TE UVS Burgenland 2006/03/29 166/10/06010

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.03.2006
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland hat durch sein Mitglied Mag Eder über die Berufung des Herrn ***, geboren am ***, wohnhaft in H***, vom 18 04 2005 gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Eisenstadt vom 04 04 2005, Zl IV-1015182/FRB/05, wegen Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nach dem Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) zu Recht erkannt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass sich das Aufenthaltsverbot statt der im angefochtenen Bescheid genannten Bestimmungen des FrG 1997 auf folgende Rechtsgrundlagen stützt: § 86 Abs 1 und § 63 Abs 1 FPG Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl I Nr 100/2005 idF BGBl I Nr 157/2005 (FPG).

Text

Die Bundespolizeidirektion Eisenstadt erließ mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 36 Abs 1 Z 1 und § 48 Abs 1 FrG 1997 iVm § 37 sowie § 39 Abs 1 FrG gegen den Beschwerdeführer ein für die Dauer von zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot und schloss gleichzeitig gemäß § 45 Abs 4 FrG die aufschiebende Wirkung einer Berufung gegen den Aufenthaltsverbotsbescheid aus. Weiters wurde gemäß § 48 Abs 3 FrG die Erteilung eines Durchsetzungsaufschubes abgelehnt und ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer unverzüglich nach Eintritt der Durchsetzbarkeit des Bescheides aus dem Bundesgebiet auszureisen habe. Dieser Bescheid wurde zusammengefasst darauf gegründet, dass der Beschwerdeführer bei der Schleppung dreier ukrainischer Staatsangehöriger auf frischer Tat betreten wurde und deswegen vom Landesgericht Eisenstadt wegen Übertretung des § 104 Abs 1 FrG 1997 (Schlepperei) rechtskräftig verurteilt wurde.

 

In seiner rechtzeitig eingebrachten Berufung führte der Berufungswerber aus, dass er während seiner gerichtlichen Haft die Möglichkeit gehabt habe, das Geschehene richtig durchzudenken und ehrlich zu bereuen. Er habe die "Begehung der Straftat anerkannt". Vor der Behörde habe er ein Geständnis abgelegt. Er sei seit 1978 Frachtführer und habe sich in Österreich bisher nicht nur wegen der Begehung der Straftat aufgehalten. Er habe als Frachtführer gearbeitet. Eine andere fachliche Ausbildung habe er nicht. Für die Tätigkeit bei Transportgesellschaften sei es Grundbedingung, dass die Fahrer ohne jede Begrenzung ins Gebiet der Nachbarländer und anderer europäischer Länder einreisen dürfen. Er sei Familienerhalter und habe für Erziehung zweier Kinder zu sorgen. Das gegen ihn erlassene Aufenthaltsverbot mache seine Arbeit unmöglich. Dadurch werde der Lebensunterhalt seiner Familie gefährdet. Durch das Aufenthaltsverbot würden seine Arbeitsmöglichkeiten und Arbeitschancen in bedeutendem Maße verringert, so dass die Aufrechterhaltung seines Familienlebens gefährdet sei. Darüber hinaus habe er Schulden in der Höhe mehrerer Millionen ungarischer Forint, die er in monatlichen Raten abzubezahlen habe. Die gegen ihn vom Landesgericht Eisenstadt verhängte Freiheitsstrafe sei eine Sanktion, die streng genug wäre. Der Berufungswerber beantragte daher das angefochtene Aufenthaltsverbot aufzuheben, in eventu ein Aufenthaltsverbot mit einer kürzeren Dauer zu erlassen.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland hat erwogen:

 

§ 2 Abs 4 Z 11, § 9 Abs 1 Z 1, § 30 Abs 1, § 60 Abs 1 Z 1 und Abs 2 Z 1 und Z 5 und Abs 3 und Abs 6, § 63, § 64, § 66, § 67, § 84, § 86 Abs 1 und Abs 3, § 114 Abs 1 und Abs 2, § 125 Abs 1 und Abs 9 FPG sowie § 104 Abs 1 FrG (in der am 31 12 2005 geltenden Fassung) lauten:

 

§ 2 FPG:

"(1) [...].

(4) Im Sinn dieses Bundesgesetzes ist

1.

[...];

11.

begünstigter Drittstaatsangehöriger: der Ehegatte, eigene Verwandte und Verwandte des Ehegatten eines EWR-Bürgers oder Schweizer Bürgers oder Österreichers, die ihr Recht auf Freizügigkeit in Anspruch genommen haben, in gerader absteigender Linie bis zur Vollendung des 21 Lebensjahres, darüber hinaus, sofern ihnen Unterhalt tatsächlich gewährt wird, sowie eigene Verwandte und Verwandte des Ehegatten in gerader aufsteigender Linie, sofern ihnen Unterhalt tatsächlich gewährt wird, insofern dieser Drittstaatsangehörige den freizügigkeitsberechtigten EWR-Bürger oder Schweizer Bürger, von dem sich seine gemeinschaftsrechtliche Begünstigung herleitet, begleitet oder ihm nachzieht;

 12. [...];

(5) [...]."

 

§ 9 FPG:

"(1) (Verfassungsbestimmung) Über Berufungen gegen Entscheidungen nach diesem Bundesgesetz entscheiden, sofern nicht anderes bestimmt ist,

1. im Fall von EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen die unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern und

2. [...].

(2) [...]."

 

§ 30 FPG:

"(1) Fremde, die auf Grund allgemein anerkannter Regeln des Völkerrechts, eines Staatsvertrages, eines Bundesgesetzes oder eines unmittelbar anwendbaren Rechtsaktes der Europäischen Union in Österreich Sichtvermerks- und Niederlassungsfreiheit genießen, benötigen zur Einreise in das Bundesgebiet kein Visum.

(2) [...]."

 

§ 60 FPG:

"(1) Gegen einen Fremden kann ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt

1.

die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet oder

2.

[...].

2)

Als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs 1 hat insbesondere zu gelten, wenn ein Fremder

 1. von einem inländischen Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe, zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender strafbarer Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;

2.

[...];

3.

[...];

5.

Schlepperei begangen oder an ihr mitgewirkt hat;

6.

[...];

(3) Eine gemäß Abs 2 maßgebliche Verurteilung liegt nicht vor, wenn sie bereits getilgt ist. Eine solche Verurteilung liegt jedoch vor, wenn sie durch ein ausländisches Gericht erfolgte und den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht.

(4) [...].

(6) § 66 gilt."

 

§ 63 FPG:

"(1) Ein Aufenthaltsverbot oder ein Rückkehrverbot kann in den Fällen des § 60 Abs 2 Z 1, 5 und 12 bis 14 unbefristet und sonst für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.

(2) Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes oder des Rückkehrverbotes ist auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist beginnt mit Eintritt der Durchsetzbarkeit zu laufen."

 

§ 64 FPG:

"Bei Fremden, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf die aufschiebende Wirkung einer Berufung gegen ein Aufenthaltsverbot oder ein Rückkehrverbot ausgeschlossen werden, wenn die sofortige Ausreise des Fremden oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder aus Gründen der nationalen Sicherheit erforderlich ist."

 

§ 66 FPG:

"(1) Würde durch eine Ausweisung in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Ausweisung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Eine Ausweisung gemäß § 54 Abs 1, 3 und 4 darf jedenfalls nicht erlassen werden, wenn die Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wiegen, als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von seiner Erlassung. Bei dieser Abwägung ist insbesondere auf folgende Umstände Bedacht zu nehmen:

1. die Dauer des Aufenthaltes und das Ausmaß der Integration des Fremden oder seiner Familienangehörigen;

2. die Intensität der familiären oder sonstigen Bindungen."

