TE Vwgh Erkenntnis 2002/4/4 2002/08/0066

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Veröffentlicht am 04.04.2002
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AlVG 1977 §10 Abs1;
AlVG 1977 §9 Abs1;
AlVG 1977 §9 Abs5;
AlVG 1977 §9 Abs6;
AlVG 1977 §9 Abs7;
AVG §66 Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Köller und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde des Mag. J in N, vertreten durch Mag. Egmont Neuhauser, Rechtsanwalt in 3270 Scheibbs, Rathausplatz 4, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Niederösterreich vom 28. Mai 2001, Zl. LGS NÖ/JUR/12181/2001, betreffend Verlust des Anspruches auf Notstandshilfe gemäß § 10 iVm § 38 AlVG, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice nahm mit dem Beschwerdeführer am 4. April 2001 eine Niederschrift über die Nichtannahme bzw. das Nichtzustandekommen einer zugewiesenen Beschäftigung auf.

Diesem Nichtzustandekommen war folgendes an das AMS gerichtetes Bewerbungsschreiben des Beschwerdeführers vorangegangen:

"Sehr geehrter Herr B.,

auf besonderes Verlangen des AMS M. bewerbe ich mich hiermit doch um die am MO 2/4/2001 von Fr. L.S. erhaltene Stellenbeschreibung eines Versandleiters (AMS-Auftragsnummer 404080), obwohl ich diese Stelle für meinen weiteren beruflichen Werdegang als kontraproduktiv ansehe und dies begründet kundtat.

Anmerkung:

Der potentielle Dienstgeber sollte sich bei meiner

Einstellung über folgendes im klaren sein:

-

Ich werde per ca. 5. September 2001 (Schulbeginn) mit fast an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit kündigen, da ich seit 12/2000 auf der Evidenzliste des LSR für Nö um eine meiner Ausbildung entsprechenden Lehrerstelle bin.

-

Weiters ist darauf Bedacht zu nehmen, dass ich im Mai 2001 2 halbe Tage zwecks Formalitäten beim LSR für NÖ (Einreichen des neuen Gesuches, Vorsprache beim Fachinspektor udglm.) ersatzlos zur Wahrung meiner Interessen arbeitsfrei haben möchte.

(Sollte auch eine Bewerbung beim SSR für W erfolgen, was noch nicht endgültig feststeht, so wäre ein solcher Zeitbedarf nochmals für dieses Prozedere vorzusehen).

-

Weiters sollte sich der Dienstgeber darüber im klaren sein, dass es nur für einen meiner Ausbildung entsprechenden Lohn auch eine meiner Ausbildung entsprechende Leistung von mir geben wird.

-

Für Überstunden stehe ich allenfalls im gesetzlichen Mindestausmaß zur Verfügung.

-

Selbstverständlich werde ich nur einen Dienstvertrag unterzeichnen, welcher obiges vorsieht.

Als Bewerbungsunterlagen verweise ich auf meinen Lebenslauf inkl. Foto, welcher Ihnen bereits vor geraumer Zeit von mir zur Verfügung gestellt wurde."

Bei seiner Einvernahme vom 4. April 2001 verwies der Beschwerdeführer ebenfalls darauf, dass die angeführte Stelle eines Versandleiters, welche ein auf ein Jahr befristetes Vertragsverhältnis vorgesehen hätte, für seinen weiteren beruflichen Werdegang nicht dienlich gewesen wäre, da keine Kündigungsmöglichkeit per Anfang September 2001 bestanden hätte. Er würde zu diesem Zeitpunkt aber voraussichtlich eine Lehrerstelle erhalten.

Mit Bescheid vom 17. April 2001 sprach die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice aus, dass der Beschwerdeführer den Anspruch auf Notstandshilfe gemäß § 38 iVm § 10 AlVG für den Zeitraum vom 9. April 2001 bis 20. Mai 2001 verloren hätte. Eine Nachsicht werde nicht erteilt. Der angeführte Zeitraum verlängere sich um die in ihm liegenden Zeiträume, während derer Krankengeld bezogen würde. Begründend führte die Behörde aus, dass der Beschwerdeführer das Beschäftigungsangebot bei dem Unternehmen L. nicht angenommen habe.

Berücksichtigungswürdige Gründe für eine Nachsicht lägen nicht vor.

In seiner Berufung gegen diesen Bescheid legte der Beschwerdeführer dar, dass ihm der Name des Unternehmens nicht bekannt gewesen sei. Die Stelle sei über das Arbeitsmarktservice ausgeschrieben worden und ihm nicht konkret vom Unternehmen selbst oder von einem durch dieses zur Personalauswahl Beauftragten angeboten worden. Da kein näher definiertes Angebot vorgelegen sei, hätte er die Stelle auch nicht ablehnen können. Weiters verwies der Beschwerdeführer erneut darauf, dass er mit Anfang September 2001 eine Lehrerstelle erhalten würde. Da bei einem auf ein Jahr befristeten Dienstvertrag keine Kündigungsmöglichkeit per Anfang September 2001 bestanden und der Unternehmer eine Arbeitskraft für einen längeren Zeitraum gesucht hätte, halte der Beschwerdeführer diese Stelle für seinen beruflichen Werdegang nicht als dienlich.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge.

In der Begründung dieses Bescheides wird nach Wiedergabe von Gesetzeszitaten und des Verwaltungsgeschehens im Wesentlichen ausgeführt, dass es sich um das Angebot einer konkreten Stelle gehandelt habe. Mit der Personalauswahl sei Herr B. vom Arbeitsmarktservice vom potentiellen Dienstgeber betraut und beauftragt worden. Die zugewiesene Beschäftigung erfülle auch sämtliche Zumutbarkeitskriterien im Sinne des § 9 AlVG. Der Beschwerdeführer habe seinen Anspruch auf Arbeitslosengeld bereits erschöpft, und es bestehe keine Aussicht, dass er in absehbarer Zeit, worunter ein Zeitraum zu verstehen wäre, über den eine einigermaßen konkrete Prognose möglich ist, in seinem Beruf eine Beschäftigung finden werde. Er habe sich in den Jahren 1998, 1999 und 2000 erfolglos um eine Lehrerstelle beworben und stehe nunmehr auf der Evidenzliste des LSR NÖ. In seiner Bewerbung habe der Beschwerdeführer zum Ausdruck gebracht, dass er die Beschäftigung nur als Übergangslösung betrachte, und er habe somit Herrn B. von seiner Einstellung abgebracht. Er habe seine Arbeitswilligkeit bezogen auf die konkret angebotene Beschäftigung in Zweifel gestellt und auch das Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses in Kauf genommen. Es seien auch keine Nachsichtsgründe vorgelegen, zumal keine berücksichtigungswürdigen Umstände (wie z.B. Arbeitsaufnahme binnen angemessener Frist) gemäß § 10 Abs. 2 AlVG vorgelegen wären.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 9 AlVG in der hier maßgebenden Fassung BGBl. Nr. 314/1994

lautet:

"§ 9. (1) Arbeitswillig ist, wer bereit ist,

- eine durch die regionale Geschäftsstelle vermittelte zumutbare

Beschäftigung anzunehmen oder

- sich zum Zwecke beruflicher Ausbildung nach- und umschulen zu

lassen oder

- an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt

teilzunehmen oder

- von einer sonst sich bietenden Arbeitsmöglichkeit Gebrauch zu

machen und

- auch sonst alle gebotenen Anstrengungen von sich aus unternimmt, eine Beschäftigung zu erlangen, soweit ihm dies nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbar ist.

(2) Zumutbar ist eine Beschäftigung, die den körperlichen Fähigkeiten des Arbeitslosen angemessen ist, seine Gesundheit und Sittlichkeit nicht gefährdet, angemessen entlohnt ist und dem Arbeitslosen eine künftige Verwendung in seinem Beruf nicht wesentlich erschwert. Die letzte Voraussetzung bleibt bei der Beurteilung, ob die Beschäftigung zumutbar ist, außer Betracht, wenn der Anspruch auf den Bezug des Arbeitslosengeldes erschöpft ist und keine Aussicht besteht, daß der Arbeitslose in absehbarer Zeit in seinem Beruf eine Beschäftigung findet.

(3) Eine Beschäftigung außerhalb des Wohn- oder Aufenthaltsortes des Arbeitslosen ist zumutbar, wenn hiedurch die Versorgung seiner Familienangehörigen, zu deren Unterhalt er verpflichtet ist, nicht gefährdet wird und am Orte der Beschäftigung, wenn eine tägliche Rückkehr an den Wohnort nicht möglich ist, entsprechende Unterkunftsmöglichkeiten bestehen.

(4) Als zumutbar gilt nicht die Beschäftigung in einem von Streik oder Aussperrung betroffenen Betrieb.

(5) Zumutbar ist eine von der regionalen Geschäftsstelle vermittelte Beschäftigung auch dann, wenn dem Arbeitslosen eine Wiedereinstellungszusage von einem früheren Arbeitgeber erteilt wurde oder sich der Arbeitslose schon zur Aufnahme einer Beschäftigung in Zukunft verpflichtet hat (Einstellungsvereinbarung).

(6) Der Arbeitslose ist zum Ersatz eines allfälligen Schadens, der aus der Nichterfüllung der Einstellungsvereinbarung wegen Antritt einer anderen Beschäftigung entstanden ist, nicht verpflichtet. Er soll dem früheren Arbeitgeber sein Abstandnehmen vom Wiederantritt der Beschäftigung vor dem Wiederantrittstermin bekanntgeben. Ansprüche aus einem früheren Arbeitsverhältnis, auf die der Arbeitslose anläßlich der Beendigung nur wegen der erteilten Wiedereinstellungszusage oder nur wegen der geschlossenen Wiedereinstellungsvereinbarung verzichtet hat, leben wieder auf, wenn der Arbeitslose dem früheren Arbeitgeber sein Abstandnehmen vom Wiederantritt der Beschäftigung vor dem Wiederantrittstermin bekanntgibt.

(7) Wenn infolge eines Wiedereinstellungsvertrages oder einer Wiedereinstellungszusage Ansprüche aus dem beendeten Arbeitsverhältnis nicht oder nicht zur Gänze erfüllt worden sind, so werden diese spätestens zu jenem Zeitpunkt fällig, zu dem der Arbeitnehmer seine Beschäftigung gemäß dem Wiedereinstellungsvertrag (Wiedereinstellungszusage) hätte aufnehmen müssen, sofern durch Gesetz nicht anderes bestimmt ist. Verjährungs- und Verfallsfristen verlängern sich um den Zeitraum zwischen Beendigung des Arbeitsverhältnisses und dem vereinbarten Zeitpunkt der Wiederaufnahme der Beschäftigung."

§ 10 AlVG in der hier maßgebenden Fassung BGBl. Nr. 201/1996 hat folgenden Wortlaut:

"§ 10. (1) Wenn der Arbeitslose

-

sich weigert, eine ihm von der regionalen Geschäftsstelle

zugewiesene zumutbare Beschäftigung anzunehmen oder die Annahme einer solchen Beschäftigung vereitelt, oder

-

sich ohne wichtigen Grund weigert, einem Auftrag zur Nach(Um)schulung zu entsprechen oder durch sein Verschulden den Erfolg der Nach(Um)schulung vereitelt, oder

-

ohne wichtigen Grund die Teilnahme an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt verweigert oder den Erfolg der Maßnahme vereitelt, oder

-

auf Aufforderung durch die regionale Geschäftsstelle nicht

bereit oder in der Lage ist, ausreichende Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung glaubhaft zu machen, verliert er für die Dauer der Weigerung, jedenfalls aber für

die Dauer der auf die Weigerung folgenden sechs Wochen, den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Liegt im Zeitraum eines Jahres vor dem Beginn eines Anspruchsverlustes bereits ein früherer Anspruchsverlust, so beträgt der im ersten Satz genannte Zeitraum acht Wochen. Die Zeiten des Anspruchsverlustes verlängern sich um die in ihnen liegenden Zeiträume, während derer Krankengeld bezogen wurde.

(2) Der Ausschluß vom Bezug des Arbeitslosengeldes ist in berücksichtigungswürdigen Fällen, wie zB Aufnahme einer anderen Beschäftigung, ganz oder teilweise nachzusehen. Vor dieser Nachsicht sowie vor Erlassung einer Entscheidung gemäß Abs. 1 ist der Regionalbeirat anzuhören."

Die genannten Bestimmungen sind auf Grund des § 38 AlVG auf die Notstandshilfe sinngemäß anzuwenden.

Wenn der Beschwerdeführer rügt, dass die belangte Behörde mit ihrer Begründung vollkommen vom Inhalt des erstinstanzlichen Bescheides abgewichen sei, weil im erstinstanzlichen Bescheid ausgeführt worden wäre, der Beschwerdeführer hätte das Beschäftigungsangebot nicht angenommen, während im zweitinstanzlichen Bescheid die Begründung dahingehend laute, dass der Beschwerdeführer eine zumutbare Beschäftigung vereitelt habe, ist ihm entgegenzuhalten, dass es im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 19. Juni 1990, Zl. 90/08/0084, und vom 20. Februar 2002, Zl. 99/08/0104) im Ergebnis ohne Relevanz ist, ob die belangte Behörde das Verhalten des Beschwerdeführers dem richtigen Tatbestand des § 10 Abs. 1 AlVG unterstellt hat. Es ist insofern auch nicht von Bedeutung, wenn die Berufungsbehörde den entscheidungsgegenständlichen Sachverhalt, der unverändert geblieben ist, einem anderen Tatbestand des § 10 AlVG als die erstinstanzliche Behörde unterstellt hat. Die Berufungsbehörde ist nämlich befugt, den erstinstanzlichen Bescheid nach eigenen Sachverhaltsfeststellungen und eigener rechtlicher Beurteilung nach jeder Richtung hin abzuändern (vgl. dazu die bei Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, I. Band, 2. Auflage, 1998, auf Seite 1287 unter E 237 zitierte hg. Rechtsprechung).

Die oben genannten Bestimmungen der §§ 9 und 10 AlVG sind im Übrigen Ausdruck des dem gesamten Arbeitslosenversicherungsrecht zu Grunde liegenden Gesetzeszweckes, den arbeitslos gewordenen Versicherten, der trotz Arbeitsfähigkeit und Arbeitswilligkeit nach Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses keine neue Beschäftigung gefunden hat, möglichst wieder durch Vermittlung einer ihm zumutbaren Beschäftigung in den Arbeitsmarkt einzugliedern und ihn so wieder in die Lage zu versetzen, seinen Lebensunterhalt ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel zu bestreiten. Wer eine Leistung der Versichertengemeinschaft der Arbeitslosenversicherung in Anspruch nimmt, muss sich daher darauf einstellen, eine ihm angebotene zumutbare Beschäftigung auch anzunehmen, d.h. bezogen auf eben diesen Arbeitsplatz arbeitswillig zu sein (vgl. in diesem Sinn das Erkenntnis vom 16. Oktober 1990, Zl. 89/08/0141, Slg. Nr. 13.286/A, und die dort angeführte Vorjudikatur).

