TE Vwgh Erkenntnis 2001/9/12 2001/13/0055

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Veröffentlicht am 12.09.2001
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;
61/01 Familienlastenausgleich;

Norm

BAO §115 Abs1;
BAO §119;
BAO §288 Abs1 litd;
BAO §93 Abs3 lita;
EStG 1988 §22 Z2;
EStG 1988 §47 Abs2;
FamLAG 1967 §41 Abs2;
FamLAG 1967 §41 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde der K Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dkfm. Mag. Wolf Dieter Resatz, Wirtschaftsprüfer in Wien I., Krugerstraße 6, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 26. Jänner 2001, Zl. RV/21-06/2001, betreffend Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen samt Zuschlag für den Zeitaum der Jahre 1995 bis 1999, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Im Ergebnis einer im Unternehmen der beschwerdeführenden Gesellschaft durchgeführten Lohnsteuerprüfung wurde der Beschwerdeführerin mit Bescheid des Finanzamtes vom 19. September 2000 für die ihrem zu 95 % an ihr beteiligten Geschäftsführer geleisteten Vergütungen Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen samt Zuschlag für den Zeitaum der Jahre 1995 bis 1999 vorgeschrieben.

In einer am 6. Oktober 2000 eingelangten Berufung bekämpfte die Beschwerdeführerin diesen Bescheid nur im Umfang der Vorschreibungen für den Zeitraum ab Mai 1997 mit dem Vorbringen, der betroffene Geschäftsführer habe mit der beschwerdeführenden Gesellschaft am 22. April 1997 einen mit 30. April 1998 befristeten Werkvertrag vor allem deshalb abgeschlossen, weil er im Alter von weit über 70 Jahren das Recht für sich in Anspruch genommen habe, nicht mehr laufend in den betrieblichen Organismus des Unternehmens eingegliedert sein zu müssen. Mit diesem Zeitpunkt seien für den Mehrheitsgesellschafter-Geschäftsführer keinerlei Merkmale eines Dienstverhältnisses mehr gegeben gewesen, weil u.a. die Honorierung seiner Tätigkeit ausschließlich erfolgsabhängig gestaltet worden sei, sodass der Gesellschafter-Geschäftsführer im Falle eines Bilanzverlustes keine Vergütungen mehr erhalten hätte, und weil er sämtliche Aufwendungen persönlich zu tragen gehabt habe. Einziger Grund für die weitere Geschäftsführerstellung sei gewesen, dass zwei der Söhne des Gesellschafter-Geschäftsführers in der beschwerdeführenden Gesellschaft beschäftigt seien und der Gesellschafter-Geschäftsführer noch eine Zeit der Beobachtung benötigt habe, welcher seiner Söhne sich für die Nachfolge in der Geschäftsführerposition besser eigne. Ab dem mit dem 1. Mai 1997 beginnenden Wirtschaftsjahr habe der Gesellschafter-Geschäftsführer seine Tätigkeit wie ein Konsulent und nicht wie ein Angestellter ausgeübt.

In einer am 24. November 2000 beim Finanzamt eingelangten "Ergänzung der Berufung" wurde die Bekämpfung des erstinstanzlichen Bescheides auch auf die Vorschreibungen für den Zeitraum von Jänner 1995 bis April 1997 mit dem Vorbringen ausgedehnt, wenn auch die Geschäftsführerbezüge in diesem Zeitraum an den Gesellschafter-Geschäftsführer mit einiger Regelmäßigkeit ausbezahlt worden seien, habe mittlerweile der Verwaltungsgerichtshof doch erkannt, dass dies allein nicht wesentliches Merkmal einer Dienstnehmereigenschaft sein könne, in welchem Zusammenhang die Beschwerdeführerin auf den hg. Anfechtungsbeschluss vom 26. September 2000, A 15/2000, verwies.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab. In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird die im Ergebnis der Lohnsteuerprüfung hervorgekommene Bemessungsgrundlage der Vorschreibungen unter Hinweis auf den mit S 84.000,-- jährlich anzusetzenden Sachbezugswert eines von der Beschwerdeführerin zur Verfügung gestellten Kraftfahrzeuges sowie mit der Anführung folgender Bezüge wiedergegeben:

1995:

1,500.000,--

(12 mal 125.000,--)

1996:

1,560.000,--

(12 mal 130.000,-- )

1997:

1,080.000,--

(8 mal 135.000,--)

1998:

1,450.000,--

(Zufluss am 7. Juli 1998)

1999:

1,500.000,--

(Zufluss am 20. Jänner 1999 in Höhe

 

von 500.000,-- und am 27. April eine Million)

Sodann wird ausgeführt, die Berufung sei mit einem am 22. April 1997 abgeschlossenen Werkvertrag folgenden Inhaltes begründet worden:

"1. Es wird festgestellt, dass der GF zur Zeit des Vertragsabschlusses mit 95% an der (Beschwerdeführerin) beteiligt ist und bezüglich der zu ergreifenden geschäftsführenden Maßnahmen keinen Weisungen unterliegt.

2. Der GF ist an keine fixe Arbeitszeit gebunden und ist auch in seiner Urlaubseinteilung völlig frei.

3. Dem GF steht es frei, sich bei der Geschäftsführung auf seine Kosten eines Vertreters zu bedienen, wobei schon an dieser Stelle festgehalten wird, dass dem Sohn des GF das volle Vertretungsrecht für seinen Vater zusteht und er dieses auch in Abstimmung mit seinem Vater laufend auszuüben berechtigt ist.

4. Dieser Werkvertrag ist vorerst bis 30. April 1998 befristet und es steht dem GF frei, jeweils 3 Monate vor Ablauf dieses Werkvertrages zu erklären, ob er für das folgende Wirtschaftsjahr für eine Vertragsverlängerung zur Verfügung steht. Erklärt der GF seine Bereitschaft, diesen Vertrag zu verlängern, haben die Gesellschafter der (Beschwerdeführerin) bis ein Monat vor Ablauf des Geschäftsjahres zu entscheiden, ob dieser Vertrag um ein weiteres Jahr verlängert wird.

5. Alle Aufwendungen im Zusammenhang mit diesem Werkvertrag über die Geschäftsführung hat der GF persönlich zu tragen.

6. Die Honorierung dieses Werkvertrages ist ausschließlich an den Bilanzgewinn der (Beschwerdeführerin) gebunden, wobei dem GF für das laufende Geschäftsjahr maximal eine Vergütung in Höhe von 50 % des zu Beginn des Geschäftsjahres von der (Beschwerdeführerin) jeweils ausgewiesenen Bilanzgewinnes zusteht.

7. Sollte kein Bilanzgewinn ausgewiesen werden, steht dem GF so lange kein Werkvertragshonorar zu, als nicht in der Eröffnungsbilanz jenes Geschäftsjahres, in welchem wieder Geschäftsführungshonorare bezahlt werden sollen, wieder ein Bilanzgewinn ausgewiesen ist."

Im Erwägungsteil der Bescheidbegründung wird die Auffassung vertreten, die Beschäftigung des betroffenen Geschäftsführers der beschwerdeführenden Gesellschaft weise ungeachtet seiner gleichzeitigen Eigenschaft als wesentlich beteiligter Gesellschafter mit Ausnahme der Weisungsgebundenheit sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG 1988 auf. Der Gesellschafter-Geschäftsführer der beschwerdeführenden Partei erziele aus der Geschäftsführertätigkeit demnach Einkünfte im Sinne des § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988, weshalb er im Sinne der Bestimmung des § 41 Abs. 2 des Familienlastenausgleichsgesetzes in der ab dem Jahre 1994 anzuwendenden Fassung Dienstnehmer sei. Dies habe die Pflicht der Beschwerdeführerin ausgelöst, von den Bezügen des Gesellschafter-Geschäftsführers den Dienstgeberbeitrag samt Zuschlag abzuführen.

Außerhalb allgemein gehaltener Rechtsausführungen lassen sich dem Erwägungsteil der Bescheidbegründung auf den konkreten Sachverhalt des Beschwerdefalles beziehbare Ausführungen noch insoweit entnehmen, als geäußert wird, dass "der Annahme der jährlichen Werkverträge" entgegen stehe, dass Gegenstand des Vertrages "die auf die Dauer und damit zeitraumbezogene Erbringung von Leistungen" sei. Dem Formalakt der einjährigen Dauer eines solchen Vertrages stehe die wirtschaftliche Betrachtungsweise entgegen, sodass von einem Dauerschuldverhältnis auszugehen sei. "Denn" die Kündbarkeit des Geschäftsführervertrages stelle auch kein typisches Unternehmerwagnis dar und das Risiko der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft auch nicht. Im gegebenen Zusammenhang sei als Beurteilungsmaßstab nicht die Parteienautonomie entscheidend, sondern der tatsächliche wirtschaftliche Gehalt des Vertrages. "Denn der Beurteilungsmaßstab kann doch nicht dazu führen, die Besteuerung nicht nach dem tatsächlichen, sondern nach einem fingierten Geschehen vorzunehmen, was in den Bestimmungen über die Honorierung in Abhängigkeit vom Bilanzgewinn auch zum Ausdruck kommt. Auch stehen die manifestierten persönlichen Abhängigkeiten des GF einem Werkvertragsverhältnis entgegen, wie die Nutzung des firmeneigenen Fahrzeuges zu betrieblichen und zu privaten Zwecken, somit war das Schicksal der Berufung entschieden." Der zitierte Werkvertrag trage das Datum vom 22. April 1997. Was den Geschäftsführer veranlasst habe, ab September vom monatlichen Auszahlungsmodus abzugehen, führe auch die Berufung nicht aus. Jedenfalls werde durch den geänderten Auszahlungsmodus allein nicht das Tragen eines Unternehmerrisikos in der Sphäre des Geschäftsführers begründet. Ein tatsächlicher Konnex der "Entnahmen" mit dem Betriebsergebnis sei nicht hergestellt worden. Der Vertragstext, dass die Honorierung ausschließlich an den Bilanzgewinn gebunden sei, "etc", ersetze nicht den Nachweis der Erfolgsabhängigkeit. Außerdem sei der Bilanzgewinn nicht definiert worden. Wenn ab Abschluss des Vertrages im April 1997 dennoch wie bisher weitere monatliche Zahlungen erfolgt seien, erhebe sich die Frage nach der Erfolgsabhängigkeit. Auch die im Jahr 1999 erfolgten Vorauszahlungen des Jahreshonorars in zwei Teiltranchen bewiesen nicht die Erfolgsabhängigkeit. Hinsichtlich des behaupteten fehlenden Spesenersatzes im Vertrag seien keine Größenordnungen genannt worden, die auf ein Tragen eines Unternehmerrisikos schließen ließen. Zur jederzeitigen Vertretungsmöglichkeit des Geschäftsführers durch seinen Sohn sei zu bemerken, dass es nicht unüblich sei, dass sich ein Geschäftsführer durch einen anderen Geschäftsführer vertreten lasse. Da der Verwaltungsgerichtshof in der bisherigen Judikatur habe erkennen lassen, dass Bezüge von wesentlich beteiligten Geschäftsführern und Vorstandsmitgliedern im Regelfall dem Dienstgeberbeitrag und der Kommunalsteuer unterlägen, und die Beschwerdeführerin "im Falle des GF keine von dem beschriebenen Regelfall abweichende Gestaltung lieferte", sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wird geltend gemacht, dass die Beschäftigung des Mehrheitsgesellschafter-Geschäftsführers der Beschwerdeführerin "sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses (§ 47 Abs. 2 EStG 1988)" nicht aufweise.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zur Auslegung der in der Vorschrift des § 41 Abs. 2 und 3 FLAG angeführten Bestimmung des § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 nach der Abweisung der vom Verwaltungsgerichtshof gestellten Anfechtungsanträge durch den Verfassungsgerichtshof sei zur Vermeidung von Wiederholungen auf die hg. Erkenntnisse vom 23. April 2001, 2001/14/0054 und 2001/14/0052, vom 10. Mai 2001, 2001/15/0061, und vom 18. Juli 2001, 2001/13/0063, verwiesen. Wie den Gründen der genannten Erkenntnisse entnommen werden kann (§ 43 Abs. 2 Satz 2 VwGG), werden Einkünfte nach § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 vom wesentlich beteiligten Geschäftsführer einer GmbH dann erzielt, wenn - bezogen auf die tatsächlich vorzufindenden Verhältnisse - feststeht,

.) dass der Gesellschafter-Geschäftsführer zufolge kontinuierlicher und über einen längeren Zeitraum andauernder Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung in den Organismus des Betriebes seiner Gesellschaft eingegliedert ist,

.) dass ihn weder das Wagnis ins Gewicht fallender Einnahmenschwankungen noch jenes der Schwankungen ins Gewicht fallender nicht überwälzbarer Ausgaben trifft und

.) dass er eine laufende, wenn auch nicht notwendig monatliche Entlohnung erhält.

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat, hat sich die Begründung eines Berufungsbescheides mit dem Berufungsvorbringen in der erforderlichen Weise auseinander zu setzen und vor allem den für die rechtliche Beurteilung des Streitfalles erforderlichen Sachverhalt festzustellen (vgl. für viele das hg. Erkenntnis vom 28. Mai 1997, 94/13/0200).

Hinter den in der zuletzt zitierten Entscheidung beschriebenen Anforderungen an eine Bescheidbegründung bleibt die Begründung des hier angefochtenen Bescheides entschieden zu weit zurück. Mit der schablonenhaften Aneinanderreihung von Textbausteinen über die Widerlegung gegen die Einkünfteerzielung nach § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 häufig vorgebrachter Argumente ohne Rücksicht darauf, ob solche Argumente im konkreten Fall überhaupt geltend gemacht worden waren, lässt sich ein über den Dienstgeberbeitrag aus der Vergütung für einen wesentlich beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführer absprechender Bescheid jedenfalls dann nicht tragfähig begründen, wenn von der beschwerdeführenden Gesellschaft ein Sachverhalt vorgetragen wurde, der nicht von vornherein ungeeignet ist, das Vorliegen der oben aufgelisteten Kriterien für eine Einkünfteerzielung nach § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 durch den betroffenen Gesellschafter-Geschäftsführer in Frage zu stellen. Einen solchen Sachverhalt hat die Beschwerdeführerin im vorliegenden Fall mit ihrem Berufungsvorbringen aber geltend gemacht.

Dies betrifft zum einen die mit der für den Zeitraum ab Mai 1997 behauptete Erfolgsabhängigkeit der Vergütung des Gesellschafter-Geschäftsführers durch Bindung an den Bilanzgewinn der beschwerdeführenden Gesellschaft und zum anderen auch das vorgebrachten Motiv des Gesellschafter-Geschäftsführers, sich angesichts seines vorgerückten Lebensalters nicht mehr in der bisherigen Weise in den geschäftlichen Organismus des Betriebes einbinden lassen zu wollen, in welchem Zusammenhang auch die gewählte Formulierung der Vertretungsregelung mit dem Sohn einen gewissen Auffälligkeitswert hat.

Für den Zeitraum ab einer gegebenenfalls tatsächlich erfolgten Realisierung der mit dem Abschluss des Vertrages vom 22. April 1997 beabsichtigten Änderungen in Beschäftigungsart und Honorierung der Tätigkeit des Gesellschafter-Geschäftsführers wurde in der Berufung ein Vorbringen erstattet, mit welchem eine Befassung rechtlich notwendig wurde, weshalb die belangte Behörde zunächst und vor allem einmal gehalten war, konkrete Sachverhaltsfeststellungen über die Art der Tätigkeit des Gesellschafter-Geschäftsführers im Unternehmen vor und nach einer allfälligen Änderung im Gefolge des abgeschlossenen Vertrages und über die in den betroffenen Zeiträumen tatsächlich vorgenommene Weise der Vergütung der vom betroffenen Geschäftsführer ausgeübten Tätigkeit durch die Beschwerdeführerin sowie darüber zu treffen, ob der von der Beschwerdeführerin angesprochene Vertrag eine tatsächliche Änderung der diesbezüglichen Verhältnisse nach sich gezogen hatte und ab welchem Zeitpunkt eine solche Veränderung der Verhältnisse wahrzunehmen war.

Dies ist unterblieben, indem die belangte Behörde es unterlassen hat, zur Frage der von der Beschwerdeführerin jedenfalls für den Zeitraum ab Mai 1997 geltend gemachten Erfolgsabhängigkeit der Geschäftsführerbezüge konkrete Sachverhaltsfeststellungen über die tatsächliche Gestaltung der hier zu beurteilenden Geschäftsführervergütungen und über ein - die Beurteilung der Frage der Eingliederung in den Organismus des Unternehmens zulassendes - Tätigkeitsbild des Gesellschafter-Geschäftsführers im Unternehmen zu treffen. Allgemein gehaltene Rechtsausführungen und Hinweise auf verwaltungsgerichtliche Erkenntnisse (zumal zu anderen Sachverhalten) allein können ausreichende, auf den konkreten Fall bezogene Sachverhaltsfeststellungen zu den vom Abgabepflichtigen relevierten rechtserheblichen Fragen nicht ersetzen. Die von der Beschwerdeführerin behauptete Erfolgsabhängigkeit der Einnahmen ihres Geschäftsführers mit dem Hinweis auf die vom Verwaltungsgerichtshof im seinem Erkenntnis vom 23. Mai 1996, 94/15/0069, zum Werbungskostencharakter des Arbeitslohnverzichts eines Geschäftsführers angestellten Überlegungen zu bestreiten, ist im Übrigen rechtlich verfehlt (siehe hiezu das hg. Erkenntnis vom 18. Juli 2001, 2001/13/0081).

Die Schwierigkeiten der Feststellung des tatsächlichen Sachverhaltes, die sich bei Leistungsverhältnissen zwischen einer Gesellschaft und ihrem wesentlich beteiligten Geschäftsführer insbesondere aus dem dabei häufig vorzufindenden Umstand des Selbstkontrahierens ergeben, haben zur Folge, dass bei der Sachverhaltsfeststellung, um dem Objektivierungserfordernis hinreichend Rechnung zu tragen, der nach außen in Erscheinung tretenden tatsächlichen Abwicklung der Leistungsbeziehung die wesentliche Bedeutung beizumessen ist (siehe das bereits zitierte Erkenntnis vom 23. April 2001, 2001/14/0054, mwN). Wollte die belangte Behörde mit ihrem Hinweis im angefochtenen Bescheid, die Besteuerung sei nicht nach einem fingierten, sondern nach dem tatsächlichen Geschehen vorzunehmen, diesen Umstand ansprechen, wäre ihr durchaus beizupflichten. Die Konsequenz aus dieser Einsicht musste aber in einer dem Gebot des § 115 BAO Rechnung tragenden Ermittlungstätigkeit liegen, in deren Wahrnehmung die Beschwerdeführerin durchaus in ihre Pflicht zur Mitwirkung (§ 119 BAO) genommen werden durfte. Sich stattdessen auf den Hinweis zu beschränken, dass der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung vertrete, die betroffenen Bezüge unterlägen im Regelfall der Dienstgeberbeitragspflicht, und der Beschwerdeführerin vorzuwerfen, keine vom Regelfall abweichende Gestaltung "geliefert" zu haben, konnte jedenfalls dann keineswegs ausreichen, wenn die Beschwerdeführerin wie im vorliegenden Fall sich um eine entsprechende "Lieferung" bemüht hatte. Dass mit dem Jahr 1997, wenn auch dem Anschein nach nicht schon im Mai dieses Jahres, jedenfalls in der Auszahlung von Vergütungen an den Gesellschafter-Geschäftsführer eine Änderung eingetreten war, stellt auch der angefochtene Bescheid fest, ohne dass die belangte Behörde dies allerdings zum Anlass genommen hätte, wenigstens deswegen in die gebotene Sachverhaltsermittlung (§ 115 BAO) der rechtlich bedeutsamen Umstände einzutreten, die ihr jenes Bild erst hätten vermitteln können, das eine rechtliche Beurteilung der Frage erlauben konnte, ob der Gesellschafter-Geschäftsführer der Beschwerdeführerin auch im Gefolge des Vertrages vom 22. April 1997 noch Einkünfte nach § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 erzielte.

Der angefochtene Bescheid war somit, weil die belangte Behörde durch die Vernachlässigung ihrer Ermittlungspflicht und durch die Unzulänglichkeit der Gestaltung der Bescheidbegründung Verfahrensvorschriften verletzt hat, bei deren Beachtung die Erlassung eines anderen Bescheides nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann, gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 12. September 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:2001130055.X00

Im RIS seit

20.02.2002

Zuletzt aktualisiert am

02.09.2014
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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