TE UVS Tirol 2005/06/24 2004/13/120-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.06.2005
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Martina Strele über die Berufung von Herrn U. S., XY, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. B. H., XY, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Imst vom 07.06.2004, Zl VK-26611-2004, wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) iVm § 24, 51, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

 

Der Berufungswerber hat gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von 20 Prozent der verhängten Geldstrafe, das sind Euro 60,00, zu bezahlen.

 

Der Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses wird insoferne berichtigt, als erstens das Kennzeichen des gegenständlichen Sattelanhängers anstatt XY nunmehr XY und zweitens die Tatzeit anstelle von 01.53 Uhr nunmehr 01.55 Uhr zu lauten hat.

Text

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Imst vom 07.06.2004, Zl VK-26611-2004, wurde dem Berufungswerber spruchgemäß nachstehender Sachverhalt vorgeworfen:

 

Sie haben es als handelrechtlicher Geschäftsführer und somit als das im Sinne des § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich verantwortliche Organ der T. S. N., welche Zulassungsbesitzerin des Sattelzugfahrzeuges, Kennzeichen XY ist, unterlassen, dafür zu sorgen, dass das Sattelkraftfahrzeug (Sattelzugfahrzeug mit dem Kennzeichen XY und Sattelanhänger XY) und seine Beladung unbeschadet allfälliger Ausnahmegenehmigungen oder bewilligungen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes und der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen entspricht, weil bei der am 12.1.2004, um 01.53 Uhr vom Lenker M. E., in Nauders, auf der B 180, bei km 46,070, durchgeführten Fahrt festgestellt wurde, dass durch die Beladung das im § 4 Abs 7a KFG angeführte Gesamtgewicht von 40.000 kg bei Kraftwagen mit Anhängern um 1.500 kg überschritten war.

 

Der Beschuldigte hat dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 103 Abs 1 Z 1 KFG iVm § 4 Abs 7a KFG

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über ihn folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von Euro 300,00, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 72 Stunden, gemäß § 134 Abs 1 KFG?

 

Dagegen erhob der Berufungswerber fristgerecht das Rechtsmittel der Berufung und führte in dieser aus wie folgt:

 

Dem Beschuldigten wird zur Last gelegt, er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als das im Sinne des § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich verantwortliche Organ der Transhölbing S. N., welche Zulassungsbesitzerin des Sattelzugfahrzeuges, Kennzeichn XY, unterlassen, dafür zu sorgen, dass das Sattelkraftfahrzeug (Sattelzugfahrzeug mit dem Kennzeichen XY und Sattelanhänger XY/Belgien ) und seine Beladung unbeschadet allfälliger Ausnahmegenehmigungen oder bewilligungen  den Vorschriften dieses Bundesgesetzes und der aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen entspricht, weil bei der am 12.01.2004, um 01.53 Uhr, vom Lenker M. E., in Nauders, auf der Reschenstraße B 180, bei km 46,070 durchgeführten Fahrt festgestellt worden sei, dass durch die Beladung das im § 4 Abs 7a KFG erlaubte Gesamtgewicht von 40.000 kg bei Kraftwagen mit Anhänger um 1500 kg überschritten worden sei.

 

Das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Imst vom 07.06.2004 wird zur Gänze angefochten.

 

Zum Sachverhalt:

 

Mit Schreiben der belangten Behörde vom 27.02.2004 wurde der Beschuldigte als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Fa T. S. mit Sitz in Italien N. aufgefordert, sich zur gegenständlichen Verwaltungsübertretung zu äußern.

 

Der Beschuldigte ist auch Geschäftsführer eines österreichischen Transportunternehmens mit Sitz in Pfunds/Tirol. Aus diesem Grund betraute der Beschuldigte eine langjährige Mitarbeiterin der Fa T. S., Frau E. N., wohnhaft in XY, italienische Staatsbürgerin, zur Verantwortlichen für Angelegenheiten des Güterbeförderungsgewerbes und den Pflichten eines Halters/Zulassungsbesitzers von betriebseigenen Kraftfahrzeugen. Der Aufgabenbereich wurde sowohl örtlich als auch sachlich ausreichend bestimmt, wobei insbesondere auf die Pflichten des Zulassungsbesitzers explizit Bezug genommen wurde.

 

Die Bestellung und auch die ausdrückliche Zustimmung erfolgten schriftlich und wurde eine verantwortliche Beauftragte im Sinne des § 9 Abs 2 iVm Abs 4 VStG für die Fa T. S. / N. der belangten Behörde mit Schreiben vom 01.04.2003 bekannt gegeben.

 

Beweis: Vereinbarung vom 01.04.2003

 

Der Beschuldigte hat somit eine verwaltungsstrafrechtlich verantwortliche Person für die gegenständliche Verwaltungsübertretung der belangten Behörde bekannt gegeben und beantragte daraufhin die Einstellung des Verfahrens gegen seine Person.

 

Mangelhafte Sachverhaltsfeststellung:

 

1.) Täter:

 

Die belangte Behörde stellte fest, dass Frau N. italienische Staatsbürgerin mit Hauptwohnsitz in Italien sei und die Zustellungen im Verwaltungsstrafverfahren nicht durch Staatsverträge und auch nicht auf andere Art und Weise sichergestellt sei.

 

Gemäß § 9 Abs 4 VStG könne ein verantwortlicher Beauftragter nur eine Person mit Hauptwohnsitz im Inland sein. Da eine Zustellung nicht durch Staatsverträge (es bestehe kein diesbezüglicher Vertrag zwischen Österreich und Italien) und auch nicht auf andere Art und Weise sichergestellt sei, komme Frau N. auch nicht als verantwortlicher Beauftragter nach § 9 Abs 4 VStG für die Firma T. S. mit Sitz in N. in Frage.

 

Die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit für die gegenständliche Verwaltungsübertretung wird vom Beschuldigten ausdrücklich bestritten.

 

a.) Zur Frage des Hauptwohnsitzes.

 

Nach Ansicht des Europäischen Gerichtshofes verbietet das in Art 39 EGV verankerte Prinzip der Arbeitnehmerfreizügigkeit nicht nur unmittelbare auf die Staatsangehörigkeit abstellende Diskriminierungen von ausländischen Arbeitnehmern aus anderen EU-Mitgliedstaaten, sondern auch versteckte Diskriminierungen, die auf Unterscheidungsmerkmale abstellen, durch die regelmäßig Ausländer benachteiligt werden.