 

§ 67 FPG:

"(1) Die Ausweisung Fremder gemäß §§ 53 oder 54 und das Aufenthaltsverbot werden mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar; der Fremde hat dann unverzüglich auszureisen. Der Eintritt der Durchsetzbarkeit ist für die Dauer eines Freiheitsentzuges aufgeschoben, auf den wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung erkannt wurde. Die Behörde kann auf Antrag während des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung Fremder gemäß § 53 Abs 1 oder § 54 oder eines Aufenthaltsverbotes den Eintritt der Durchsetzbarkeit auf höchstens drei Monate hinausschieben (Durchsetzungsaufschub); hiefür sind die öffentlichen Interessen an einer sofortigen Ausreise gegen jene Umstände abzuwägen, die der Fremde bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat.

(2) Hat die Behörde die aufschiebende Wirkung einer Berufung gegen eine Ausweisung Fremder gemäß § 53 oder gegen das Aufenthaltsverbot (§§ 58 und 64) ausgeschlossen, so werden diese mit dem Ausspruch durchsetzbar; der Fremde hat dann unverzüglich auszureisen."

 

§ 84 FPG:

"EWR-Bürger und Schweizer Bürger haben das Recht auf Aufenthalt für einen Zeitraum von drei Monaten; § 30 Abs 1 gilt. Darüber hinaus besteht ein Aufenthaltsrecht nach Maßgabe des 4 Hauptstückes des 2 Teiles des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes."

 

§ 86 FPG:

"(1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen freizügigkeitsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes ihren Hauptwohnsitz ununterbrochen seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20 November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

(2) [...].

(3) EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen ist bei Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise des Fremden wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

(4) [...]."

 

§ 114 FPG:

"(1) Wer wissentlich die rechtswidrige Einreise oder Durchreise eines Fremden in oder durch einen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder Nachbarstaat Österreichs fördert, ist vom Gericht mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr zu bestrafen.

(2) Wer die rechtswidrige Einreise oder Durchreise eines Fremden in oder durch einen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder Nachbarstaat Österreichs mit dem Vorsatz fördert, sich oder einen Dritten durch ein dafür geleistetes Entgelt unrechtmäßig zu bereichern, ist vom Gericht mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zu bestrafen.

(3) [...]."

 

§ 125 FPG:

"(1) Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung, die bei In-Kraft-Treten dieses Bundesgesetzes anhängig sind, sind nach dessen Bestimmungen weiterzuführen.

(2) [...].

(9) Für am 31 Dezember 2005 bei einer Sicherheitsdirektion anhängige Verfahren nach dem Fremdengesetz 1997, für die mit 1 Jänner 2006 gemäß § 9 die Zuständigkeit eines unabhängigen Verwaltungssenates begründet wird, beginnt die Frist gemäß § 73 AVG am 1 Jänner 2006 neu zu laufen."

 

§ 104 FrG (mit Ablauf des 31 12 2005 außer Kraft getreten):

"(1) Wer die rechtswidrige Einreise eines Fremden in einen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einen Nachbarstaat Österreichs mit dem Vorsatz fördert, dass dies gegen einen nicht bloß geringfügigen Vermögensvorteil für ihn oder einen anderen geschieht (Schlepperei), ist vom Gericht mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen.

(2) [...]."

 

Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Der Berufungswerber ist ungarischer Staatsangehöriger.

 

Am 07 02 2005 wurde die Kriminalabteilung des Landesgendarmeriekommandos für das Burgenland (nunmehr: Landeskriminalamt Burgenland) von der ungarischen Grenzwachdirektion Budapest verständigt, dass an diesem Tag mit dem LKW mit dem ungarischen Kennzeichen ***, Marke Iveko, eine Schleppung durchgeführt werden sollte. Aus diesem Grund wurde von Beamten der Kriminalabteilung Burgenland am Grenzübergang Nickelsdorf eine Observation vorgenommen. Um 15 50 Uhr des 07 02 2005 konnte der angeführte LKW von den Kriminalbeamten auf der Abfertigungsspur für Schwerfahrzeuge wahrgenommen werden. In weiterer Folge wurde von ihnen die Observation dieses LKW aufgenommen und das Fahrzeug bis Wien verfolgt.

 

Um 16 25 Uhr des 07 02 2005 wurde der genannte LKW in 1110 Wien gegenüber des ***-Marktes vor dem dort wartenden PKW (einem Opel Omega) mit dem ungarischen Kennzeichen *** abgestellt. Der LKW mit dem Kennzeichen *** wurde, wie sich später herausstellte, vom Berufungswerber gelenkt. Nachdem er den LKW in 1110 Wien abgestellt hatte, nahm er mit  dem Lenker  des PKW der Marke Opel Omega mit dem ungarischen Kennzeichen *** Kontakt auf. In weiterer Folge stiegen aus dem Führerhaus des vom Berufungswerber gelenkten LKW drei Personen (zwei männliche und eine weibliche) aus und nahmen im PKW mit dem ungarischen Kennzeichen Platz. Anschließend setzte der Lenker des PKW mit den drei zugestiegenen Personen seine Fahrt fort. Dieses Fahrzeug wurde auf die Südost-Tangente - A23 in Richtung Graz gelenkt. Der Berufungswerber setzte seine Fahrt mit dem LKW in Richtung Ortszentrum Wien fort.

 

Um 17 00 Uhr des 07 02 2005 wurde der PKW Opel Omega mit dem ungarischen Kennzeichen auf der Raststation Guntramsdorf der Südautobahn - A2 von Kriminalbeamten angehalten und die Insassen kontrolliert. Beim Lenker handelte es sich um den ungarischen Staatsangehörigen ***. In dem von ihm gelenkten Fahrzeug befanden sich jene drei Personen, die zuvor vom LKW des Berufungswerbers umgestiegen waren und sich als ukrainische Staatsangehörige, die für Österreich keine Aufenthaltsberechtigungen vorweisen konnten, herausstellten. Anschließend wurde der Berufungswerber, der ebenfalls weiter observiert worden war, in 1030 Wien angehalten und wegen Verdachts der Schlepperei festgenommen.

 

Im Zuge der unmittelbar nach seiner Festnahme am 07 02 2005 erfolgten Einvernahme durch Kriminalbeamte des Landesgendarmeriekommandos für das Burgenland zeigte sich der Berufungswerber nicht geständig. Er bestritt, dass sich mit seinem Wissen Personen im LKW befunden hätten oder von ihm befördert worden seien. Er habe im LKW keine Personen versteckt gehabt. Selbst über Vorhalt, dass Kriminalbeamte beobachtet hätten, dass aus seinem LKW drei Personen ausgestiegen und in einem PKW eingestiegen wären, bestritt er vorerst die Richtigkeit dieser Beobachtung. Erst über neuerliche Vorhalte gestand der Berufungswerber zu, die drei Personen in seinem LKW von Ungarn nach Österreich gebracht zu haben, jedoch bestritt er, dafür Geld erhalten zu haben. Er gab an, dass er den Personen nur behilflich habe sein wollen.

 

Aufgrund der Angaben der drei ukrainischen Staatsangehörigen ergab sich allerdings, dass diese für die Verbringung nach Italien jeweils 2000 Euro bezahlen mussten. Diesen Schlepperlohn übergaben sie bereits in der Ukraine einem ihnen nicht näher bekannten Mann namens "Bogdan". Nachdem sie nach Ungarn geschleppt wurden, verbrachten sie zwei Nächte in einem Hotel. In Ungarn fuhren die ukrainischen Staatsangehörigen im Auto, das von einem Mann namens "Igor" organisiert wurde, etwa 15 Minuten und mussten anschließend noch in Ungarn in den vom Berufungswerber gelenkten LKW umsteigen. In diesem versteckten sich alle drei ukrainischen Staatsangehörigen hinter dem Fahrersitz in der Schlafkabine. Nach etwa 20 bis 30 Minuten Fahrt erreichten sie die österreichisch-ungarische Staatsgrenze, die sie in der Schlafkabine des LKW versteckt, überschritten, ohne sich der Grenzkontrolle zu stellen. Nach Passieren der Staatsgrenze durfte sich einer der ukrainischen Staatsangehörigen auf den Beifahrersitz neben den Berufungswerber setzen, während die übrigen beiden in der Schlafkabine blieben. Von den ukrainischen Staatsangehörigen wurde auch bestätigt, dass sie aus dem vom Berufungswerber gelenkten LKW in den letztlich von Kriminalbeamten auf Höhe der Raststätte Guntramsdorf der A2 angehaltenen PKW umgestiegen waren. Die drei ukrainischen Staatsangehörigen wussten, dass ihre Einreise nach Österreich unrechtmäßig sein wird, zumal deren von einer ungarischen Vertretungsbehörde ausgestellte "Schengenvisa" im Zeitpunkt des Grenzübertrittes nach Österreich bereits abgelaufen waren. Dies war ihnen jedoch egal, weil sie zu einer Verwandten nach Italien wollten.

 

Auch der Berufungswerber wusste, dass es sich bei den Einreisen der ungarischen Staatsangehörigen nach Österreich um unrechtmäßige Einreisen handelte, und dass dafür Entgelt von ihnen entrichtet wurde.

 

Nach seiner Festnahme und Anzeigeerstattung durch das Landesgendarmeriekommando für das Burgenland an die Staatsanwaltschaft Eisenstadt wurde über den Berufungswerber die Untersuchungshaft verhängt, die bis zur Hauptverhandlung aufrechterhalten wurde.

 

Mit rechtskräftigem Urteil vom 01 04 2005 wurde der Berufungswerber vom Landesgericht Eisenstadt zur Zl 12 Hv 136/05m schuldig erkannt, im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Herrn *** als Mittäter am 07 02 2005 in Nickelsdorf mit dem Vorsatz, dass dies gegen einen nicht bloß geringfügigen Vermögensvorteil für sie oder einen anderen, nämlich 2000 Euro pro geschleppter Person geschieht, die rechtswidrige Einreise von drei namentlich näher bezeichneten ukrainischen Staatsangehörigen, die keine Aufenthaltsbewilligungen für Österreich hatten,

1. nach Österreich gefördert zu haben, indem sie die drei genannten ukrainischen Staatsbürger in der Führerkabine des Lastkraftwagens des Berufungswerbers versteckt und über den Grenzübergang Nickelsdorf nach Österreich und

2. in einen Nachbarstaat Österreich, nämlich Italien zu fördern versucht zu haben, indem sie die genannten ukrainischen Staatsbürger auf einen Parkplatz in Wien in den Personenkraftwagen des *** verluden und sich dieser sodann mit den Geschleppten auf den Weg in Richtung Italien machte.

Wegen der Vergehen der teilweise versuchten und teils vollendeten Schlepperei nach § 104 Abs 1 FrG iVm §§ 12, 15 StGB wurde der Berufungswerber zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten, davon fünf Monate unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen, rechtskräftig verurteilt.

 

In Österreich hat der Berufungswerber weder familiäre, berufliche noch sonstige Bindungen. Als Berufschauffeur von Lastkraftwagen fuhr er allerdings bereits zu früheren Zeiten durch Österreich. Er unternimmt im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit immer wieder Fahrten außerhalb Ungarns. Die Ehegattin und die Kinder des Berufungswerbers leben in Ungarn.

 

Diese Feststellungen beruhten auf folgender Beweiswürdigung:

 

Die Umstände hinsichtlich der Schleppung der drei ukrainischen Staatsangehörigen konnte aufgrund der in der Anzeige des Landesgendarmeriekommandos für das Burgenland enthaltenen Niederschrift, die mit den ukrainischen Staatsangehörigen angefertigt war, festgestellt werden. Diese Angaben erwiesen sich als glaubwürdig, nachvollziehbar und in sich widerspruchsfrei. Darüber hinaus wurde der Berufungswerber ab dem Passieren der Staatsgrenze von Kriminalbeamten observiert, die in der Anzeige vom 07 02 2005 ihre Wahrnehmungen schlüssig und detailgetreu schilderten. Im Rahmen des Verfahrens hat der Berufungswerber die von ihm begangene Straftat auch nicht weiter bestritten. Vielmehr führte er in der Berufung ausdrücklich aus, dass es richtig sei, dass er die Straftat begangen habe. Weiters wurde die Tatbegehung auch rechtskräftig durch das Urteil des Landesgerichts Eisenstadt vom 01 04 2005, Zl 12 Hv 136/05m, festgestellt.

 

Dass der Berufungswerber keine näheren beruflichen oder persönlichen Beziehungen in Österreich aufweist, beruhte auf seinen eigenen Angaben vor der Bundespolizeidirektion Eisenstadt. Dass sich dies mittlerweile geändert hätte, wurde vom Berufungswerber nicht vorgebracht. Er machte diesbezüglich lediglich geltend, dass er infolge des Aufenthaltsverbotes in seinem Heimatland berufliche Nachteile im Rahmen seiner Tätigkeit als LKW-Chauffeur habe.

 

Der Berufungswerber ist derzeit nicht zur Einreise nach Österreich berechtigt, weil einer Berufung gegen den Aufenthaltsverbotsbescheid die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde. Infolge dessen durfte gemäß § 9 Abs 7 FPG eine mündliche Verhandlung entfallen, zumal der Sachverhalt bereits aufgrund der Aktenlage abschließend feststand. Der Berufungswerber erstattete keinerlei Vorbringen, wonach der aus dem vorliegenden erstinstanzlichen Akt ersichtliche Sachverhalt oder die von der erstinstanzlichen Behörde im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen unrichtig wären; der Berufungswerber brachte auch keinen sonstigen Sachverhalt, der strittig wäre, vor. Mangels der Aktenlage widerstreitendem Sachverhaltsvorbringen war die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung nicht erforderlich.

 

Rechtlich ist der festgestellte Sachverhalt wie folgt zu beurteilen:

 

Das gegen den Berufungswerber erlassene Aufenthaltsverbot wurde nach den Vorschriften des Fremdengesetzes 1997 erlassen. Dieses Gesetz ist mit Ablauf des 31 12 2005 außer Kraft getreten. Gemäß § 125 Abs 1 FPG sind Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung, die bei In-Kraft-Treten des FPG (01 01 2006) anhängig waren, nach dessen Bestimmungen weiterzuführen. Die Zulässigkeit zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes war daher anhand der Bestimmungen des FPG zu beurteilen.

 

Aufgrund des festgestellten Sachverhalts sind die Voraussetzungen zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes erfüllt, was im Übrigen der Berufungswerber nicht bestritt. Gemäß § 86 Abs 1 FPG ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen freizügigkeitsberechtigte EWR-Bürger (der der Berufungswerber als ungarischer Staatsangehöriger ist, zumal Ungarn mittlerweile auch dem EWR-Abkommen beigetreten ist, sh BGBl III Nr 53/2006) dann zulässig, wenn aufgrund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Im Sinne der bisherigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 48 FrG 1997, die infolge gleichgelagerter Regelungen auch für das FPG Geltung beanspruchen kann, stellen die in § 60 Abs 2 FPG genannten Gründe einen Orientierungsmaßstab dar (hier insbes § 60 Abs 2 Z 1 und Z 5 FPG).

 

Im gegenständlichen Fall liegen nun die Voraussetzungen des § 86 Abs 1 FPG zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes vor. Es besteht ein hohes öffentliches Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung im Bereich des Fremdenwesens, die durch Schleppungen von Fremden in gravierendem Ausmaß gestört wird und einem geordneten Fremdenwesen zuwiderläuft. Der Berufungswerber hat drei ukrainische Staatsangehörige in einem von ihm gelenkten LKW versteckt und unter Umgehung der Grenzkontrolle nach Österreich gebracht, wobei diese in weiterer Folge nach Italien weitergeschleppt hätten werden sollen. Diese Schleppung erfolgte gegen Entgelt. Das vom Berufungswerber gesetzte Verhalten stellt nun nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates Burgenland eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr dar, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt, zumal die Schleppung von nicht aufenthaltsberechtigten Fremden einerseits immer wieder mit Beeinträchtigungen der Gesundheit oder sogar des Lebens der geschleppten Personen einhergehen kann und andererseits diese Fremden regelmäßig in ein vom Staat nicht zu tolerierendes Abhängigkeitsverhältnis zum Schlepper geraten. Zur Verhinderung allfälliger weiterer strafbarer Handlungen in Form von Schleppungen durch den Berufungswerber ist es erforderlich, ihm den Aufenthalt im Bundesgebiet zu verwehren. Gründe, wonach die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen den Berufungswerber absolut unzulässig gewesen wären, waren nicht ersichtlich und wurden vom Berufungswerber auch nicht vorgebracht.

 

Mit seinem Vorbringen richtete sich der Berufungswerber primär gegen die Zulässigkeit der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes aus dem Grund des § 66 Abs 2 FPG. Er brachte vor, dass das Aufenthaltsverbot gravierende Auswirkungen auf seine Lebenssituation und die seiner Familie (in Ungarn) hätte, weil seine berufliche Tätigkeit in Ungarn eingeschränkt würde, zumal er als LKW-Chauffeur, um Arbeit zu erhalten, auch berechtigt sein müsse, durch andere Nachbarländer zu fahren. Dazu ist auszuführen, dass es dem Berufungswerber lediglich verwehrt ist, das österreichische Bundesgebiet zu betreten, nicht aber andere Staaten. Das von Österreich erlassene Aufenthaltsverbot kann (auch im Hinblick auf die Regeln des Schengener Durchführungsübereinkommens - SDÜ, welches mittlerweile zum Gemeinschaftsrecht zu zählen ist) nur Wirkungen in Österreich entfalten und führt, weil der Berufungswerber Staatsangehöriger eines Mitgliedstaates der Europäischen Union ist, auch nicht zu einer "schengenweiten" Ausschreibung im Schengener Informationssystem (nach Art 96 SDÜ dürfen nur Drittausländer zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben werden, nach Art 1 SDÜ ist Drittausländer eine Person, die nicht Staatsangehöriger eines der Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften ist). Somit beschränkt sich das vom Berufungswerber angeführte Verbot, durch Nachbarländer zu fahren, auf Österreich und entfaltet außerhalb Österreichs auch keine Wirkungen. Dem Berufungswerber ist es nicht verwehrt, im Rahmen seiner Tätigkeit andere Staaten - somit auch andere Nachbarländer Ungarns - zu bereisen. Diese Auswirkung auf die Lebenssituation des Berufungswerbers (in Ungarn) wiegt nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates Burgenland nicht schwerer als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes. Bindungen in Österreich weist der Berufungswerber nicht auf. Es lagen somit keine Gründe vor, wonach die Erlassung des Aufenthaltsverbotes aus den in § 66 FPG genannten Umständen unzulässig gewesen wäre.

 

Auch im Rahmen des der Behörde zustehenden Ermessens konnte nicht von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes abgesehen werden. Die im Rahmen des Ermessens allenfalls zugunsten des Berufungswerbers zu berücksichtigenden Umstände, nämlich dass er im Rahmen seiner Tätigkeit als LKW-Chauffeur durch Österreich durchfahren in der Lage zu sein möchte, um seine beruflichen Chancen in Ungarn nicht zu schmälern, waren nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates Burgenland nicht geeignet, eine anders lautende Entscheidung herbeizuführen.

 

Nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates Burgenland ist auch die von der erstinstanzlichen Behörde festgelegte Dauer des Aufenthaltsverbotes nicht zu beanstanden. Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist gemäß § 63 Abs 2 FPG auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Wird ein Aufenthaltsverbot nicht auf unbestimmte Zeit erlassen, was hier der Fall ist, so ist es für jenen Zeitraum zu erlassen, nach dessen Ablauf vorhersehbarerweise der Grund für seine Verhängung weggefallen sein wird. Die vom Berufungswerber gesetzte Handlung beeinträchtigte in gravierendem Ausmaß die öffentlichen Interessen an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens sowie an der Verhinderung strafbarer Handlungen. Es bedarf daher eines geraumen, nicht zu gering anzusetzenden Zeitraumes der Beobachtung des Wohlverhaltens des Berufungswerbers um sicherzustellen, dass er nicht neuerlich das von ihm gezeigte Verhalten im Bundesgebiet setzen wird, und gewährleistet ist, dass er keine Gefährdung der öffentlichen Ordnung in Österreich mehr hervorrufen wird. Der von der erstinstanzlichen Behörde festgesetzte Zeitraum von 10 Jahren wurde, auch unter Berücksichtigung des persönlichen Interesses des Berufungswerbers wieder nach und durch Österreich fahren zu dürfen, nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates Burgenland rechtlich korrekt bemessen. Im derzeitigen Zeitpunkt konnte nicht davon ausgegangen werden, dass bereits ein kürzer bemessener Zeitraum ausreichend wäre, um die genannten Zwecke zu erreichen.

 

In diesem Zusammenhang sei der Berufungswerber auch darauf hingewiesen, dass es sich, entgegen seiner persönlichen Einschätzung, beim gegenständlichen Aufenthaltsverbot um keine Strafe, sondern eine administrativrechtliche Maßnahme zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung in Österreich handelt. Aus diesem Grund kam seinem Vorbringen, er sei durch die strafgerichtliche Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe bereits ausreichend bestraft worden, rechtlich keine Relevanz zu.

 

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes stellt der Abspruch über den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung nach § 64 Abs 2 AVG einen von dem die Hauptsache betreffenden Ausspruch zu unterscheidenden (trennbaren) selbständigen Abspruch im Sinn des § 59 Abs 1 AVG dar (vgl VwGH v 15 12 2004, 2001/18/0147, VwGH v 27 01 2004, 2003/18/0284). Im Hinblick darauf und auf den Inhalt der Berufung, der die sofortige Durchsetzbarkeit des Aufenthaltsverbotes nicht bekämpft, war davon auszugehen, dass mit der vorliegenden Berufung allein nur der Ausspruch des Aufenthaltsverbotes, nicht jedoch auch der Ausspruch über den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung bekämpft wurde, weshalb darüber im Berufungsverfahren auch nicht abzusprechen war. Dies gilt auch für die Nichtgewährung eines Durchsetzungsaufschubes, wobei diesbezüglich im Übrigen eine Berufungserhebung auch nicht zulässig gewesen wäre, weil sowohl gemäß § 94 Abs 5 FrG 1997 als auch gemäß § 9 Abs 2 FPG eine Berufung gegen diesen Ausspruch gesetzlich ausgeschlossen ist (war) und nur die Möglichkeit einer Beschwerde an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts besteht (bestand).

Schlagworte
Aufenthaltsverbot, Straftat, Schlepperei, Gefährdung öffentliche Ordnung und Sicherheit
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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