TE Vwgh Erkenntnis 2001/12/21 2000/19/0074

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.12.2001
beobachten
merken

Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AVG §13 Abs1;
AVG §66 Abs4;
FrG 1997 §10 Abs1 Z2;
FrG 1997 §113;
FrG 1997 §14 Abs2;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGG §42 Abs3;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2000/19/0075

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel, über die Beschwerde

1. der am 30. April 1974 geborenen N S und 2. des am 8. August 1994 geborenen H S, beide in F, beide vertreten durch Dr. Wilfried Ludwig Weh und Dr. Hanno Lecher, Rechtsanwälte in 6900 Bregenz, Wolfeggstraße 1, gegen die Bescheide des Bundesministers für Inneres vom 29. Oktober 1999, 1. zu Zl. 121.167/22-III/11/99 (betreffend die Erstbeschwerdeführerin) und 2. zu Zl. 121.167/23-III/11/99 (betreffend den Zweitbeschwerdeführer), jeweils betreffend Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von jeweils S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Wie sich aus dem die Beschwerdeführer betreffenden hg. Erkenntnis vom 9. Oktober 1998, Zlen. 98/19/0020 bis 0022, ergibt, stellten diese durch ihren Rechtsvertreter am 12. Februar 1996 Anträge auf Feststellung, dass sie in Österreich aufenthaltsberechtigt seien, für den Fall, dass diesen Anträgen nicht stattgegeben werden sollte, auf Erteilung von Aufenthaltsbewilligungen.

Zur weiteren Vorgeschichte wird auf das bereits erwähnte hg. Erkenntnis sowie auf ebenfalls die Beschwerdeführer betreffende hg. Erkenntnis vom 13. Dezember 2001, Zlen. 99/21/0315 bis 0317, verwiesen.

Die Bezirkshauptmannschaft Bregenz wies mit Bescheiden jeweils vom 10. September 1999 namens des Landeshauptmannes von Vorarlberg die als Anträge auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung gewerteten Eventualanträge der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z. 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 2 des Fremdengesetzes 1997 (FrG 1997) ab.

Die dagegen erhobenen Berufungen wies der Bundesminister für Inneres mit Bescheiden jeweils vom 29. Oktober 1999 gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit §§ 10 Abs. 1 Z. 2 und 14 Abs. 2 FrG 1997 ab. In der Begründung führte der Bundesminister für Inneres nach Wiedergabe des Ganges des Verwaltungsverfahrens aus, die Bezirkshauptmannschaft Bregenz habe mit Bescheiden vom 10. September 1999 die Eventualanträge der Beschwerdeführer auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung nach den Bestimmungen des mit 1. Jänner 1998 in Kraft getretenen FrG 1997 abgewiesen. Es stehe fest, dass die Beschwerdeführer mit bis 24. Dezember 1995 gültigen Touristensichtvermerken nach Österreich eingereist seien. Seither hielten sie sich durchgehend im Bundesgebiet auf. Diese Tatsache werde von ihnen in keiner Weise bestritten. Demnach liege ein zwingender Versagungsgrund gemäß § 10 Abs. 1 Z. 2 FrG 1997 vor. Da die Beschwerdeführer noch nie im Besitz eines Aufenthaltstitels für Österreich gewesen seien, seien ihre Anträge als Anträge auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung zu werten, die sie gemäß § 14 Abs. 2 FrG 1997 vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus hätten stellen müssen. Zum Zeitpunkt der Antragstellung hätten sich die Beschwerdeführer jedoch im Inland aufgehalten. Ein Eingehen auf eventuelle private und familiäre Interessen der Beschwerdeführer erübrige sich, weil das Vorliegen des Versagungsgrundes nach § 10 Abs. 1 Z. 2 FrG 1997 "einen zulässigen Eingriff in das durch Art. 8 EMRK geschützte Grundrecht darstellt".

Gegen diese Bescheide richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Wie der Verwaltungsgerichtshof ua. in seinem Erkenntnis vom 12. Dezember 1997, Zl. 96/19/2048, dargelegt hat, liegt die Besonderheit eines Eventualantrages, wie ihn die Beschwerdeführer gestellt haben, darin, dass er unter der aufschiebenden Bedingung gestellt wird, dass der Primärantrag erfolglos bleibt. Wird ein Eventualantrag vor dem Eintritt des Eventualfalles erledigt, so belastet dies die Erledigung mit Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 20. Februar 1990, Zl. 89/01/0114, und vom 12. September 1997, Zl. 96/19/1468).

Gemäß § 42 Abs. 3 VwGG tritt durch die Aufhebung eines angefochtenen Bescheides die Rechtssache in die Lage zurück, in der sie sich vor Erlassung des angefochtenen Bescheides befunden hatte. Auf Grund dieser (Rück)Wirkung seiner Erkenntnisse hat der Verwaltungsgerichtshofes bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide davon auszugehen, dass jedenfalls seit der durch das erwähnte hg. Erkenntnis vom 13. Dezember 2001, Zlen. 99/21/0315 bis 0317, erfolgten Aufhebung der Bescheide des Bundesministers für Inneres vom 3. September 1999 im Zeitpunkt der Entscheidung der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 10. September 1999 über die in Anwendung der Übergangsbestimmung des § 113 FrG 1997 als Anträge auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 16. Februar 2001, Zlen. 2000/19/0054, 0065) gewerteten Eventualanträge der Beschwerdeführer kein rechtskräftiger Abspruch über deren primäre Anträge auf Feststellung ihrer Aufenthaltsberechtigung mehr vorlag. Die Bezirkshauptmannschaft Bregenz hat ihre Bescheide vom 10. September 1999 daher mit Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit belastet. Durch die mit den angefochtenen Bescheiden vorgenommene Abweisung der Berufungen der Beschwerdeführer, welche die aufgezeigte Unzuständigkeit der Erstbehörde nicht beseitigt, sind jene mit Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes behaftet. Die Beschwerdeführer wurden dadurch in ihren Rechten auf Einhaltung der Zuständigkeitsordnung verletzt. Diese Verletzung der Behördenzuständigkeit war vom Verwaltungsgerichtshof ungeachtet einer Möglichkeit der Verletzung sonstiger subjektiv-öffentlicher Rechte von Amts wegen wahrzunehmen (vgl. hiezu ebenfalls das bereits erwähnte hg. Erkenntnis vom 12. Dezember 1997, Zl. 96/19/2048, mwN).

Aus diesen Erwägungen waren die angefochtenen Bescheide gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Von der Durchführung einer Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 4 VwGG abgesehen werden.

Wien, am 21. Dezember 2001

Schlagworte

Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Entscheidungsrahmen und Überprüfungsrahmen des VwGH Allgemein Besondere Rechtsgebiete Inhalt der Berufungsentscheidung Kassation

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:2000190074.X00

Im RIS seit

03.04.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten