TE UVS Steiermark 2003/06/23 30.15-41/2005

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.06.2003
beobachten
merken
Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Einzelmitglied Dr. Renate Merl über die Berufung des Herrn P T, T S, S, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. M M, K, L, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Graz-Umgebung vom 12.10.2005, GZ.: 15.1 8437/2005, wie folgt entschieden: I. Hinsichtlich der Punkte 1.) bis 4.) wird der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt. II. Hinsichtlich des Punktes 5.) wird die Berufung abgewiesen. Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens den Betrag von ? 36,00 binnen vier Wochen ab Zustellung dieses Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu leisten. III. Hinsichtlich des Punktes 6.) wird die Berufung dem Grunde nach abgewiesen. Hinsichtlich der verhängten Strafe wird der Berufung dahingehend Folge gegeben, dass über den Berufungswerber gemäß § 19 VStG eine Strafe von ? 100,00, im Uneinbringlichkeitsfall 3 Tage Ersatzarrest gemäß § 16 VStG, welche binnen vier Wochen ab Zustellung des Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu leisten ist, verhängt wird. Dadurch vermindert sich der Kostenbeitrag für das Verwaltungsstrafverfahren erster Instanz auf den Betrag von ?

10,00; dieser ist binnen vier Wochen ab Zustellung dieses Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu leisten. Hinsichtlich der verbleibenden Spruchpunkte wird der erste Absatz des Straferkenntnisses wie folgt neu gefasst: Sie haben als verantwortlich beauftragter Filialleiter der Filiale S, T S, der Firma B D GmbH mit dem Sitz in W, S, folgende Übertretungen des Arbeitszeitgesetzes zu verantworten: ... Im Übrigen bleibt der Spruch unberührt.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurden dem Berufungswerber in seiner Funktion als verantwortlich beauftragter Filialleiter der B Filiale in S, T S, in insgesamt sechs Spruchspunkten hinsichtlich der dort beschäftigten Arbeitnehmer M E, R H, K M und

W B, Überschreitungen der erlaubten täglichen Arbeitszeit sowie der erlaubten wöchentlichen Arbeitszeit im Zeitraum 6. - 8. KW 2005 zur Last gelegt und über ihn Geldstrafen zwischen ? 120,00 und ? 220,00 je Spruchpunkt verhängt. In seiner dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung wandte der Bestrafte ein, im Straferkenntnis sei der Tatort nicht angeführt, es sei lediglich zu entnehmen, dass bei einer Kontrolle der Filiale in S, T S, Feststellungen getroffen wurden. Hinsichtlich der Punkte 1.) bis

4.) wurde eingewendet, die Arbeitnehmer E M und H R seien im fraglichen Zeitraum nicht in der Niederlassung in S, T S, eingesetzt gewesen, sondern hätten Vorbereitungsarbeiten für die Eröffnung einer neuen Niederlassung in V durchgeführt. Auf ihr Verhalten direkt vor Ort in V habe der Berufungswerber keinen Einfluss gehabt. In Punkt 5.) wurde eingewendet, der Arbeitnehmer

M K sei stellvertretender Filialleiter. Er habe den Berufungswerber in der 8. Kalenderwoche im Jahr 2005 vertreten, da der Beschuldigte Urlaub hatte und daher nicht in der Niederlassung anwesend war. Herr K habe die Niederlassung eigenverantwortlich geleitet und sei daher als leitender Angestellter im Sinne des § 1 Abs 2 Z 8 AZG von den Bestimmungen dieses Gesetztes ausgenommen. In Punkt 6.) wurde eingewendet, Herr B W arbeite in der Baustoffabteilung und versehe dort seinen Dienst normalerweise gemeinsam mit seinem Kollegen M R. Dieser sei jedoch in der KW 7 2005 urlaubsbedingt abwesend gewesen, weshalb Herr W die gesamte in der Baustoffabteilung anfallende Arbeit alleine verrichten musste. Da überdies in der KW 7 mehrere Mitarbeiter nach V entsandt worden waren, sei lediglich eine Mindestbesetzung vorhanden gewesen, woraus sich die Arbeitszeitüberschreitungen des Herrn W ergeben haben. Der Berufungswerber habe trotz des damals bestehenden Personalmangels alles in seiner Macht stehende getan, um die Einhaltung der Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes sicherzustellen. Da mit dem angefochtenen Straferkenntnis in allen Spruchpunkten lediglich eine ? 