TE Vwgh Erkenntnis 1990/4/2 90/19/0078

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Veröffentlicht am 02.04.1990
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;

Norm

AVG §19 Abs2;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs2;
KJBG 1948 §17 Abs1;
KJBG 1948 §18 Abs1;
KJBG 1948 §19 Abs1;
VStG §25 Abs2;
VStG §32 Abs2;
VStG §44a litb;
VStG §5 Abs1 idF 1987/516 ;
VStG §9 Abs1 idF 1983/176;
VStG §9 Abs2 idF 1983/176;
VStG §9 Abs4 idF 1983/176;
VwRallg;

Betreff

N gegen Landeshauptmann von Steiermark vom 19. Oktober 1989, Zl. 5-212 Sche 20/18-89, betreffend Übertretungen des KJBG

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Graz erließ gegen den Beschwerdeführer folgendes Straferkenntnis vom 23. März 1988 (Spruchteile gemäß § 44a lit. a, b und c VStG 1950):

"Sie haben im Hotel Z, Wien, X-Straße, als handelsrechtlicher Geschäftsführer der 'T-GmbH' am Standort Graz, H-Gasse, lt. Strafantrag des Arbeitsinspektorates Graz vom 9.12.1987, wie anläßlich einer Überprüfung am 8.11.1987 und am 9.11.1987 festgestellt werden konnte,

1.) am 8.11.1987 die drei Jugendlichen a) A, geb. 16.7.1971, b) B, geb. 5.1.1972 und c) K, geb. 9.4.1971, im Rahmen der Ausstellung beschäftigt,

2.) am 9.11.1987 die Jugendlichen a) P, geb. 2.3.1970, b) C, geb. 26.8.1972, c) A und d) B um 20.30 Uhr mit Verpackungsarbeiten beschäftigt gehabt,

obwohl Jugendliche sonntags bzw. nach 20.00 Uhr nicht beschäftigt werden dürfen und

3.) den Jugendlichen a) A und b) B durch ihre Beschäftigung am Sonntag und Montag, die ihnen zustehende 43 stündige Wochenfreizeit, in die der Sonntag zu fallen hat, nicht gewährt.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

1.) § 18 Abs. 1 Kinder- und Jugendlichenbeschäftigungsgesetz, BGBl. 1948/146 i.d.g.F.

2.) § 17 Abs. 1 leg. cit. 3.) § 19 Abs. 1 leg. cit. Wegen dieser Verwaltungsübertretungen werden über Sie zugunsten der Stadt Graz, folgende Strafen verhängt:

Geldstrafe von S 5.000,-- pro Übertretung, insgesamt .... S 45.000,-- falls diese uneinbringlich ist, Ersatzarrest von sieben Tagen pro Übertretung, insgesamt .... 63 Tage, gemäß § 30 Kinder- und Jugendlichenbeschäftigungsgesetz, BGBl. 1987/599."

Der gegen dieses Straferkenntnis erhobenen Berufung des Beschwerdeführers wurde mit dem angefochtenen Bescheid teilweise Folge gegeben "und das Strafausmaß auf 2.000,-- S je Verwaltungsübertretung - d.s. 18.000,-- S (18 Tage) - vermindert".

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer macht zunächst geltend, daß aus der Formulierung "(18 Tage)" im Spruch des angefochtenen Bescheides nicht zu entnehmen sei, ob damit 18 Tage Primärarrest, 18 Tage Ersatzfreiheitsstrafe oder in Anlehnung an das Strafgesetzbuch 18 Tagessätze gemeint seien. Dem ist entgegenzuhalten, daß bei verständiger Gesamtbetrachtung des Spruchinhaltes des angefochtenen Bescheides im Zusammenhalt mit den des erstinstanzlichen Bescheides keine Zweifel daran bestehen können, daß mit dem Klammerausdruck die Gesamtdauer der - herabgesetzten - Ersatzfreiheitsstrafe umschrieben wird, wobei auf jede der für die neun Übertretungen verhängten Geldstrafen von S 2.000,-- eine Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Tagen entfällt.

Wenn der Beschwerdeführer ferner bemängelt, daß die Geburtsdaten der "angeblichen" Jugendlichen A und B weder im erstinstanzlichen Straferkenntnis noch im angefochtenen Bescheid enthalten seien, so übersieht er, daß diese Daten im Spruch des insoweit von der belangten Behörde übernommenen erstinstanzlichen Straferkenntnisses mit "16.7.1971" bzw. "5.1.1972" angegeben wurden. Da die genannten Personen somit zur Tatzeit das 18 Lebensjahr noch nicht vollendet hatten und keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, daß sie zu diesem Zeitpunkt noch als Kinder im Sinne des § 2 Abs. 1 KJBG gegolten haben könnten, steht ihre Qualifiaktion als Jugendliche gemäß § 3 Z. 1 leg. cit. außer Zweifel.

Als Verfahrensmangel rügt der Beschwerdeführer, daß die belangte Behörde seinem Einwand, die Jugendliche K stehe in keinem Beschäftigungs- oder Ausbildungsverhältnis zur "T-GmbH", nicht nachgegangen sei. Mit diesem Vorbringen vermag er keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Aufgrund der vom Arbeitsinspektorat anläßlich der Überprüfung getroffenen Feststellung, daß die genannte Jugendliche am 8. November 1987 im Rahmen einer von der T-GmbH durchgeführten Ausstellung beschäftigt war, konnte die belangte Behörde vom Bestehen eines Dienstverhältnisses zwischen dieser Gesellschaft und der Jugendlichen ausgehen. Mit der durch keinerlei Beweisanbot gestützten bloßen Behauptung des Beschwerdeführers im Verwaltungsstrafverfahren, daß K in keinem Dienst- oder Ausbildungsverhältnis zur angeführten Gesellschaft stehe, wurde der Beschwerdeführer seiner Mitwirkungspflicht als Beschuldigter im Verwaltungsstrafverfahren nicht gerecht. Diese Verpflichtung hätte es erfordert, den Erhebungsergebnissen konkrete, über eine bloße Bestreitung hinausgehende Behauptungen entgegenzusetzen und entsprechende Beweise anzubieten. Da der Beschwerdeführer dies unterlassen hat, bedeutet es keinen Verfahrensmangel, wenn die Behörde von Amts wegen keine weiteren Beweiserhebungen durchführte (vgl. n.v.a. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. Juli 1987, Zlen. 86/02/0147, 87/02/0063).

Auch das weitere Vorbringen des Beschwerdeführers, dem Verfahren fehle es an der "notwendigen einleitenden Verfügung", weil in der Ladung (des Beschwerdeführers zur mündlichen Verhandlung vor der erstinstanzlichen Behörde am 8. März 1988) nicht angeführt worden sei, welche Gesetzesbestimmungen er übertreten habe, ist unbegründet. In der dem Beschwerdeführer am 1. März 1988 zugestellten Ladung vom 26. Februar 1988 wurde mit der Umschreibung des dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Sachverhaltes dem Erfordernis des § 19 Abs. 2 AVG 1950 nach Angabe des Gegenstandes der Amtshandlung entsprochen. Es bestand keine Notwendigkeit, dem Beschwerdeführer darüber hinaus die Subsumtion der ihm angelasteten Übertretungen in einer dem § 44a lit. b VStG 1950 entsprechenden Weise zur Kenntnis zu bringen. Dies ist auch nicht für eine Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs. 2 VStG 1950 erforderlich (vgl. n.a. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 2. April 1987, Zl. 87/18/0029).

Schließlich wendet der Beschwerdeführer ein, daß es die belangte Behörde unterlassen habe, sein Vorbringen, nicht er, sondern die Personalchefin des Unternehmens, dessen handelsrechtlicher Geschäftsführer er sei, sei für die Arbeitseinteilung zuständig gewesen, durch Vernehmung dieser Personalchefin zu überprüfen. Auch diesem Beschwerdevorbringen muß der Erfolg versagt bleiben, weil damit kein relevanter Verfahrensmangel aufgezeigt wird. Für die Einhaltung der Schutzbestimmungen des KJBG ist nämlich, wenn der Arbeitgeber eine juristische Person ist, gemäß § 9 Abs. 1 VStG 1950 strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist (vgl. n.v.a. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Mai 1989, Zl. 88/08/0005), im Falle einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung also deren handelsrechtlicher Geschäftsführer. Von dieser ihn als solchen treffenden strafrechtlichen Verantwortlichkeit hätte den Beschwerdeführer die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten im Sinne des § 9 Abs. 2 und 4 VStG 1950 befreien können. Auf eine derartige Bestellung könnte sich der Beschwerdeführer aber nur dann berufen, wenn bei der Behörde spätestens während des Verwaltungsstrafverfahrens ein - aus der Zeit vor der Begehung der ihm angelasteten Übertretungen stammender - Zustimmungsnachweis eines verantwortlichen Beauftragten eingelangt wäre (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Jänner 1987, Slg. Nr. 12.375/A), was jedoch weder aus der Aktenlage hervorgeht noch vom Beschwerdeführer behauptet wurde. Da zum Tatbestand der dem Beschwerdeführer angelasteten Verwaltungsübertretungen weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr gehört, handelt es sich um sogenannte Ungehorsamsdelikte, bei denen der Beschwerdeführer gemäß § 5 Abs. 1 VStG 1950 glaubhaft hätte machen müssen, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschriften kein Verschulden trifft. Dazu hätte es der Darlegung bedurft, daß er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen (vgl. das schon erwähnte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Mai 1989, Zl. 88/08/0005). Der Beschwerdeführer hat das Bestehen eines solcherart wirksamen Kontrollsystems nicht einmal behauptet, so daß ihn das oben skizzierte Vorbringen nicht von seiner Verantwortung zu entlasten vermag.

Aus diesen Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Schlagworte

Verfahrensgrundsätze im Anwendungsbereich des AVG Offizialmaxime Mitwirkungspflicht Manuduktionspflicht VwRallg10/1/1Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Mitwirkungspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990190078.X00

Im RIS seit

02.04.1990

Zuletzt aktualisiert am

17.05.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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