Um sich in Bezug auf eine von der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vermittelte zumutbare Beschäftigung arbeitswillig zu zeigen, bedarf es grundsätzlich einerseits eines auf die Erlangung dieses Arbeitsplatzes ausgerichteten, unverzüglich zu entfaltenden aktiven Handelns des Arbeitslosen und andererseits auch der Unterlassung jedes Verhaltens, welches objektiv geeignet ist, das Zustandekommen des konkret angebotenen Beschäftigungsverhältnisses zu verhindern. Das Nichtzustandekommen eines die Arbeitslosigkeit beendenden zumutbaren Beschäftigungsverhältnisses kann vom Arbeitslosen - abgesehen vom Fall der ausdrücklichen Weigerung, eine angebotene Beschäftigung anzunehmen - somit auf zwei Wegen verschuldet, die Annahme der Beschäftigung also auf zwei Wegen vereitelt werden: Nämlich dadurch, dass der Arbeitslose ein auf die Erlangung des Arbeitsplatzes ausgerichtetes Handeln erst gar nicht entfaltet (etwa durch Unterlassen der Vereinbarung eines Vorstellungstermins oder Nichtantritt der Arbeit), oder dadurch, dass er den Erfolg seiner (nach außen zu Tage getretenen) Bemühungen durch ein Verhalten, welches nach allgemeiner Erfahrung geeignet ist, den potenziellen Dienstgeber von der Einstellung des Arbeitslosen abzubringen, zunichte macht (so - ausgehend von dem hg. Erkenntnis vom 24. November 1992, Zl. 92/08/0132 - etwa das Erkenntnis vom 27. April 1993, Zl. 92/08/0219, und zahlreiche weitere Erkenntnisse).

Bei der Beurteilung, ob ein bestimmtes Verhalten eines Vermittelten als Vereitelung im Sinne des § 10 Abs. 1 AlVG zu qualifizieren ist, kommt es zunächst darauf an, ob dieses Verhalten für das Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses ursächlich war. Ist die Kausalität zwischen dem Verhalten des Vermittelten und dem Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses zu bejahen, dann muss geprüft werden, ob der Vermittelte vorsätzlich gehandelt hat, wobei bedingter Vorsatz (dolus eventualis) genügt. Ein bloß fahrlässiges Handeln, also die Außerachtlassung der gehörigen Sorgfalt, reicht zur Verwirklichung des Tatbestandes nicht hin (vgl. dazu die Erkenntnisse vom 20. Oktober 1992, Zl. 92/08/0042, Slg. Nr. 13.722/A, und vom 5. September 1995, Zl. 94/08/0050).

Unter einer Wiedereinstellungszusage im Sinne des § 9 Abs. 5 AlVG ist, wie § 9 Abs. 6 und Abs. 7 AlVG klar erweisen, eine rechtsverbindliche Vereinbarung zwischen dem früheren Dienstgeber und dem Arbeitslosen, auf Grund derer dieser verpflichtet ist, seine Beschäftigung zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufzunehmen, zu verstehen. Eine (schlichte) Zusage, den Arbeitslosen künftig einstellen (wiedereinstellen) zu wollen (ohne dass dem eine arbeitsrechtliche Verpflichtung des Arbeitslosen zum Arbeitsantritt gegenübersteht), hindert nicht die Zuweisung zu einer anderen zumutbaren Beschäftigung (vgl. die Erkenntnisse vom 27. April 1993, Zl. 92/08/0147, und vom 20. Dezember 1994, Zl. 93/08/0129; zu einer verpflichtenden Einstellungsvereinbarung vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 1994, Zl. 94/08/0156). In § 9 Abs. 6 und 7 AlVG ist somit vom Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht worden, dass der Beseitigung der Arbeitslosigkeit Vorrang vor einer verbindlichen Wiedereinstellungszusage zukommt.

Hinsichtlich der Zumutbarkeit der angebotenen Beschäftigung ist darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer seinen Anspruch auf Bezug des Arbeitslosengeldes bereits erschöpft hatte. Die Schutzbestimmung des § 9 Abs. 2 letzter Satz AlVG kam daher nicht zum Tragen.