Das Erfordernis eines inländischen Wohnsitzes kann nach Auffassung des EuGH eine solche mittelbare Diskriminierung darstellen (siehe Urteil vom 7. Mai 1998 betreffen Fall C. C. Autoservice GmbH, Rs C-350196)

 

Diese Rechtsansicht wird nach herrschender Ansicht (siehe Hauer/Leukauf, 6. Auflage, 1288) auch auf § 9 Abs 4 VStG in Bezug auf das Hauptwohnsitzerfordernis anzuwenden sein, zumal das Gemeinschaftsrecht Vorrang vor den österreichischen Bestimmungen hat.

 

Auf Grund dieser Vorrangwirkung können insbesondere italienische Staatsangehörige, die ihren Hauptwohnsitz in Italien haben, auch für verantwortliche Beauftragte für italienische Unternehmen, wie die Fa. T. S., bestellt werden und in österreichischen Verwaltungsstrafverfahren zur Verantwortung gezogen werden.

 

Der Hauptwohnsitz ist im gegenständlichen Fall kein Hindernis für eine rechtswirksame Bestellung eines Beauftragten gemäß § 9 Abs 2 VStG.

 

b.) Zur Frage der Zustellung im Verwaltungsstrafverfahren:

 

Der Beschuldigte bestellte schon vor Frau N. einen verantwortlichen Beauftragten im Sinne des § 9 Abs 2 VStG und gab diese Bestellung rechtswirksam einer österreichischen Verwaltungsbehörde bekannt.

 

Der unmittelbare Vorgänger von Frau N. als verantwortliche Beauftragter der Fa. T. S. war ein Herr N. B., XY. Die BH Landeck stellte im Zuge mehrerer Verwaltungsstrafverfahren rechtswirksam Strafverfügungen an die Adresse des Beschuldigten in Italien zu.

 

Im Berufungsverfahren vor dem UVS in Tirol, GZ: uvs-2003/13/232-1, wurden die Bescheide der BH Landeck zu Zl VK-18253-2003 bestätigt, wobei die Berufungsbehörde folgendes ausführt:

 

Gemäß § 11 ZustG und den Bestimmungen des Europäischen Übereinkommens über die Zustellung von Schriftstücken in Verwaltungssachen im Ausland ist das Recht des ersuchten Staates für die Beurteilung der Gültigkeit der Zustellung maßgebend. Wie das Regierungskommissariat für die Provinz Bozen der Republik Italien in einem Schreiben an die Erstbehörde mitgeteilt hat, gilt nach italienischem Recht die Annahmeverweigerung einer Sendung jedenfalls als ausgeführte Zustellung.

 

Daraus folgt:

 

1.)

Nach Ansicht der BH Landeck und der Rechtsprechung des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol kann der Beschuldigte für das italienische Unternehmen, Fa. T. S., sehr wohl einen italienischen Staatsbürger mit Hauptwohnsitz in Italien als verantwortlicher Beauftragter im Sinne des § 9 Abs 2 iVm Abs 4 VStG einer Verwaltungsstrafbehörde mit exculpierender Wirkung bekannt geben.

 

2.)

Das Hauptwohnsitzkriterium im § 9 Abs 4 VStG ist nicht auf EU-Bürger anzuwenden.

 

3.)

Die Zustellung im Verwaltungsstrafverfahren ist durch die Postzustellung und die Zusammenarbeit mit den italienischen Behörden aufgrund des Zustellgesetzes und der Europäischen Übereinkommens über die Zustellung von Schriftstücken in Verwaltungssachen im Ausland faktische und somit auf andere Weise im Sinne des § 9 Abs 4 VStG sichergestellt.

 

4.)

Die räumliche und sachliche Abgrenzung der Verantwortung, die Zustimmung zur Bestellung und die konkrete Anordnungsbefugnis ergibt sich unmittelbar aus der Vereinbarung über die Bestellung und stimmt mit der behördlich anerkannten Bestellung des Vorgängers von Frau N., Herrn N. als verantwortlicher Beauftragter der Fa. T. S. überein.

 

Im gegenständlichen Verfahren waren sämtliche Voraussetzungen für die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs 2 VStG erfüllt. Eine Bestrafung des Beschuldigten als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit verantwortliche Person der Fa. T. S., N., ist unzulässig.

 

2.) Verwiegung

 

Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens stellt die belangte Behörde folgenden Sachverhalt fest:

 

Aus dem Wiegeschein zu GZ A 21 und 2.2/04 ergibt sich, dass am 12.01.04 um 01.55 Uhr ein Gewicht von 41,50 t auf der amtlich gültig geeichten Waage gemessen wurde. Vor der Verwiegung wurde eine Nullmessung durchgeführt.

 

Die belangte Behörde stützt ihre Feststellungen auf die Anzeige des GP Nauders, wobei als Beweis für die ordnungsgemäße Verwiegung drei Verwiegungen im Akt dokumentiert wurden.

 

Die erste Verwiegung fand um 01.52 Uhr statt und ist eine sog. Nullverwiegung. Damit wird sichergestellt, dass die Waage im unbelasteten Zustand auf Null einspielt. Aufgrund einer Dienstanweisung ist diese sog. Nullverwiegung mittels Wiegeschein zu belegen.

 

Die zweite Verwiegung fand eine Minute später statt und führte im Ergebnis zu einem Gewicht von 40,90 t. Diese Verwiegung wurde vom Beamten nicht akzeptiert, weil angeblich das Fahrzeug mit dem Vorderreifen neben der Waage gewesen sein soll.

 

Erst die dritte Verwiegung um 01.55 Uhr wurde vom Beamten für gültig erachtet.

 

a.) Keine Nullverwiegung:

 

Die Verwiegung wurde nicht ordnungsgemäß durchgeführt, zumal vor der eigentlichen Verwiegung um 01.55 Uhr offensichtlich keine neue Nullverwiegung stattgefunden hat. Es ist nicht als erwiesen anzusehen,. dass das zu verwiegende Fahrzeug vollständig von der Waage abgefahren ist und die Waage wieder nachweislich auf Null eingespielt ist.

 

Überdies hätte die belangte Behörde im Rahmen der freien Beweiswürdigung begründen müssen, wie das Verhalten eines Beamten als glaubwürdig zu bewerten ist, wenn er offensichtlich die Dienstanweisungen einer vorgesetzten Behörde hinsichtlich einer Nullverwiegung missachtet.

 

b.) Mangelhafte Qualifizierung:

 

Überdies hat ein Wiegemeister den Wiegevorgang zu beobachten und dafür zu sorgen, dass das Fahrzeug vollständig auf der Wiegeplatte zum Stehen kommt. Erst dann darf die Verwiegung durchgeführt werden.

 

Im gegenständlichen Fall wurde eine Verwiegung vorgenommen und mittels Wiegeschein dokumentiert. Erst nach der Verwiegung hat der Beamte eine fehlerhafte Verwiegung festgestellt, zumal ein Vorderreifen des Fahrzeuges nicht auf der Wiegeplatte sich befand und das Wiegeergebnis ungenau sein musste.

 

Die Qualifizierung jenes Beamten, der die Verwiegung vorgenommen hat wird ausdrücklich bestritten und ist aufgrund der im Akt dokumentierten Vorgehensweise der Beamten nicht auszuschließen, dass die Verwendungsbestimmungen der Brückenwaage nicht eingehalten wurden,

 

c.) Keine Beweissicherung:

 

Die belangte Behörde stützt ihre Sachverhaltsfeststellung lediglich auf die Anzeige des GP Nauders.

 

Die Einhaltung von Verwendungsbestimmungen von Brückenwaagen durch die Beamten wurde seitens der Behörde nicht überprüft, obwohl nachweislich eine Verwiegung fehlerhaft war und eine Nullverwiegung vor der eigentlichen Verwiegung unterlassen wurde.

 

Beweis: Einvernahme der Meldungsleger

 

Es wurde kein Eichschein eingeholt, wobei der Anzeige nicht zu entnehmen ist, wann die letzte Eichung stattgefunden hat und für welchen Zeitraum die Eichung gilt.

 

Beweis: Vorlage des Eichscheines

 

Die belangte Behörde hat aufgrund der fehlerhaften Verwiegung es unterlassen, festzustellen, ob die Beamten in Bezug auf die Verwiegung von Fahrzeugen tatsächlich geschult sind und eine Nachweis über die Schulung vorliegt.

 

Beweis: Vorlage eines Schulungsnachweises

 

Sowohl die Verwiegung als auch das Wiegeergebnis werden ausdrücklich als unzulässig bestritten.

 

Mangelhafte Begründung:

 

Gemäß § 58 Abs 2 und § 60 AVG sind Bescheide zu begründen. Das innere Ausmaß der Begründung wird durch das von der Rechtsordnung anerkannte Rechtsschutzinteresse der Partei bestimmt (VWGH 26. 06. 1959 Slg 5.007 A, 05. 03. 1982, 81/08/0016 ua).

 

Die Bescheidbegründung hat auf jede strittige Sach und Rechtsfrage von Relevanz einzugehen (VWGH 25. 10. 1994, 94/14/0016).

 

Die Behörde hat in der Begründung die Gedankenvorgänge und Eindrücke aufzudecken, die dafür maßgebend waren, dass sie das eine Beweismittel dem anderen vorgezogen und eine Tatsache für wahr oder unwahr gehalten hat (VWGH 15. 01. 1986, 85/03/0111, 25. 02. 1987, 86/03/0222, 09. 05. 1990, 89/03/0100 ua, alle Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens,5. Auflage, § 58 Abs 2 E1, 2).

 

Bei der Beweiswürdigung kann vom freien Ermessen der Verwaltungsbehörde keine Rede sein. Freies Ermessen käme nur dann in Betracht, wenn es sich darum handelt, aufgrund eines bereits festgestellten Sachverhaltes nach Maßgabe von Ermessungsbestimmungen eine Entscheidung zu treffen, während die freie Beweiswürdigung eine ganz andere Verfahrensstufe, und zwar die Beurteilung der Beweismittel für einen erstfestzustellenden Sachverhalt betrifft (VWGH 21.02. 1975 Slg 8769 A).

 

Das Verfahren selbst wurde nicht ordnungsgemäß durchgeführt. Das behördliche Ermittlungsverfahren ist ein Inquisitionsverfahren, das heißt, dass Richter und Ermittler in einer Person vereint sind. Das Verwaltungsstrafverfahren kennt keine Trennung zwischen anklagendem und entscheidendem Organ. Die zuständige Behörde hat daher sowohl den staatlichen Verfolgungsanspruch geltend zu machen als auch über den Strafanspruch zu entscheiden. Allerdings ist die Behörde nach § 25 Abs 2 VStG verpflichtet, die der Entlastung des Beschuldigten dienenden Umstände in gleicher Weise zu berücksichtigen wie die belastenden. Die Behörde hat im laufenden Verfahren die Pflicht, die erforderlichen Ermittlungen anzustellen.

 

Diese Verfahrensart verlangt von der Behörde somit, dass in beide Richtungen ermittelt wird, also nicht nur um den Beschuldigten zu belasten, sondern auch um ihn zu entlasten. Daher wäre es von der erkennenden Behörde notwendig gewesen, die vom Beschuldigten vorgebrachten konkreten Tatsachen und dafür angebotenen Beweisen zu bestätigen oder zu widerlegen. Die erkennende Behörde jedoch hat keinen einzigen diesbezüglichen Verfahrensschritt gesetzt, der zur Entlastung des Beschuldigten führen könnte.

 

Die Behörde ist verpflichtet, für die Durchführung aller zur Klarstellung des Sachverhaltes erforderlichen Beweise zu sorgen und auf das Parteivorbringen, soweit es für die Feststellung des Sachverhaltes von Bedeutung sein kann, einzugehen. Sie kann sich daher nicht über erhebliche Behauptungen und Beweisanträge ohne Ermittlungen und Begründungen hinwegsetzen (VwGH 11.06.1968, 189/68, 27.06.1980, 3 073/79).

 

Auch bei der Strafmessung obliegt es der Behörde, gemäß § 60 AVG iVm § 24 VStG, die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage, gelegen in der gesetzmäßigen Ausmessung der Strafe, klar und übersichtlich zusammenzufassen. Als Rechtsfrage stellt sich hierbei für die Behörde die Aufgabe, unter Bedachtnahme auf die Vermögens und Familienverhältnisse des Beschuldigten im Rahmen des gegebenen Strafsatzes die dem Unrechts und Schuldgehalt der Tat angemessene Strafe festzusetzen, also bei der Strafbemessung auf objektive und subjektive Kriterien der Tat Bedacht zu nehmen (VWGH 28. 10. 1976, 195/76, 31. 01. 1979 Slg 9755 A, 29. 10.1982, 81/02/0039, 18. 11. 1986, 86/07/0183 ua).

 

Ein Begründungsmangel ist bei der Strafbemessung nur dann nicht von Bedeutung, wenn über den Beschwerdeführer die Mindeststrafe verhängt wurde (VWGH 12. 10.1978, SIg 9654 A).

 

Der Satz in der Begründung des Straferkenntnisses, dass bei der Strafbemessung die Einkommens, Vermögens und Familienverhältnisse berücksichtigt worden seien, ist eine Scheinbegründung (VWGH 24.02.1981 SIg 10378 A).

 

Aus diesen Gründen wird gestellt der

 

ANTRAG

 

1.)

Die Bezirkshauptmannschaft Imst möge gemäß § 64 a AVG mittels Berufungsvorentscheidung im Verwaltungsstrafverfahren, Zl VK-26611-2004, der Berufung Folge geben, das angefochtene Straferkenntnis vom 07.06.2004 aufheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 VStG einstellen, in eventu:

2.)

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol wolle in Stattgebung dieser Berufung das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Imst vom 07. 06. 2004, ZI VK-26611-2004, aufheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 VStG einstellen.

 

Innsbruck, am 23. Juni 2004 Ulf Schmid

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol hat wie folgt erwogen:

 

Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Akt und in den Eichschein Nr 16/2003 des Bundesamtes für Eich und Vermessungswesen betreffend die gegenständliche Waage.

 

Nachstehender Sachverhalt steht für den Unabhängigen Verwaltungssenat als erwiesen fest:

 

Aus der Anzeige des Gendarmerieposten Nauders vom 22.01.2004 zu GZ A1/22/01/2004 geht hervor, dass Herr E. M. das Sattelzugfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen XY samt dem Sattelanhänger mit dem behördlichen Kennzeichen XY am 12.01.2004 gegen 01.52 Uhr auf der B180 Landesstraße/Freiland in der Gemeinde Nauders bei km 46,070, Grenzübergang Reschenpass, in Richtung Italien gelenkt hat. Im Zuge einer dort durchgeführten Fahrzeug und Lenkerkontrolle durch BezInsp N. vom BKG Landeck sowie RevInsp A. vom GP Nauders wurde der Lenker mit den oben angeführten Fahrzeugen am Grenzübergang Nauders/Reschenpass angehalten und aufgefordert, auf die dort befindliche Fahrzeug-Waage zu fahren. Bei der dann um 01.55 Uhr vorgenommenen und mittels Wiegeschein 859/003478 dokumentierten Verwiegung wurde ein Gesamtgewicht von 41.500 kg festgestellt. Vor dieser Verwiegung wurde um 01.52 Uhr eine durch den im Akt befindlichen Wiegeschein 859/003476 dokumentierte sog. Nullverwiegung und weiters um 01.53 Uhr eine unter Wiegeschein 859/003477 dokumentierte Verwiegung durchgeführt, wobei jedoch das Messergebnis dieser zuletzt genannten Verwiegung in Höhe von 40,900 kg für einen Tatvorwurf nicht verwendet bzw zugrunde gelegt wurde, weil sich der rechte Vorderreifen des gegenständlichen Sattelkraftfahrzeuges neben der Waagplatte befand.

 

Zulassungsbesitzerin des gegenständlichen Sattelzugfahrzeuges ist die Fa. T. S. mit Sitz in XY.

 

Der Lenker E. M. wurde unter GZ A1/21/04 wegen Übertretung des KFG und der StVO bei der Bezirkshauptmannschaft Landeck angezeigt.

 

Diese Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich, was Ort und Zeit der Verkehrskontrolle, das gegenständliche Fahrzeug, dessen Lenker sowie den Umstand, dass sowohl um 01.53 Uhr als auch um 01.55 Uhr das Sattelkraftfahrzeug verwogen wurde, angeht, zweifelsfrei aus dem vorliegenden Akteninhalt, insbesondere aus der Anzeige des Gendarmerieposten Nauders vom 22.01.2004.

 

Aus der im erstinstanzlichen Akt befindlichen Kopie des Wiegescheines 859/003476 vom 12.01.2004 ist ersichtlich, dass vor der Verwiegung um 01.53 Uhr (Wiegeschein 859/003477) und der neuerlichen Verwiegung um 01.55 Uhr (Wiegeschein 859/003478) eine sog. Null-Verwiegung um 01.52 Uhr durchgeführt wurde. Die tatsächliche Überladung des gegenständlichen Sattelkraftfahrzeuges im Ausmaß von 1.500 kg konnte zweifelsfrei anhand der Kopie des Wiegescheines Nr 859/003478 vom 12.01.2004 ermittelt werden. Am festgestellten Ausmaß der gegenständlichen Überladung bestand keinerlei Zweifel, zumal erstens den mit der regelmäßigen Durchführung von Verwiegungen betrauten amtshandelnden Organen zugebilligt werden kann und muss, eine ordnungsgemäße und rechtlich verwertbare Verwiegung durchzuführen, und zweitens die um 01.53 Uhr festgestellte Überladung im Ausmaß von 900 kg für sich allein bereits eine erhebliche Verwaltungsübertretung darstellen würde, weshalb in keinster Weise ersichtlich ist, weshalb die amtshandelnden Beamten zwei Minuten später ein weiteres Messergebnis herbeiführen hätten wollen, indem sie absichtlich den, vermeintlich unwahren, Vermerk mit Vorderreifen neben der Waage auf dem Wiegeschein 859/003477 anbrachten.

Gerade weil die Kontrollorgane bei der um 01.53 Uhr durchgeführten Verwiegung wohl Bedenken an der Richtigkeit dieses Messergebnisses hatten und die Ungültigkeit bzw Unverwertbarkeit des Messergebnisses erkannten, war seitens der Berufungsbehörde kein anderer Grund für die zweite erfolgte Verwiegung zu erkennen, als jener, durch eine weitere Verwiegung ein rechtlich verwertbares, einwandfreies Messergebnis zu erhalten. Der Nachweis über die Überladung im Ausmaß von 1.500 kg war deshalb eindeutig als verwertbarer Beweis anzusehen.

 

Bei der gegenständlich verwendeten und amtsbekannten Waage in 6543 Nauders Grenzzollamt handelt es sich laut dem von der Berufungsbehörde eingeholten Eichschein um eine nichtselbsttätige Waage, Bauart MCI, Identifikationsnummer XY, welche am 26.03.2003 einer Eichung unterzogen wurde und deren Gültigkeit aus dem Eichschein vom 01.04.2003 bis zum Ablauf der Nacheichfrist am 31.12.2005 hervorgeht.

 

In rechtlicher Hinsicht folgt:

 

Die im gegenständlichen Fall maßgeblichen Bestimmungen des Kraftfahrgesetzes 1967, BGBl Nr 267/1967 in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung lauten wie folgt:

 

§2

Begriffsbestimmungen

 

(1) Im Sinne dieses Bundesgesetzes gilt als

...

10. Sattelkraftfahrzeug ein Sattelzugfahrzeug (Z 11) mit einem so auf diesem aufliegenden Sattelanhänger (Z 12), dass ein wesentlicher Teil seines Eigengewichtes oder, bei gleichmäßiger Verteilung der Ladung auf der Ladefläche, seines Gesamtgewichtes vom Sattelzugfahrzeug getragen wird;

11. Sattelzugfahrzeug ein Kraftwagen, der nach seiner Bauart und Ausrüstung dazu bestimmt ist, einen Sattelanhänger (Z 12) so zu ziehen, dass ihn dieser mit einem wesentlichen Teil seines Eigengewichtes oder, bei gleichmäßiger Verteilung der Ladung auf der Ladefläche, seines Gesamtgewichtes belastet;

12. Sattelanhänger ein Anhänger, der nach seiner Bauart und Ausrüstung dazu bestimmt ist, so mit einem Sattelzugfahrzeug (Z 11) gezogen zu werden, dass er dieses mit einem wesentlichen Teil seines Eigengewichtes oder, bei gleichmäßiger Verteilung der Ladung auf der Ladefläche seines Gesamtgewichtes belastet; ...

§ 4

Allgemeines

...

(7a) Bei Kraftwagen mit Anhängern darf die Summe der Gesamtgewichte sowie die Summe der Achslasten 38 000 kg, im Vorlauf und Nachlaufverkehr mit kranbaren Sattelanhängern 39 000 kg und mit Containern und Wechselaufbauten 42 000 kg und beim Transport von Rundholz aus dem Wald bis zum nächstgelegenen technisch geeigneten Verladebahnhof oder Verarbeitungsbetrieb, höchstens jedoch 100 km Luftlinie, wenn beide Fahrzeuge jeweils mehr als zwei Achsen haben, 42 000 kg nicht überschreiten. Bei in einem EU-Mitgliedstaat zugelassenen Kraftfahrzeug sind die im ersten Satz genannten Gewichte um 5 vH, gerundet auf volle tausend Kilogramm, zu erhöhen.

...

§ 103

Pflichten des Zulassungsbesitzers

eines Kraftfahrzeuges oder Anhängers

 

(1) Der Zulassungsbesitzer

1. hat dafür zu sorgen, dass das Fahrzeug (der Kraftwagen mit Anhänger) und seine Beladung unbeschadet allfälliger Ausnahmegenehmigungen oder Bewilligungen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes und der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen entspricht; ...

§ 134

 

(1) Wer diesem Bundesgesetz, den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen, den Artikeln 5 bis 9 der Verordnung (EWG) Nr 3820/85 über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr, ABl Nr L 370 vom 31. Dezember 1985, S 1 sowie der Verordnung (EWG) Nr 3821/85 über das Kontrollgerät im Straßenverkehr ABl Nr L 370 vom 31. Dezember 1985, S 8, geändert durch Verordnung (EWG) Nr 3572/90, ABl Nr L 353 vom 17. Dezember 1990, S 12, zuwiderhandelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 2 180 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu sechs Wochen zu bestrafen.

 

1.)

Der Spruch des bekämpften Straferkenntnisses war aufgrund eines offensichtlichen Schreibfehlers, welcher vom Berufungswerber ungerügt blieb, hinsichtlich des Kennzeichens des gegenständlichen Sattelzugfahrzeuges zu berichtigen, da dieses gemäß den Angaben in der Anzeige vom 22.01.2004 eindeutig nicht ein inländisches, sondern ein italienisches Kennzeichen hatte.

 

Hinsichtlich des belgischen Kennzeichens des gegenständlichen Sattelanhängers lässt sich aus der Gesamtschau der Begriffsbestimmungen im § 2 Abs 1 Z 10 bis 12 KFG betreffend Sattelkraftfahrzeug, Sattelzugfahrzeug und Sattelanhänger erkennen, dass dem Sattelzugfahrzeug als wesentlichster Bestandteil eine besondere Stellung zukommt. Deshalb kommt diese besondere Stellung auch in weiterer Folge dem Lenker bzw wie im vorliegenden Fall gemäß § 103 Abs 1 KFG dem Zulassungsbesitzer eines Sattelzugfahrzeuges hinsichtlich dessen Verantwortlichkeit für beide Bestandteile des Sattelkraftfahrzeuges zu, da ein Sattelanhänger allein im Straßenverkehr so gut wie keine (bestimmungsgemäße) Verwendung findet.

 

Die Berichtigung der Tatzeit im Spruch des Straferkenntnisses auf 01.55 Uhr ist darauf zurückzuführen, dass dieser offensichtliche Schreibfehler durch eine Verwechslung der Uhrzeiten der beiden durchgeführten Verwiegungen im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens zustande gekommen ist. Da nur die zweite Verwiegung jene um 01.55 Uhr und die dabei festgestellte Überladung im Ausmaß von

1.500 kg durch die Bezirkshauptmannschaft Imst vorgeworfen wurde, war diese Ungenauigkeit zu korrigieren, zumal laut Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die im Bereich weniger Minuten liegenden, tatsächlichen oder möglichen Ungenauigkeiten bei der Angabe der Tatzeit noch nicht bedeuten, dass der Beschuldigte in seinen Verteidigungsrechten beeinträchtigt wäre oder gar die Gefahr einer Doppelbestrafung bestünde (vgl VwGH 7.6.2000, 2000/03/0027, 0028).

 

2.)

Zulassungsbesitzerin des gegenständlichen Sattelzugfahrzeuges war zum Tatzeitpunkt die T. S. mit Sitz in I-39025 N., XY. Da es sich bei dieser Gesellschaft um eine juristische Person handelt, trifft grundsätzlich die strafrechtliche Verantwortlichkeit für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften gemäß § 9 Abs 1 VStG, sofern die Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs 2) bestellt sind, den zur Vertretung nach außen Berufenen, also den Berufungswerber als handelsrechtlichen Geschäftsführer der T. S. Diese handelsrechtliche Verantwortlichkeit des Berufungswerbers ergibt sich aus dem im erstinstanzlichen Akt befindlichen Firmenbuchauszug.

 

Gemäß § 9 Abs 2 VStG sind die zur Vertretung nach außen Berufenen berechtigt und soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.

Nach Abs 4 leg cit kann verantwortlicher Beauftragter nur eine Person mit Hauptwohnsitz im Inland sein, welche strafrechtlich verfolgt werden kann, ihrer Bestellung nachweislich zugestimmt hat und der für den ihrer Verantwortung unterliegenden klar abzugrenzenden Bereich eine entsprechende Anordnungsbefugnis zugewiesen ist. Das Erfordernis des Hauptwohnsitzes im Inland gilt nicht für Staatsangehörige von EWR Vertragsstaaten, falls Zustellungen in Verwaltungsstrafverfahren durch Staatsverträge mit dem Vertragsstaat des Wohnsitzes des verantwortlich Beauftragten oder auf andere Weise sichergestellt sind.

 

Zum § 9 Abs 2 und 4 VStG ist jedoch anzuführen, dass die Frage, ob verantwortliche Beauftragte im Sinne des § 9 Abs 2 VStG für juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechtes oder eingetragene Erwerbsgesellschaften gemäß § 9 Abs 4 VStG, welche einen Sitz im Ausland haben, überhaupt bestellt werden können, nach dem Grundgedanken des Verwaltungsstrafgesetzes verneint werden muss.

§ 9 VStG bezieht sich nämlich grundsätzlich auf inländische juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechtes oder eingetragene Erwerbsgesellschaften, sodass dieser Paragraph des Verwaltungsstrafrechtes ausschließlich für das Territorialgebiet Österreich zum Tragen kommt.

 

Der Beschuldigte kann sich also seiner Verantwortung nicht entziehen, in dem er anführt, eine verantwortliche Beauftragte (Frau Erica N.), welche italienische Staatsbürgerin ist und ihren Wohnsitz in Italien hat, für den strafrechtlichen Geltungsbereich beauftragt zu haben.

Des Weiteren kann gemäß § 9 Abs 4 VStG verantwortliche(r) Beauftragte(r) nur eine Person mit Hauptwohnsitz im Inland sein, welche strafrechtlich verfolgt werden kann, ihrer Bestellung nachweislich zugestimmt hat und der für den ihrer Verantwortung unterliegenden klar abzugrenzenden Bereich eine entsprechende Anordnungsbefugnis zugewiesen ist. Das Erfordernis des Hauptwohnsitzes im Inland gilt wie bereits ausgeführt nach dieser Bestimmung in der geltenden Fassung nicht für Staatsverträge von EWR Vertragsstaaten, falls Zustellungen im Verwaltungsstrafverfahren durch Staatsverträge mit dem Vertragsstaat des Wohnsitzes des verantwortlichen Beauftragten oder auf andere Weise sichergestellt sind.

 

Die vorgebrachte, verantwortliche Beauftragte wäre zwar italienische Staatsbürgerin, sodass das Erfordernis des Hauptwohnsitzes in Österreich grundsätzlich nicht gegeben wäre, wobei jedoch Zustellungen im Verwaltungsstrafverfahren durch Staatsverträge (kein diesbezüglicher Vertrag zwischen Österreich und Italien) und auch nicht auf andere Art und Weise sichergestellt sind. Auf andere Weise sichergestellt wären Zustellungen im Verwaltungsstrafverfahren (abgesehen von Staatsverträgen), wenn etwa ein inländischer Zustellbevollmächtigter (unabhängig von einem allenfalls in einem Verwaltungsstrafverfahren einschreitender inländischer Rechtsvertreter) bestellt ist oder ein Arbeitsplatz des verantwortlichen Beauftragten in Österreich (§ 4 des Zustellgesetzes) gegeben ist.

Dies trifft jedoch in der gegenständlichen Rechtsangelegenheit nicht zu, weshalb der Berufungswerber mit Hauptwohnsitz im Inland jedenfalls der nach außen berufene Vertreter der italienischen T. S. und damit zu Recht als handelsrechtlicher Geschäftsführer für die Einhaltung der kraftfahrzeugrechtlichen Gesetze verantwortlich ist.

 

Der Berufungswerber trägt daher wie oben ausgeführt als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als das im Sinne des § 9 Abs 1 VStG zur Vertretung nach außen berufene Organ der Zulassungsbesitzerin gemäß § 103 Abs 1 KFG die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung dafür, dass ein auf sie zugelassenes Kraftfahrzeug (der Kraftwagen mit Anhänger) und dessen Beladung den hiefür in Betracht kommenden kraftfahrrechtlichen Vorschriften entsprechen.

 

Da das Gesamtgewicht des gegenständlichen Sattelkraftfahrzeuges zum Tatzeitpunkt 41.500 kg betragen hat, ergibt sich aufgrund des festgestellten Sachverhaltes in objektiver Hinsicht ein Verstoß gegen § 4 Abs 7a KFG, demzufolge unter anderem die Beladung eines Fahrzeuges (eines Kraftwagen mit Anhänger) nur zulässig ist, wenn das erlaubte Gesamtgewicht von 40.000 kg durch die Beladung nicht überschritten wird.

 

Was den vom Berufungswerber angesprochenen Wiegemeister betrifft, so ist angesichts der ständigen Rechtsprechung des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol darauf hinzuweisen, dass das Gesetz vom 19. Juni 1866 über die Errichtung öffentlicher Wäg und Messanstalten, RGBl 1866/85, zwar einen solchen Wiegemeister vorsah, dieses Gesetz jedoch mit Ablauf des 31.12.1999 gemäß dem Ersten Bundesrechtsbereinigungsgesetzes, BGBl 191/1999, außer Kraft gesetzt wurde. Von der österreichischen Rechtsordnung ist seitdem ein wie vom Berufungswerber bezeichneter Wiegemeister nicht mehr vorgesehen. Abgesehen davon handelt es sich laut der hieramtlich bekannten Mitteilung vom 02.05.2005 seitens Ing. O. P., Leiter der Eichämter Innsbruck und Bregenz, im Verwaltungsstrafverfahren zu GZ uvs-2005/11/0538 gegen denselben Berufungswerber bei der gegenständlichen Waage in Nauders- Grenzzollamt um keine öffentliche Wägeanstalt bzw  keine Waage im Sinne des § 62a MEG, zumal derartige öffentliche Wägeanstalten in Tirol nicht mehr existieren.

 

Was die eingewendete Unrechtmäßigkeit der gegenständlichen Verwiegung angeht, ist festzuhalten, dass ein geeichtes Messgerät gemäß § 44 MEG nur bei Einhaltung der entsprechenden Zulassungsanforderungen und Verwendungsbestimmungen als geeicht gilt. Ob nun ein Messgerät der Zulassung entspricht, wird von der zuständigen Eichbehörde bei der Eichung festgestellt bzw beurteilt. Der von der Berufungsbehörde eingeholte Eichschein stellt zweifelsfrei fest, dass die verwendete Waage zum Zeitpunkt der zur Last gelegten Verwiegung geeicht war und damit auch die Zulassungserfordernisse erfüllt hat. Bei der gegenständlichen Waage handelt es sich wie bereits ausgeführt um eine nichtselbsttätige Waage. Bei dieser hat der Verwender ua gemäß Punkt 2.1 der entsprechenden Aufstellungs und Verwendungsbestimmungen (kundgemacht im Amtsblatt für das Eichwesen Nr 3/1994 Eichvorschriften für Nichtselbsttätige Waagen Anlage 4.) dafür zu sorgen, dass die Waage im unbelasteten Zustand Null anzeigt oder auf Null einspielt und die Waage nicht durch Gegenstände, die auf Schalen oder die Brücke gelegt oder gehängt werden, zum Einspielen auf Null gebracht wird. Zumal es im erstinstanzlichen Akt keinen einzigen Hinweis auf etwaige Gegenstände auf der Brückenwaage gab, die das Messergebnis beeinflusst oder verfälscht hätten, wurde nachweislich eine Null-Verwiegung ordnungsgemäß um 01.52 Uhr durchgeführt. Der entsprechende Wiegeschein 859/003476 über die Null-Verwiegung vom 12.01.2004 dokumentiert dies.

 

Dem Einwand des Berufungswerbers, wonach es nicht als erwiesen anzusehen wäre, dass das gegenständliche Fahrzeug nach der fehlerhaften ersten Verwiegung vollständig von der Waage abgefahren sei und die Waage nachweislich auf Null eingespielt sei, ist entgegenzuhalten, dass die zitierten Verwendungsbestimmungen nicht verlangen, dass vor jeder einzelnen, vorzunehmenden Verwiegung eine Null-Verwiegung durchzuführen ist.

Da um 01.52 Uhr eine Null-Verwiegung durchgeführt und dabei unzweifelhaft festgestellt und dokumentiert wurde, dass die verwendete Waage im unbelasteten Zustand Null anzeigte und somit ein gültiges Messergebnis herbeiführen konnte, war davon auszugehen, dass bei der drei Minuten nach der Null-Verwiegung, also in engem zeitlichen Konnex, durchgeführten und zur Last gelegten Verwiegung die Waage ebenso imstande war, ein korrektes und gültiges Ergebnis zu liefern.

 

Für die Berufungsbehörde besteht kein Zweifel daran, dass es sich bei der um 01.55 Uhr durchgeführten Verwiegung um eine ordnungsgemäß durchgeführte Verwiegung handelte. Einem mit Gewichts und Fahrzeugkontrollen betrauten Aufsichtsorgan ist durchaus zuzubilligen, dass es über die geforderten Kenntnisse zur Durchführung korrekter Gewichtsfeststellungen bzw Verwiegungen verfügt und diese Kenntnisse auch in die Praxis umzusetzen vermag. Wie bereits oben ausgeführt, ist die zweite Verwiegung nach der Feststellung durch die amtshandelnden Organe, dass sich das gegenständliche Fahrzeug bei der um 01.53 Uhr erfolgten Verwiegung nicht vollständig auf der Waagplatte befand gerade ein Argument dafür, dass sich diese Organe sehr wohl der Verwendungsbestimmungen bewusst waren und die Unverwertbarkeit des ersten Wiegeergebnisses erkannten.

 

Da es dem Berufungswerber somit nicht gelang, begründete Bedenken seitens der Berufungsbehörde gegen die Richtigkeit des durch die verwendete, geeichte Brückenwaage festgestellten Messergebnisses zu erwecken, zumal er hiefür laut Judikatur des VwGH das Vorliegen konkreter gegen das Messergebnis sprechender Tatsachen etwa das Ergebnis einer Kontrollverwiegung (vgl das hg Erkenntnis vom 18.12.1998, Zl 98/02/0285) ins Treffen zu führen gehabt hätte, ist somit das Messergebnis der Brückenwaage als richtig festzustellen und das Ausmaß der Überladung entgegen der Ansicht des Berufungswerbers als im Sinne des § 46 AVG zulässige Grundlage für die Bestrafung heranzuziehen.

