TE UVS Tirol 2008/03/12 2008/25/0637-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.03.2008
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Alexander Hohenhorst über die Berufung der Agrargemeinschaft L., vertreten durch ihren Obmann A. H., L. Nr 26a, vom 16.02.2008 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 22.01.2008, Zl 3.1-2621/06-A-24, betreffend Vorschreibungen gemäß § 79 Abs 1 GewO 1994 nach § 67h iVm § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), wie folgt:

 

Der Berufung wird Folge gegeben und der bekämpfte Bescheid behoben.

Text

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 22.01.2008, Zl 3.1-2621/06-A-24, wurde der Agrargemeinschaft L. gemäß § 79 Abs 1 GewO 1994 die Erfüllung von insgesamt 11 zusätzlichen Auflagen für die Betriebsanlage L. Alm bis zum Beginn der Almsaison 2008 bzw bis zum 31.07.2008 vorgeschrieben.

 

Dagegen richtet sich die fristgerechte und zulässige Berufung der Agrargemeinschaft L., in welcher vorgebracht wird, dass mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 22.05.1995, Zl 3-1656/80-A, die Verpachtung des Gast- und Schankgewerbes in der Betriebsform JAUSENSTATION im Standort L., L. Alm, zur Kenntnis genommen wurde. Da die Agrargemeinschaft L. das Gast- und Schankgewerbe nicht ausübe, werde der Antrag gestellt, den bekämpften Bescheid ersatzlos zu beheben.

 

Die Berufungsbehörde hat hiezu wie folgt erwogen:

Der Agrargemeinschaft L. wurde mit Konzessionsurkunde vom 26.07.1971, Zl I-2175/4, die Konzession zum Betrieb des Gast- und Schankgewerbes in der Betriebsform einer JAUSENSTATION mit dem Standort L., L. Alm, verliehen. In weiterer Folge kam es zu einer Erweiterung der Ausschankberechtigung. Das Gewerbe wurde an verschiedene Bestandnehmer verpachtet. Die letzte Verpachtung erfolgte an O. F., welche am 08.05.1995 der Erstbehörde angezeigt und von dieser mit Bescheid vom 22.05.1995, Zl 3-1656/80-A, zur Kenntnis genommen wurde.

 

Die Agrargemeinschaft L. bestreitet in der vorliegenden Berufung, zutreffender Bescheidadressat für die Vorschreibung zusätzlicher Auflagen zu sein. Zu den Auflagen in inhaltlicher Hinsicht und den Erfüllungszeitpunkten wird nichts vorgebracht.

 

Es stellt sich nunmehr die Frage, wer Bescheidadressat von Aufträgen im Sinn des § 79 Abs 1 GewO 1994 ist. Der Gesetzestext von § 79 Abs 1 sagt nichts darüber aus, wem die Auflagen vorzuschreiben sind. Abs 3 hingegen benennt den Adressaten mit dem Inhaber der Anlage. Da zwischen Abs 1 und Abs 3 nur ein Unterschied hinsichtlich des Inhaltes des Behördenauftrages, nicht jedoch bezüglich der Person besteht, an die sich der Auftrag richtet, ist es unzweifelhaft, dass Bescheidadressat für die Vorschreibung zusätzlicher Auflagen nach § 79 Abs 1 ebenfalls der Inhaber der Betriebsanlage ist.

 

In einem nächsten Schritt ist zu klären, wer unter dem Inhaber der Anlage zu verstehen ist. Zu § 79 Abs 1 GewO ist dazu keine Judikatur bekannt; der Begriff des Inhabers der Anlage kommt jedoch auch in anderen Bestimmungen der GewO vor, wo es zu diesem Begriff Judikatur gibt.

 

Dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29.03.1994, 93/04/0257, lag der Sachverhalt zugrunde, dass die belangte Behörde den Bescheid dem Beschwerdeführer in seiner Eigenschaft als Eigentümer gegenüber erlassen hat. Es wurde vorgebracht, dass der Eigentümer nicht zwingend auch Inhaber einer Sache sei. Im konkreten Fall war eine andere Rechtsperson Inhaber der Liegenschaft. Dazu führte der Verwaltungsgerichtshof aus, dass die belangte Behörde die Rechtslage dadurch verkannte, wenn sie dem Beschwerdeführer, ohne die die Rechtsfigur des Inhabers bestimmenden Tatbestandsmerkmale des § 83 GewO zu prüfen, die in Rede stehenden Aufträge in seiner Eigenschaft ?als Eigentümer? der fraglichen Liegenschaft erteilte.

 

In dem zu § 80 Abs 5 iVm § 367 Z 25 GewO ergangenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21.11.2001, 2000/04/0197, wird auf den Begriff des Inhabers einer Betriebsanlage direkt eingegangen. Demnach ist Inhaber, wer eine Sache in seiner Gewahrsame hat (§ 309 ABGB). Zum Unterschied vom Besitzer bedarf der Inhaber des so genannten Eigentümerwillens nicht. Solcherart ist unter anderem auch der Bestandnehmer vom Inhaberbegriff eingeschlossen. Es kommt somit darauf an, wer die Betriebsanlage betreibt. Wurde eine Betriebsanlage verpachtet, so ist der Verpächter praktisch nicht in der Lage, die Einhaltung der vorgeschriebenen Auflagen zu gewährleisten. Es ist vielmehr so, dass den Verpächter mit dem Betrieb der bewilligten Betriebsanlage in vielen Fällen nichts verbindet und diese oft außerhalb seiner Interessen- und Einflusssphäre liegt, sodass ein Einstehen für die Erfüllung bzw Einhaltung der vorgeschriebenen Auflagen als nicht gerechtfertigt erscheint.

 

Aus dieser Judikatur lässt sich nach Ansicht der Berufungsbehörde einzig und allein die rechtliche Schlussfolgerung ziehen, dass Bescheidadressat für die Vorschreibung von weiteren Auflagen nach § 79 Abs 1 GewO 1994 im Falle des Vorliegens eines Bestandverhältnisses nicht der Anlageneigentümer sondern der Bestandnehmer ist.

 

Damit ist die Agrargemeinschaft L. mit ihrer Berufungsargumentation im Recht, weshalb ihrer Berufung Folge zu geben und der bekämpfte Bescheid zu beheben war.

 

Hingewiesen wird in diesem konkreten Verfahren jedoch auf den Umstand, dass der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 13.09.2006, Zl 3.1-2621/06-A-6, mit dem der Agrargemeinschaft L. nahezu die identischen Auflagen jedoch bis zum 31.05.2007 vorgeschrieben wurden, durch Nichterhebung eines Rechtsmittel dagegen in Rechtskraft erwachsen ist.

Schlagworte
Aus, dieser, Judikatur, lässt, sich, nach, Ansicht, der, Berufungsbehörde, einzig, und, allein, die, rechtliche, Schlussfolgerung, dass, Bescheidadressat, für, die, Vorschreibung, von, weiteren, Auflagen, nach, § 79 Abs 1 GewO, im, Falle, des, Vorliegens, eines, Bestandsverhältnisses, nicht, der, Anlageneigentümer, sondern, der, Bestandnehmer, ist
Zuletzt aktualisiert am
30.09.2008
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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