TE UVS Steiermark 2003/10/21 30.9-21/2003

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.10.2003
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Christian Erkinger über die Berufung des K F, vertreten durch Mag. B, Rechtsanwalt in G, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 14.01.2003, GZ.: 15.1 1999/2002, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird die Berufung des angefochtenen Straferkenntnisses abgewiesen.

Gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens den Betrag von ? 14,-- binnen vier Wochen ab Zustellung dieses Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu leisten.

Text

Mit dem oben näher bezeichneten Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 14.01.2003 wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, dass gegen ihn am 19.01.2002 von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes ein Betretungsverbot angeordnet wurde, wobei dem Berufungswerber die Rückkehr nach F untersagt wurde und der Berufungswerber dieses Betretungsverbot missachtet hat, indem er in den oben angeführten Schutzbereich eingedrungen ist.

Er habe dadurch die Rechtsvorschriften des §§ 84 Abs. 1 Z 2 i.V.m. 38a Abs. 2 Sicherheitspolizeigesetz verletzt und es wurden über ihn ? 70,-- Geldstrafe, im Fall der Uneinbringlichkeit 3 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, verhängt.

Begründet wurde dieses Straferkenntnis im Wesentlichen damit, dass die Behörde erster Instanz den Sachverhalt aufgrund eines durchgeführten Ermittlungsverfahrens und der dienstlichen Wahrnehmung eines Gendarmeriebeamten als erwiesen ansah. Gegen dieses Straferkenntnis erhob F rechtzeitig Berufung, in der er zusammenfassend ausführt, dass er keine Verwaltungsübertretung begangen habe, da das Betretungsverbot am 19.01.2002 ausgesprochen worden sei und mit Ablauf des 28.01.2002 beendet gewesen sei. Somit habe dieses Betretungsverbot am 29.01.2002 nicht mehr bestanden, als der Berufungswerber am besagten Grundstück aufhältig gewesen sei. Ebenso wird angeführt, dass die bescheiderlassende Behörde beim Ermittlungsverfahren die Einladung seitens des Stiefsohnes völlig außer Acht gelassen habe, wäre sie doch gemäß § 37 AVG dazu verpflichtet gewesen, den maßgeblichen Sachverhalt zu ermitteln. Seitens des Berufungswerbers wird ein Verstoß gegen das Betretungsverbot gemäß § 38a SPG ausdrücklich bestritten und es werden die Anträge gestellt, den angefochtenen Bescheid zu beheben, in der Sache selbst zu entscheiden und den Beschuldigten vom Vorwurf der Verletzung des Betretungsverbotes freizusprechen bzw. den angefochtenen Bescheid aufzuheben und zur neuerlichen Entscheidung an die erste Instanz zurückzuverweisen. Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark ist bei seiner Entscheidung von folgenden Überlegungen ausgegangen:

Gemäß § 51 Abs. 1 VStG steht dem Beschuldigten das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat; somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung. Da im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine ? 2.000,-- übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war gemäß § 51c VStG die Zuständigkeit des Einzelmitgliedes gegeben. Gemäß § 51e Abs. 1 VStG wurde aufgrund der Aktenlage von einer Verhandlung abgesehen, da es sich hierbei um eine reine Rechtsfragenbeurteilung handelt. Die Berufungsbehörde geht von folgendem, als erwiesen angenommenen Sachverhalt aus:

Am 19.01.2002 um 13.30 Uhr wurde von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes gegen F ein Betretungsverbot gemäß § 38a Abs. 2 SPG angeordnet, wobei dem Berufungswerber die Rückkehr nach F untersagt wurde. Grund für dieses Betretungsverbot war eine Auseinandersetzung zwischen dem Beschuldigten und seiner Gattin F, wobei diese am Körper verletzt wurde. Gegen F wurde das Rückkehrverbot telefonisch ausgesprochen, da er sich beim Eintreffen der Gendarmeriebeamten nicht mehr am Tatort befand und auch in weiterer Folge davon Abstand nahm, am Gendarmerieposten persönlich zu erscheinen. Am 29.01.2002 betrat der Beschuldigte zwischen 18.15 Uhr und 21.30 Uhr das Haus F. Dies geschah eigenen Angaben zufolge auf die Auforderung des Stiefsohnes hin, zu einem Gespräch am 29.01.2002 am angeführten Tatort zu erscheinen.

Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 84 Abs. 1 Z 2 SPG begeht eine Verwaltungsübertretung, wer einer mit Verordnung gemäß § 49 leg cit getroffenen Maßnahme, deren Nichtbefolgung mit Verwaltungsstrafe bedroht ist, zuwiderhandelt. Gemäß § 38a Abs. 2 leg cit sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigt, einem Menschen das Betreten eines festzulegenden Bereiches unter der Voraussetzung zu untersagen, dass aufgrund bestimmter Tatsachen, insbesondere eines vorangegangenen gefährlichen Angriffs, anzunehmen ist, es stehe ein gefährlicher Angriff auf Leben, Gesundheit oder Freiheit bevor. Das Betretungsverbot wirkt gegenüber demjenigen, von dem die Gefahr ausgeht, und erstreckt sich auf eine Wohnung, in der ein Gefährdeter wohnt, und deren unmittelbarere Umgebung. Dem Wegzuweisenden ist zur Kenntnis zu bringen, auf welchen räumlichen Bereich sich das Betretungsverbot unter Maßgabe der Erfordernisse eines wirkungsvollen vorbeugenden Schutzes bezieht. Die einschreitenden Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes haben vor Anwendung dieser Befugnisse zu prüfen, ob ein gefährlicher Angriff auf die Rechtsgüter Leben, Gesundheit oder Freiheit wahrscheinlich ist. Als Indikatoren für die Wahrscheinlichkeit eines gefährlichen Angriffs kommen unter anderem insbesondere vorangegangene einschlägige Vorfälle, Verletzungen und Spuren am Einsatzort in Betracht. Diese Indikatoren waren bei vorliegendem, als erwiesen angenommenen, Sachverhalt gegeben und damit wurde das Betretungsverbot rechtmäßig ausgesprochen, da maßgebliches Kriterium alleine die Wahrscheinlichkeit eines künftigen gefährlichen Angriffes ist. Ein Betretungsverbot wirkt ab dem Zeitpunkt, in dem es dem Betroffenen gegenüber ausgesprochen wird, dennoch richtet sich die Berechnung der Zehntagesfrist nach § 31 Abs. 1 AVG, welcher gemäß § 24 VStG im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden ist. Demzufolge wird bei der Berechnung von Fristen, die nach Tagen bestimmt sind, der Tag nicht mitgerechnet, in den der Zeitpunkt oder das Ereignis fällt, wonach sich der Anfang der Frist richten soll. Somit ist die entscheidende Frist erst am 29.01.2002 um 24.00 Uhr abgelaufen. Bezugnehmend auf die Aufforderung des Stiefsohnes, das Grundstück zu betreten, ist festzuhalten, dass der räumliche Bereich des Betretungsverbotes nach Maßgabe der Erfordernisse eines wirkungsvollen vorbeugenden Schutzes zu bestimmen und dem Betroffenen in mündlicher Form deutlich zur Kenntnis zu bringen ist. Die Besitz- und Eigentumsverhältnisse an der Wohnung sind für die Anordnung der Maßnahmen unbeachtlich. Darüber hinaus bleibt auch eine Einladung des Stiefsohnes und in weiterer Folge, dass nur dessen Grundstückshälfte betreten wurde, irrelevant, da der räumliche Bereich der Anordnung das gesamte Haus samt Umfriedung mit einschließt. In Bezug auf die Einladung an sich ist anzumerken, dass das Betretungsverbot, da getragen von gesamtgesellschaftlichen Interessen, vom Willen des Gefährdeten losgelöst ist und zu dessen Sicherheit auch gegen dessen Willen durchgesetzt werden kann. Mittels Größenschluss kommt man zu dem Ergebnis, dass der Gefährdete selbst nicht bestimmen kann, wann das Betretungsverbot gelten soll, somit ein Dritter noch weniger das Recht hat, darüber zu disponieren. Die diesbezügliche Berufungsverantwortung geht somit ins Leere. Strafbemessung Gemäß § 19 Abs. 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Der Schutzzweck der in concreto verletzten Norm stellt darauf ab, dass Wegweisung und Betretungsverbot dem vorbeugenden Schutz von Rechtsgütern bei häuslicher Gewalt dienen.

§ 38a Abs. 1 und 2 SPG steht der Wegweisung gefährlicher Menschen zur Verfügung, die vor allem auf die Verhinderung von Gewalttätigkeiten in Familien abzielt, wobei insbesondere die körperliche Sicherheit als oberstes Schutzgut anzusehen ist. Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwiegen. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Demnach war bei der getroffenen Entscheidung als erschwerend eine einschlägige Übertretung gemäß §§ 84 Abs. 1 Z 2 i.V.m. 38a Abs. 2 SPG vom 24.01.2002, als mildernd nichts zu werten.

Eine Änderung der verhängten Strafe ergab sich somit nicht, zumal die ausgesprochene Strafe durchaus dem Unrechtsgehalt der Übertretung, dem gesetzten Verschulden, als auch den angegebenen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen angepasst erscheint. Die Einkommensverhältnisse wurden mit ? 1.300,-- monatlich angegeben. Es bestehen Verbindlichkeiten in Höhen von ?

300.000,--, Unterhaltspflichten wurden verneint. Insgesamt gesehen konnte in der von der belangten Behörde vorgenommenen Strafbemessung keinerlei Rechtswidrigkeit erblickt werden. In Anbetracht sämtlicher objektiver und subjektiver Strafbemessungsgründe war somit auf Basis der zitierten gesetzlichen Bestimmungen aus den angeführten Erwägungen, wie aus dem Spruch ersichtlich, zu entscheiden.

Schlagworte
Betretungsverbot Rückkehrverbot Geltungsbereich Haus
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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