2.000,00 nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist zur Entscheidung über die Berufung das umseitig angeführte Einzelmitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark berufen. Nach Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Berufungsverhandlung am 23.05.2006 wird nach Einvernahme des Berufungswerbers sowie der Zeugen M K, E

M und B W unter der Verwertung der in der Verhandlung vorgekommenen Urkunden, insbesondere den der Anzeige des Arbeitsinspektorates Graz vom 13.04.2005 angeschlossenen Stempelprotokollen, der Bestellungsurkunde vom 07.11.2002 sowie dem Dienstzettel und der Stellenbeschreibung für den Geschäftsleiter-Stellvertreter M K nachstehender Sachverhalt als erwiesen angenommen: Der Berufungswerber wurde mit Bestellungsurkunde vom 24.10.2002, welche samt angeschlossenen Zustimmungsnachweis des verantwortlichen Beauftragten beim Arbeitsinspektorat Graz am 07.11.2002 eingelangt ist, zum verantwortlichen Beauftragten der Filiale der B D GmbH in G, T S, bestellt. Seit dem 01.04.2006 übt der Berufungswerber diese Funktion nicht mehr aus. In den Aufgabenbereich des Berufungswerbers fiel auch die Erstellung der Dienstpläne, welche von ihm jeweils zwei Wochen im Vorhinein erstellt und im Personalraum ausgehängt wurden. Auch außerplanmäßige Personaleinteilungen zB um Urlaube und Krankenstände zu berücksichtigten, wurden vom Berufungswerber durchgeführt. Es existierte auch ein Pausenplan, mit vorgesehenen Pausen von 10.00 Uhr bis 10.15 Uhr, von 12.00 Uhr bis 13.00 Uhr und von 16.00 Uhr bis 16.15 Uhr. Diese Pausen wurden allerdings nur dann zu den vorgesehenen Zeiten konsumiert, wenn der Arbeitsablauf und die Kunden es zuließen. Es kam häufig vor, dass vor allem die kleinen Pausen am Vormittag und am Nachmittag entweder ganz entfielen oder zu anderen Zeiten konsumiert wurden. Alle Mitarbeiter hatten eine Stempelkarte, mit der sie beim Eintreffen in den Betrieb einstempeln und beim Verlassen des Betriebes ausstempeln mussten. Auch die Pausen waren zu stempeln, was allerdings häufig nicht befolgt wurde. Nach Auswertung dieser Stempelkarten wurde für jeden Mitarbeiter jeweils für ein Monat im Nachhinein ein Stempelprotokoll mit den Arbeitszeiten für den jeweiligen Monat erstellt. Die in der Rubrik gesamt aufscheinenden Zeiten sind die reinen Arbeitszeiten abzüglich der Pausen. Wenn die Mitarbeiterin im Personalbüro bei der Erstellung der Stempelprotokolle feststellte, dass Pausen nicht gestempelt wurden, wurde das jeweilige Stempelprotokoll händisch nachgetragen und die Pausen mit standardisierten Zeiten (0,25 Minuten für die Vormittagspause, 0,75 Minuten für die Mittagspause) nachgetragen. Zusätzlich zum Dienstplan gab es eine Jahresfreizeitplanung, wonach jeder Mitarbeiter in jeder Woche einen Arbeitstag frei hatte sowie jeden zweiten Samstag. Jede sechste Woche hatten die Mitarbeiter entweder Freitag, Samstag oder Montag frei. Zum damaligen Zeitpunkt hatte der Berufungswerber zwei Stellvertreter, nämlich M

