TE Vwgh Erkenntnis 2001/10/17 2001/13/0104

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Veröffentlicht am 17.10.2001
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;
61/01 Familienlastenausgleich;

Norm

BAO §288 Abs1 litc;
BAO §288 Abs1 litd;
BAO §93 Abs2;
BAO §93 Abs3 lita;
EStG 1988 §22 Z2;
FamLAG 1967 §41 Abs2;
FamLAG 1967 §41 Abs3;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde der O Gesellschaft mbH in Wien, vertreten durch Dr. Wolfgang Schimek, Rechtsanwalt in Amstetten, Graben 42, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 23. November 2000, GZ. RV/451-06/05/99, betreffend Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für das Jahr 1994 sowie Säumniszuschlag, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführerin wurde mit Bescheid des Finanzamtes vom 5. Juni 1996 Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen nach § 41 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) und der Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag nach § 57 Abs. 4 und 5 Handelskammergesetz aus den ihrem wesentlich beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführer für das Jahr 1994 gewährten Vergütungen samt den hiermit verbundenen Säumniszuschlägen vorgeschrieben. Der Bescheid enthält lediglich die Begründung, dass der zu 60 % beteiligte Geschäftsführer im Streitzeitraum Vergütungen in Höhe von S 840.000,-- erhalten habe.

In der dagegen erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, dass ihr Gesellschafter-Geschäftsführer einen Großteil seiner Betriebs- und Arbeitsmittel selbst beisteuere und auch einen Teil seiner Tätigkeit nicht in der Betriebsstätte des Unternehmens, sondern in seiner Privatwohnung ausübe, für Arbeitszeiten keine Vereinbarungen vorhanden seien und daher von einer organisatorischen Eingliederung nicht gesprochen werden könne. Ein Unternehmerrisiko des Gesellschafter-Geschäftsführers liege vor, weil der Gesellschafter-Geschäftsführer über keinen Urlaubs- oder Entgeltsanspruch im Krankheitsfall verfüge. Im Berufungsverfahren brachte die Beschwerdeführerin in Beantwortung eines Vorhaltes des Finanzamtes u. a. vor, dass der Geschäftsführerbezug erfolgsabhängig sei. Der Geschäftsführer werde jährlich durch neu zu begründende mündliche Jahresverträge bestellt und trage betreffend Urlaubs-, Krankheits- und Vertretungsregelung ein Unternehmerwagnis.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die Berufung abgewiesen. In der Begründung wurde die Feststellung des Finanzamtes übernommen, wonach die von der Beschwerdeführerin an den Geschäftsführer ausbezahlten Bezüge im Jahr 1994 S 840.000,-- betragen hätten, von denen weder Dienstgeberbeitrag noch Zuschlag dazu einbehalten und an das Finanzamt abgeführt worden sei. Nach der Schilderung des Berufungsinhaltes führt die belangte Behörde im Erwägungsteil aus, dass strittig sei, ob auf Grund des gegebenen Sachverhaltes und trotz seines Gesellschaftsanteiles von 60 % sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses für den Geschäftsführer vorlägen. Nach rechtlichen Ausführungen zu § 41 FLAG und § 22 EStG 1988 findet sich im angefochtenen Bescheid die Aussage, dass sich die Eingliederung des Gesellschafter-Geschäftsführers in den geschäftlichen Organismus der Beschwerdeführerin schon dadurch ergebe, dass eine juristische Person, wie auch im gegenständlichen Fall, nur durch das Tätigwerden des Geschäftsführers selbst handlungsfähig werde. Der Geschäftsführer bleibe das notwendige Organ der Beschwerdeführerin. Wie die Beschwerdeführerin ihre volle Handlungsfähigkeit ohne praktische Eingliederung des Geschäftsführers in den betrieblichen Organismus aufrecht erhalten wolle, sei der Berufung nicht zu entnehmen.

