TE Vwgh Erkenntnis 2002/2/26 2001/11/0336

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Veröffentlicht am 26.02.2002
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
82/02 Gesundheitsrecht allgemein;

Norm

AVG §19 Abs2;
AVG §19;
SMG 1997 §11 Abs2;
SMG 1997 §27;
SMG 1997 §35 Abs3 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde der M in J, vertreten durch Winkler-Heinzle, Rechtsanwaltspartnerschaft in 6900 Bregenz, Gerberstraße 4, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 4. Oktober 2001, Zl. Ref.5-9331, betreffend Ladung in einer Angelegenheit nach dem Suchtmittelgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am 10. September 2001 langte bei der belangten Behörde eine Kopie der an die Staatsanwaltschaft Innsbruck erstatteten Anzeige des Gendarmeriepostens Jenbach vom 6. September 2001 gegen die Beschwerdeführerin wegen des Verdachtes des Vergehens nach § 27 Suchtmittelgesetz - SMG ein. Der Anzeige war u.a. eine Kopie der am 4. Juli 2001 mit der Beschwerdeführerin vor dem Gendarmerieposten Jenbach aufgenommenen Niederschrift angeschlossen, in der sie angab, seit ca. drei Jahren in unregelmäßigen Abständen Haschisch oder Marihuana geraucht zu haben. Zuletzt habe sie vor ca. vier Monaten Haschisch geraucht.

Mit Schreiben vom 25. September 2001 ersuchte die Staatsanwaltschaft Innsbruck die belangte Behörde gemäß § 35 Abs. 3 Z. 2 SMG, auf Grund der Ergebnisse einer ärztlichen Begutachtung durch einen mit Fragen des Suchtmittelmissbrauches hinreichend vertrauten Arzt, der erforderlichenfalls mit zur selbständigen Berufsausübung berechtigten Angehörigen des klinischpsychologischen oder psychotherapeutischen Berufes zusammenzuarbeiten hat, dazu Stellung zu nehmen, ob die Beschwerdeführerin einer gesundheitsbezogenen Maßnahme nach § 11 Abs. 2 SMG bedarf oder nicht, um welche Maßnahme es sich gegebenenfalls handeln soll und ob eine solche Maßnahme zweckmäßig und der Beschwerdeführerin nach den Umständen möglich und zumutbar und nicht offenbar aussichtslos ist oder nicht.

Die belangte Behörde erließ hierauf den angefochtenen Ladungsbescheid, in dem sie als Betreff "Vergehen nach dem Suchtmittelgesetz" angab und die Beschwerdeführerin ersuchte, in dieser Angelegenheit persönlich zur Behörde zu kommen. Die Ladung erfolgte für den 22. Oktober 2001. Für den Fall der Nichtbefolgung der Ladung ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes wurde die zwangsweise Vorführung angedroht.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Die Beschwerdeführerin hat sich dazu gemäß § 36 Abs. 8 zweiter Satz VwGG geäußert.

Der Verwaltungsgerichtshof hat - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen:

§ 19 AVG lautet (auszugsweise):

"§ 19. (1) Die Behörde ist berechtigt, Personen, die in ihrem Amtsbereich ihren Aufenthalt (Sitz) haben und deren Erscheinen nötig ist, vorzuladen. ... .

(2) In der Ladung ist außer Ort und Zeit der Amtshandlung auch anzugeben, was den Gegenstand der Amtshandlung bildet, in welcher Eigenschaft der Geladene vor der Behörde erscheinen soll (als Beteiligter, Zeuge usw.) und welche Behelfe und Beweismittel mitzubringen sind. In der Ladung ist ferner bekannt zu geben, ob der Geladene persönlich zu erscheinen hat oder ob die Entsendung eines Vertreters genügt und welche Folgen an ein Ausbleiben geknüpft sind.