K und E M. Das Aufgabengebiet des Herrn K laut Stellenbeschreibung war primär die Werbung (Vorbereitung von Werbekampagnen), weiters Kundenbetreuung, vor allem bei Problemfällen, Beschwerden etc., zusätzlich war er fallweise im Verkauf tätig, vor allem als Vertretung von Kollegen. E M war primär für die Warenpräsentation (Bestellwesen, Lagerhaltung, kundenfreundliche Präsentation der Ware etc.) zuständig sowie für die Einschulung neuer Mitarbeiter. Wenn der Berufungswerber verhindert war, wurde er üblicherweise von beiden Geschäftsstellen-Stellvertretern gemeinsam vertreten. Beide Stellvertreter übten nur dann Leitungsfunktionen aus, wenn der Berufungswerber verhindert war. Eine entsprechende Anordnungsbefugnis gegenüber den Mitarbeitern zB auch hinsichtlich der Einhaltung der Arbeitszeitvorschriften, der Genehmigung von Urlauben, Erstellung von Dienstplänen etc. bestand nur für den Vertretungsfall. Für beide Geschäftsstellen-Stellvertreter bestanden, ebenso wie für alle übrigen Mitarbeiter, fixe Arbeitszeiten. Sie mussten zu den vorgegebenen Zeiten laut Dienstplan anwesend sein und eine Stempelkarte verwenden. Die Vertretungsregelung bestand nur intern. Beide Stellvertreter des Berufungswerbers wurden dem Arbeitsinspektorat nicht als verantwortliche Beauftragte gemeldet. Im Jänner 2005 erhielt der Berufungswerber von der Konzernzentrale in W eine schriftliche Mitteilung, dass er zwei Mitarbeiter für die Einrichtung der neu zu eröffnenden B Filiale in V abstellen muss. Es wurden damals ca. 15 - 20 Mitarbeiter diverser B Filialen in Österreich für diesen Arbeitseinsatz eingeteilt. Der Berufungswerber erhielt eine entsprechende schriftliche Mitteilung, ebenso die betroffenen Mitarbeiter R und M per E-Mail. Der auswärtige Arbeitseinsatz dauerte ca. sechs bis acht Wochen bis zur Eröffnung der Filiale im März 2005. Die Mitarbeiter wohnten während dieser Zeit in einem vom Unternehmen zur Verfügung gestellten Quartier in V. Sie unterstanden für die Dauer ihrer Tätigkeit in V dem Einrichtungsleiter G K, welcher organisatorisch der Unternehmenszentrale in W angehört. Dieser koordinierte den Arbeitseinsatz vor Ort und teilte die Arbeitskräfte ein. Der Berufungswerber selbst war während dieser Zeit nie in V. Die Mitarbeiter M und R stempelten während ihrer Arbeitswochen in V ihre Zeiten bei der dortigen Filiale. Diese Stempelzeiten wurden dann elektronisch an die Filiale in G überspielt, weil die beiden betroffenen Mitarbeiter ja organisatorisch der B Filiale in G angehören und ihr Dienstort an und für sich G ist. Der auswärtige Arbeitseinsatz der betroffenen Mitarbeiter ist an der Kostenstellennummer erkennbar. Kostenstelle 7970 (auf dem Stempelprotokoll in der Spalte rechts außen eingetragen) bedeutet V, Kostenstellnummer 7920 steht für G. Der Berufungswerber hatte bei diesem auswärtigen Arbeitseinsatz der beiden Mitarbeiter keinerlei Mitspracherecht, weder hinsichtlich der Dauer noch hinsichtlich der Auswahl der Personen. Er musste zusehen, wie er mit den verbleibenden Mitarbeitern in den betroffenen Kalenderwochen in G das Auslangen fand. In der 7. KW 2005 war B W allein für das Baustofflager verantwortlich, weil sein Kollege R auf Urlaub war und Herr R, welcher sonst ebenfalls in diesem Bereich tätig ist, noch in V war. Herr W musste daher, wie aus den Stempelprotokollen ersichtlich, in dieser Woche von 08.00 Uhr bis 19.00 Uhr arbeiten, wobei auch wegen des Personalmangels der sonst übliche eine arbeitsfreie Tag pro Woche entfiel. Weiters konnte Herr W die Pausen am Vormittag und Nachmittag nicht immer konsumieren, woraus sich insgesamt eine Überschreitung der höchstzulässigen Wochenarbeitszeit in der 7. KW von 4,93 Stunden ergab. In der 8. KW des Jahres 2005 (Energieferien) war der Berufungswerber auf Urlaub. Sein Stellvertreter Herr K war allein verantwortlich für die Filiale in G, da der zweite Stellvertreter

M noch auf Arbeitseinsatz in V war. Er musste daher in der Früh als erster kommen und am Abend, nachdem die letzten Kunden gegangen waren nach Kassenschluss, die Filiale abschließen und überdies den ganzen Tag anwesend sein. Dabei war es ihm häufig nicht möglich die vorgesehenen Pausen zu konsumieren. Überdies entfiel auch der an und für sich vorgesehene eine arbeitsfreie Tag pro Woche. In der sich daraus folgenden 6-Tages-Woche ergab sich insgesamt eine Überschreitung der höchstzulässigen Wochenarbeitszeit von 19,08 Stunden. Am 11.04.2005 ließ sich Arbeitsinspektorin DI K D anlässlich eines Betriebsbesuchs in der