Soweit in der vorliegenden Beschwerde vorgebracht wird, dass der Beschwerdeführer ab September 2001 eine Stelle als Lehrer in Aussicht hatte, er das angebotene, mindestens auf ein Jahr abzuschließende Arbeitsverhältnis daher rechtswidrig durch Austritt hätte beenden müssen und sich eventuell mit Regressansprüchen konfrontiert gesehen hätte, kann ihr folglich kein Erfolg beschieden sein. Die Vormerkung des Beschwerdeführers für eine Stelle als Lehrer stellte keine Einstellungsvereinbarung im Sinne des § 9 Abs. 5 AlVG dar. Dafür wäre nämlich eine rechtsverbindliche Vereinbarung zwischen dem Beschwerdeführer und einem künftigen Arbeitgeber, auf Grund derer der Beschwerdeführer verpflichtet gewesen wäre, ab einem bestimmten Zeitpunkt eine Beschäftigung anzutreten, erforderlich gewesen. Ohne eine solche arbeitsrechtliche Verpflichtung des Beschwerdeführers zum Arbeitsantritt lag aber weder eine hinreichende Gewissheit über eine künftige Beschäftigung als Lehrer vor, noch eine Hinderung der Zuweisung zu einer anderen zumutbaren Beschäftigung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. November 1993, Zl. 93/08/0233). Nicht nachvollziehbar ist auch das Beschwerdeargument, der Beschwerdeführer hätte den strafgesetzlichen Tatbestand der Täuschung erfüllt, wenn er Herrn B. nicht die Wahrheit über die beabsichtigte Aufnahme einer anderen Tätigkeit gesagt hätte, da er zu deren Aufnahme eben nicht verpflichtet war. Es ist somit insgesamt von der Zuweisungstauglichkeit der genannten dem Beschwerdeführer angebotenen Beschäftigungsmöglichkeit auszugehen.

In seinem Bewerbungsschreiben brachte der Beschwerdeführer eindeutig zum Ausdruck, dass er die gegenständliche Stelle nur als Übergangslösung ausüben wolle. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt eine Vereitelung vor, wenn der Arbeitslose, wenn auch wahrheitsgemäß, seine Intention zum Ausdruck bringt, die als Dauerstellung angebotene zumutbare Beschäftigung nur als Übergangslösung zu betrachten, weil er damit - bezogen auf den konkret angebotenen Arbeitsplatz als Dauerstellung - seine Arbeitswilligkeit in Zweifel stellt (vgl. dazu z.B. bereits das hg. Erkenntnis vom 27. April 1993, Zl. 92/08/0219, mwN). Da im vorliegenden Fall der potentielle Dienstgeber (im Hinblick auf die lange Schulungsdauer und die damit verbundenen Schulungskosten) an einer nur kurzfristigen Aufnahme des Beschwerdeführers nicht interessiert war, kann auch kein Zweifel daran bestehen, dass das Verhalten des Beschwerdeführers für das Nichtzustandekommen der Beschäftigung kausal war (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Juni 1993, Zl. 92/08/0070). Durch seine Vorgangsweise nahm der Beschwerdeführer darüber hinaus das Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses in Kauf und fand sich damit ab, sodass auch der bedingte Vorsatz im Sinne der oben genannten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorgelegen ist.

Auch dadurch, dass die belangte Behörde keine berücksichtigungswürdigen Nachsichtsgründe für gegeben erachtete, belastete sie ihren Bescheid nicht mit Rechtswidrigkeit. Berücksichtigungswürdige Nachsichtsgründe können nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur solche sein, die dazu führen, dass der Ausschluss vom Bezug des Arbeitslosengeldes den Arbeitslosen unverhältnismäßig härter träfe, als dies sonst ganz allgemein der Fall ist. Selbst eine Einstellungszusage würde keinen solchen Grund darstellen (vgl. auch dazu das bereits oben genannte hg. Erkenntnis vom 16. November 1993, Zl. 93/08/0233, mwN).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden. Wien, am 4. April 2002

Schlagworte

Inhalt der Berufungsentscheidung Umfang der Abänderungsbefugnis Allgemein bei Einschränkung der Berufungsgründe beschränkte Parteistellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2002080066.X00

Im RIS seit

13.08.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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