(3) Wer nicht durch Krankheit, Gebrechlichkeit oder sonstige begründete Hindernisse vom Erscheinen abgehalten ist, hat die Verpflichtung, der Ladung Folge zu leisten und kann zur Erfüllung dieser Pflicht durch Zwangsstrafen verhalten oder vorgeführt werden. Die Anwendung dieser Zwangsmittel ist nur zulässig, wenn sie in der Ladung angedroht waren und die Ladung zu eigenen Handen zugestellt war; sie obliegt den Vollstreckungsbehörden.

(4) Gegen die Ladung oder die Vorführung ist kein Rechtsmittel zulässig."

Wie bereits oben dargelegt, wurde die Beschwerdeführerin aufgefordert, in der Angelegenheit "Vergehen nach dem Suchtmittelgesetz" zur Behörde zu kommen. Die Bezeichnung des Gegenstandes der Amtshandlung entspricht nicht § 19 Abs. 2 AVG, da im Ladungsbescheid von einem "Vergehen nach dem Suchtmittelgesetz" die Rede ist und es sich dabei um eine gerichtlich strafbare Tat handelt (siehe § 17 StGB in Verbindung mit den §§ 27 ff SMG) und insbesondere nicht zu erkennen ist, ob es sich beim beabsichtigten behördlichen Vorgehen um eine Administrativmaßnahme oder um eine Maßnahme im Zusammenhang mit einem gerichtlichen Strafverfahren handelt. Bereits dadurch wurde der Beschwerdeführerin die Gelegenheit genommen, sich genügend auf den Gegenstand der Ladung vorzubereiten. In diesem Zusammenhang wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das hg. Erkenntnis vom 23. Oktober 2001, Zl. 2000/11/0342, mwN, hingewiesen. Der Verwaltungsgerichtshof sieht keinen Grund, von dieser zum SMG ergangenen Rechtsprechung abzugehen.

Die belangte Behörde vertritt in ihrer Gegenschrift die Auffassung, aus dem angegebenen Ort der Amtshandlung "Gesundheitsamt" und dem bei der Unterschrift auf dem Bescheid aufscheinenden Hinweis "Amtsarzt" sei zu erkennen, dass es sich um eine ärztliche Maßnahme im Zusammenhang mit einem Vergehen nach dem SMG handle. Dem ist entgegenzuhalten, dass die nach § 19 Abs. 2 AVG erforderliche Angabe des Gegenstandes der Amtshandlung dem Zweck dient, den Bescheidadressaten darüber in eindeutiger Weise in Kenntnis zu setzen, sodass er nicht darauf angewiesen ist, auf Grund anderer Angaben im Ladungsbescheid Vermutungen darüber anzustellen oder gar Erhebungen dazu zu führen, was Gegenstand der Amtshandlung sein könnte.

Die belangte Behörde führt in der Gegenschrift zutreffend aus, dass die Bezirksverwaltungsbehörde über Ersuchen der Staatsanwaltschaft gemäß § 35 Abs. 3 Z. 2 SMG eine Stellungnahme dazu abzugeben hat, ob der Angezeigte einer gesundheitsbezogenen Maßnahme gemäß § 11 Abs. 2 bedarf oder nicht, um welche Maßnahme es sich gegebenenfalls handeln soll und ob eine solche Maßnahme zweckmäßig und ihm nach den Umständen möglich und zumutbar und nicht offenbar aussichtslos ist oder nicht. Dies ändert aber nichts an der Verpflichtung der Behörde, gemäß § 19 Abs. 2 AVG den Gegenstand der Amtshandlung im Ladungsbescheid deutlich zu bezeichnen. Gleiches gilt auch für den Hinweis in der Gegenschrift, dass die Bezirksverwaltungsbehörde als Gesundheitsbehörde zum Zwecke der in dieser Gesetzesstelle genannten Untersuchung berechtigt ist, in einem solchen Fall einen Ladungsbescheid gemäß § 19 AVG zu erlassen (siehe auch dazu das zuvor zitierte Erkenntnis vom 23. Oktober 2001).

Aus den dargelegten Erwägungen war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 26. Februar 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2001110336.X00

Im RIS seit

17.05.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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