TE UVS Burgenland 1998/02/11 13/02/98016

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 11.02.1998
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland hat durch sein Mitglied Mag Grauszer über die am 05 02 1998 eingelangte Beschwerde gemäß § 72 Fremdengesetz 1997-FrG, BGBlNr I 1997/75, des Herrn (BF), geboren am 18 03 1971, algerischer Staatsbürger, vertreten durch die Rechtsanwaltsgemeinschaft

vom 04 02 1998, wegen behaupteter Rechtswidrigkeit der Anhaltung in Schubhaft über Anordnung der Bezirkshauptmannschaft Mattersburg (belangte Behörde, BH) ab 26 12 1997 zu Recht erkannt:

 

Gemäß § 73 Abs 2 und 4 Fremdengesetz 1997 iVm § 67c Abs 4 AVG wird die gesamte Beschwerde als unbegründet abgewiesen und festgestellt, daß die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen im Zeitpunkt dieser Entscheidung vorliegen.

 

Gemäß § 79a AVG hat der Beschwerdeführer dem Bund (Bundesminister für

Inneres) Kosten in der Höhe von S 3365,-- (Schriftsatzaufwand S 2800,-- und Vorlageaufwand von S 565,--) zu ersetzen.

Text

1.1.  Aufgrund des Fremdenpolizeiaktes der belangten Behörde zur Zahl

11/6-104004-1997 und des Beschwerdevorbringens ergibt sich folgender Sachverhalt:

 

Der BF behauptet algerischer Staatsbürger und über Lybien, die Türkei

und Ungarn nach Österreich gelangt zu sein. Er wurde am 24 12 1997 um

19 10 Uhr von Grenzüberwachungsorganen des Bundesheeres nach seiner unmittelbar davorliegenden illegalen Einreise von Ungarn ohne Reisepaß oder sonstige Identifikationspapiere und ohne Barmittel in Schattendorf aufgegriffen und festgenommen.

 

Am 26 12 1997 wurde er von der BH fremdenpolizeilich einvernommen, wobei er angab, nie einen Reisepaß besessen zu haben, keine Verwandten oder Bekannten in Österreich zu haben, früher nie in Österreich gewesen zu sein und auf keinen Fall in sein Heimatland zurückkehren zu wollen, sondern wolle er in Österreich Asyl erhalten.

Er sei aus Algerien wegen der Terroranschläge in jüngster Zeit geflüchtet und hätte er die Absicht gehabt, nach Deutschland zu gelangen, um dort einer geregelten Arbeit nachzugehen und in Frieden zu leben. Er wurde in arabischer Sprache über die Gründe der Festnahme und Anhaltung belehrt.

 

Mit Bescheiden vom 26 12 1997, ausgefolgt an diesem Tag um 09 30 Uhr,

wurde der BF gemäß § 17 Abs 2 Z 4 und 6 FrG 1992 im Interesse der öffentlichen Ordnung ausgewiesen und über ihn die Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung sowie der Abschiebung verhängt. Der Ausweisungsbescheid ist rechtskräftig.

 

Am 09 01 1998 langte bei der BH ein Antrag des BF auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung nach Algerien ein, über den aktenkundig bis heute nicht entschieden wurde.

 

Das Bundesasylamt Salzburg hat mit Bescheid vom 28 01 1998, zugestellt am 30 01 1998, seinen Asylantrag abgewiesen und die Zulässigkeit der Abschiebung nach Algerien ausgesprochen. Eine bis 20

04 1998 befristete vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 19 AsylG wurde dem BF zuerkannt.

 

Mit Schreiben vom 30 01 1998 beantragte die BH bei der algerischen Botschaft in Wien die Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den

BF.