B Filiale in S, T S, die Stempelprotokolle der Mitarbeiter für die

6. - 8. KW vorlegen. Bei der Auswertung der Stempelprotokolle wurden von der Arbeitsinspektorin im Zweifel für den Beschuldigten nur die in der Rubrik gesamt aufscheinenden reinen Tagesarbeitszeiten abzüglich der Pausen berücksichtigt. Die in den Stammprotokollen aufscheinenden Pausenzeiten wurden ohne Nachfrage akzeptiert, obwohl der Meldungslegerin einzelne Pausen, insbesondere die händisch nachgetragenen Pausen mit den standardisierten Zeiten (0,25, 0,75) unklar erschienen (vgl auch die diesbezüglichen Anmerkungen bei Punkt 1.) und 2.) der Anzeige). Der auswärtige Arbeitseinsatz der Mitarbeiter M und R war der Meldungslegerin nicht bekannt und ist dieser auch aus den vorliegenden Stempelprotokollen - abgesehen von den nur Insidern bekannten unterschiedlichen Kostenstellennummern - nicht ersichtlich. Der Berufungswerber ist bereits einmal mit Aufforderung gemäß § 9 ArbIG vom 16.04.2004 aufgefordert worden, unter anderem die Einhaltung der Höchstgrenzen der Tages- und Wochenarbeitszeit in seiner Filiale sicherzustellen sowie Dienstpläne und Arbeitszeit- und Ruhepausenaufzeichnungen zu führen, welche den Bestimmungen des AZG entsprechen, insbesondere hinsichtlich der Zahl und Dauer der Ruhepausen. Diese Aufforderung ist zwar an die Zentrale in W adressiert, aus dem Text ergibt sich jedoch, dass die Beanstandungen an Ort und Stelle mit dem Berufungswerber besprochen wurden. Die weitere in der Anzeige des Arbeitsinspektorates Graz erwähnte Aufforderung vom 06.06.2001 stammt noch aus der Zeit vor der Bestellung des Berufungswerbers zum verantwortlichen Beauftragten für die gegenständliche Filiale.

Beweiswürdigung: Die getroffenen Feststellungen gründen sich auf die in allen wesentlichen Punkten völlig übereinstimmenden Aussagen des Berufungswerbers und der befragten Zeugen, welche im Übrigen auch durch die vorliegenden schriftlichen Unterlagen bestätigt werden. Dies gilt insbesondere auch für die Begleitumstände des Arbeitseinsatzes der Arbeitnehmer M und R in

V. Hiebei ist hervorgekommen, dass zum damaligen Zeitpunkt die in den Stempelprotokollen aufscheinenden Pausen die tatsächlich konsumierten Pausen nicht immer exakt wiedergeben, da einerseits häufig Pausen gar nicht gestempelt wurden bzw. fiktive Pausen händisch nachgetragen wurden. Dies ist jedoch nicht entscheidungsrelevant, da die anzeigenlegende Arbeitsinspektorin im Zweifel für den Beschuldigten ohnedies nur die in den Stempelprotokollen aufscheinenden reinen Arbeitszeiten nach Abzug der Pausen bei der Anzeigenlegung berücksichtigt hat. Zur Verfahrenseinstellung in den Punkten 1.) bis 4.): Die Bestellungsurkunde für den Berufungswerber enthält unter anderem folgende Angaben: sachlicher/räumlicher Bereich: B D GmbH, T S,G. Aus dem angeschlossenen Zustimmungsnachweis folgt, dass der Berufungswerber unter anderem für folgende Belange verantwortlich ist: Arbeitszeit; Einteilung; Organisation und Überwachung der Arbeit und Arbeitszeit; Einhaltung der Arbeitsruhe (Wochenendruhe und Feiertagsruhe). Aus dem Wortlaut der Bestellungsurkunde ergibt sich somit eindeutig, dass die Verantwortlichkeit des Berufungswerbers in räumlicher Hinsicht auf die B Filiale in der T S, G-S beschränkt ist. Im gegenständlichen Fall haben die Arbeitnehmer M und R zu den in den Punkten 1.) bis 4.) angeführten Zeiten erwiesenermaßen außerhalb dieses räumlichen Geltungsbereiches gearbeitet, weil sie in V im Einsatz waren. Hiezu kommt, dass dieser Arbeitseinsatz in V von der Zentrale in W aus organisiert und abgewickelt wurde und der Berufungswerber hiebei keinerlei Mitspracherecht hatte. Er wurde über diesen Arbeitseinsatz von der Konzernleitung lediglich informiert, besaß jedoch für die Dauer der auswärtigen Tätigkeit der beiden betroffenen Mitarbeiter diesen gegenüber keinerlei Anordnungsbefugnis. Dass die Arbeitszeiten der Mitarbeiter, welche in V tätig waren, im Nachhinein an die Filiale in G überspielt wurden, weil Dienstort der betroffenen Mitarbeiter im Normalfall ja die Filiale in G war, ändert nichts daran, dass der Berufungswerber während des auswärtigen Arbeitseinsatzes dieser Mitarbeiter keinerlei Einfluss auf deren Arbeitszeiten hatte und somit auch nicht die Möglichkeit besaß allfällige Arbeitszeitüberschreitungen zu verhindern. Er war auch nicht verpflichtet entsprechende Vorkehrungen zu treffen, weil sein räumlicher Verantwortungsbereich auf die Filiale in G beschränkt ist. Es ist daher der Rechtsauffassung des Berufungswerbers zu folgen, dass er für die in den Spruchpunkten 1.) bis 4.) aufscheinenden Arbeitszeitübertretungen der Mitarbeiter M und R nicht verantwortlich ist, weil deren Tätigkeit in V außerhalb seines räumlichen Verantwortungsbereiches lag und auch nicht von ihm angeordnet wurde, weshalb das Verfahren hinsichtlich dieser Punkte gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG einzustellen war. Zu Punkt 5.):

Hinsichtlich dieses Punktes hat der Berufungswerber das Ausmaß der Arbeitszeitüberschreitungen von Herrn K nicht bestritten, jedoch eingewendet, dass dieser Kraft seiner Funktion als Geschäftsstellen-Stellvertreter zumindest für jene Zeiträume, in welchen der Vertretungsfall gilt, als leitender Angestellter gemäß § 1 Abs 2 Z 8 AZG anzusehen ist und als solcher vom Geltungsbereich dieses Gesetzes ausgenommen ist. Nach dieser Bestimmung sind leitende Angestellte, denen maßgebliche Führungsaufgaben selbstverantwortlich übertragen sind, vom Geltungsbereich des Arbeitszeitgesetzes ausgenommen. Ausschlaggebend für diese Ausnahme ist, dass der Aufgabenbereich von leitenden Angestellten eine Bindung dieser Arbeitnehmer an fixe Arbeitszeitgrenzen und an die Arbeitszeitverteilung des AZG kaum zulässt und die Arbeitnehmer ihre Arbeitszeit weitgehend selbst einteilen können, wobei auch das überdurchschnittliche Entgelt, das leitende Angestellte gewöhnlich beziehen, eine Rolle spielt, weshalb sie als weniger schutzbedürftig erscheinen. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist die Eigenverantwortlichkeit des leitenden Angestellten an einem relativen Maßstab zu messen, dh dass ihm ein erheblich größerer Entscheidungsspielraum als anderen Arbeitnehmern eingeräumt sein muss. Der Ausnahmetatbestand ist dann erfüllt, wenn ein Arbeitnehmer wesentliche Teile eines Betriebes in der Weise eigenverantwortlich leitet, dass hiedurch auf Bestand und Entwicklung des gesamten Unternehmens Einfluss genommen wird, sodass er sich auf Grund seiner einflussreichen Position aus der gesamten Angestelltenschaft heraushebt. Der betreffende Arbeitnehmer stellt für diesen wesentlichen Teilbereich des Betriebs gleichsam den Unternehmensführer dar, der befugt ist, allen ihm in diesem Teilbereich unterstellten Arbeitnehmern Weisungen betreffend Inhalt und Organisation ihrer Tätigkeit, sowohl genereller als auch individueller Art zu geben (u.a. VwGH 25.11.1991, Zl. 91/19/0286 und Zl. 93/11/0173, 25.01.1994). Unter Zugrundelegung dieser Prüfkriterien ist der Geschäftsstellenleiter-Stellvertreter M K nicht als leitender Angestellter anzusehen. Dies insbesondere aus nachstehenden Gründen: Herr K hat Führungsaufgaben im Sinne der obzitierten Judikatur nur zu jenen Zeiten ausgeübt, wenn der Vertretungsfall galt, der Berufungswerber somit urlaubs- oder krankheitsbedingt verhindert war. Dies umfasste einen Zeitraum von maximal 4 bis 5 Wochen im Jahr. Während der übrigen Zeit übte Herr K jene im Sachverhalt beschriebenen Tätigkeiten