 

Der Berufungswerber macht schließlich geltend, die Erstbehörde habe es im vorliegenden Fall unterlassen, in beide Richtungen zu ermitteln, also sowohl belastende als auch entlastende Umstände zu erheben, weshalb dem bekämpften Straferkenntnis ein Begründungsmangel im Sinne des § 60 AVG anhafte.

Dem ist zu entgegnen, dass die Berufungsbehörde nach dem gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwendenden § 66 Abs 4 AVG berechtigt ist, hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen. Selbst wenn daher der erstinstanzliche Bescheid an einem allfälligen Begründungsmangel leiden würde, wäre dieser durch Eingehen auf die Argumentation des Berufungswerbers im vorliegenden Berufungserkenntnis jedenfalls saniert.

 

Die Berufungsbehörde geht daher insgesamt davon aus, dass der Berufungswerber als handelsrechtlicher Geschäftsführer der T. S. und damit als nach außen berufenes Organ durch die festgestellte Überladung im Ausmaß von 1.500 kg den objektiven Tatbestand einer Übertretung des § 103 Abs 1 Z.1 KFG iVm § 4 Abs 7a KFG verwirklicht hat.

 

§ 103 Abs 1 Z 1 KFG stellt ein sog. Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs 1 VStG dar. Das bedeutet, dass der Zulassungsbesitzer einen nicht den gesetzlichen Bestimmungen entsprechenden Zustand des Fahrzeuges zu verantworten hat, wenn er nicht glaubhaft macht, dass ihn daran kein Verschulden trifft. Im Rahmen der Beweislastumkehr muss er somit initiativ darlegen, dass er wirksame Maßnahmen (zB Kontrollen oder Beauftragung anderer Personen zur Vornahme dieser Kontrollen) gesetzt hat, um derartige Verstöße zu vermeiden. Unterlässt er dies oder misslingt ihm die Glaubhaftmachung, hat er einen eventuellen Verstoß gegen die kraftfahrrechtlichen Bestimmungen zu verantworten (vgl  VwGH vom 25.10.1989, Zl 88/03/0180; VwGH vom 02.04.1990, Zl 90/19/0078; 19.09.1989, Zl 89/08/0221).

 

Der Berufungswerber bestritt zwar seine verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung, die Verwiegung sowie das vorgeworfenen Wiegeergebnis und wendete eine mangelhafte Begründung der Erstbehörde ein, doch wäre es Sache des Berufungswerbers gewesen, sein eigenes mangelndes Verschulden als handelsrechtlicher Geschäftsführer und damit als nach außen berufenes Organ der Zulassungsbesitzerin an der Überladung glaubhaft zu machen und durch ein entsprechendes Tatsachenvorbringen zu untermauern.

 

Laut Rechtsprechung des VwGH wäre der Berufungswerber nur dann nicht zur Verantwortung zu ziehen, wenn er im Betrieb ein wirksames Kontrollsystem eingerichtet hätte, zufolge welchem er unter den vorhersehbaren Verhältnissen mit gutem Grund die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften erwarten konnte (vgl das Erkenntnis vom 27.01.1995, 94/02/0422). Nur ein solches durch den Beschuldigten eingerichtetes Kontrollsystem hätte daher exkulpierende Wirkung (VwGH 18.11.2003, 2001/03/0322). Ein derart wirksames Kontrollsystem ist jedoch nur dann gegeben, wenn dadurch die Überwachung des Zustandes aller Fahrzeuge jederzeit sichergestellt werden kann (VwGH 17.01.1990, 89/03/0165).

 

Somit hätte der Berufungswerber von sich aus konkret darlegen müssen, wann, wie oft und auf welche Weise von ihm Kontrollen der Beladung, die sich im übrigen nicht nur auf Anweisungen vor und Überprüfungen nach der Fahrt beschränken dürfen, vorgenommen wurden, um der ihm nach § 5 Abs 1 VStG auferlegten Verpflichtung nachzukommen (VwGH vom 20.02.1991, Zl 90/02/0145).

Da der Berufungswerber im Sinne des oben Erwähnten keine konkreten Angaben zu seiner begleitenden und wirksamen Kontrolle machte, die aufzeigen könnten, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein fahrlässiges Verschulden im Sinne des § 5 VStG treffe, steht somit seitens der Berufungsbehörde fest, dass der Berufungswerber ein schuldhaftes Verhalten zu verantworten hat und die Bestrafung dem Grunde nach zu Recht erfolgte. Als Verschuldensform war von Fahrlässigkeit auszugehen.

 

Nach § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Nach § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens, Vermögens und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Zu den Einkommensverhältnissen ist auszuführen, dass im erstinstanzlichen Verfahren trotz amtlicher Aufforderung gegenüber dem Berufungswerber weder dieser noch sein Rechtsvertreter Angaben über die Einkommens, Vermögens und Familienverhältnisse machten, weshalb seitens der Berufungsbehörde von durchschnittlichen Einkommens, Vermögens und Familienverhältnissen auszugehen war.

 

Die Strafbestimmung des § 134 Abs 1 KFG lässt eine Bestrafung bis zu einem Geldbetrag von Euro 2.180,00 zu, wobei die verhängte Geldstrafe von Euro 300,00 ohnehin als im untersten Bereich angesiedelt zu bewerten war, da diese betragsmäßig lediglich knapp 14 Prozent der Höchststrafe ausmacht. Mildernde Umstände waren keine festzustellen; als erschwerend waren jedoch die zahlreichen einschlägigen Strafvormerkungen des Beschuldigten zu werten. Die Geldstrafe war somit als tat und schuldangemessen anzusehen.

 

Die Voraussetzungen des § 20 VStG lagen bei einer Gesamtbetrachtung aller Umstände des zur Last gelegten Verhaltens nicht vor. Für die Anwendung des § 21 VStG fand sich kein Raum, zumal nicht davon gesprochen werden kann, dass das Verschulden des Berufungswerbers geringfügig im Sinne dieser Gesetzesbestimmung gewesen wäre und die Folgen der Übertretung unbedeutend waren, da das tatbildmäßige Verhalten des Berufungswerbers hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts und Schuldgehalt nicht erheblich zurückbleibt (vgl  VwGH 31.1.1990, 89/03/0084).

 

Die Verpflichtung zum Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens stützt sich auf die im Spruch zitierte Gesetzesnorm.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
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Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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