Des Weiteren führt die belangte Behörde aus, dass das Anstellungsverhältnis eines Geschäftsführers ein Dienstvertrag, ein sog. freier Dienstvertrag, ein Werkvertrag oder ein Auftrag sein könne. Die Beschwerdeführerin bringe aber nicht vor, worin im konkreten Fall das einzelne Werk (im Sinne eines geschuldeten Erfolges) bestehen sollte, welches eine Entlohnung des Geschäftsführers (mit einem Honorar von S 840.000,-- pro Kalenderjahr) rechtfertige. Die im Berufungsfall fehlende Vereinbarung über die Vertragsdauer sowie die "operative Mitarbeit bei Ausarbeitung einzelner Projekte und die Überwachung der gesamten Administration" als "eigentliche Geschäftsführertätigkeit" sprächen für ein Dauerschuldverhältnis, nicht aber für einen Werkvertrag als Zielschuldverhältnis. Nach einer Reihe allgemeiner Aussagen über die Weisungsfreiheit, das "Unternehmerwagnis" auf Grund der Beteiligung und den daraus resultierenden Einkünften aus Kapitalvermögen und zu Urlaub, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und Abfertigung sowie zu Sozialversicherungsbeiträgen führt der angefochtene Bescheid schließlich an, dass "die in der Berufungsschrift ausgesprochene Abhängigkeit der Gehaltsauszahlung vom Erfolg der Beschwerdeführerin nicht gegen das Vorhandensein eines Dienstverhältnisses spreche, da auch die wirtschaftliche Situation der Beschwerdeführerin nicht außer Acht gelassen werden dürfe".

Die belangte Behörde fasst sodann zusammen:

"Da die Bw der Abgabenbehörde nicht konkret erläutern konnte, wieso gerade im gegenständlichen Fall von einem Überwiegen des Unternehmerrisikos beim Geschäftsführer gesprochen werden müsse, konnte die Abgabenbehörde unter Ausblendung jenes 'Unternehmerwagnisses', das der Geschäftsführer auf Grund seiner Beteiligung trägt, nicht erkennen, warum im gegenständlichen Fall der Geschäftsführer der DB- und DZ-Pflicht aus den o.a. Gründen (d.h. dass im gegenständlichen Fall auf Grund des von der Bw bekannt gegebenen Tätigkeitsbereichs des Geschäftsführers von einem Überwiegen der Eingliederung des Geschäftsführers in den geschäftlichen Organismus der Bw ausgegangen werden musste) nicht unterliegen sollte, weshalb gemäß der o.a. ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein DB und DZ zu Recht vorzuschreiben war."

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wird geltend gemacht, dass weder ein Dienstnehmerverhältnis des Geschäftsführers vorliege noch "sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses" im Sinne des § 22 Abs. 2 Z. 2 EStG 1988 gegeben seien.

Den am 31. Jänner 2001 vom Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG gestellten Antrag auf Aufhebung bestimmter im gegenständlichen Fall zur Anwendung kommender gesetzlicher Bestimmungen hat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 14. März 2001, G 148/00 u.a., als unzulässig zurückgewiesen, weil er über die vorgetragenen Bedenken bereits in einem anderen Verfahren mit dem Erkenntnis vom 7. März 2001, G 110/00, unter Verweis auf sein Erkenntnis vom 1. März 2001, G 109/00, entschieden hatte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin bezeichnet sich in der vorliegenden Beschwerde mit der Firma, die aus dem in den Verwaltungsakten enthaltenen Auszug aus dem Firmenbuch ersichtlich ist. Ungeachtet der geringfügig abweichenden Bezeichnung des Normadressaten im angefochtenen Bescheid bestehen für den Verwaltungsgerichtshof keine Anhaltspunkte dafür, dass der angefochtene Bescheid an einen anderen Rechtsträger als die Beschwerdeführerin gerichtet worden wäre. Unter dem Blickwinkel der Parteienbezeichnung bestehen gegen die Zulässigkeit der Beschwerde somit keine Bedenken.

Zur Auslegung der in der Vorschrift des § 41 Abs. 2 und 3 FLAG angeführten Bestimmungen des § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 nach der Abweisung der vom Verwaltungsgerichtshof gestellten Anfechtungsanträge durch den Verfassungsgerichtshof sei zur Vermeidung von Wiederholungen auf die hg. Erkenntnisse vom 23. April 2001, Zl. 2001/14/0054, und 2001/14/0052, vom 10. Mai 2001, Zl. 2001/15/0061, und vom 18. Juli 2001, Zl. 2001/13/0063, verwiesen. Wie den Gründen der genannten Erkenntnisse entnommen werden kann (§ 43 Abs. 2 Satz 2 VwGG), werden Einkünfte nach § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 vom wesentlich beteiligten Geschäftsführer einer GesmbH dann erzielt, wenn - bezogen auf die tatsächlich vorzufindenden Verhältnisse - feststeht,

-

dass der Gesellschafter-Geschäftsführer zufolge kontinuierlicher und über einen längeren Zeitraum andauernder Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung in den Organismus des Betriebes seiner Gesellschaft eingegliedert ist,

-

dass ihn weder das Wagnis ins Gewicht fallender Einnahmenschwankungen noch jenes der Schwankungen ins Gewicht fallender nicht überwälzbarer Ausgaben trifft und

-

dass er eine laufende, wenn auch nicht notwendig monatliche Entlohnung erhält.

Der Beurteilung der belangten Behörde, der Gesellschafter-Geschäftsführer sei in den Organismus des Betriebes der Gesellschaft eingegliedert, einem auf die Geschäftsführungstätigkeit bezogenen Unternehmerwagnis nicht ausgesetzt und werde laufend entlohnt, haftet auf dem Boden der von der oben zitierten Rechtsprechung entwickelten Grundsätze im Ergebnis keine Rechtswidrigkeit an.

Soweit die Beschwerdeführerin der Sache nach Begründungsmängel des angefochtenen Bescheides geltend macht, sei ihr eingeräumt, dass die Begründung des angefochtenen Bescheides den vom Verwaltungsgerichtshof gestellten Anforderungen an eine Bescheidbegründung (vgl. für viele jüngst das hg. Erkenntnis vom 12. September 2001, Zl. 2001/13/0055) weitgehend nicht gerecht wird.

Zur Aufhebung eines angefochtenen Bescheides führt eine Unzulänglichkeit seiner Begründung aber nur dann, wenn diese Unzulänglichkeit zur Folge hat, dass einem Beschwerdeführer damit die Verfolgung seiner Rechte vor dem Verwaltungsgerichtshof oder diesem die inhaltliche Prüfung einer durch den Spruch des angefochtenen Bescheides bewirkten Verletzung der verfolgten Rechte des Beschwerdeführers verwehrt bleibt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 12. September 2001, Zl. 2001/13/0111). Eine solche Relevanz des gerügten Begründungsmangels des angefochtenen Bescheides wird von der Beschwerdeführerin indes nicht aufgezeigt.

Die Beschwerdeführerin hat im Berufungsverfahren vor der belangten Behörde behauptet, der Geschäftsführerbezug hänge vom Erfolg der Beschwerdeführerin ab, der Geschäftsführer werde jährlich durch neu zu begründende mündliche Jahresverträge bestellt. Worin die Erfolgsabhängigkeit gelegen oder woraus sie ersichtlich sei, wurde nicht erläutert. Die Beschwerde erschöpft sich im Vorwurf, dass die belangte Behörde völlig unberücksichtigt gelassen habe, dass sich die Bezüge des Geschäftsführers an der Gewinn- und Verlustrechnung des Unternehmens der Beschwerdeführerin orientieren. Eine nähere Darlegung oder auch nur ein Hinweis, an Hand welcher Tatsachen sich diese allgemeine Behauptung ableiten ließe, unterblieb im Berufungsverfahren und in der Beschwerde.

Soweit die Beschwerdeführerin hervorhebt, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer an keine feste Arbeitszeit gebunden sei und frei entscheide, wann seine Anwesenheit notwendig und zweckmäßig ist, dass er keinen Urlaubsanspruch habe und die Beiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung selbst leiste, genügt es, auf die eingangs zitierte Rechtsprechung und auf das hg. Erkenntnis vom 12. September 2001, Zl. 2001/13/0180, zu verweisen, wonach diese Merkmale zu jenen zu zählen sind, die für die Beurteilung des Vorliegens von Einkünften nach § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 nichts beitragen.

Das Beschwerdevorbringen, dem Gesellschafter-Geschäftsführer werde kein Ersatz der mit seiner Tätigkeit verbundenen Auslagen geleistet, unterliegt dem vor dem Verwaltungsgerichtshof bestehenden Neuerungsverbot (§ 41 Abs. 1 VwGG), weshalb darauf nicht näher eingegangen zu werden braucht.

Dem Beschwerdevorwurf, die belangte Behörde hätte unberücksichtigt gelassen, dass zwischen dem Mehrheitsgesellschafter und dem Geschäftsführer Personenidentität bestehe, ist entgegenzuhalten, dass die steuerliche Betrachtung die Trennung der Gesellschafts- und der Geschäftsführersphäre erfordert (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 2001, Zl. 2001/15/0057).

Die Beschwerde erweist sich damit als unbegründet und war deshalb gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte aus den Gründen des § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 17. Oktober 2001

Schlagworte

Begründung Begründungsmangel

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:2001130104.X00

Im RIS seit

03.04.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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