TE Vwgh Beschluss 2001/10/17 96/13/0058

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Veröffentlicht am 17.10.2001
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

BAO §188;
BAO §191 Abs1 litc;
BAO §191 Abs3;
BAO §92 Abs1 litb;
BAO §93 Abs2;
GewStG §1 Abs2 Z1;
GewStG §18;
GewStG §4 Abs1;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde

1. der S GesmbH, 2. der RS und 3. des HS, alle in W, alle vertreten durch Dr. Friedrich Valzachi, Rechtsanwalt in Wien IX, Prechtlgasse 9, gegen die Erledigung der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat I) vom 23. Februar 1996, GZ. GA 15-95/1352/05, betreffend Nichtfeststellung von Einkünften sowie Nichtfestsetzung von Gewerbesteuer für die Jahre 1989 bis 1993, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

An der erstbeschwerdeführenden S GesmbH sind die zweitbeschwerdeführende R.S. zu 80 % und der drittbeschwerdeführende H.S. zu 20 % beteiligt. Das Stammkapital in Höhe von S 500.000,-- wurde zur Hälfte einbezahlt.

Mit 10. Jänner 1987 wurden zwei Verträge zur Errichtung einer unechten stillen Gesellschaft geschlossen, wonach die Zweitbeschwerdeführerin und der Drittbeschwerdeführer der Erstbeschwerdeführerin jeweils als stiller Gesellschafter beitreten sollten. Die Einlage jedes der beiden stillen Gesellschafter beträgt nach den Gesellschaftsverträgen je S 125.000,--. Die Beteiligung am Betriebsvermögen sowie am Gewinn und Verlust wurde in den Verträgen über die stillen Gesellschaften dahin vereinbart, dass der erstbeschwerdeführenden S GmbH 10 % und der Zweitbeschwerdeführerin und dem Drittbeschwerdeführer jeweils 45 % des Erfolges zukommen sollten. Bei Auflösung der Gesellschaft wurde vereinbart, dass "der stille Gesellschafter Anspruch auf Auseinandersetzung habe; sein Kapitalanteil sich unter Zugrundelegung der Teilwerte gemäß Bewertungsgesetz und des ideellen Wertes der Firma errechne".

Mit Erledigung vom 3. Juli 1995 traf das Finanzamt die Feststellung, dass eine einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften aus Gewerbebetrieb sowie eine Festsetzung einer Gewerbesteuer für die Jahre 1989 bis 1993 nicht zu erfolgen habe. Das Finanzamt begründete diese Erledigung damit, dass die Betriebsprüfung für die Jahre 1987 und 1988 festgestellt habe, dass "das Gesellschaftsverhältnis steuerlich nicht anzuerkennen" sei, diese Feststellung von der Finanzlandesdirektion mit Berufungsentscheidung vom 10. Mai 1995 bestätigt worden sei und sich die Sachlage für die Jahre 1989 bis 1993 nicht geändert habe. Diese Erledigung war an die "S GesmbH u Mitges. z.Hd. (Steuerberater)" gerichtet.

In der gegen diesen "Bescheid" vom Steuerberater für seine "Mandantschaft" erhobenen Berufung wurde dargelegt, aus welchen Gründen die Rechtsbeziehungen der stillen Gesellschafter zur Erstbeschwerdeführerin entgegen der Auffassung des Finanzamtes steuerlich doch als Mitunternehmerschaft zu beurteilen seien.

Mit der nunmehr angefochtenen, an die "S GesmbH und Mitgesellschafter z.Hd. (Steuerberater)" gerichteten Erledigung wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. In der Begründung der angefochtenen Erledigung kam die belangte Behörde zum Ergebnis, dass unter den näher dargelegten Umständen die "Berufungswerberin nur zu dem Zweck gegründet wurde, die erklärten Verluste im Jahr des Anfallens in möglichst großer Höhe bei den Ehegatten S. steuerwirksam ausgleichen zu können".

In der gegen diese Erledigung gerichteten Beschwerde wird von den Beschwerdeführern geltend gemacht, dass die "Gründung der atypisch stillen Gesellschaft keinen Gestaltungsmissbrauch darstellt, richtigerweise wäre die atypisch stille Gesellschaft als Steuersubjekt anzuerkennen gewesen."

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Gemäß § 93 Abs. 2 BAO ist jeder Bescheid ausdrücklich als solcher zu bezeichnen, hat den Spruch zu enthalten und in diesem die Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft) zu nennen, an die er ergeht.

Nach ständiger Rechtsprechung ist die Personenumschreibung notwendiger Bestandteil eines Bescheidspruchs mit der Wirkung, dass ohne gesetzmäßige Bezeichnung des Adressaten im Bescheidspruch (zu dem auch das Adressfeld zählt) kein individueller Verwaltungsakt gesetzt wird (siehe etwa den hg. Beschluss vom 2. August 2000, Zl. 99/13/0014, m.w.N.).

Nach der Bestimmung des § 190 Abs. 1 BAO finden auf Feststellungen gemäß §§ 185 bis 189 die für die Festsetzung der Abgaben geltenden Vorschriften sinngemäß Anwendung. Dies gilt - nach § 190 Abs. 1 zweiter Satz BAO in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 201/1996 - auch für Bescheide, mit denen ausgesprochen wird, dass die vorgenannten Feststellungen zu unterbleiben haben.

Gemäß § 191 Abs. 1 lit. c BAO ergeht der Feststellungsbescheid in den Fällen des § 188 BAO an die Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit, deren Gesellschaftern (Mitgliedern) gemeinschaftliche Einkünfte zugeflossen sind.

Nach § 191 Abs. 3 lit. b BAO wirken Feststellungsbescheide i. S.d. § 188 BAO gegen alle, denen gemeinschaftliche Einkünfte zufließen.

Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage hat die angefochtene Erledigung aber keine Bescheidqualität erlangt.

Die angefochtene zweitinstanzliche Erledigung benennt ihren Adressaten durch die firmenrechtlich wohl korrekte Bezeichnung der Erstbeschwerdeführerin als Geschäftsherrin der stillen Gesellschaften mit der Zweitbeschwerdeführerin und dem Drittbeschwerdeführer und knüpft an die Bezeichnung der Erstbeschwerdeführerin den Zusatz "und Mitgesellschafter" an. Solcherart hat die belangte Behörde ihre Erledigung aber nicht an eine Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit im Sinne des § 191 Abs. 1 lit. c BAO gerichtet. Die "S GesmbH und Mitgesellschafter" gibt es nämlich nicht. Da die stille Gesellschaft wesentlich durch ihre Zweigliedrigkeit gekennzeichnet ist (vgl. hiezu etwa das hg. Erkenntnis vom 29. Mai 1996, VwSlg 7102/F), gibt es handelsrechtlich im Beschwerdefall nur zwei gesonderte und voneinander unabhängige stille Gesellschaften jeweils der Zweitbeschwerdeführerin und des Drittbeschwerdeführers zur erstbeschwerdeführenden Geschäftsherrin, nicht aber eine alle stille Gesellschafter umfassende Personengemeinschaft. Eine steuerliche Anerkennung als Mitunternehmerschaft ist der in der angefochtenen Erledigung bezeichneten Personenmehrheit gegenüber auch nicht erfolgt.

Die angefochtene Erledigung ist damit an einen im § 191 Abs. 1 lit. c BAO genannten Adressaten nicht ergangen. Einen solchen gab es nicht. Es entfaltet damit die Erledigung der belangten Behörde auch der Erstbeschwerdeführerin gegenüber ungeachtet der Anführung ihrer firmenmäßigen Bezeichnung keine Wirksamkeit. Ein nach § 92 Abs. 1 lit. b BAO ergangener Bescheid, mit dem ausgesprochen wird, dass eine einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften unterbleibt, ist ein Grundlagenbescheid im Sinn des § 188 BAO (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 27. Jänner 1998, Zl. 97/14/0158, und vom 24. Februar 2000, Zl. 97/15/0129). Die Einheitlichkeit als Wesensmerkmal des Feststellungsbescheides nach § 188 BAO gilt somit auch für den Bescheid, mit dem ausgesprochen wird, dass eine solche Feststellung nicht zu erfolgen hat. Auch ein solcher Bescheid muss die Gesamtheit der Rechtssubjekte erreichen, denen gegenüber das Unterbleiben einer einheitlichen und gesonderten Feststellung von Einkünften ausgesprochen wird. Ein nur an eines der in Betracht kommenden Rechtssubjekte gerichteter Bescheid solchen Inhaltes bleibt wirkungslos.

Die angefochtene Erledigung hat aus den dargelegten Gründen keine Rechtswirksamkeit erlangt, weshalb die Möglichkeit einer durch diese Erledigung bewirkten Verletzung der geltend gemachten subjektiv-öffentlichen Rechte der Beschwerdeführer auszuschließen war. Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass auch die erstinstanzliche Erledigung aus denselben Gründen keine Rechtswirksamkeit erlangt hat und die vor der belangten Behörde anhängige Berufung nach den Erwägungen zur mangelnden Bescheidqualität nur in der Zurückweisung der erhobenen Berufung hätte bestehen dürfen und an alle Rechtssubjekte hätte gerichtet werden müssen, denen die erhobene Berufung zugerechnet werden durfte.

Soweit die angefochtene Erledigung über die Nichtfestsetzung der Gewerbesteuer abspricht, ist darauf hinzuweisen, dass eine Gewerbesteuerfestsetzung - anders als hinsichtlich der einheitlichen und gesonderten Feststellung der Einkünfte gemäß § 191 Abs. 3 BAO - nicht gegenüber den Gesellschaftern einer Gesellschaft im Sinne des § 1 Abs. 2 Z 1 GewStG als Mitschuldner (§ 4 Abs. 1 leg. cit.) wirkt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 28. Juni 2000, Zl. 95/13/0182, und den hg. Beschluss vom 15. Dezember 1994, Zl. 94/15/0151). Gleiches muss auch für eine "Nichtfestsetzung" von Gewerbesteuer gelten. Selbst wenn die stillen Gesellschaften anerkannt worden wären und die angefochtene Erledigung an eine bestehende Mitunternehmerschaft gerichtet gewesen wäre, hätte ein solcher nicht an die Beschwerdeführer gerichteter Bescheid die Beschwerdeführer in ihren Rechten nicht verletzen können.

Die Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen, was der Verwaltungsgerichtshof in einem nach § 12 Abs. 4 VwGG gebildeten Senat beschlossen hat.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff, insbesondere auf § 51 VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 17. Oktober 2001

Schlagworte

Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Mangelnder Bescheidcharakter Bescheidbegriff AllgemeinMangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Mangelnde Rechtsverletzung Beschwerdelegitimation verneint keineBESCHWERDELEGITIMATION

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:1996130058.X00

Im RIS seit

03.04.2002

Zuletzt aktualisiert am

03.04.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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