TE UVS Steiermark 2002/07/03 303.4-9/2001

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Veröffentlicht am 03.07.2002
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Klaus Stühlinger über die Berufung des Herrn H F, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Feldbach vom 9.5.2001, GZ.: 15.1 4107/2000, wie folgt entschieden:

Der Berufung wird gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 1. Fall VStG eingestellt.

Text

Auf Grund des von der gemäß § 51 Abs 1 VStG sachlich und örtlich zuständigen Berufungsbehörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens, insbesondere auf Grundlage der in Anwesenheit des Berufungswerbers am 3.7.2002 vorgenommenen öffentlichen, mündlichen Verhandlung, ergeben sich folgende Feststellungen:

Mit dem im Spruch dieses Bescheides näher bezeichneten Straferkenntnis vom 9.5.2001 war über Herrn H F als handelsrechtlicher Geschäftsführer der S-E GmbH. mit dem Sitz in K auf Rechtsgrundlage der §§ 9 und 367 Z 2 GewO 1994 eine Geldstrafe in der Höhe von S 15.000,--, im Uneinbringlichkeitsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 7 Tagen, verhängt worden, da er dafür verantwortlich wäre, dass am Standort K, trotz der gemäß § 9 GewO 1994 bestehenden Verpflichtung zur Bestellung eines gewerberechtlichen Geschäftsführers seit 20.11.1997 bis zumindest 29.08.2000 das bewilligungspflichtige gebundene Elektrotechnikergewerbe ohne die Genehmigung der Bestellung eines gewerberechtlichen Geschäftsführers ausgeübt worden wäre. Gegen dieses Straferkenntnis hat H F fristgerecht das Rechtsmittel der Berufung eingebracht und diese damit begründet, die S-E GmbH. habe seit dem Jahr 1997 keine gewerblichen Tätigkeiten mehr ausgeübt. Dies sei der zuständigen Gewerbebehörde bereits bekannt gegeben worden. Von Seiten der Berufungsbehörde wurde die Gewerbebehörde ersucht, bekannt zu geben, auf Grund welcher Umstände davon ausgegangen wäre, dass die S-E GmbH. auch nach dem 20.11.1997, dem Ausscheiden des bis dahin agierenden gewerberechtlichen Geschäftsführers, das Elektrotechnikergewerbe weiterhin ausgeübt hätte. Von Seiten der Gewerbebehörde wurde daraufhin am 26.11.2001 mitgeteilt, die Tatsache des "Ausübens" des Gewerbes sei aus dem Umstand geschlossen worden, dass das Gewerbe nicht zurückgelegt worden wäre und eine Ruhendmeldung per 1.1.2000 erfolgt sei. Gelöscht worden sei die Gewerbeberechtigung mit 12.1.2001. Von Seiten der Berufungsbehörde wurde sodann die zur Klärung des Sachverhaltes erforderliche, öffentliche, mündliche Berufungsverhandlung mit Ladungsbescheiden vom 7.6.2002 für 3.7.2002 angeordnet und im Beisein des Berufungswerbers durchgeführt, ein Vertreter der belangten Behörde hat an der Berufungsverhandlung nicht teilgenommen.

Der Berufungswerber hat innerhalb der Berufungsverhandlung zunächst sein bisheriges Vorbringen wiederholt, wonach die S-E GmbH. seit 1997 keinerlei gewerbliche Tätigkeiten ausgeübt hätte. Eine sofortige Ruhendmeldung der Gewerbeberechtigung habe er versäumt, in weiterer Folge sei jedoch die Gewerbebrechtigung zurückgelegt worden.

Zum Beweise seines Vorbringens legte er die Bilanzen der S-E GmbH. der Jahre 1997, 1998, 1999 und 2000 vor, aus diesen ergab sich nach Einsichtnahme in der Berufungsverhandlung, dass das genannte Unternehmen keinerlei Erträge mehr aufweist.

Die Berufungsbehörde ist bei ihrer Entscheidung von folgenden Überlegungen ausgegangen:

Gemäß der Bestimmung des § 66 Abs 4 AVG, welche gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden ist, hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht wegen Unzulässigkeit oder Verspätung zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, ihre Anschauung sowohl hinsichtlich des Spruches als auch hinsichtlich der Begründung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern. Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht dem Beschuldigten stets das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat; somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung.

Gemäß § 51e Abs 2 VStG ist, wenn die Berufung nicht zurückzuweisen ist oder nicht bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben oder der Devolutionsantrag zurückzuweisen oder abzuweisen ist, eine öffentliche, mündliche Verhandlung anzuberaumen, zu welcher die Parteien und eventuell Sachverständige und Zeugen zu laden sind. Die Berufungsverhandlung hat am 3. Juli 2002 stattgefunden.

