit öffentlichem Verkehr (§ 1 Abs 1 StVO 1960) verwendet werden und auf den Verkehr mit diesen Fahrzeugen auf solchen Straßen (siehe § 1 Abs 1 KFG 1967).

Im Sinne des § 2 Abs 1 Z 1 StVO 1960 ist unter einer Straße eine für den Fußgänger- oder Fahrzeugverkehr bestimmte Landfläche samt den in ihrem Zuge befindlichen und diesem Verkehr dienenden baulichen Anlagen zu verstehen.

Wenngleich es bei Prüfung der Frage, ob es sich um eine Straße mit öffentlichem Verkehr handelt, auf die Benützung und nicht auf die Besitz- und Eigentumsverhältnisse am Straßengrund ankommt (vgl. VfGH 1.7.1971, V4/71, ZVR 1927/127), ist im konkreten Fall doch darauf hinzuweisen, daß es sich beim Tatort zu Punkt 3), wie der Zeuge P angab, de facto um eine Wiese handelte, an der eine Gemeindestraße vorbeiführt.

Unbeschadet des Umstandes, daß die Zeugen P und B angaben, daß man von der erwähnten Gemeindestraße mehr oder weniger ungehindert zum Baucontainer zufahren konnte, würde es nach Ansicht der erkennenden Behörde doch bei weitem den Rahmen der zitierten Begriffsbestimmung "Straße" im Sinne des § 2 Abs 1 Z 1 StVO sprengen, würde man ein Wiesengrundstück, wie es sich im gegenständlichen Fall darstellte, auf dem vorübergehend ein Baucontainer zur Aufstellung gebracht wurde, als Straße oder eine in ihrem Zuge befindliche und dem Straßenverkehr dienende bauliche Anlage qualifizieren. Daran ändert auch der Umstand nichts, daß man offensichtlich mehr oder weniger problemlos zum Baucontainer zufahren konnte.

Von verfahrensrelevanter Bedeutung ist vor allem der Umstand, daß der Zeuge P expressis verbis angab, daß der Baucontainer, aber auch das Fahrzeug des Berufungswerbers "auf freier Wiese" standen, als die zur Bestrafung hinsichtlich Punkt 3) des angefochtenen Bescheides führende Amtshandlung stattfand. Im konkreten Fall ist daher davon auszugehen, daß auch für den unbeteiligten Beobachter mit Sicherheit aufgrund der geschilderten örtlichen Verhältnisse davon ausgegangen werden kann, daß es sich bei der erwähnten Wiese um keine Straße im Sinne des Gesetzes handelt, weshalb es die diesbezüglich im KFG normierten öffentlich rechtlichen Pflichten für den Berufungswerber überspannt hätte, auch bei dem von ihm gewählten Abstellplatz dafür zu sorgen, daß sein Fahrzeug von Unbefugten nur durch Überwindung eines beträchtlichen Hindernisses in Betrieb genommen werden könnte. Die erkennende Behörde geht daher zusammenfassend davon aus, daß der Berufungswerber die ihm zu Punkt 3) zur Last gelegte Tat aus den erwähnten Gründen und Umständen nicht zu verantworten hat, weshalb das Strafverfahren auch zu diesem Punkt, nach Aufhebung des bezughabenden Spruchteils gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG einzustellen war.

Zur Strafbemessung hinsichtlich Punkt 2) ist auszuführen:

Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

§ 19 Abs 1 VStG enthält jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Demnach ist bei der Wertung der Tat innerhalb der Grenzen des gesetzten Strafrahmens (hier S 10.000,--) insbesondere davon auszugehen, in welchem Ausmaß diejenigen Interessen gefährdet worden sind, deren Schutz die Strafdrohung dient. Der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat, ist ebenso bei der Strafbemessung zu berücksichtigen.

Zweck des § 4 Abs 5 StVO 1960 ist es, den am Unfall beteiligten Fahrzeuglenkern die Möglichkeit zu geben, ohne unnötigen Aufwand und Schwierigkeiten klarstellen zu können, mit wem man sich hinsichtlich der Schadensregelung in der Folge auseinanderzusetzen haben wird (VwGH 19.12.1975, 2085/74; 14.9.1983, ZVR 1984/264). Die Verständigungspflicht ist nur im Interesse der Geschädigten zur Ermöglichung der Durchsetzung allfälliger Schadenersatzansprüche festgelegt (VwGH 9.9.1968, Slg. 7319/A; 17.12.1982, ZVR 1984/60). Der Berufungswerber hat durch sein an den Tag gelegtes Verhalten einen möglichen finanziellen Nachteil des unfallbeteiligten B in Kauf genommen, womit ihm eine konkrete Gefährdung der Interessen dieses Verkehrsteilnehmers vorzuwerfen ist. Dieser nicht zu vernachlässigende Unrechtsgehalt hat auch in der Strafhöhe zum Ausdruck zu kommen.

Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Mildernde bzw. erschwerende Umstände waren bei der Bemessung der Strafhöhe nicht zu berücksichtigen. Da der Berufungswerber zur Berufungsverhandlung nicht erschienen ist, trotz Aufforderung in der Ladung vom 9.4.1997 seine Einkommens-, Familien- und Vermögensverhältnisse nicht bekanntgegeben hat und diese auch seinem Rechtsvertreter nicht bekannt waren, geht die erkennende Behörde von einem monatlichen Nettoeinkommen in der Höhe von S 15.000,-- aus, welches der Strafbemessung zugrundegelegt wird. Es wird in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, daß der Berufungswerber im Falle einer Einschätzung der Einkommenslage es seiner unterlassenen Mitwirkungspflicht zuzuschreiben hat, sollte die Behörde bei dieser Einschätzung zum Nachteil des BW Umstände unberücksichtigt gelassen habe, die ohne seine Mitwirkung der Behörde nicht zur Kenntnis gelangen konnten (s. VwGH 14.1.1981, 3033/80).

Die persönlichen Verhältnisse des Berufungswerbers waren im Lichte der obigen Ausführungen nicht geeignet, die Strafhöhe herabzusetzen, zumal sich diese ohnehin schon im unteren Bereich des Strafrahmens bewegt und die Strafe grundsätzlich einen spürbaren Vermögensnachteil darstellen soll, um der neuerlichen Begehung einer derartigen Übertretung wirksam vorzubeugen. Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 64 Abs 1 und 2 VStG, wonach als Beitrag für das Verfahren erster Instanz 10% der verhängten Strafe und für das Berufungsverfahren weitere 20% der verhängten Strafe zu bemessen sind.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
öffentliche Straße Wiese abstellen
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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