 

1.2.  In der gegenständlichen Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit der Anhaltung in Schubhaft mit folgender Begründung behauptet:

 

Für den BF käme nur mehr der Haftgrund der Sicherung der Abschiebung in Betracht. Weil er zum Aufenthalt im Bundesgebiet gemäß § 19 AsylG berechtigt und einen Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung eingebracht habe, seien die rechtlichen Voraussetzungen für die Aufrechterhaltung der Schubhaft keinesfalls mehr gegeben. Es bestehe eine näher dargelegte qualifizierte Wahrscheinlichkeit, daß der Asylantrag des BF erfolgreich sein werde. Eine Notwendigkeit, die

Abschiebung nach Algerien zu sichern, könne nicht bestehen. Aus § 61 Abs 1  und § 69 Abs 3 FrG 1997, in denen die Schubhaft zur Abschiebung eines Asylwerbers nach rechtskräftiger Abweisung des Asylantrages nicht behandelt werde, folge, daß jedenfalls bei Asylwerbern mit vorläufiger Aufenthaltsberechtigung eine Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung unzulässig sei. Es widerspreche auch dem Wesen des § 19 AsylG, bei aufenthaltsberechtigten Asylwerbern ein

öffentliches Interesse an einer Aufrechterhaltung der Schubhaft, um eine allfällige Abschiebung für den Fall der rechtskräftigen Ablehnung ihres Asylbegehrens zu sichern, anzunehmen. Die Notwendigkeit zur Sicherung müsse entsprechend ausgeprägt und dringlich sein. Beim BF sei in hohem Maß ungewiß, ob es je dazu kommen werde, ihn in seinen Heimatstaat abzuschieben. Es sei überhaupt nicht absehbar, bis zu welchem Zeitpunkt das Asylverfahren rechtskräftig beendet sein werde. Dieser Fall sei im § 69 Abs 4 FrG nicht genannt, demgemäß sei davon auszugehen, daß die Schubhaft nicht

länger als zwei Monate andauern dürfe. Die Ausstellung von Rückreisedokumenten durch Algerien sei nahezu ungewiß, was gegen die Zulässigkeit der Schubhaft spreche. Es sei fast ausgeschlossen, daß die bescheidmäßigen Klärungen betreffend das Asylverfahren und die non-refoulement-Prüfung erfolgt sein werden, bevor der BF aus der Schubhaft entlassen werden müsse, weil die höchstzulässige Haftzeit abgelaufen sei. Die kostenpflichtige Feststellung der Rechtswidrigkeit der Schubhaft wurde verlangt.

 

1.3. Die belangte Behörde hat in ihrer ausführlichen Gegenschrift die

Schubhaft verteidigt und die Abweisung der Beschwerde samt Zuspruch der Kosten für Vorlageaufwand (S 565,--) und Schriftsatzaufwand (S 2800,--) beantragt.

 

2.0.  Hierüber wurde erwogen:

 

2.1.1. Gemäß § 73 Abs 2 zweiter Satz FrG gelten die §§ 67c bis 67g sowie 79a AVG mit der Maßgabe, daß eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint. Dies ist im Anlaßfall gegeben, weshalb keine Verhandlung anberaumt wurde.

 

2.1.2. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 09 06 1995, Zahl 95/02/0128, unter Hinweis auf § 52 Abs 4 erster und zweiter Satz des Fremdengesetzes, BGBl Nr 1992/838, ausgeführt hat, hat der Verwaltungssenat die behauptete Rechtswidrigkeit der Schubhaft jedenfalls für die Vergangenheit nur unter jenem Blickwinkel (im Rahmen jener Gründe) zu prüfen, aus welchem dies geltend gemacht wird.

 

2.1.3. Im Falle der andauernden Haft hat der Verwaltungssenat jedenfalls (also unabhängig vom Beschwerdevorbringen) auszusprechen (festzustellen), ob die Voraussetzungen für die Fortdauer der Haft

IM

ZEITPUNKT SEINER ENTSCHEIDUNG vorliegen.

 

2.1.4. Soweit in diesem Bescheid zitierte Erkenntnisse des VwGH und des UVS Burgenland sich auf Bestimmungen des mit Ablauf des 31 12 1997 außer Kraft getretenen Fremdengesetzes, BGBl Nr 1992/838 idF 1994/505, in der Folge kurz FrG 1992 bezeichnet, beziehen, so haben sie auch im zeitlichen Geltungsbereich des Fremdengesetzes 1997 insoweit Bedeutung, als die Nachfolgeregelungen teilweise wortidentisch oder inhaltsgleich sind.

 

2.2.  Wie aus Punkt 1.1. hervorgeht, basiert die beschwerdegegenständliche Haft auf einem vollstreckbaren Schubhaftbescheid der belangten Behörde zur Sicherung (des Verfahrens

zur Verfügung) der gemäß § 17 Abs 2 Z 4 und 6 FrG 1992 zulässigen Ausweisung. Damit ist ein gültiger Rechtstitel für die Anhaltung gegeben. Dieser Bescheid wurde vom BF konkret auch nicht bemängelt. Die formellen Schubhaftvoraussetzungen sind also vorhanden. Deshalb liegt auch eine Anhaltung in Schubhaft, die mit gegenständlicher Beschwerde zulässigerweise angefochten werden konnte, vor.

 

2.3. Zur bisherigen Schubhaft:

 

2.3.1. Zur Anhaltung bis Jahresende 1997:

 

Im Zeitpunkt der Verhängung der Schubhaft galt § 41 Abs 1 FrG 1992 (der als erster Satz wörtlich in den § 61 Abs 1 FrG 1997 übernommen wurde). Danach konnten (können) Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um ua die Abschiebung zu sichern. Die Anhaltung stützt sich (auch) auf diesen Rechtsgrund. Das Verfahren zur Ausweisung wurde gleichzeitig mit der Erlassung des

Schubhaftbescheides in erster Instanz abgeschlossen und ist die Ausweisung mittlerweile rechtskräftig. Die Abschiebung dient der Vollstreckung dieser Ausweisung.

 

Zur Sicherung der sohin rechtmäßigen Abschiebung war die Schubhaft erforderlich, weil wegen der ungeklärten Identität des BF, seiner illegalen Einreise nach Österreich, des ungesicherten Unterhaltes und

mangels sonstiger Inlandsbeziehungen Grund zur Annahme der Gefahr bestand, daß sich der Fremde dem behördlichen Zugriff entziehen werde, um die Abschiebung zu verhindern oder zumindest erheblich zu erschweren. Schon die Einreise ohne Reisepaß und geringfügige Barmittel rechtfertigen die Notwendigkeit der Verhängung und Fortsetzung der Schubhaft zur Sicherung der Ausweisung (VwGH vom 08 11 1996, Zl 95/02/0433). Aufgrund des Hinweises des BF, auf keinen Fall in sein Heimatland zurückkehren zu wollen (siehe 1.1.), konnte die belangte Behörde nach der Lebenserfahrung im Zuge der Beweiswürdigung zu Recht eine fehlende Ausreisewilligkeit annehmen (VwGH vom 29 03 1996, Zl 96/02/0006).

 

Der im Jahre 1997 eingebrachte Asylantrag hinderte nicht die Schubhaft. Eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG 1991 wurde nicht erteilt und hätte auch diese die Schubhaft nicht rechtswidrig erscheinen lassen, weil auch gegen Fremde mit einer Aufenthaltsberechtigung im Sinne des AsylG 1991 die Schubhaft verhängt werden durfte (VwGH vom 05 09 1997, Zl 96/02/0547).

 

Die Frage der Zulässigkeit der Abschiebung nach Algerien hat nach vorerwähntem Erkenntnis des VwGH nicht im Rahmen der Prüfung einer Schubhaftbeschwerde zu erfolgen, was auch für die Frage der Unmöglichkeit der Beschaffung eines Heimreisezertifikates zutrifft, zudem die algerische Botschaft die Ausstellung desselben noch nicht abgelehnt hat. Von einem Feststehen der Unmöglichkeit oder Unzulässigkeit der Abschiebung kann keine Rede sein.

 

Soweit die Schubhaft bis 31 12 1997 bekämpft wird, gehen die auf das FrG 1997 und das AsylG 1997 gestützten Argumente des BF schon im Hinblick auf den zeitlichen Geltungsbereich dieser Vorschriften ins Leere.

 

Daraus ergibt sich jedenfalls die Rechtmäßigkeit der Schubhaft bis 31

12 1997.

 

2.3.2. Zur Anhaltung ab 01 01 1998:

 

An obiger Beurteilung der Rechtmäßigkeit der fortdauernden Anhaltung in Schubhaft ändert auch die seit Jahresbeginn 1998 geltende neue Rechtslage nach dem Asylgesetz 1997 und dem Fremdengesetz 1997 nichts. Gemäß § 114 Abs 2 FrG 1997 gilt der Schubhaftbescheid weiter. Der Haftgrund der Sicherung der Abschiebung dauert an.

 

2.3.2.1. Nach § 21 Abs 2 AsylG dürfen zwar Asylwerber nicht abgeschoben werden, doch bedeutet dies nicht, daß sie zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung nicht in Schubhaft behalten werden dürften.

Der im Anlaßfall unstrittige Haftgrund der Sicherung der Abschiebung fällt weder wegen des Asylantrages noch aufgrund des (alleinigen) Umstandes, daß dem BF als Asylwerber eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach § 19 Abs 2 AsylG bescheinigt wurde, weg.

 

Der § 21 AsylG ist mit Schutz vor Aufenthaltsbeendigung betitelt und erklärt in seinem ersten Absatz, daß das Fremdengesetz auf Asylwerber insgesamt Anwendung findet (was auch ohne diese Regelung schon aufgrund des Fremdengesetzes der Fall ist), sofern im folgenden

nichts anderes festgelegt wird. Im folgenden bestimmt das Gesetz, daß

bestimmte Vorschriften des Fremdengesetzes, darunter § 61 FrG, der die Schubhaft und die Abschiebung als Schubhaftgrund regelt, auf bestimmte Asylwerber nicht anzuwenden ist. Der persönliche Anwendungsbereich dieser Ausnahmeregelung umfaßt Asylwerber mit vorläufiger Aufenthaltsberechtigung, die 1. den Antrag außerhalb einer Vorführung persönlich beim Bundesasylamt eingebracht haben (oder) 2. den Antrag anläßlich der Grenzkontrolle oder anläßlich eines von ihnen sonst mit einer Sicherheitsbehörde oder einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes aufgenommenen Kontaktes gestellt

haben. Nur solche Asylwerber dürfen nicht in Schubhaft genommen bzw angehalten werden. Für alle andere Asylwerber (also auch für solche mit vorläufiger Aufenthaltsberechtigung) gilt diese Ausnahmeregelung nicht. Der zweite Absatz des § 21 Abs AsylG enthält das bereits erwähnte Verbot, Asylwerber abzuschieben. Fremde mit rechtskräftig abgewiesenem Asylantrag dürfen nach § 21 Abs 3 AsylG in den Herkunftsstaat nur dann abgeschoben werden, wenn die Asylbehörde dies

rechtskräftig nach § 57 FrG für zulässig erklärt hat.

 

Diese systematische Betrachtung deckt die Auslegung, daß die Abschiebung (als Vollstreckungsmaßnahme eines aufenthaltsbeendenden Titelbescheides) für die Dauer des Asylverfahrens nur aufgeschoben wird, um Asylwerber vor der Beendigung ihres Aufenthaltes bis zur endgültigen Entscheidung über ihren Asylantrag zu schützen, insoweit ist die Abschiebung nur vorläufig unzulässig. Nach rechtskräftiger Abweisung des Asylantrages und Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung nach § 57 FrG durch die Asylbehörde darf wieder abgeschoben oder bei gegenteiliger Entscheidung nicht abgeschoben werden. Erst mit diesem Zeitpunkt steht fest, ob die Abschiebung endgültig unzulässig oder das Ziel der Schubhaft, die Sicherung der Außerlandesschaffung eines Fremden, endgültig unerreichbar ist. Ein Anwendungsfall des § 69 Abs 2 FrG liegt sohin nicht vor.

