TE Vwgh Erkenntnis 2001/12/13 99/21/0315

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Veröffentlicht am 13.12.2001
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Index

L41003 Niederlassung Aufenthalt Niederösterreich;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AVG §1;
FrG 1997 §88 Abs1;
FrG 1997 §89 Abs1;
FrG 1997 §94 Abs4;
FrGVollziehungsV NÖ 1997 §1;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §56;
VwGG §58 Abs2 idF 1997/I/088 ;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):99/21/0317 99/21/0316

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Bauernfeind, über die Beschwerde 1. der N, geboren am 30. April 1974, 2. des Ü, geboren am 8. August 1994 und

3. der S, geboren am 18. Jänner 1996, alle in Lauterach, alle vertreten durch Dr. Wilfried Ludwig Weh, Rechtsanwalt in 6900 Bregenz, Wolfeggstraße 1, gegen die Bescheide des Bundesministers für Inneres je vom 3. September 1999, Zl. 121.167/18-III/11/99 (ad 1.), Zl. 121.167/19-III/11/99 (ad 2.) und Zl. 121.167/20-III/11/99 (ad 3.), jeweils betreffend Feststellung eines Aufenthaltsrechtes,

1. zu Recht erkannt:

Spruch

Die die erst- und zweitbeschwerdeführende Partei betreffenden Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der erst- und zweitbeschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von je S 12.500,-- daher insgesamt

S 25.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

2. den Beschluss gefasst:

Die Beschwerde wird, soweit sie sich gegen den die drittbeschwerdeführende Partei betreffenden Bescheid richtet, als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.

Der Bund hat der drittbeschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführer stellten am 12. Februar 1996 bei der Bezirkshauptmannschaft Bregenz durch ihren Rechtsvertreter Anträge auf Feststellung, dass sie in Bregenz aufenthaltsberechtigt seien, für den Fall, dass diesen Anträgen nicht stattgegeben werden sollte, auf Erteilung von Aufenthaltsbewilligungen. Begründet wurden die Anträge damit, die Beschwerdeführer seien Angehörige eines Arbeitnehmers, auf den die Voraussetzungen des Art. 6 des Beschlusses Nr. 1/80 des auf Grund des Assoziationsabkommens zwischen der EWG und der Türkei eingerichteten Assoziationsrates zuträfen.

Den im ersten Rechtsgang über diese Anträge absprechenden Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bregenz hob der Bundesminister für Inneres (die belangte Behörde) mit Bescheiden vom 30. November 1998 - in Befolgung des hg. Erkenntnisses vom 9. Oktober 1998, Zlen. 98/19/0020 bis 0022 - auf. Daraufhin - nachdem die Beschwerdeführer in einer Stellungnahme vom 11. Jänner 1999 erklärt hatten, ihre Feststellungsanträge aufrecht zu erhalten - erledigte die Bezirkshauptmannschaft Bregenz die eingangs genannten Anträge mit Bescheid vom 24. März 1999 wie folgt:

"Bescheid

Frau S. M. und die Kinder Ü. H. und S., alle vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Wilfried Ludwig Weh, haben am 12.2.1996 bei der Bezirkshauptmannschaft Bregenz Anträge auf Feststellung ihres assoziationsrechtlichen Aufenthaltsrechts eingebracht.

Über diese Anträge ergeht auf Grund der Verordnung des Landeshauptmannes über die Ermächtigung der Bezirkshauptmannschaften zur Entscheidung nach dem Fremdengesetz 1997, LGBl. Nr. 80/1997, folgender

Spruch

Gemäß § 30 Abs. 3 des Bundesgesetzes über die Einreise, den Aufenthalt und die Niederlassung von Fremden (Fremdengesetz 1997 - FrG) BGBl. Nr. I 1997/75 werden die Anträge auf Feststellung des assoziationsrechtlichen Aufenthaltsrechts zurückgewiesen."

Die dagegen erhobenen Berufungen wies die belangte Behörde mit den angefochtenen Bescheiden gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab; zugleich sprach sie jeweils aus, dass der Verwaltungsakt gemäß § 6 Abs. 1 AVG an die Bezirkshauptmannschaft Bregenz zur Entscheidung über den Eventualantrag auf Erteilung einer Aufenthalts- bzw. Niederlassungsbewilligung weitergeleitet werde. Begründet wurden diese Berufungsbescheide im Wesentlichen damit, dass die Beschwerdeführer die Voraussetzungen der Art. 6 und 7 des Beschlusses Nr. 1/80 des auf Grund des Assoziationsabkommens zwischen der EWG und der Türkei eingerichteten Assoziationsrates nicht erfüllten. Da zudem in Anbetracht des jeweils gestellten Eventualantrags ohnehin über den "Aufenthaltsstatus" der Beschwerdeführer zu entscheiden sein werde, sei ein Feststellungsantrag jedenfalls unzulässig.

Über die gegen diese Bescheide erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

1. Zu den die erst- und die zweitbeschwerdeführende Partei betreffenden Bescheiden:

Das FrG enthält im ersten Abschnitt seines 8. Hauptstückes - ua. - folgende Zuständigkeitsregelungen:

"Sachliche Zuständigkeit

§ 88. (1) Behörde im Sinne dieses Bundesgesetzes ist, sofern nicht anderes bestimmt ist, die Bezirksverwaltungsbehörde, im örtlichen Wirkungsbereich einer Bundespolizeibehörde diese.

...

Sachliche Zuständigkeit im Zusammenhang mit Niederlassungsbewilligungen

§ 89. (1) Entscheidungen im Zusammenhang mit Niederlassungsbewilligungen trifft der Landeshauptmann. Der Landeshauptmann kann, wenn dies im Interesse der Einfachheit, Zweckmäßigkeit oder Sparsamkeit der Verwaltung gelegen ist, die Bezirksverwaltungsbehörden mit Verordnung ermächtigen, alle oder bestimmte Fälle in seinem Namen zu entscheiden.

..."

Gestützt auf § 89 Abs. 1 FrG hat der Landeshauptmann von Vorarlberg die Verordnung des Landeshauptmannes über die Ermächtigung der Bezirkshauptmannschaften zur Entscheidung nach dem Fremdengesetz 1997, LGBl. Nr. 80/1997, erlassen. Deren § 1 lautet wie folgt:

"§ 1.

Die Bezirkshauptmannschaften sind ermächtigt, Entscheidungen im Zusammenhang mit Niederlassungsbewilligungen im Namen des Landeshauptmannes zu treffen."

Die erstinstanzliche Behörde hat ihre Entscheidung "auf Grund" der eben erwähnten Verordnung getroffen. Sie wurde daher eindeutig als Niederlassungsbehörde tätig, in welcher Eigenschaft sie freilich, wie § 88 Abs. 1 im Zusammenhang mit § 89 Abs. 1 FrG zeigt, nicht über die eingangs dargestellten Anträge auf Feststellung, dass die Beschwerdeführer in Österreich aufenthaltsberechtigt seien, hätte absprechen dürfen (siehe das schon zitierte, die Beschwerdeführer betreffende Vorerkenntnis vom 9. Oktober 1998, mwN.; das FrG hat keine, zu einer anderen Beurteilung führende Änderung der Zuständigkeitsvorschriften gebracht).

Nach dem Gesagten ist die Bezirkshauptmannschaft Bregenz als unzuständige Behörde eingeschritten, was die belangte Behörde von Amts wegen durch ersatzlose Behebung des erstinstanzlichen Bescheides aufzugreifen gehabt hätte. Indem sie dies unterließ, belastete sie ihre eigenen Bescheide mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Hiedurch verletzte sie auf einfach gesetzlicher Ebene das - in der Beschwerde geltend gemachte - Recht der Beschwerdeführer auf Einhaltung der Zuständigkeitsordnung. Die die beiden erstbeschwerdeführenden Parteien betreffenden Bescheide waren daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufzuheben.

2. Zu dem die drittbeschwerdeführende Partei betreffenden Bescheid:

Mit Schriftsatz vom 30. Juli 2001 teilte die Drittbeschwerdeführerin mit, dass ihr seitens der belangten Behörde mit Bescheid vom 21. Februar 2001 eine Niederlassungsbewilligung erteilt worden sei. Im Hinblick darauf erachte sie sich als klaglos gestellt.

Angesichts dieser Erklärung ist davon auszugehen, dass die drittbeschwerdeführende Partei kein rechtliches Interesse mehr an einer Sachentscheidung des Gerichtshofes hat. Soweit sich die vorliegende Beschwerde daher gegen den die drittbeschwerdeführende Partei betreffenden Bescheid der belangten Behörde richtet, ist sie als gegenstandslos geworden anzusehen und es ist das Verfahren in diesem Umfang in dem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG einzustellen.

Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 und Z 4 VwGG abgesehen werden.

Die Aussprüche über den Aufwandersatz gründen sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Da aus den oben zu Punkt 1. dargestellten Gründen die drittbeschwerdeführende Partei im Fall der meritorischen Erledigung ihrer Beschwerde obsiegt hätte, war auch ihr gemäß § 58 Abs. 2 VwGG der angesprochene Schriftsatzaufwand zuzusprechen.

Wien, am 13. Dezember 2001

Schlagworte

Einstellung des Verfahrens wegen Klaglosstellung gemäß VwGG §56 erster Satzsachliche Zuständigkeit in einzelnen Angelegenheiten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:1999210315.X00

Im RIS seit

20.03.2002

Zuletzt aktualisiert am

25.08.2015
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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