TE Vwgh Erkenntnis 2001/10/16 98/09/0324

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Veröffentlicht am 16.10.2001
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
67 Versorgungsrecht;

Norm

ABGB §1120;
KOVG 1957 §13 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Flendrovsky, über die Beschwerde der B in O, vertreten durch Dr. Martina Schweiger-Apfelthaler, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Graf Starhemberg-Gasse 39/12, gegen den Bescheid der Schiedskommission beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen in Wien vom 1. Oktober 1998, Zl. OB.: 324-241252- 000, betreffend Witwenbeihilfe nach dem Kriegsopferversorgungsgesetz 1957, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 14. Mai 1998 wurde der Beschwerdeführerin auf ihren Antrag gemäß §§ 13, 36 Abs. 2 und 51 Abs. 2 KOVG 1957 eine Witwenbeihilfe gewährt. Unter Bedachtnahme auf § 67 KOVG 1957 wurden die Beträge von monatlich ab dem 1. Oktober 1996 von S 6.753,--, ab 1. November 1997 von S 6.878,-- , ab 1. Dezember 1997 von S 1.253,-- und ab 1. Jänner 1998 von S 1.348,-- festgesetzt. Die Gebührnisse für das Sterbevierteljahr würden gemäß § 48 Abs. 1 KOVG 1957 sowie die geleisteten Vorschüsse gemäß § 89 KOVG 1957 angerechnet.

In der Begründung dieses Bescheides wurde u.A. ausgeführt, dass dem gemäß § 13 KOVG 1957 anrechenbaren monatlichen Einkommen der Beschwerdeführerin aus Land- und Forstwirtschaft (§ 13 Abs. 4 KOVG 1957) ab Oktober 1996 S 1.101,--, ab November 1997 S 976,--, ab Dezember 1997 S 976,-- und ab Jänner 1998 S 989,-- anzurechnen seien. Im Zuge der Verlassenschaftsabhandlung sei bekannt geworden, dass die Beschwerdeführerin ihrer Tochter, G, den Erbanspruch abgekauft habe und darüber hinaus der Tochter das Wohnrecht überlassen habe. Laut Wertermittlungsgutachten des Gerichtssachverständigen, Ing. B, vom 17. Februar 1997 könne aus dem Haus in O, A-Straße 24, ein nachhaltiger Mietertrag von monatlich S 7.500,-- abzüglich 25 % Bewirtschaftungs- und Instandhaltungskosten erzielt werden. Daher werde ab Dezember 1997 nach dem Prinzip der ordentlichen Bewirtschaftung gemäß § 13 KOVG 1957 ein Betrag von S 5.625,-- als monatliches Einkommen angerechnet.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung, in der sie gegen den Bescheid der Behörde erster Instanz einwendete, dass das angerechnete fiktive Einkommen aus Land- und Forstwirtschaft mit S 989,-- monatlich sicherlich zu hoch sei. Ein solches Einkommen würde sich monatlich aus den landwirtschaftlichen Stückländereien allein niemals erzielen lassen. Sie brachte gegen den Bescheid der Behörde erster Instanz weiter vor, dass die Anrechnung eines fiktiven Mieterlöses ab Dezember 1997 nicht hingenommen werden könne. Die Überlassung des Wohnrechtes an ihre Tochter, Frau G, erfolge aus einer dringenden sittlichen Verpflichtung heraus, da andernfalls die Gefahr bestanden hätte, das ihre Tochter ihre Wohnmöglichkeit verliere. Es müsse also hier von einer dringenden sittlichen Verpflichtung der Mutter gegenüber der Tochter gesprochen werden. Weiters werde bezweifelt, dass sich eine Mieteinnahme von S 7.500,-- monatlich für das Objekt in O erzielen lassen würde. Die Beschwerdeführerin beantragte, das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens nochmals genau zu überprüfen und ihrem Vertreter im Berufungsverfahren unbedingt Gelegenheit zur Abgabe einer Stellungnahme gemäß § 45 Abs. 3 AVG zu geben.

In einem an die belangte Behörde gerichteten Schreiben vom 1. September 1998 führte die Beschwerdeführerin weiter aus, dass nach dem Grundsatz der ordentlichen Bewirtschaftung der Rentenbezieher sein ertragbringendes Vermögen nicht in einer ihm vorwerfbaren Weise ungenützt lassen dürfe. Der Maßstab für die Einhaltung dieses Grundsatzes sei nicht nur eine abstrakte Verwertungsmöglichkeit, sondern auch die nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilende Zumutbarkeit im konkreten Fall. In ihrem Fall sei zu berücksichtigen, dass ihre Tochter, die mit ihr im gemeinsamen Hause wohne, ihr diverse Hilfe zukommen lasse und ihr bei allen möglichen Behördengängen hilfreich zur Seite stehe. In derartigen Fällen sei von einer Anrechnung von fiktiven Mieteinnahmen abzusehen.

Mit dem mit der vorliegenden Beschwerde angefochtenen Bescheid der Schiedskommission beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen in Wien (belangte Behörde) vom 1. Oktober 1998 wurde der Berufung der Beschwerdeführerin keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG bestätigt.

Zur Begründung dieser Entscheidung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass sie die Sach- und Rechtslage geprüft und festgestellt habe, dass das gemäß § 13 Abs. 4 KOVG 1957 anrechenbare Einkommen ein gesetzlich pauschaliertes Einkommen darstelle, welches von den tatsächlich erzielten Einkünften nicht beeinflusst werde.

Hinsichtlich der "fiktiven Mieteinnahmen" sei dem Notariatsakt vom 7. August 1997 zu entnehmen, dass die Beschwerdeführerin den gesetzlichen Erbanteil ihrer Tochter G um S 820.000,-- erworben habe; das sei der Anteil am Haus in der Augartengasse. Im Erbteilungsübereinkommen werde der Beschwerdeführerin ein lebenslängliches Wohnungsrecht als Dienstbarkeit in einem anderen Haus gesichert. Die angerechneten fiktiven Mieteinkünfte basierten auf einem Wertermittlungsgutachten vom 17. Februar 1997, worin ein Rohmietertrag von S 67.500,-- im Jahr festgestellt worden sei. Ein Zwölftel hievon bilde das fiktive Mieteinkommen. Der Grundsatz der ordentlichen Bewirtschaftung besage im Wesentlichen, dass der Rentenbezieher oder Versorgungswerber nicht in vorwerfbarer Weise sein ertragbringendes Vermögen ungenützt lassen dürfe. Der Maßstab für die Einhaltung dieses Grundsatzes sei nicht nur eine abstrakte Verwertungsmöglichkeit, sondern auch die nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilende Zumutbarkeit im konkreten Fall. In Anbetracht der Tatsache, dass die Beschwerdeführerin zunächst den Erbteil ihrer Tochter gekauft habe, um ihr das Wohnhaus danach unentgeltlich zu überlassen, könne die Schiedskommission keinen Grund erblicken, von der Anrechnung fiktiver Erträgnisse aus diesem Wohnhaus abzusehen, zumal die Beschwerdeführerin weder in diesem Haus wohne noch sich sonst irgendeine Gegenleistung vertraglich gesichert habe. Darin erblicke die belangte Behörde eine Verletzung der Verpflichtung der Beschwerdeführerin, ihr Vermögen ertragbringend zu verwerten. Da die belangte Behörde keine Beweisaufnahme durchgeführt habe, bestehe keine Verpflichtung gemäß § 45 Abs. 3 AVG zur Einräumung von Parteiengehör, zumal alle entscheidungsrelevanten Fakten der Beschwerdeführerin bekannt seien.

Die Beschwerdeführerin hält den angefochtenen Bescheid deswegen für rechtswidrig, weil die belangte Behörde verkannt habe, dass die Überlassung des unentgeltlichen Wohnrechtes durch die Beschwerdeführerin an ihre Tochter aus einer sittlichen Verpflichtung heraus erfolgt sei und die Vermietung des Hauses der Beschwerdeführerin aus ethischen Gründen nicht zumutbar sei. Ihre Tochter sei in erhebliche wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten und die Beschwerdeführerin habe ihr geholfen, wenigstens ein Dach über den Kopf zu behalten. Sie sei derzeit nicht in der Lage, für eine adäquate Wohnmöglichkeit aufzukommen. Es könne der Beschwerdeführerin als Mutter nicht vorgeworfen werden, aus dem Haus nicht die bestmögliche Mieteinnahme zu erzielen, wenn in diesem Fall ihre Tochter möglicherweise auf der Straße stünde. Solange ihre Tochter nicht in der Lage sei, selbst für ihre Grundbedürfnisse aufzukommen, hätte von der Anrechnung eines fiktiven Einkommens aus Vermietung abgesehen werden müssen. Auch sei nur schwer beurteilbar, ob es der Beschwerdeführerin überhaupt gelungen wäre, das Haus zu vermieten bzw. einen derartigen Vermietungsertrag zu erzielen, wie er in dem angefochtenen Bescheid zu Grunde gelegt worden sei. Ihre Tochter erbringe sehr wohl eine Gegenleistung durch Hilfestellung im weitesten Sinn, auch bei allen Behördengängen stehe sie der Beschwerdeführerin hilfreich zur Seite. Mit diesen Umständen habe sich die belangte Behörde nicht auseinander gesetzt.

Die Beschwerdeführerin hält den angefochtenen Bescheid auch deswegen für rechtswidrig, weil die belangte Behörde das zugrundegelegte pauschalierte Einkommen aus Land- und Forstwirtschaft als zu hoch eingeschätzt habe. Die belangte Behörde hätte insofern eine neuerliche Prüfung dieses festgestellten Einkommens daraufhin durchführen müssen, ob dieses hinsichtlich seiner Höhe den gesetzlichen Bestimmungen entspreche. Durch die Anrechnung eines niemals erzielbaren Einkommens aus Land- und Forstwirtschaft müsse unbedingt ein Berechnungsfehler vorliegen.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen der §§ 13 Abs. 1 bis 6, 35 und 36 KOVG 1957 lauten:

"§ 13. (1) Unter Einkommen im Sinne des § 12 Abs. 2 ist - abgesehen von den Sonderbestimmungen der Abs. 4 bis 8 - die Wertsumme zu verstehen, die einer Person aus dauernden Ertragsquellen in Geld- oder Güterform zufließt und die sie verbrauchen kann, ohne dass ihr Vermögen geschmälert wird. Zum Einkommen zählen jedoch nicht Familienbeihilfen, Erziehungsbeiträge sowie die für Kinder gewährten Familienzulagen, Familienzuschläge, Steigerungsbeträge und sonstigen gleichartigen Leistungen. Wenn das Einkommen aus einer Pension, einer Rente, einem Gehalt oder einem sonstigen gleichartigen Bezug besteht, gelten auch die zu diesen Bezügen geleisteten Sonderzahlungen nicht als Einkommen.

(2) Zum Einkommen im Sinne der Abs. 1 und 4 bis 9 zählen bei Verheirateten 30 v. H. des Einkommens des im gemeinsamen Haushalt lebenden Ehegatten. Bei der Berechnung des Einkommens haben jedoch eine von dem im gemeinsamen Haushalt lebenden Ehegatten nach diesem Bundesgesetz bezogene Grundrente und Schwerstbeschädigtenzulage außer Betracht zu bleiben.

(3) Bei schwankendem Einkommen gilt ein Zwölftel des innerhalb eines Kalenderjahres erzielten Einkommens (Abs. 1) als monatliches Einkommen. Über den Anspruch auf Gewährung einer vom Einkommen abhängigen Versorgungsleistung ist jeweils für ein Kalenderjahr im Nachhinein zu entscheiden.

     (4) Der Ermittlung des Einkommens aus Land- und

Forstwirtschaft sind 20 v. H. des letztmalig vor dem 1. Juli 1967

festgestellten Einheitswertes des land- und forstwirtschaftlichen

Betriebes zuzüglich 20 v. H. der Einheitswertanteile der

Zupachtungen und abzüglich 20 v. H. der Einheitswertanteile der

Verpachtungen zu Grunde zu legen. Der so ermittelte Wert ist bei

gepachteten und verpachteten Grundstücken um den Betrag zu mindern

beziehungsweise zu erhöhen, der dem unter Zugrundelegung der auf

die gepachteten beziehungsweise verpachteten Grundstücke

entfallenden Einheitswertanteile gemäß Abs. 5 ermittelten

Einkommen entspricht. Für Fruchtnießungen gilt die gleiche

Regelung wie für Zupachtungen und Verpachtungen. Übersteigt der

Einheitswert des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes unter

entsprechender Berücksichtigung der Einheitswertanteile der

Verpachtungen, Zupachtungen und Fruchtnießungen den Betrag von

10.000 S, ist der nach den vorstehenden Bestimmungen ermittelte

Betrag für je weitere 1000 S des Einheitswertes um 84 S, bei

Verheirateten um 109 S 20 g, zu erhöhen. Ein Zwölftel des auf

diese Weise errechneten Betrages gilt als monatliches Einkommen

aus Land- und Forstwirtschaft. Bei Empfängern einer

Beschädigtenrente entsprechend einer Minderung der Erwerbsfähigkeit

     von 50 v. H. ist ein Betrag im

Ausmaß von ............................. 10 v. H.

     von 60 v. H. ist ein Betrag im

Ausmaß von ............................. 15 v. H.

     von 70 v. H. ist ein Betrag im

Ausmaß von ............................. 20 v. H.

     von 80 v. H. ist ein Betrag im

Ausmaß von ............................. 25 v. H.

     von 90 v. H. ist ein Betrag im

Ausmaß von ............................. 30 v. H.

bei Empfängern einer Hinterbliebenenrente ein Betrag im Ausmaß von 25 v. H. von dem auf Grund des Einheitswertes ermittelten Einkommen abzusetzen. Weitere Absetzungen von diesem Einkommen sind nicht zulässig. Wurde ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb zur Gänze gepachtet, findet die Bestimmung sinngemäß Anwendung.

(5) Wurde ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb unentgeltlich übertragen, Übergeben, verpachtet oder auf andere Weise jemandem zur Bewirtschaftung überlassen, sind der Ermittlung des Einkommens ohne Rücksicht auf Art und Ausmaß der hiefür ausbedungenen Leistungen 10 v. H. - bei Verheirateten 5 v. H. - des letztmalig vor dem 1. Juli 1967 festgestellten Einheitswertes dieses land- und forstwirtschaftlichen Betriebes zu Grunde zu legen. Übersteigt der Einheitswert des Betriebes den Betrag von 10.000 S, ist der nach den vorstehenden Bestimmungen ermittelte Betrag für je weitere 1000 S des Einheitswertes um 84 S, bei Verheirateten um 109 S 20 g, zu erhöhen. Ein Zwölftel des auf diese Weise errechneten Betrages gilt als monatliches Einkommen. Absetzungen von diesem Einkommen sind nicht zulässig.

(6) Steht der land- und forstwirtschaftliche Betrieb nicht im Alleineigentum des Versorgungsberechtigten (Versorgungswerbers), ist - unbeschadet der Bestimmung des Abs. 2 - das gemäß Abs. 4 oder 5 ermittelte Einkommen nur in dem Verhältnis anzurechnen, das dem Eigentumsanteil des Versorgungsberechtigten (Versorgungswerbers) an dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb entspricht.

...

§ 35. (1) Die Witwen(Witwer)rente wird als Grundrente und als Zusatzrente geleistet.

(2) Die Grundrente beträgt monatlich 40 vH des jeweiligen Betrages der Grundrente für erwerbsunfähige Schwerbeschädigte (§ 11 Abs. 1).

(3) Die Zusatzrente ist - abgesehen von der im Abs. 4 enthaltenen Regelung - auf Antrag und in dem Ausmaß zu zahlen, als das monatliche Einkommen (§ 13) der Witwe (des Witwers) ohne Berücksichtigung der Grundrente den jeweiligen Betrag des Richtsatzes für Pensionsberechtigte auf Witwen(Witwer)pension gemäß § 293 Abs. 1 erster Satz lit. b des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes nicht erreicht; diese Grenze erhöht sich für jedes waisenrentenberechtigte Kind, für das die Witwe (der Witwer) zu sorgen hat, um den jeweiligen im § 293 Abs. 1 zweiter Satz des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes vorgesehenen Betrag.

(4) Bei Zuerkennung einer Grundrente nach Abs. 2 ist von Amts wegen auch darüber zu entscheiden, ob und in welcher Höhe der Witwe (dem Witwer) eine Zusatzrente zuzuerkennen ist.

§ 36. (1) Witwen (Witwern) nach Schwerbeschädigten, die bis zum Tod Anspruch auf eine Beschädigtenrente entsprechend einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 60 v. H. oder auf eine Pflegezulage hatten, ist der Anspruch auf Witwen(Witwer)rente auch dann gewahrt, wenn der Tod nicht die Folge einer Dienstbeschädigung war.

(2) Witwen (Witwern) nach Schwerbeschädigten, die im Zeitpunkt des Todes keinen Anspruch auf eine Beschädigtenrente entsprechend einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 60 vH oder auf eine Pflegezulage hatten, ist, wenn der Tod nicht die Folge einer Dienstbeschädigung war, eine Witwen(Witwer)beihilfe zu bewilligen. Die Witwen(Witwer)beihilfe ist in dem Ausmaß zu zahlen, als das monatliche Einkommen (§ 13) der Witwe (des Witwers) die im § 35 Abs. 3 aufgestellte Einkommensgrenze zuzüglich eines Betrages der Grundrente nach § 35 Abs. 2 nicht erreicht.

(3) Die nach Abs. 2 bemessene Witwen(Witwer)beihilfe gebührt mindestens im Betrag von 70 S monatlich."

Nach §§ 58 Abs. 2 und 60 in Verbindung mit § 67 AVG haben Berufungsbescheide eine Begründung zu enthalten, in der die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen sind. In der Bescheidbegründung ist in einer eindeutigen, die Rechtsverfolgung durch die Partei ermöglichenden und einer nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts zugänglichen Weise darzutun, welcher Sachverhalt der Entscheidung zu Grunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen die Behörde zur Ansicht gelangte, dass gerade dieser Sachverhalt vorliege und aus welchen Gründen sie die Subsumtion dieses Sachverhalts unter einen bestimmten Tatbestand als zutreffend erachtete (vgl. dazu die bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage 1996, Entscheidung 8 zu § 67 AVG und Entscheidung 1 bis 9 zu § 60 AVG nachgewiesene Rechtsprechung). Sind die einen tragenden Teil der Begründung darstellenden Ausführungen für den Verwaltungsgerichtshof nicht nachvollziehbar und somit nicht überprüfbar, so liegt ein wesentlicher Verfahrensfehler vor, der zur Aufhebung des Bescheides führt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 28. Juli 2000, Zl. 99/09/0032, m.w.N.).

Diesen Erfordernissen wird die Begründung des angefochtenen Bescheides hinsichtlich der Zugrundelegung eines Einkommens aus Land- und Forstwirtschaft gemäß § 13 Abs. 4 KOVG 1957 nicht gerecht. Zwar trifft die Aussage der belangten Behörde zu, dass es sich bei dem Einkommen gemäß § 13 Abs. 4 KOVG 1957 um ein gesetzlich pauschaliertes Einkommen handelt. Die Höhe dieses Einkommens indes - und die Überprüfung der Richtigkeit der Einschätzung dieser Höhe - kann erst auf der Basis von Feststellungen bezüglich der in der angeführten Gesetzesstelle enthaltenen Variablen, insbesondere der Höhe des Einheitswertes des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes, der Zupachtungen, der Verpachtungen etc. erfolgen. Insofern sind aus dem Akt der Behörde erster Instanz zwar maschinschriftliche und handschriftliche Aufzeichnungen ersichtlich. Diese haben jedoch keinerlei Entsprechung in der Begründung des angefochtenen Bescheides gefunden, sodass die Höhe der von der belangten Behörde mit dem angefochtenen Bescheid festgesetzten Witwenbeihilfe nicht überprüft werden kann, wodurch die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit einem Verfahrensmangel behaftet hat.

Hinsichtlich der von der belangten Behörde getroffenen Annahme eines fiktiven Einkommens aus Vermietung des der Beschwerdeführerin gehörenden Wohnhauses, das sie unbestritten selbst nicht bewohnt, ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, dass der Versorgungsberechtigte, der sich ohne zureichenden Grund der Möglichkeit begibt, aus seinem Besitz ein ausreichendes Einkommen zu erzielen, keinen bzw. keinen vollen Anspruch auf Zusatzrente hat. Bei der Beurteilung, welche Erträgnisse bei einer ordentlichen Bewirtschaftung aus einem Besitz zu erzielen sind, ist grundsätzlich vom freien Gestaltungsrecht des Rentenbeziehers auszugehen. Der Grundsatz der ordentlichen Bewirtschaftung besagt im Wesentlichen, dass der Rentenbezieher nicht in einer ihm vorwerfbaren Weise sein ertragbringendes Vermögen ungenützt lassen darf. Hiebei sind die ortsüblichen Verhältnisse sowie die persönlichen Umstände des Rentenbeziehers zu berücksichtigen. Der Maßstab für die Einhaltung des Grundsatzes der ordentlichen Bewirtschaftung ist hiebei nicht nur eine abstrakte Verwertungsmöglichkeit, sondern auch die - nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilende - Zumutbarkeit im konkreten Fall (vgl. dazu beispielsweise die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Jänner 1984, Zl. 82/09/0066, und vom 30. Oktober 1985, Zl. 85/09/0060).

Aus dieser Betrachtung ergibt sich, dass beispielsweise nicht bereits jede Übergabe bzw. Veräußerung der Sache (vgl. § 1120 ABGB) die Anrechnung der dadurch entfallenen Mieteinnahmen bei der Berechnung einer Zusatzrente nach dem KOVG rechtfertigt. Die Begebung der Einkunftsquelle müsste vielmehr in einer dem Rentenberechtigten vorwerfbaren Weise erfolgt sein. Erfolgt beispielsweise die Übergabe in erwarteter Abgeltung der Arbeitsleistung naher Angehöriger oder auch tatsächlich in Erfüllung von Rechtspflichten (so etwa einer Heiratsguthingabe) könnte dem Versorgungsberechtigten daraus nicht der Vorwurf gemacht werden, sich ohne zureichenden Grund der Möglichkeit begeben zu haben, aus seinem Vermögen ein ausreichendes Einkommen zu erzielen (vgl. zum Ganzen die hg. Erkenntnisse vom 1. Oktober 1997, Zl. 94/09/0364, und vom 4. April 2001, Zl. 98/09/0143, m.w.N.).

Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde das Vorbringen der Beschwerdeführerin in ihrer Berufung, ihre Tochter sei der Gefahr der Obdachlosigkeit preisgegeben, würde sie dieser ihr Haus nicht kostenlos für Wohnzwecke überlassen, und aus diesem Grunde sei die Vermietung des Hauses gegen Entgelt aus sittlich-ethischen Gründen unzumutbar, unbeachtet gelassen und bloß ausgeführt, sie vermöge "keinen Grund (zu) erblicken", von der Anrechnung fiktiver Erträgnisse abzusehen. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren war noch ausreichend substanziiert, um eine diesbezügliche Ermittlungspflicht der belangten Behörde auszulösen, weshalb die belangte Behörde Verfahrensvorschriften verletzt hat, indem sie insofern nähere Feststellungen unterließ.

Nach dem Gesagten war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, wobei auf die Gebührenfreiheit gemäß § 64 Abs. 2 KOVG 1957 hinzuweisen ist.

Wien, am 16. Oktober 2001

Schlagworte

Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7 Ordentliche Bewirtschaftung Erzielung eines ausreichenden Einkommens

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:1998090324.X00

Im RIS seit

14.01.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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