 

Der Umstand, daß dem BF eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß

§ 19 Abs. 2 AsylG zuerkannt wurde, hat - für sich allein - keinen Einfluß auf die Rechtmäßigkeit seiner Schubhaft. Nur wenn ein (vorläufig aufenthaltsberechtigter) Asylwerber die Voraussetzungen des § 21 Abs 1 Z 1 oder 2 AsylG erfüllt, also seinen Asylantrag unter den dort beschriebenen Umständen eingebracht hat, kommt ihm Haftverschonung zu. Durch die dortige Anknüpfung an die vorläufige Aufenthaltsberechtigung wird (nur) der Kreis der so privilegierten Asylwerber definiert, indem eben auf solche mit vorläufiger Aufenthaltsberechtigung (und damit auf die schon durch § 19 AsylG bevorrechteten Asylwerber) abgestellt wird. Weiters wird dadurch der Zeitpunkt bestimmt, ab dem diese Ausnahmeregelung wirkt, nämlich im Fall des § 19 Abs 2 AsylG mit der Ausfolgung der Bescheinigung über die Zuerkennung der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung. Wenn die Ausnahmeregelung des § 21 Abs 1 AsylG nicht greift, so ist die Schubhaft nach dem 2 Abschnitt des 6 Hauptstückes des Fremdengesetzes 1997 zu beurteilen, wo die Haftgründe und der Sicherungszweck geregelt sind.

 

Dieses Verständnis von § 21 AsylG als Ausnahmeregelung vom Grundsatz der Anwendung des Fremdengesetzes auf Asylwerber und die dargestellte

Bezugnahme auf die vorläufige Aufenthaltsberechtigung zeigen, daß ihrer Zuerkennung keine Bedeutung für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Schubhaft, sowohl hinsichtlich des Haftgrundes als

auch hinsichtlich des Sicherungszweckes (siehe auch 2.3.2.3.), zukommt.

 

2.3.2.2. Daß die Abschiebung von vornherein (nach Algerien oder in einen sonstigen Zielstaat) unzulässig oder unmöglich gewesen wäre, ist durch die Aktenlage nicht indiziert. Eine Prognose über die Wahrscheinlichkeit der Abschiebung innerhalb der höchstzulässigen Haftdauer, um daraus rechtliche Schlüsse für die Zulässigkeit der Schubhaft abzuleiten, oblag dem Verwaltungssenat in diesem Verfahren nicht (VwGH vom 28 02 1997, Zl 97/02/0035). Die vom BF relevierte Prognose über den Ausgang des Asylverfahrens und seiner Dauer bis zur

Rechtskraft hat der Verwaltungssenat in diesem Schubhaftprüfungsverfahren auch nicht zu stellen, weil hiefür kein gesetzlicher Anknüpfungspunkt besteht, was auch für die Verfahren zur

Prüfung des Refoulementverbots gilt. Diese Prognosen waren auch im Schubhaftzeitraum bis 31 12 1997 nicht erforderlich.

 

Mit der allgemeinen Vermutung, der Unabhängige Bundesasylsenat werde wegen seines Aktenanfalles nicht innerhalb der Sechsmonatsfrist entscheiden, wird weder eine diesbezügliche Ermittlungspflicht des Verwaltungssenates ausgelöst noch die Rechtswidrigkeit der Haft dargetan.

 

Im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen im Zusammenhang mit dem Refoulementverbot sei der BF auf den erstinstanzlichen Asylbescheid betreffend den dortigen Ausspruch der Zulässigkeit der Abschiebung nach Algerien und § 75 Abs 1 zweiter Satz FrG verwiesen.

 

Entgegen der Meinung des BF darf im Anlaßfall die Schubhaft nicht bloß zwei Monate sondern bis zu sechs Monate dauern, weil die Verlängerungsvoraussetzungen des § 69 Abs 4 FrG nicht auf den rechtskräftigen Ausgang eines Asylverfahrens (oder seine Dauer) abstellen, sondern auf die Abschiebung, die, wie oben erwähnt, während des Asylverfahrens nur vorläufig aufgeschoben ist. Im Anlaßfall besteht jedenfalls der Verlängerungsgrund des § 69 Abs 4 Z 3 FrG, mag dies auch im Zeitpunkt dieser Entscheidung im

Hinblick auf die bisherige Dauer der Haft noch nicht bedeutsam sein. Im übrigen unterscheiden weder § 61 Abs 1 noch § 69 Abs 3 FrG in Fremde und Asylwerber, sondern ist die Frage des Asyls insoweit bedeutungslos, was der BF übersieht. Daraus kann keine Unzulässigkeit

der Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung des BF als aufenthaltsberechtigter Asylwerber abgeleitet werden.

 

2.3.2.3. Der BF hält sich zwar seit 28 01 1998 rechtmäßig gemäß § 31 Abs 1 Z 4 FrG im Bundesgebiet auf, weil ihm an diesem Tage die befristete vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 19 AsylG zuerkannt wurde, doch kann dieser Umstand keinesfalls zurückwirken und insbesondere die Notwendigkeit der Sicherung nicht in Frage stellen.

 

Die Meinung des BF wird zwar insoweit geteilt, als ihm die Zuerkennung der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nichts nützt, wenn er sich in einem Schubhaftgefängnis in Österreich aufhält.

Diese

Überlegung begründet aber nicht die Rechtswidrigkeit der Haft, die als Sicherungsmaßnahme notwendig ist, um zu verhindern, daß sich der BF der Abschiebung entzieht. Der BF bemängelt mit dem Wesen des vorläufigen Aufenthaltsrechts für Asylwerber ein öffentliches Interesse daran, solche (gemeint vorläufig aufenthaltsberechtigte) Asylwerber in Schubhaft zu halten, um eine allfällige Abschiebung für

den Fall der rechtskräftigen Ablehnung ihres Asylbegehrens zu sichern. Diesen Mangel erkennt der Verwaltungssenat im Hinblick auf die Rechtslage jedoch nicht. Hätte der Gesetzgeber nämlich jeden Asylwerber mit vorläufiger Aufenthaltsberechtigung in Freiheit belassen wollen, so hätte er dies im Gesetz ausgedrückt. Dies hat er jedoch nicht getan. Vielmehr ergibt sich aus § 21 Abs 1 AsylG, daß nicht jeder Asylwerber mit vorläufiger Aufenthaltsberechtigung, sondern nur derjenige, der seinen Asylantrag unter bestimmten Voraussetzungen einbringt, von der Anwendung der Schubhaft verschont bleibt. Also selbst Asylwerber, die unter Umgehung der Grenzkontrolle

eingereist sind, deren Asylantrag zulässig aber nicht offensichtlich unbegründet ist und denen deswegen (wie dem BF) vom Bundesasylamt vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach § 19 Abs 2 AsylG zuerkannt wurde, fallen nicht unter obige Ausnahmeregelung des § 21 Abs 1 AsylG, dürfen also in Schubhaft genommen werden. Zusätzlich verlangt der Gesetzgeber für solche Asylwerber ein bestimmtes Verhalten bei der Antragstellung, um sie von der Schubhaft auszunehmen. Die darauf abstellenden Voraussetzungen lassen erkennen, daß es dem Gesetzgeber insbesondere darauf ankommt, daß der Asylantrag außerhalb der Schubhaft oder einer sonstigen Festnahme und Anhaltung etwa nach einer Aufgreifung durch Sicherheitsorgane nach illegalem Grenzübertritt gestellt wird. Wenn aber ein Asylwerber auf freiem Fuß

persönlich beim Bundesasylamt einen Asylantrag einbringt oder freiwillig den Kontakt zu einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes anläßlich seines Grenzübertrittes (über einen Grenzübergang) oder sonst aufnimmt, so mißt der Gesetzgeber offenbar dieser - aber auch nur dieser - Verhaltensweise eine Bedeutung zu, die die Anwendung der Schubhaft entbehrlich macht, also

kein Sicherungsinteresse des Staates hinsichtlich solcher Personen begründet. Asylwerbern mit diesem Antragsverhalten wird offenbar unterstellt, daß ihr Asylbegehren aufrichtig ist und deshalb ein rechtstreues Abwarten des Verfahrens in Freiheit und kein Untertauchen zu erwarten ist. Wenn danach alle anderen Asylwerber der

Schubhaft unterworfen sind, kann allein die Zuerkennung der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung das Sicherungsinteresse, also die

Notwendigkeit der Schubhaft als Sicherungsmaßnahme, nicht

erfolgreich

in Frage stellen.

 

Solche die Schubhaftverschonung gebietenden Umstände bei der Asyleinbringung liegen im Anlaßfall nicht vor und wird dies vom BF auch nicht behauptet.

 

In diesem Zusammenhang ist festzustellen, daß zwar § 61 Abs 1 zweiter Satz FrG anordnet, daß über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten (wie der BF siehe oben), die Schubhaft nur verhängt werden darf, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen. Dies hilft aber dem BF nichts, weil über ihn die Schubhaft bereits vor seiner vorläufigen

Aufenthaltsberechtigung und vor Inkrafttreten dieser Bestimmung verhängt wurde und sich von Anbeginn an die Sicherung auf die Abschiebung und nicht auf das Verfahren zur Erlassung einer Ausweisung bezieht. Außerdem begründen die oben erwähnten Tatsachen (siehe 2.3.1.) die Notwendigkeit der Sicherung auch in diesem Zusammenhang.

 

Daß die Notwendigkeit zur Sicherung der Abschiebung entsprechend ausgeprägt und dringlich sein müsse, vermag der Verwaltungssenat - entgegen der mit dem bloßen Hinweis auf das Gebot einer verfassungskonformen Interpretation begründeten Meinung des BF - dem § 61 Abs 1 FrG nicht zu entnehmen, wozu es genügt, auf dessen Wortlaut zu verweisen.

 

2.3.2.4. Diese Notwendigkeit ist auch durch § 66 FrG 1997 nicht in Frage gestellt. Nach der Judikatur des VwGH war im zeitlichen Geltungsbereich des Fremdengesetzes 1992 bei Bestehen eines Haftgrundes (wie im Anlaßfall) die Frage nicht zu prüfen, ob die Möglichkeit bestehe, den Haftzweck durch gelindere Mittel zu erreichen (VwGH vom 28 02 1997, Zl 97/02/0035). Diese Auffassung ist jedoch im Geltungsbereich des FrG 1997 nicht mehr aufrechtzuerhalten,

weil eben § 66 FrG die Anwendung gelinderer Mittel vorsieht. Dies jedoch nur dann, wenn für die Behörde - im Zeitpunkt der Anordnung der Schubhaft, also hier vor dem Inkrafttreten des FrG 1997 (und vor dem Entstehen der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung) und deshalb im

Anlaßfall ohne Auswirkung - Grund zur Annahme besteht, daß der Zweck der Schubhaft durch diese gelinderen Mittel erreicht werden kann.

 

Diese Vorschrift verlangt also das Vorliegen von Gründen, die die Annahme rechtfertigen, ein Fremder würde bei ihrer Anwendung die Sicherung der genannten Verfahren oder (wie im Anlaßfall) die Abschiebung nicht erschweren oder vereiteln. Solche Gründe liegen nach der Auffassung des Verwaltungssenates in Tatsachen, die im Zusammenhang mit der (legalen oder illegalen) Einreise des Fremden nach Österreich, seinem hiesigen (erlaubten oder verbotenen) Aufenthalt, gesicherten Lebensunterhalt und vorhandener Unterkunft, rechtstreuem Verhalten und seinen sonstigen insbesondere persönlichen

Inlandsbeziehungen stehen. Der Grad seiner sozialen Integration in Österreich ist für die vorgenannte Prognose maßgeblich. Eine positive

Prognose ist im Anlaßfall aber durch keine Tatsache begründet. Als solche Tatsache käme zwar die vorläufige Aufenthaltsberechtigung in Betracht. Sie allein würde aber für ein positives Gesamtergebnis der Beurteilung des relevanten Sachverhaltes nicht ausreichen, weil sie eben nur bis zum Abschluß des Asylverfahrens währt (siehe § 19 Abs 4 AsylG) und nicht die Annahme ausschließt, daß sich ein Fremder danach

in Kenntnis der endgültigen Abweisung seines Asylbegehrens und endgültigen Abschiebungszulässigkeit dieser Maßnahme entziehen würde.

Für sein Untertauchen sprechen die für die Sicherung der Abschiebung von Anbeginn an maßgeblichen Umstände (siehe 2.3.1.). Sohin bringt auch eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit dem BF keinen Erfolg.

 

2.4. Zur Fortsetzung der Schubhaft:

 

Aus 2.3. ergibt sich, daß im Zeitpunkt dieser Entscheidung alle gesetzlichen Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft vorliegen. Der Haftgrund der Sicherung der Abschiebung liegt weiterhin vor. Von einem Feststehen der Unmöglichkeit oder Unzulässigkeit der Abschiebung kann auch heute - mangels diesbezüglicher konkreter Hinweise - keine Rede sein.

 

Das Asylverfahren wurde in I. Instanz für den BF negativ abgeschlossen und seine Abschiebung nach Algerien für zulässig erklärt. Hievon erlangte der BF durch Zustellung an seine Vertreterin

im Asylverfahren am 30 01 1998 Kenntnis. Es ist daher unverständlich,

daß er in diesem Beschwerdeschriftsatz vom 04 02 1998 von einer noch nicht vorliegenden Entscheidung des Bundesasylamtes ausgeht. Wenngleich obige Aussprüche des Bundesasylamtes noch nicht rechtskräftig sind, so ist dadurch doch die vom BF vielfach angezogene qualifizierte Wahrscheinlichkeit für eine Asylgewährung und ein Abschiebungsverbot verringert. Mag diese Wahrscheinlichkeit auch für die anlaßgegenständliche Entscheidung - wie oben erwähnt - (in diesem frühen Stadium der Schubhaft jedenfalls) bedeutungslos sein, so ist dadurch ein negativer Einfluß auf die psychologische Situation des Asylwerbers erfahrungsgemäß nicht auszuschließen.

Seine

Hoffnungen auf ein Verbleiben im Inland sind insoweit gemindert.

Eine

- gegenüber der Tatsachenlage ohne diese Aussprüche des Bundesasylamtes - günstigere Prognosesituation im Hinblick auf ein solches Verhalten des BF, das den Zugriff der Fremdenbehörde zur Vollstreckung der Abschiebung nach allfälliger Bestätigung der erstinstanzlichen Entscheidung durch den Unabhängigen Bundesasylsenat

auch in Freiheit gewährleisten würde, liegt jedenfalls nicht vor.

 

Ein konkreter sachverhaltsmäßiger Hinweis, daß die rechtlich gebotene

Ausreise des ausreiseunwilligen BF nicht durch Schubhaft weiterhin zu

sichern sei, liegt nicht vor. Das Gegenteil ist der Fall. Daran ändert nichts, daß der BF zur Ausreise derzeit (siehe oben) nicht verpflichtet ist.

 

2.5. Gemäß § 79a AVG steht der Partei, die in Fällen einer Beschwerde

obsiegt, der Ersatz der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu. Die §§ 52 bis 54 VwGG gelten auch für diesen Aufwandersatz. Die Entscheidung betreffend die Zuerkennung der Kosten

für Schriftsatz- und Vorlageaufwand gründet sich auf den diesbezüglichen Antrag der obsiegenden Partei, auf die angeführte Gesetzesstelle sowie auf die Aufwandersatzverordnung UVS, BGBl Nr 855/1995.

Schlagworte
Abschiebung, Dauer des Asylverfahrens, Schubhaft, Dauer, Sicherung der Abschiebung, Gelinderes Mittel, vorläufige Aufenthaltsberechtigung, soziale Integration
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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