Wenn eine Verhandlung durchgeführt wurde bzw. durchzuführen ist, ist gemäß § 51i VStG bei der Fällung des Erkenntnisses nur auf das Rücksicht zu nehmen, was in dieser Verhandlung vorgekommen ist. Auf Aktenstücke ist nur insoweit Rücksicht zu nehmen, als sie bei der Verhandlung verlesen wurden, es sei denn, der Beschuldigte hätte darauf verzichtet (Grundsatz der Unmittelbarkeit des Verfahrens); weiters ist Zweck dieser öffentlichen, mündlichen Verhandlung als Teil des gemäß § 37 AVG durchzuführenden Ermittlungsverfahrens, den für die Erledigung einer Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt festzustellen und den Parteien Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben (Grundsatz der materiellen Wahrheitsfindung). Gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen. Gemäß § 45 Abs 2 AVG hat die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Weiters sind gemäß § 25 Abs 2 VStG die der Entlastung des Beschuldigten dienlichen Umstände in gleicher Weise zu berücksichtigen wie die belastenden. Der im § 45 Abs 2 AVG genannte Grundsatz der freien Beweiswürdigung ist in Zusammenhalt mit den bereits erwähnten Grundsätzen der Unmittelbarkeit des Verfahrens und der materiellen Wahrheitsforschung zu sehen. Voraussetzung für eine gesetzmäßige Beweiswürdigung ist ein ausreichend durchgeführtes Ermittlungsverfahren, in welchem die Parteien ihre Rechte geltend machen können. Diese Verpflichtung der Verwaltungsstrafbehörde, den Sachverhalt von sich aus festzustellen, begründet als Folgewirkung die Tatsache, dass ein verwaltungsstrafrechtlicher Schuldspruch nur dann erfolgen kann, wenn der in Frage stehende Sachverhalt als absolut sicher festzustellen ist. Voraussetzung dafür wiederum ist eine entsprechende Beweissicherung bzw. die Möglichkeit, eine solche durchzuführen. Gemäß § 9 Abs 1 GewO 1994 können juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechtes sowie eingetragene Erwerbsgesellschaften Gewerbe ausüben, müssen jedoch einen Geschäftsführer oder Pächter bestellt haben. Scheidet der Geschäftsführer oder Pächter aus, darf das Gewerbe gemäß § 9 Abs 2 leg cit bis zur Bestellung eines neuen Geschäftsführers oder Pächters, längstens jedoch während 6 Monaten weiter ausgeübt werden. Gemäß § 367 GewO 1994 in der zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Straferkenntnisses geltenden Fassung begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu S 30.000,-- (? 2.180,--) zu bestrafen ist, wer (Z 2) trotz der gemäß § 9 bestehenden Verpflichtung zur Bestellung eines Geschäftsführers oder Pächters ein bewilligungspflichtiges gebundenes Gewerbe ausübt ohne die Genehmigung der Bestellung eines Geschäftsführers oder der Übertragung der Ausübung dieses Gewerbes an einen Pächter erhalten zu haben. Die rechtliche Beurteilung des vorliegenden Sachverhaltes ergibt auf Grundlage dieser gesetzlichen Bestimmungen, dass 6 Monate nach dem Ausscheiden des seinerzeitigen gewerberechtlichen Geschäftsführers mit 20.5.1997 das bewilligungspflichtige gebundene Elektrotechnikergewerbe durch die S-E GmbH. nicht weiter ausgeübt werden durfte. Da die Voraussetzung des Ausübens jedoch durch die zuständige Gewerbebehörde auf Grund der Nichtzurücklegung der Gewerbeberechtigung geschlossen worden ist, war im Berufungsverfahrens zu klären, ob die S-E GmbH. seit diesem Zeitpunkt das Gewerbe noch ausgeübt hat. Der Berufungswerber hat innerhalb der Berufungsverhandlung in äußerst glaubwürdiger Weise dargelegt, dass 6 Monate nach dem Ausscheiden des ursprünglichen gewerberechtlichen Geschäftsführers durch die S-E GmbH. keinerlei gewerbliche Tätigkeiten mehr ausgeübt worden sind und dies durch Vorlage der Bilanzen der Jahre 1997 bis 2002 nachgewiesen, weshalb festzustellen ist, dass er die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat, sodass im Sinne der angeführten gesetzlichen Bestimmungen spruchgemäß zu entscheiden war.

Schlagworte
Gewerbeausübung Beweiswürdigung Bilanzen
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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