laut Stellenbeschreibung aus, welche zwar anspruchsvoller waren wie die Tätigkeit eines einfachen Verkäufers, jedoch nicht mit einer Anordnungsbefugnis gegenüber den Mitarbeitern verbunden waren. Verwiesen sei in diesem Zusammenhang auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22.10.1992, Zl. 92/18/0354, in welchem dieser ausgeführt hat, dass dann, wenn ein Arbeitnehmer nicht nur mit Leitungsfunktionen sondern auch mit anderen Tätigkeiten befasst ist, die Frage, ob er als leitender Angestellter einzustufen ist, davon abhängt, welche Tätigkeit das Schwergewicht bildet. Hinsichtlich des Herrn K ist somit davon auszugehen, dass die Ausübung von Leitungsfunktionen im Sinne von § 1 Abs 2 Z 8 AZG eindeutig nicht das Schwergewicht seiner Tätigkeit bildete. Überdies unterlag Herr K der gleichen Arbeitszeitregelung wie alle anderen Mitarbeiter. Er musste den vorgegebenen Dienstplan einhalten und seine Arbeitszeiten stempeln. Er war gegenüber dem Arbeitsinspektorat auch nicht als verantwortlicher Beauftragter namhaft gemacht worden. In diesem Zusammenhang sei auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24.02.1998, Zl. 97/11/0188, verwiesen, in welchem der Verwaltungsgerichtshof unter anderem ausführte, dass es bei der Beurteilung der Stellung eines Angestellten auch eine Rolle spielt, in welchem Umfang er bei der Einteilung seiner eigenen Arbeitszeit gebunden ist und in welchem Umfang er diesbezüglich Kontrollen unterliegt. Eine starke Bindung in diesem Bereich spricht gegen seine Stellung als leitender Angestellter. Auch der weitere Einwand des Berufungswerbers, er habe die Arbeitszeitüberschreitungen von Herrn K nicht verhindern können, weil er selbst in der 8. KW des Jahres 2005 auf Urlaub war, vermag nicht ihn zu exkulpieren. So hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 11.05.1998, Zl. 97/10/0250, ausgeführt, dass die Behauptung des verantwortlichen Beauftragten nach § 9 Abs 2 VStG, er sei zum Tatzeitpunkt nicht im Betrieb gewesen (hier wegen Urlaubs), nicht geeignet ist, mangelndes Verschulden gemäß § 5 Abs 1 VStG glaubhaft zu machen. Vielmehr ist es Sache des verantwortlichen Beauftragten glaubhaft zu machen für die Zeit seiner Abwesenheit entsprechende Maßnahmen getroffen zu haben, insbesondere dass für die Überwachung der Stellvertreter des verantwortlichen Beauftragten hinsichtlich der ordnungsgemäßen Wahrung der übertragenen Aufgaben gesorgt wurde. Auf eine Kontrolle durch Dritte darf sich der verantwortliche Beauftragte nicht verlassen. Mit Bescheid vom 17.09.2001, GZ.: 30.2-41/2001, hat der UVS Steiermark weiters ausgeführt, dass ein verantwortlicher Beauftragter, der wie der Berufungswerber, nicht zum Kreis der vertretungsbefugten Personen nach § 9 Abs 1 VStG gehört, selbst keinen verantwortlich Beauftragten bestellen kann und zwar auch nicht zu seinem Vertreter im Urlaub. Zu solchen Bestellungen sind nur die zur Vertretung nach außen Berufenen nach § 9 Abs 1 VStG berechtigt. Daher blieb der verantwortlich Beauftragte, der eine gleichfalls nicht nach § 9 Abs 1 VStG vertretungsbefugte Person als verantwortlich Beauftragten zu seiner Urlaubsvertretung bestellte, auch in der Urlaubszeit verantwortlich. Somit hätte er auch für die Dauer seines Urlaubes für eine Überwachung eventueller Stellvertreter sorgen müssen, damit die ordnungsgemäße Erfüllung der ihm übertragenen Aufgaben gewährleistet bleibt. Diese Judikatur ist auch auf den hier gegenständlichen Fall anzuwenden, da der Stellvertreter des Berufungswerbers von der Konzernleitung nicht gegenüber dem Arbeitsinspektorat als verantwortlicher Beauftragter gemeldet wurde. Die bloß interne Vertretungsregelung vermag den Berufungswerber nicht zu exkulpieren. Der Berufungswerber hätte daher durch entsprechende Maßnahmen dafür Sorge tragen müssen, dass sein Stellvertreter Herr K auch während der Dauer seines Urlaubes in der Lage ist die gesetzlich vorgeschriebenen Grenzen der Tages- und Wochenarbeitszeit einzuhalten. Der Berufungswerber hat jedoch nichts dergleichen getan. Er ist vielmehr, trotz des bereits vorhandenen Personalengpasses auf Grund des auswärtigen Arbeitseinsatzes des zweiten Stellvertreters M und des weiteren Arbeitnehmers R in V, in dieser Woche auf Urlaub gegangen ohne das Problem der Arbeitszeiteinteilung mit Herrn K auch nur zu besprechen, geschweige denn irgendwelche Vorkehrungen zur Hintanhaltung, von Arbeitszeitüberschreitungen zu treffen. Er muss sich daher die verfahrensgegenständlichen Arbeitszeitüberschreitungen des Herrn K in der 8. KW 2005 zumindest in der Schuldform der Fahrlässigkeit anrechnen lassen. Zu Punkt 6.): Hinsichtlich der Arbeitszeitüberschreitung von Herrn B W hat sich der Berufungswerber auf einen schuldausschließenden Notstand berufen. Gemäß § 6 VStG ist eine Tat nicht strafbar, wenn sie durch Notstand entschuldigt oder, obgleich sie dem Tatbestand einer Verwaltungsübertretung entspricht, vom Gesetz geboten oder erlaubt ist. Gemäß § 20 Abs 1 AZG sind unter anderem die hinsichtlich dieses Spruchpunktes anzuwendenden Bestimmungen des § 7 und 9 AZG nicht anwendbar bei vorübergehenden und unaufschiebbaren Arbeiten, die a.) zur Abwendung einer unmittelbaren Gefahr für die Sicherheit des Lebens oder für die Gesundheit von Menschen oder bei Notstand sofort vorgenommen werden müssen oder b.) zur Behebung einer Betriebsstörung oder zur Verhütung des Verderbens von Gütern oder eines sonstigen unverhältnismäßigen wirtschaftlichen Sachschadens erforderlich sind, wenn unvorhergesehene und nicht zu verhindernde Gründe vorliegen und andere zumutbare Maßnahmen zur Erreichung dieses Zweckes nicht getroffen werden können. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (unter anderem VwGH 03.12.1992, 18/0084) ist unter Notstand im Sinne des § 20 Abs 1 lit. a AZG ein solcher im Sinne des § 6 VStG zu verstehen. Die zu § 6 VStG ergangene einschlägige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist somit sinngemäß anzuwenden. Im vorliegenden Fall ist evident, dass die Aufrechterhaltung des Betriebes in der Baustoffabteilung keinen Fall nach § 20 Abs 1 lit. a oder b AZG darstellt. Nach der äußerst restriktiven ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 6 VStG (vgl unter anderem VwGH 17.06.1987, 85/01/0172, 17.09.1992, 90/19/0463 uva) ist unter Notstand ein Fall der Kollision von Pflichten und Rechten zu verstehen, in dem jemand sich oder einen anderen aus schwerer unmittelbarer Gefahr einzig und allein durch Begehung einer im allgemeinen strafbaren Handlung retten kann. Weiters gehört es zum Wesen des Notstandes, dass die Gefahr zumutbarerweise nicht anders als durch die Begehung der objektiv strafbaren Handlungen zu beheben und die Zwangslage nicht selbstverschuldet ist. Diese Voraussetzungen sind im gegenständlichen Fall keinesfalls als erfüllt anzusehen, hinzu kommt, dass der Personalengpass in der Baustoffabteilung keinesfalls unvorhergesehen im Sinne von § 20 Abs 1 lit. b AZG war, da der Berufungswerber bereits ab Jänner 2005 vom Arbeitseinsatz der Mitarbeiter M und R wusste. Trotz des sich somit abzeichnenden Personalengpasses, hat er jedoch in der 7. KW 2005 Herrn R, welcher gemeinsam mit W für die Baustoffabteilung verantwortlich war, einen Urlaub genehmigt und auch sonst keine Vorkehrungen getroffen, um Arbeitszeitüberschreitungen von Herrn W zu verhindern. Die halbherzige Rechtfertigung in seiner Stellungnahme im erstinstanzlichen Verfahren, er habe Herrn W ohnedies angewiesen, auch in der betreffenden Kalenderwoche die gesetzlichen Arbeitszeitbestimmungen einzuhalten, vermag den Berufungswerber nicht zu rechtfertigen, da im klar sein musste, dass Herr W aus den beschriebenen Gründen schlicht und einfach nicht in der Lage war, seinen Dienst in der Baustoffabteilung unter Einhaltung der gesetzlichen Grenzen der Tages- und Wochenarbeitszeit zu absolvieren. Auch hinsichtlich dieses Spruchpunktes ist dem Berufungswerber somit zumindest fahrlässige Begehung anzulasten. Zu den geltend gemachten formalen Spruchmängeln sei noch kurz ausgeführt, dass der Firmenwortlaut mit Firma B der Firma D GmbH im Straferkenntnis zwar falsch bzw. missverständlich wiedergegeben ist. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kann der Firmenwortlaut jedoch auch außerhalb der Frist für die Verfolgungsverjährung ohne weiteres berichtigt werden, was im Zuge der Neufassung des ersten Absatzes des Spruches nunmehr erfolgt ist. Hinsichtlich der weiters eingewendeten örtlichen Unzuständigkeit wird darauf hingewiesen, dass nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes in jenen Fällen - in welchen, wie im vorliegenden Fall - für eine Filiale eines Unternehmens ein Mitarbeiter rechtswirksam zum verantwortlichen Beauftragten bestellt wurde, der Standort der Filiale auch als Tatort anzusehen ist. Die Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung hat daher zu Recht als die für die Filiale in S, T S, zuständige Behörde entschieden. Zur Strafbemessung: Die Strafnorm des § 28 Abs 1 AZG, BGBl. Nr. 461/1969, sieht in der zur Tatzeit geltenden Fassung BGBl. I Nr. 175/2004, einen Strafrahmen von ? 20,00 bis ? 436,00 vor. Neben den objektiven Kriterien des Unrechtsgehaltes der Tat kommt im ordentlichen Verfahren als Strafbemessungsgrundlage die Prüfung der subjektiven Kriterien des Schuldgehaltes der Tat, somit auch die in der Person des Beschuldigten gelegenen Umstände, hinzu. Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) daher die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Bei der Strafbemessung ist hinsichtlich beider verbleibender Spruchpunkte die absolute Unbescholtenheit des Berufungswerbers als mildernd zu berücksichtigen. Die vorangegangene schriftliche Aufforderung vom 16.04.2004 hinsichtlich der Einhaltung von Arbeitszeitbestimmungen rechtfertigt allerdings nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (unter anderem 29.03.1976, Zl. 95/02/0605 und 25.01.2005, Zl. 2004/02/0312) die Annahme vorsätzlicher Begehungsweise. Die frühere Aufforderung gemäß § 9 ArbIG vom 06.06.2001 kann dem Berufungswerber hingegen nicht zur Last gelegt werden, weil er zu dieser Zeit noch nicht verantwortlich beauftragter Filialleiter der gegenständlichen B Filiale war. Zusammenfassend ist somit hinsichtlich beider Spruchpunkte als mildernd die absolute Unbescholtenheit und als erschwerend die vorangegange Aufforderung des Arbeitsinspektorates vom 16.04.2004 anzusehen. In Punkt 5.) war die Berufung auf Grund des gravierenden Ausmaßes der Überschreitung der wöchentlichen Arbeitszeit um immerhin 19 Stunden abzuweisen. In Punkt 6.) wurde die erlaubte Wochenarbeitszeit von 50 Stunden hingegen nur um 4,93 Stunden überschritten. Die von der Erstinstanz verhängte Geldstrafe, welche immerhin fast die Hälfte der Höchststrafe beträgt, erschien daher trotz Vorliegen eines Erschwerungsgrundes zu hoch bemessen, weshalb die Strafe in Punkt 6.) herabzusetzen war. Die als durchschnittlich zu bezeichnenden Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Berufungswerbers (monatliches Einkommen ? 1.900,00 netto, Hälfteigentum an einem Einfamilienhaus im Wert von ca. ? 145.000,00, Sorgepflichten für zwei Kinder und Belastungen lt. Beilage ./A zur Verhandlungsschrift vom 23.05.2005) wurden bei der Strafbemessung berücksichtigt. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Bestellungsurkunde räumlicher Verantwortungsbereich Filiale auswärtige Arbeiten Anordnungsbefugnis
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten